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Lichtqualität reloaded - Zum wievielten Mal eigentlich?
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12.02.2022

Zum wievielten Mal eigentlich? Ich meine die Wiederholungen der Kolumnen zur Lichtqualität. Vorhin habe ich diesen Beitrag dazu gefunden aus dem Jahre 2014 mit drei Verweisen auf noch ältere. In Februar 2022 ist das Thema aber erstaunlich aktuell, weil der Begriff Lichtqualität pünktlich zum 1.1.2021 offiziell definiert wurde. Zwar etwa mit 100 Jahren Verspätung, aber immerhin. Man konnte vor einem Jahrhundert doch  nicht wissen …?

Die Entschuldigung gilt nicht. Man wusste sogar vor 200 Jahren, dass Lichtqualität wichtig war. Oder auch vor 500. Künstliches Licht war eine der ersten Technologien der Menschheit beim Erwachen aus dem Koma der Eiszeit. Die erste bekannte Öllampe ist etwa 17.000 Jahre alt. Im Vergleich dazu: Das größte "lebende Ding", Great Barrier Reef, hat seine letzte Form vor 6.000 Jahren gefunden. Der Nil ist etwa vor 12.000 Jahren entstanden. Das größte lebende Wesen, das etwa 30% der Waldfläche des Planeten umfasst, der Boreale Wald, fast gleichzeitig mit dem Nil. Und die Jahreszahl der Sintflut unterscheidet sich kaum davon. Denn alle drei Ereignisse hängen miteinander zusammen.

Die Erfinder der Energieeffizienz waren nicht etwa Ökologen oder Naturliebhaber. Es waren die Lichtmacher. Der Fachbegriff heißt Lichtausbeute, und er war allen Lichtmachern ein Begriff, lange bevor er zum Begriff wurde. Die Lichtausbeute ist das Maß für die Effizienz der Lichterzeugung. Diese als Fachbegriff haben Lichttechniker festgelegt, aber er ist viel älter als die (elektrische) Lichttechnik. Und die Lichtqualität? Diese haben deutsche Lichttechniker präzise im Jahr 1935 als Norm veröffentlicht. Sie haben es vorgezogen, von Gütekriterien zu sprechen. Eigentlich Jacke wie Hose, weil Güte Qualität bedeutet. Aber man war besser als die späteren Qualitätswissenschaftler. Denn das Wort Qualität enthält zwei Begriffe, die Gütekriterien hingegen haben genau das festgelegt, was gemeint war.

So gesehen müsste alles in Butter sein - oder in Lichtqualität glänzen. Leider ist dem nicht so. Und das hat seine Ursachen.

Gemeint ist das Thema des abgebildeten Artikels, Flimmern - neuhochdeutsch auch flicker genannt. Es war Thema für die erste lichttechnische Norm von 1935. Kein Problem für die Glühlampe, und keins für die Leuchtstofflampe mit elektronischem Vorschaltgerät. Aber … beide pasee'! Die EU hat beide in Raten verboten.

Der Fortschritt kam mit der Energiesparlampe. Was das ist? Kennt doch jeder, dessen Gedächtnis älter ist als 10 Jahre. Das war die Kompaktleuchtstofflampe, 1973 einem Ingenieur von General Electric erfunden. Nicht zufällig und nicht für irgend einen undefinierten Zweck: Es war 1973, als die Welt noch in Schockstarre war wegen der ersten (offiziellen) Energiekrise, besser gesagt, Ölkrise. So musste eine Lampe her, die weniger Energie brauchte als Edisons Birne. Für Freunde heißt die Lampe FCL. Und ihre Fassung trug die Bezeichnung E 27, E wie Edison.

Es dauerte etwa 12 Jahre, bevor das Ding mit dem Energiesparen ernst machen konnte. Bis dahin, im Jahre 1985, konnte sie nämlich eine der Gütekriterien für Beleuchtung, niedergeschrieben 1935, nicht erfüllen. Die zeitliche Gleichmäßigkeit, sprich Flimmerfreiheit, war nicht gegeben. Um ihr Licht zu messen, mussten wir sie 24 Stunden betreiben, weil sie halt instabil war. Wenn das das einzige Problem wär. Sie spuckte das Netz voll Blindstrom (hier weiter lesen), so dass man nicht weiß, ob sie wirklich Energie gespart hat. Und die Lampe dachte nicht daran, hell aufzuleuchten, wenn einer „Fiat Lux“ ruft oder den Schalter drückt. Je nach Preis musste man mehr oder länger warten, bis Licht wird. Egal, bevor die Energiesparlampe hat Energie sparen können, kam die Ablösung. LED. Zuvor durfte man über die Energiesparlampe als Umweltverschmutzung reden (hier). Dann zog die EU den Stecker und verbot am 1. September 2021 ihren Hoffnungsträger für die energieeffiziente Beleuchtung wegen mangelnder Energieeffizienz (hier). Wer in diesem Blog etwas herumsucht, findet schnell heraus, dass ich die Lampe von vornherein verboten fand.

Eigentlich eine geniale Idee, LED ein technisches Element, das völlig ungeeignet ist zum Beleuchten, zum Beleuchten zu benutzen. Im Laufe der letzten 25 Jahre hat man ihm diverse Eigensinnigkeit ausgetrieben. Aber gegen seine Funktionsweise kann man nicht angehen. Denn ein LED-Element ist eine Diode, und eine Diode lässt Strom in einer Richtung durch. Also müsste man die LED mit Gleichspannung betreiben, wie übrigens Edison für alle Beleuchtung hat vorschreiben wollen. Um seinem Konzept Nachdruck zu verleihen, hat er sogar den elektrischen Stuhl erfunden und einen Elefanten hinrichten lassen - mit Wechselstrom (hier). Es hat nicht sollen sein. Edison verlor den Stromkrieg, und die Welt bekam Wechselstromnetze. Brauchen tun wir aber eher Gleichstromnetze für Computer, Server, Router und eben für LED.

Da wir fast nie die geeigneten Netze haben, flimmern die LED. Denn sie sind ultraschnelle Schalter und gehen ständig ein und aus. Technisch gesehen ist es kein Problem, LED so zu betreiben, dass sie nicht flimmert. Es handelt sich weitgehend um eine Preisfrage. Eigentlich sollte dies kein Kriterium sein, denn Flimmern ist eine Gesundheitsgefahr für alle Menschen, sogar unerträglich für manche. Zudem kann es in bestimmten Arbeitsumgebungen eine tödliche Unfallgefahr darstellen (Stroboskopeffekt). Wer aber annimmt, dass die EU in solchen Fällen konsequent handelt, liegt - sagen wir mal nett - daneben. So hat sie beim Falle der Energiesparlampe eine Technik bevorzugt, die ein seit Jahrzehnten verbotenes Umweltgift benutzt, obwohl die verbotene Technik, die Glühlampe, ohne sie auskam. Das Problem Quecksilber will sie aber langsam angehen, so nach einer Mitteilung des Umweltbundesamtes vom 11. Januar 2022 (hier umfangreiche Infos zu Licht & EU-Politik zur Energieeffizienz). Wer sich dafür interessiert, seit wann und wie oft in diesem Blog das Thema Quecksilber behandelt wird, muss nur die Kategorie "Quecksilber" wählen. Der erste Beitrag ist am 23.02.2009 erschienen, also genau vor 13 Jahren (hier). Beim Thema Flimmern war ich weniger zimperlich, es findet sich über die Jahre in vielen Beiträgen, so z.B. hier, da und dort. Etwas drastischer hier, zumindest der Titel "Probleme, die wir ohne LED nicht hatten - SVM muss besser werden, aber langsam".

LED und das liebe Vieh - Neue Horizonte in der Viehzucht

Wer genug hat von der melanopischen Wirkung von LED auf den Menschen und auch die Beeinflussung von Spinat durch moderne und super-intelligente Beleuchtung lieber den Gemüseingenieuren überlässt, kann sich mit einem weiteren Feld beschäftigen, das man mit Licht beackern kann. Es ist die Rede von der Tierhaltung. Meine erste Nagelprobe damit hatte ich mit einer kleinen amerikanischen Wasserschildkröte gemacht, deren harte Schale nach einer Weile nicht mehr hart war. Mit der sind wir deswegen ans Mittelmeer gefahren, damit das arme Vieh sich wieder eine harte Schale zulegen konnte. Ihre Nachfolgerin haben wir nach dieser Erfahrung besser belichtet. Das war ein Segen für die Schildkröte. Für uns nicht, weil sie zu stark und groß wurde, und kurzerhand das ganze Aquarium leer fraß. Seitdem gucke ich erst einmal an, wie sich was auswirkt.

Gucken wir uns einige der tollen Wirkungen an. Gute Lichtintensität (ich denke zunächst an Beleuchtungsstärke) verbessert die Spermaqualität bei Ebern. Wovon die Säue in erster Linie profitieren. Die gesamte Familie profitiert saumäßig vom kühleren Licht und entwickelt mehr Appetit. Anders als bei uns folgt darauf keine Diät bei den Schweinen. Und eine höhere Lichtintensität fördert die richtige Entwicklung von Ferkeln zum richtigen Schwein, felix porcus. Dann heißen sie Mastschwein und werden von Onkel Tönnies weiter behandelt. Leider nicht mehr mit Licht.

Das Beherrschen der circadianen Rhythmik der Viecher ist ein ungemein aufregendes Feld für den cultor opticus bzw. cultor photographius (Lichtzüchter). Das hat einst damit anfangen, die Hühner zu überlisten, die nur im Langtag Eier legen. Man verlängerte halt den Tag mit Lampen. Damit sie mehr Eier in der gleichen Zeit legen, verkürzt man den "Langtag", indem man aus den 24 Stunden 23 macht. Das dumme Huhn merkt nämlich die Länge des Langtags nicht an den hellen Stunden sondern am Rhythmus. Eigentlich sind 23 Stunden auch circa ein Tag.

Bislang trotzt nur ein tierisches Wesen wacker den Manipulationsversuchen, Thalassomyxa australis. Das nette Tier bleibt abgerundet wie eine pennende Maus, wenn es inaktiv ist. Und geht über in seine aktive Form, um Nahrung aufzunehmen. Der Wechsel zwischen der inaktiven und der aktiven Phase erfolgt zwar rhythmisch, aber gesteuert von der Temperatur und nicht vom Licht. Kein Wunder, denn Thalassomyxa australis ist eine Nackt-Amöbe. Ein anständiger deutscher Bauer macht sich nichts aus Viechern, die sich nicht einmal ein Fell leisten können. Aber dass man mit LED Ställe für Kuhaugen besser ausleuchten kann, ist doch wahr! Und effizienter sind die auch … Geben mehr Milch.

Ein Déjà-vu der besonderen Art - Wir machen die Natur nach und sind besser
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Bescheidenheit ist eine Zier, kann aber auch Ausdruck menschlicher Größe sein. Leider trifft das meistens nicht zu. Vor drei Jahrzehnten dachte ich, mich laust der Affe, als ein mir sehr gut bekannter Professor in einem Interview wörtlich sagte: "Im Übrigen kann für viele Aktivitäten im Innenraum das Tageslicht nach Quantität und Qualität durch künstliches Licht besser nachgebildet werden." Der Journalist konnte seinen Ohren nicht glauben und fragte nach: "Besser?" Antwort: "Besser nachgebildet". 

Denselben Herrn hatte ich schon vor fünf Jahrzehnten eine ähnliche bedeutsame Aussage treffen hören: “Bei seitlicher Befensterung können gehobene Ansprüche an die Beleuchtung, wie sie in der künstlichen Beleuchtung gestellt werden, nicht befriedigt werden.” Das war im Jahre 1971, und die Veranstaltung hieß “Auge-Licht-Arbeit”. Also? Man pfiff auf die seitliche Befensterung und normte eine Beleuchtung, die nicht nur ohne Tageslicht auskommen würde, sondern tatsächlich "besser" sein wollte - in Quantität und Qualität.

Wir lassen die Quantität lieber beiseite. Wenn einer im Innenraum 100.000 lux erzeugen würde, wie die Sonne an einem schönen Juni Nachmittag, würden selbst die hartnäckigsten Ungeziefer schon die erste Minute nicht überleben. In der Natur geht es viel besser, aber auch nicht gut. Wenn draußen diese Beleuchtungsstärke herrscht, machen weise Menschen Siesta und erzählen "In die Mittagssonne gehen nur Esel und Touristen". Bleiben wir also bei Qualität. Was ist die Lichtqualität? Eine Antwort auf die Frage wurde nach langem Grübeln - etwa 100 Jahre - zum 1.Januar 2021 veröffentlicht: "degree of excellence to which the totality of lighting characteristics fulfils user needs and expectations or other applicable requirements" Übersetzt heißt das: "Grad der Vorzüglichkeit zu welchem die Gesamtheit der Beleuchtungseigenschaften die Bedürfnisse und Erwartungen der Benutzer erfüllt oder andere anwendbare Anforderungen".

Bevor einer Hurra schreit und damit die "Heureka"-Rufe der Lichttechnik zu übertönen sucht, etwas Ernüchterndes. Diese Definition gibt es als Definition der Qualität seit über 40 Jahren - und zwar ohne Wenn und Aber. Aber andere anwendbare Anforderungen kennt die Qualitätswissenschaft nicht. Schlicht gesagt, Qualität ist Eignung für den vorgesehenen Zweck. Man kann z.B. Hämmer für die Reparatur von Schweizer Taschenuhren erstellen oder zum Kloppen von Felsen. Ein vorgegebener Qualitäts-Hammer für den einen Zweck ist völlig ungeeignet für den anderen Zweck. D.h., Qualität ist keine einem Produkt innewohnende Eigenschaft, sondern nur die Erfüllung von Anforderungen. Die lichttechnische Definition besagt, dass die Anforderungen von Bedürfnissen von Benutzern und deren Erwartungen herrühren. Und damit sind wir wieder am Anfang. Welche Bedürfnisse hätten Sie denn?

Eine Antwort auf diese Frage wurde vor fast genau 100 Jahren gesucht und gefunden: Menschen brauchen zum gesunden Leben Licht. Sie leben und arbeiten aber in Innenräumen, und draußen nimmt der Dunst und Smog der Städte ihnen die wichtigsten Strahlen des Sonnenlichts weg. Ergo? Mit Lampen kann man ein Licht erzeugen, dass natürlicher ist als das Licht der Natur. So können Lampen Licht wie "klarstes Wetter", "Mittag", "Hochsommer", "mittlerer Breitengrad" oder "Meereshöhe" für den gesamten Planeten erzeugen. So dachte man anno 1921. (Anm.: Das Bild zur Rechten zeigt nicht etwa ein Schlafcamp für Erdbebengeschädigte, sondern einen Schulraum mit Licht und Luft.)

Gar nicht schlecht die Idee! Das erinnert mich an das Norm-Tageslicht. So stellt die Normlichtart D65 das Tageslicht etwa zur Mittagszeit in Wien dar.  Normlichtart D50 hingegen heißt "Horizontlicht" und will den Sonnenuntergang simulieren. Was D75 will habe ich nicht herausfinden können. Ich schätze mal, das ist die Sonne, die einem auf den Schädel knallt. MIttlerweile gibt es darüber hinaus so viele Normlichtarten, dass man nicht mehr weiß wohin damit: Normlichtart A, B, C, D50, D55, D65, D75, D93, E, F1 bis F12, LED-B1, LED-B2, LED-B3, LED-B4, LED-B5, LED-BH1, LED-RGB1, LED-V1, LED-V2.

Wie man sieht, wurden alte Träume wahr. Aber nicht nur die … Denn vor 100 Jahren ging es um die "Licht und Gesundheit". Man wollte die Sonne Sonne sein lassen und aus ihren Strahlen die gesunden herausfiltern und halt nur diese replizieren. Also Licht für Gesundheit. Da Menschen auch noch Licht für andere, teils extravagante, Zwecke erzeugten, zum Beispiel zum Sehen, kam man auf die Idee, Licht für beides zu machen. So wurde z.B. die S1-Lampe erfunden, deren Glühfaden das Licht für das Sehen erzeugte, während ein Quecksilberkolben das Licht für die Gesundheit produzierte. Dass das gesunde  "Licht" aus dem Quecksilberkolben im wesentlichen aus UV bestand, war nicht etwa das Problem, sondern die ersehnte Lösung.

Alles Geschichte. Heute gibt es integratives Licht, das sowohl das Sehen unterstützen will als auch die Gesundheit. Da es sich als äußerst unpraktisch erwiesen hat, Doppellampen zu produzieren und zu installieren, machen wir es nun mit der Umlenkung des Lichts. Hat man 40 Jahre lang tief strahlende Leuchten gepredigt, damit sich das Licht nicht in den Bildschirmen spiegelt, ist der neue Knaller eine hohe Lichtabstrahlung in horizontaler Richtung. Nennt sich Vertikalbeleuchtungsstärke. Da sich die Lichtqualität zum Sehen nicht ändern soll, muss man einen Weg finden, dass Licht zur Richtungsumkehr zu überreden. Dann fällt es umso stärker auf die Bildschirme. Aber auch das ist kein Problem. Es geht das Gerücht rum, dass Blendung etwas Schönes ist. Wir müssen nur die Bücher korrigieren, die Blendung für ein Problem halten. Ich bin mir sicher, dass wir auch das schaffen. Das zweite Jahrhundert fürs gesunde Licht hat ja gerade begonnen.

Übrigens, die Sache mit der Nachbildung des natürlichen Lichts im Innern der Gebäude war nicht sehr erfolgreich. Jemand ist dahinter gekommen, dass UV nicht nur lebenswichtig ist, sondern auch ganz schön lebensgefährlich. Deswegen gibt es die Lampen mit dualer Funktion nicht mehr. Aber Schutzvorschriften gegen die UV-Strahlung (z.B. diese), weil manche Lampen auch ohne zugeordnete Funktion strahlen.

 

Lichtsimulation mit digitalen Pflanzenzwillingen
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Als ich vor Tagen die Rolle von Licht bei der Überwinterung der Topfpflanzen kommentierte (hier), waren mir einige Ungereimtheiten in der verfügbaren Weisheit aufgefallen. So z.B. die Wahl des Spektrums. Wenn man nach der Kurve für die Photosynthese optimiert beleuchtet, entsteht eine Umgebung, in der man nicht unbedingt seine Zeitung lesen möchte. Der schöne Wintergarten in lila Licht gehüllt? Bei meinen Aquarien hatte ich das seltsame Licht den Pflanzen zuliebe halt akzeptiert. Aber den ganzen Tag in einem solchen Licht leben möchte ich nicht, damit sich meine Zimmerpalme in ihrer biologischen Heimat fühlt - sie stammt wie alle eleganten Zimmerpalmen Marke Kentia alias Howea Forsteriana allesamt von einer einzigen Insel, Lord Howe Island. Die Entfremdung zwischen meiner Palme und mir wird noch größer werden, wenn ich mir eine melanopische wirksame Beleuchtung zulege, denn deren Spektrum berücksichtigt nur den Menschen.

Die Fragestellung ist übrigens wenig geeignet, um damit Spaß zu betreiben, denn die Zukunft der Menschheit könnte davon abhängen, wie man Vertikalfarming betreibt, um noch mehr Milliarden an Menschen zu ernähren. Diese Technik ist nicht nur eine konsequente Fortsetzung der Zucht von Pflanzen unter Glas - aka Gewächshaus. Sie verlangt einen intelligenten Umgang mit den Ressourcen. Man kann die Pflanze zu Licht bringen, z.B. in die Sahara, hätte aber ein Problem mit dem Wasser. Außerdem sitzen die Konsumenten nicht gerade in der Sahara. Die fertige Ware muss zu denen geführt werden. Viele Völker haben tiefe Tunnel unter den Wüsten gegraben, um das Wasser dorthin zu bringen, wo es gebraucht wurde. Die längsten haben wohl die Uiguren in Xinjiang gebaut (hier), die ältesten die Menschen des Königreichs Urartu, eines historischen Staat um den Van-See in Anatolien. Beides ist turko-persischen Urspungs. Auch in der Sahara gibt es das System und heißt foggara. Foggara, Rhettara, Khettara, Mkoula, Karez, Qanat, Faladsch - egal wie man sie nennt, in bis 100 m Tiefe einen bis zu 60 km langen Tunnel mit Hammer und Meißel bohren, ist nicht ganz zeitgemäß.

So scheint es sich einfacher zu gestalten, die Pflanze dort zu züchten, wo die Konsumenten sitzen und reichlich Wasser fließt. Tatsächlich gibt es eine Firma, die Pflanzen im Supermarkt zieht. Ein Startup namens infarm warb schon 2016 damit, Kräuter direkt im Supermarkt zu ziehen: "„Von hier für hier“ steht draußen am Supermarkt geschrieben. Ein Berliner Groß-Supermarkt baut selbst Gemüse an und gibt damit dem Begriff „regionales Essen“ eine neue Dimension." stand da zu lesen. Bei der Berliner Filiale von Metro wachsen 365 Tage im Jahr Basilikum, Kopfsalat und andere Grünpflanzen im Verkaufsregal. Wer mehr über infarm wissen will, bitte hier klicken.

Dumm nur, dass das Ganze von der Energie abhängt. Zwar macht es bei einer einzigen Zimmerlinde nicht viel aus, welche Lampe man darüber hängt. Wenn man große Teile der Menschheit damit ernähren will, sieht die Sache anders aus. Man muss den Energieaufwand mit allen Mitteln reduzieren, die einem einfallen können. Gemeinsam für alle Pflanzen ist die Ermittlung der "photosynthetisch aktiven Strahlung" (engl.: photosynthetically active radiation, kurz PAR oder PhAR). Das ist jene elektromagnetische Strahlung im Bereich des Lichtspektrums, den phototrophe Organismen hauptsächlich bei der Photosynthese nutzen. Dummerweise reagiert jede Pflanze etwas anders dabei. Ein Artikel in Licht 7/2021 beschreibt, wie man dazu wissenschaftlich vorgehen kann: "Lichtsimulation mit digitalen Pflanzenzwillingen - Theorie und Studien zu Möglichkeiten einer optimierten Pflanzenbelichtung".  Den Artikel kann ich leider nicht in Kurzfassung zitieren. Man muss ihn selber lesen.

Mehr gibt es hier zu lesen. Die umfangreichste Arbeit stammt von Keith J. McCree (hier, in Englisch). Seine PAR-Kurve wird als Grundform für die Wirkspektren hearngezogen, sog. McCree-Kurve. Auf der senkrechten Achse wird die relativen Quantenausbeute dargestellt. Für jede Pflanzenart gibt es eine eigene McCree-Kurve, leider. Rechts sind zwei PAR-Kurven abgebildet, die von anderen Forschern stammen (Hoover, 1937 und Inada, 1976).

Problem dieser Kurven ist, dass McCree die Absorption eines einzelnen Blattes gemessen hatte. Eine Pflanze lebt zwar von der Photosynthese in seinen Blättern, sie ist aber mehr als eine Ansammlung von Blättern. Die restlichen Teile haben andere Aufgaben und reagieren anders. Zudem hat McCree nur mit monochromatischem Licht gemessen. Die Wirkung einer Wellenlänge aus einem breiten Spektrum fällt sicherlich anders aus als wenn die anderen Wellenlängen nicht vorhanden wären.

Die Verfügbarkeit von LED-Leuchtmitteln führt zu einer neuen Situation insofern, dass herkömmliche Leuchtmittel mit ihrem Spektrum nicht beliebig beeinflusst werden konnten. Man kann jetzt besser experimentieren und tut es häufig mit "digitalen" Pflanzen. In dem besagten Artikel wird auch ein Versuch mit der Belichtung von Tomaten angeführt. Als ich das las, fiel mir ein, dass wir kaum noch Tomaten einkaufen, weil es kaum mehr Tomaten gibt, die wie eine Tomate schmecken. Daraufhin habe ich den Artikel nach Hinweisen durchsucht, die auf Experimente mit dem Geschmack hinweisen. Leider keine gefunden. Es geht immer um die Biomasse, die man durch Belichtung gewinnt oder auch nicht. Daher der Tipp an die Forscher: Mal den Zusammenhang von Geschmack und Belichtung untersuchen. Bis dahin esse ich weiterhin nur im Sommer Tomaten, wenn sie auf dem Balkon in der Sonne reifen.

 

Das Kreuz mit der Angst - Strahlenschutz strahlt selbst
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Vor einigen Jahren regte ich mich über die Umfirmierung von LED von Laser zu Lampe auf. Sie war einst als Laserdiode bekannt. Da ihre Strahlung aber relativ schwach ist, gehörte sie der Laserschutzklasse 1: Sicher durch geringe Strahlung oder Schutzgehäuse. Das Klassifizierungssystem wurde 2001 mit den Normen EN 60825-1 und IEC 60825-1 grundlegend überarbeitet. Dass die Normen die gleiche Nummer tragen, ist keine Überraschung, es kann nicht unterschiedliche "Sicherheiten" geben. Warum wollte man aber die LED, die als Beleuchtung eingesetzt werden, nicht Laser nennen lassen? Das liegt an dem Wort Strahlung, und mit dem habe ich seit 45 Jahren Probleme.

Während das Wort Licht für Positives steht, man denke nur an die christliche Liturgie, die seit 2000 Jahren an der Kerze hängt, steht Strahlung für das Gegenteil. Nicht einmal Leute, die ihre Gesundheit einer Strahlentherapie verdanken, mögen in der Strahlung viel Positives entdecken. Der gesunde Menschenverstand, auf den ich sonst viel gebe, versagt beim Wort Strahlung. Dass das ganze Leben auf der Erde der Strahlung der Sonne zu verdanken ist? Ja, aber …

Ahnungslos, wie ich war, habe ich mich vor 45 Jahren forschend an die "Bildschirmstrahlung" gemacht. Diese entstand durch die Röhren der Bildschirmgeräte, die eben für diesen Zweck gebaut wurden. Deren Bild wird durch Strahlen gezeichnet. Findige Leute haben aber gleich herausgefunden, dass diese Strahlung auch Anteile enthält, die gefährlich sind, Röntgenstrahlung. Eigentlich könnte man bestimmt bei allem, was Licht abgibt, auch etwas Röntgenstrahlung finden - theoretisch zumindest. So beispielsweise auch bei Kathodenstrahlröhren. Die Menge ist aber so gering, dass man sie nur mit vielen Nullen hinterm Komma schreiben kann. Da die vorhandenen Nullen dazu nicht reichen, muss man welche importieren. Den Sachverhalt habe ich in einem Buch sachlich dargelegt. Und dachte, damit wäre alles gesagt.

Denkste. Eine Frau Fisch (Name ist echt) pilgerte durch die Republik und erzählte jedem, dass die Strahlung auch noch giftig sei. Sie würde durch eine Bombardierung von Phosphor mit Elektronen entstehen. Das hätte ich geschrieben. Und Phosphor sei giftig. Die Strahlen würden dann die Brust der Benutzer von Bildschirmen durchlöchern. Bei so viel Unsinn müsste doch jeder vernünftige Mensch aufhören zuzuhören? Meine Schwägerin, eine Physikerin, lachte darüber und sagte, du musst eben keinen Unsinn schreiben. Jeder wisse, dass die Röntgenstrahlen aus dem Bildschirm zu schwach seien, um überhaupt gemessen zu werden. Stimmt! Genau das hatte ich auch beschrieben. Und dann? Eines Tages ruft die Schwägerin an und fragt nach Kopien aus meinem Buch. Wozu? Sie sagte, sie hätte soeben erfahren, dass sie schwanger sei. Sie wolle entscheiden, ob sie weiterhin am Bildschirm arbeiten will.

Wenn es bei der Röntgenstrahlung geblieben wär! Einem renommierten Institut, Karolinska Institutet, bekannt von Verleihungen des Nobel Preises für Medizin, ist das seltene Kunststück gelungen, jegliche Abstrahlung von irgendwelchen Feldern von Bildschirmgeräten unter Strahlung einzureihen. So auch elektrische und magnetische Felder. Damals erzeugten die dummen Geräte solche Felder, wie übrigens alle möglichen elektrischen Geräte. Zwar kümmerte sich niemand um Magnetfelder, die von Schweißgeräten erzeugt werden, aber Felder mit einer Stärke von einem Millionstel eines Schweißgerätes wurden zum Politikum.

Eine Technologie, die noch ihrer Erfindung harrte, der digitale Mobilfunk, der den analogen Funknetzen (1. Generation oder 1G) folgte, wurde ein Opfer der Angst vor Strahlung. Man muss nur "Handystrahlung" in einen Browser tippen, und schon hat man ganze Waggonladungen voll Lesestoff. Dass sich Hinz und Kunz im Internet tummeln, um Gruselgeschichten loszuwerden, lässt sich leider nicht vermeiden. Mein Anlass für diesen Beitrag war aber dies (frisch fotografiert vom Bildschirm am 20. Dezember 2021):Handystrahlung1Die frohe Kunde verbreitet die Technische Universität Berlin - Stabsstelle Sicherheitstechnische Dienste und Umweltschutz (hier). Also die älteste Technische "Universität" von Deutschland, die ein Heinrich-Hertz-Institut betreibt, benannt nach einem Physiker namens Hertz, nach dem die Frequenz der Strahlung benannt ist. Licht und Gammastrahlung in einem Topf, dazu noch Röntgenstrahlung, alles ionisierende Strahlung? Radargerät, Gammastrahlung, Tumor, Röntgenstrahlung. Alles beisammen, fertig zum Gruseln.

Die Stabsstelle Sicherheitstechnische Dienste und Umweltschutz gibt noch gute Tipps zum Schutze vor der Handystrahlung. Als gesundheitsbewusster Mensch kann man sich auch anders schützen. Gegen die 5G-Strahlung gibt es sogar Produkte, die man sich einfach vor die Brust hängen kann. Sogar Schlafmasken kann man sich kaufen. Was die bringen? Sehen Sie selbst: Die Niederländische Behörde zum Strahlenschutz (Authority for Nuclear Safety and Radiation Protection) hat zehn solcher Produkte verboten und diese einzeln aufgelistet. In dem Screenshot kann man die Namen der verbotenen Produkte sehen. Wer mehr wissen will, kann hier weiterlesen. Manches ist sogar für Kinder bestimmt.

Ich will keineswegs mögliche Gefahren klein reden. Jeder kann sich nach eigener Auffassung schützen. Man sollte nur wissen, dass mancher Schutz schlimmer ist als die Gefahr selbst.