Posts Tagged: Licht

Es war einmal … ein stiller Ort mit einer Nacht, jeden Tag!
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Dieser Beitrag wurde Anfang 2016 veröffentlicht. Soeben erreichte mich ein Bild über Facebook, das beweist, dass der Unsinn lebt. Ich befürchte, verstärkt. Der einzige Trost ist, dass der Schwachsinn zur Sommerwende kürzer zu sehen ist als im Januar. 

Mein Lebenslauf begann in einem kleinen Ort, in dem seit mehreren tausend Jahren die Fischer ihre Netze (oder Leinen) ins Wasser warfen, um Fische zu fangen. Im Herbst konnten sie die Schwertfische mit der Hand harpunieren, weil die an der Oberfläche schliefen. "Ich höre Istanbul - mit geschlossenen Augen" sagte einst ein berühmter Dichter, der dies an dem Ort tat, den die Bilder unten zeigen. Und wenn er die Augen nicht geschlossen hätte, hätte er in der Ferne die Hagia Sophia und die Blaue Moschee gesehen - als Silhouette. Die erstere bestimmte die Silhouette schon vor 1500 Jahren. Irgendwo hier soll der Perserkönig Xerxes versucht haben, eine Brücke nach Europa zu schlagen. Als es nicht gelang, soll er nicht nur seine Baumeister geköpft haben, sondern auch das Meer verkloppt! Die Brücke ist geschlagen, die dritte wurde vor Jahren eröffnet. Was ist aus dem kleinen ruhigen Ort geworden? Das zeigen die Bilder zur Hälfte. Die andere Hälfte besorgen die Discos, die bis in den Morgen hinein die Landschaft vollwummern, auf dass die sieben Hügel zusammen fallen. Die Illumination des Circus Maximum besorgte eine große Firma aus dem Ösistan. Wenn ich Xerxes wäre … wüsste ich schon, wenn ich hauen müsste.

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Von hier aus kann man die Hagia Sophia sehen ... Wenn man ein starkes Fernglas und ein Stativ hat. Dort wo die Brücke steht, stand einst das große Kreuz von Konstantin dem Großen. Deswegen heißt der Ort Stavroz (ich denke, der Name schrieb sich so Σταυρός ) Das Kreuz verkündete die Nachricht, dass das Römische Reich nunmehr christlich geworden sei. Ob die Nachfolger der Römer die Bibel lesen? Dort steht "Gott machte die beiden großen Lichter, das größere, das über den Tag herrscht, das kleinere, das über die Nacht herrscht, auch die Sterne." Gen 1,16 Hier sehen die Menschen keinen Stern mehr.

Als diese Brücke geplant wurde, wurde der Bevölkerung versprochen, sie würde sich in die Stadtlandschaft unauffällig einfügen. Sie tat es auch. Die erste Beleuchtung wurde von Philips geplant und war blendfrei auch für die Schiffe. Oder gerade …

Wer glaubt, dieses Bild entspräche der Wirklichkeit, der irrt. Diese Lichter ändern auch ihre Farbe. Dynamisches Licht durch LED!

Wo ist unsere Nacht geblieben? Was machen die Milliarden Fische, die jährlich zwei Mal den Bosporus durchqueren, um zu ihren Laichplätzen zu kommen und wieder zurück? Wie glücklich sind die Störche, die dieses Elend nicht sehen müssen. Sie fliegen nur tagsüber. Andere Zugvögel fliegen auch nachts. Und sind weniger glücklich. 

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Muss man überhaupt zum Jahrmarkt? Ich denke, nein! Der Jahrmarkt ist kurz unter´m Himmel. Die Stadt, die man vor lauter Licht nicht mehr sieht, soll über 8.000 Jahre alt sein. 7.970 davon hatte sie nachts eine Silhouette.

Diese Bilder werden von dem unten links überboten, das 2024 aufgenommen wurde. Was in dem Bild darüber noch dunkel war, ist jetzt auch noch illuminiert. Zu meiner Kindheit konnte man noch den Sternenhimmel im Wasser reflektiert sehen. Und nachts konnte man größere Gegenstände im Boot mit dem Meeresleuchten sichtbar machen. Meine Enkel werden weder Sterne sehen können noch wissen, was Meeresleuchten ist.


Wie schade, dass mir die Mittel fehlen, die Xerxes einsetzen konnte. Ich wüsste schon, was man mit den Verantwortlichen dieses Frevels tun sollte. Schade!

Früher waren mehr Sterne!
Meine Mutter, 2018

Wunderbare Nachrichten für die überlebenden Insekten

14.06.2024
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Heute las ich im Berliner Tagesspiegel eine wunderbare Nachricht, die alle Insekten freuen wird, so sie noch leben. Sie berichtet, ein Forschungsteam vom Berliner Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) habe zusammen mit dem Berliner Leuchtenproduzenten Selux auf die jeweilige Straße abgestimmte LED-Lampen entwickelt. Diese seien aus der Distanz praktisch unsichtbar und würden keine Insekten mehr anlocken. Sehr erfreulich.

Beim Lesen der Meldung habe ich an die Methode gedacht, mit der die Forscher festgestellt haben, dass keine insekten angelockt werden. Sie haben die angelockten Insekten gezählt und praktisch keine gefunden. Könnte auch daran liegen, dass kein Insekt mehr vorhanden war, der den Verlockungen des Lichts folgen könnte. Wollen wir das Beste hoffen.

Meine früheren Erfahrungen zeigten deutlich, was für ein Massaker das Licht in der Nacht anrichtet. Dieses Bild hatte ich in einem Hafen in Griechenland gemacht. Heute kann man es wohl nicht mehr machen, der Hafen ist praktisch frei von Fluginsekten. Auch die Lampen von meinem verein am Wannsee in Berlin sind praktisch frei von Insektenleichen. Früher flog nachts immer eine Wolek um die herum.

Entdeckt hatte ich die Sache etwa 2014, als meine Windschutzscheibe nach einer langen Fahrt insektenfrei war. Früher standen an jeder Autobahnraststätte Batterien mit Eimern und Kratzern für die Windschutzscheibe, die alle 200 km gereinigt werden musste. Die Motorhaube konnte nicht gekratzt werden, daher wurde sie zu Hause mit einem Spezialreiniger von ihrem Dasein als Insektenfriedhof befreit.

Heute scheint das Problem dahinten in der fernen Türkei angekommen zu sein. Diese Karikatur stammt aus einer türkischen Facebook-Seite. Sie ist lustig gezeichnet, ist aber nicht lustig. Bis ich dieses Bild sah, dachte ich, das Problem bestehe nur in Deutschland, wo nach einer Studie, eigenständig erarbeitet von Mr. FDP Himself, dem Vorsitzenden Christian L., schnelleres Fahren auf der Autobahn keineswegs zu einem Mehrverbrauch an Treibstoff führe. Er hatte festgestellt, dass sein Porsche 911 SC bei 200 km/h viel weniger verbraucht als ein Volvo FH16 bei nur 100 km/h. Aber dort in der Türkei fahren eher Volvo Trucks denn Porsche, und die Zahl der Autos ist viel geringer.
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Von dem heute veröffentlichten Projekt hatte ich  bereits am 18. September 2019 berichtet (hier). Auch damals hieß es: "Die übriggebliebenen Insekten von Deutschland können sich freuen: …" Aus aktuellem Anlass noch einmal der Bericht von damals:


Was mögen die zukünftig noch zu installierende Lampen gegen die Lichter bringen, die sinnlos den Himmel anstrahlen? Die Bilder rechts sind schon 10 Jahre alt und zeigen, was eigentlich nicht sein darf. Sie hängen an der Brücke über dem Bosporus, die einst so beleuchtet wurde, dass die Schifffahrt ohne Blendung fahren konnte. Dem Volk hatte die Regierung vor dem Bau versprochen, die natürliche Schönheit des Bosporus würde erhalten bleiben. Und dann das!

Ich bin gespannt, wann die etwa 9.000.000 Straßenlaternen in Deutschland, die sich jede Nacht den Mast in den Bauch stehen, um ein paar Fußgängern heimzuleuchten, aus einiger Entfernung nicht mehr zu sehen sein. Allerdings werden gerade diese nicht allzu glücklich, denn die Funktion der Straßenbeleuchtung ist eigentlich irrelevant gegenüber der Signalwirkung der Leuchten. Und diese entfällt. Da wäre es vielleicht besser, eine noch ältere Idee aufzugreifen (hier). Sie stammt aus dem alten Rom. Wenn jemand nachts seine Geliebte aufsuchen wollte, bestellte er den Laternarius. Dieser führte ein Lichtlein. Damit konnte man sicher zum Ziel gelangen. Die moderne Version davon funktioniert elektronisch. Die Straßenlaternen leuchten dann, wenn einer ihr Leuchten benötigt.

An sich sehr praktisch: Die Laternen warten zwar immer noch am Straßenrand, aber nicht in voller Pracht. Ein Bewegungsmelder sorgt dafür, dass Licht wird, wenn einer kommt. Fiat lux. Bekanntlich reagieren diese Dinger auf Körperwärme, sodass Dracula immer noch seine Nacht unentdeckt genießen kann. Wer reglos herumsteht, wie ein Ofen, wird auch nicht registriert, z.B. Clochards, die auf einer Parkbank schlafen. Liebespärchen auch nicht, sofern sie sich nicht regen. Ob der moderne Laternarius das Licht proportional zur Regung steuert, steht nicht in der Zeitung. Finstere Gestalten, die auf nächtliche Jagd gehen, müssen sich cool anziehen, wollen sie nicht entdeckt und angeleuchtet werden. Polaranoraks würden z.B. helfen.

Nur den Insekten ist garantiert gedient. Bis sie nämlich auf die Idee kommen, dass es sich bei der Laterne um eine standhafte Version des Mondes  handelt, ist der Spuk längst vorbei, ich meine der Lichterschein.

Die beste Idee seit es Lichttechnik gibt

26.05.2024
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LICHT 2025 Studierendenpatenschaft - „Licht-Nachwuchs fördern: Pate werden!“

Die Deutsche Gesellschaft für LichtTechnik + LichtGestaltung sucht Paten, die Studierenden die Teilnahme an Licht 2025 ermöglichen. ( mehr hier und dort). Dieses Jahr kommt dieser Nachwuchsförderung eine besondere Bedeutung zu, weil erstmals nicht nur Studierende der Lichttechnik eingeladen werden, sondern "Licht-Studierende aus Studiengängen wie Lichttechnik, (Innen-) Architektur, Optik, (Architectural) Lighting Design, Produkt- und Industriedesign, Landschaftsplanung, Medientechnik u.v.a.m. …"

Einst war eine solche Aktion der Eigeninitiative der Professoren überlassen. So hat z.B. Prof. Helwig wie später sein Nachfolger Krochmann auch Reisen für Assistenten nur genehmigt, wenn sie mit dem Auto fuhren und Studierende (kostenlos) mitnahmen. Die Tagungsgebühren wurden über andere Kassen finanziert. Im Jahr 2000 hat Helmut Range mit einer großen Aktion die Patenschaften institutionalisiert.

Ich selber war vor langer Zeit einer der Nutznießer dieser Idee. Daher meine wärmste Empfehlung.

 

 

 

 

 

Unser Chefblogger versteht Dr. Boss

29.04.2024
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Nach langen Bemühungen ist es denkbar gelungen, den erfolgreichsten Gründer eines Start-ups der Lichtszene für ein Interview zu gewinnen. Wir lassen dem Interview einen Dank vorausgehen, weil Dr. Boss, der Geschäftsführer trotz dringender Aktivitäten Zeit für uns gefunden hat, aber gleich weg musste. Das Interview führte unser Chefblogger Anton von Wegen.

AvW:     Herr Dr. Boss, können Sie unseren Lesern kurz erklären, warum Sie sich für den Namen MärLux für Ihr Unternehmen entschieden haben? In der Branche erzählt man, dass dies ein Kürzel für Märchenhaft Schöne Beleuchtung sei.

Boss:     Ja, gerne doch. Wie Sie wissen, steht Lux für Licht, Helligkeit und Tagesanbruch. Deswegen enden alle relevanten Namen in der Branche mit Lux, wie z.B. MonoLux oder DiaLux. Zudem wird unsere alleinige Grundgröße auch mit Lux bezeichnet. Unser Name steht für Aufbruch des elektrischen Tages.

AvW:     Und Mär?

Boss:     Denken Sie an Märchen?

AvW:     Gut! Aber wir wollen uns nicht mit Namen aufhalten. Sie haben es ja eilig. Warum?

Boss:     Uns droht eine Klage des Mitbewerbs wegen unlauteren Wettbewerbs und eine Geldbuße von einer halben Million Euro.

AvW:     Oh, es tut mir Leid, das zu hören. Ich dachte, in der Branche ginge es mit lauteren Mitteln zu.

Boss:   Das dachten wir auch. Ist aber leider nicht der Fall. Ein Mitbewerber meint, unser Hauptziel, eine Allgemeinbeleuchtung anzubieten, sei gelogen. So etwas könne es nicht geben.

AvW:     Dann brauchen Sie sich doch keine Sorgen zu machen. So etwas war doch bei uns Jahrzehnte lang Standard.

Boss:     Leider nur theoretisch. Man hat es nur so erzählt, Allgemeinbeleuchtung sei das richtige Konzept. Das glaubt nur die Gewerbeaufsicht. Dass man gar kein Konzept hatte, hat man nicht erzählt. Da hat aber Prof. Bodmann aus Karlsruhe nachgewiesen, dass es die gar nicht geben kann, außer mit reiner Indirektbeleuchtung oder Leuchtdecken.

AvW:     Wie kommt Prof. Bodmann dazu, so etwas zu behaupten?

Boss:     Er hat auf seine alten Tage die Beleuchtungsnormen, die er mitgeschrieben hatte, wieder vorgeholt und gelesen. Da muss ihm plötzlich die Erleuchtung gekommen sein.

AvW:     Dann  machen Sie doch eben auf Indirektbeleuchtung. Sieht doch schön aus. Oder?

Boss:     Schön unwirtschaftlich! Und stört die Wahrnehmung. Deswegen haben wir eine Plagiatsklage am Hals.

AvW:     Wie das?

Boss:     In einer Werbebroschüre von uns hatten wir behauptet, dies mit Untersuchungen festgestellt zu haben.

AvW:     Und? Klingt ja plausibel.

Boss:     Schon. Aber der Mitbewerber behauptet, das hätte sein Urgroßvater schon festgestellt. Wir hätten die Idee nur geklaut. Er hat vor Gericht ein Buch aus den 1920ern vorgelegt. Tatsächlich ist die Vorstellung, dass die Indirektbeleuchtung schattenarm und unwirtschaftlich sei, so alt wie die V(λ)-Kurve. Das sieht nicht gut aus für uns. Zudem hatten wir behauptet, die Raumwahrnehmung sei eben zu diffus.

AvW:     (googelt) Oh, es steht auch im Baunetz Wissen. Da sind Sie fein raus. Da steht: "Ein möglicher Nachteil liegt in der verminderten Schattenbildung, die zu einer verunklärten Raumwahrnehmung führen kann." Verunklärt bedeutet doch gestört. Oder? Manche Leute übersetzen es mit obscured wie verschleiert, verdeckt, vernebelt. Verwischt geht auch.

Boss:     Leider nicht. Die dürfen schreiben, was als Allgemeinwissen gilt. Es muss nichts mit der Realität zu tun zu haben. Wir hatten ja behauptet, dass wir den Nachweis geführt hätten, dass Indirektbeleuchtung unwirtschaftlich sei. Und außerdem die Wahrnehmung störe.

AvW:     Und stimmt es etwa nicht?

Boss:     Das Gericht sitzt daran. Es wird vermutlich entscheiden, dass man eine Wirtschaftlichkeit oder deren Gegenteil nicht so einfach behaupten kann. Man muss zum einen die Kosten berücksichtigen und diese zum anderen in Relation zum Nutzen setzen. Das hatten wir nicht getan, weil es auch sonst keiner tut.

AvW:     Hat das Gericht Anhaltspunkte?

Boss:     Leider, ja. Wir hatten behauptet, unsere LED-Leuchten hätten sehr hohe Leuchtenbetriebswirkungsgrade.

AvW:     Und? Was soll daran falsch sein? LEDs sind doch sehr energieeffizient. Das geht bis 250 lm/W … Die Glühlampen kamen auf gerade mal 10 lm/W. (googelt) Oh, ich sehe gerade, dass die KI zwischen Lampe und Leuchte nicht unterscheiden kann.

Boss:     Ja, schon. Aber eine Glühlampe konnte man an einer Strippe von der Decke baumeln lassen. Sah zwar nicht schön aus, aber man konnte es dort aushalten. Lassen Sie mal ein freibrennendes LED-Modul nackt in einem Raum aufhängen. Übrigens, dass die KI zwischen Lampe und Leuchte nicht unterscheiden kann, liegt nicht an deren Dummheit. Man hat es in der Lichttechnik neuerdings so gewollt, weil die Unterscheidung nur Unsinn erzeugt hat und nie allgemein akzeptiert wurde.

AvW:     Ergo?

Boss:     Man muss das Licht durch Diffusoren dämpfen. Und das schluckt Licht. Mindestens die Hälfte. Das ist unwirtschaftlich.

AvW:    Sie meinen, LED-Module seien energieeffizient, aber LED-Beleuchtungen nicht so sehr?

Boss:  So isses. Es war schon immer schwachsinnig, die Lichtausbeute von Leuchtmitteln allein zu berechnen. Die soll das Maß für die Wirtschaftlichkeit einer Lampe sein. Wenn Lampen allein beleuchten täten, käme es irgendwie hin. Sie tun es aber nicht.

AvW:     Also musste der Begriff Leuchte verschwinden? Oder war es die Lampe?

Boss:     Vielleicht beide. Das wissen wir aber noch nicht.

AvW:     Haben Sie noch mehr Ärger am Hals?

Boss:     Und ob! Wir hatten behauptet, blendfreies Licht anzubieten.

AvW:     Klingt ja wunderbar. Das hatte sich schon Edison vorgenommen.

Boss:     Ja, eben. Edison wollte seine Glühlampen mit Gleichstrom betreiben. Dann flimmert nix. Zudem hatten sie nur ganz geringe Leuchtdichten. Als die Leuchtstofflampe kam, gaben sich die Hersteller Mühe, die Beleuchtung blendfrei zu machen. In ihren Hexenküchen – Pardon, Lichtlaboren, dachten sie sich komplizierte Formeln aus, die keiner versteht.

AvW:     Am Ende waren die doch erfolgreich, oder?

Boss:     Fragen Sie doch die User. Zudem: Vergessen ist besser. Es gelang nie einem nachzuweisen, dass die Formeln etwas bedeuten. Am Ende bastelte man eine dritte Formel aus zwei untauglichen, und nennt sie UGR. U wie Unsinn …

AvW:     Wenn niemand eine Lösung hat, warum verklagt man Sie jetzt?

Boss:     Wieder wg. unlauteren Wettbewerbs. Wir hatten behauptet, unser Licht wäre blendfrei, und das hätten wir ermittelt. Da kam der Mitbewerb mit dem Argument, das könne nicht sein, weil man sich erst einmal eine Methode ausdenken muss, diesen Beweis zu erbringen. Und das 145 Jahre nach der Erfindung der Glühlampe. Aber wahr, der Kläger legte mehrere Schriften honoriger Professoren vor.

AvW:     Oh, es tut mir aufrichtig leid, dass ein Start-up im Jahre 2024 an Dingen zu knabbern hat, die man hätte vor 100 Jahren lösen müssen.

Boss:     Dafür kann ich mir leider nichts kaufen. Ich muss gleich wegen einer neuen Geschichte zum Gericht.

AvW:     Darf man erfahren, warum?

Boss:     Von Wegen. Wenn Ihre Leser erfahren, was bei unseren Werbeaussagen da alles fundamental angreifbar wäre, könnte ich mir ein Zimmer in der Nähe des Gerichts mieten.

AvW:     Gar nicht so schlecht die Vorstellung. Wenn man alle wegen fragwürdiger Behauptungen vor Gericht zerren könnte, würde ein kleines Dorf drum herum entstehen.

Boss:     Vielleicht ein großes? Gut, wenn die Gerichsklause nicht schließt, kann man sich mit den Kollegen einen leisten. Erzähle ich Ihnen beim nächsten Mal.

AvW:     Herr Dr. Boss, wir danken Ihnen für dieses aufrichtige Gespräch. Wirklich sehr selten in der Branche.

Was so alles durch eine falsche Definition entstehen kann

10.04.2024
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Die vor genau 100 Jahren festgelegte V(λ)-Kurve sollte dazu dienen, Licht messbar zu machen. Hat auch gemacht. Dumm nur, dass die von ihr benutzten Grenzen für die berücksichtigte elektromagnetische Strahlung nur für den Menschen gelten. Schlimm ist das nicht. Denn jedes Gewerk legt seine Regeln selber fest. Warum sollte die LIchttechnik, die Licht für Menschen erzeugen und benutzen will, nicht die Bewertung von Strahlung durch diesen benutzen?

Es kam aber dümmer. Man gewöhnte sich daran, immer zu sagen "Licht ist definiert als …" Zu was für Irrtümern dieser alltägliche wie dumme Gebrauch geführt haben mag, kann ich nicht übersehen. Aber eine ziemlich fatale will ich doch kommentieren. Diese betrifft die lichttechnischen Grundgrößen, die allesamt auf der V(λ)-Kurve beruhen. Da deren Zusammenhang vielen Menschen erklärt werden muss, greift man zu Bildern.
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So erklärt z.B. eine Berufsgenossenschaft, wie die Grundgrößen zusammenhängen. Eine Lichtquelle produziert Licht, das auf eine flach liegende Fläche fällt. Diese wirft einen Teil in die Richtung, in der sich das Auge des betrachtenden Menschen befindet. Das ausgesendete Licht misst man in Lumen, die auftreffende Strahlung in Lux. Und der Mensch erkennt Dinge, die eine Leuchtdichte haben, die durch die Reflexion entstehen. Alles in photometrischen Größen, so genannt weil sie photopisch und messbar sind - Dank der V(λ)-Kurve. So nennt man physikalische Größen, die man mit der V(λ)-Kurve multipliziert erhält. Wenn man aus dem Bild alles Brimborium entfernt, bleibt als Kern dies übrig:

Da auch andere Leute ihre Klienten aufklären müssen, wie die lichttechnischen Grundgrößen so zusammen gehören, haben sie ihre branchenüblichen Lichtempfänger für ihre erklärenden Grafiken adoptiert. Hier zwei von einer Agrarberufsgenossenschaft.
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Wo der Fehler liegt? Die abgebildeten Viecher sind Säugetiere. Und die Augen von Säugetieren besitzen nur zwei Farbempfänger. Für diese gilt die Photometrie nicht. Im Auge der Kuh fehlt der Empfänger für Rot. Deswegen sieht sie nie die frischen grünen Wiesen wie wir, sondern nur gelbliches Gras. Den Apfel sähe sie auch dann grünlich, wenn er zu der Sorte Red Delicious gehört. Schmecken tut er für die Kuh eh gleich wie Granny Smith.

Während die Kuh von unserer Art Licht zu verstehen keinen größeren Schaden nimmt, als zwischen Gras und Heu erst unterscheiden zu können, wenn sie da rein beißt, können Pflanzen richtig verhungern. Denn ihre Bewertungskurve entspricht einer auf den Kopf gestellten V(λ)-Kurve. Was bei uns die größte Helligkeit bewirkt, Grün, ist dem Spinat völlig egal, fast völlig. Der Bohne auch. Die beiden wie fast alle Pflanzen leben von der Strahlung, die für uns kaum der Rede wert ist. Unsere Fensterscheiben dürfen sie sogar abschneiden.

Ist so etwas wichtig für einen normalen Menschen zu wissen? Eigentlich nicht, außer den Hausfrauen und Hausmännern, die ihre Zimmerlinde gesund erhalten wollen. Spinat kauft man ja tiefgefroren aus dem Kühlregal im Supermarkt. Deswegen muss man nicht wissen, was der von unserer Lichtberechnung hält.

Wer da aber denkt, dass nur Amateure den Schaden haben, ohne was zu merken, kann sich diesen Beitrag angucken, der mit diesem BIld beginnt:

Diese Aussage wurde von niemandem Geringeres als Jürgen Hermannsdörfer getroffen. Wer Jürgen Hermannsdörfer ist? Als er dies sagte "Laut Herrmannsdörfer ist immer ein Wert von 500 Lux erforderlich, um eine Pflanze am Leben zu halten. Das ist die übliche Größe, mit der zum Beispiel im Büro Schreibtische erhellt werden" war er Vorstandsmitglied vom Fachverband Raumbegrünung und Hydrokultur. Der Artikel wurde von der DPA, der Deutschen Presseagentur, verbreitet. Daher ist anzunehmen, dass er viel Köpfe erreicht hat.