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Harmonie eher missglückt - Unruhe durch Licht
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07.02.2017

Man stelle sich vor. Man wartet fünf und mehr Jahre auf ein Ereignis, macht sich gemütlich vor dem Fernseher, weil andere Leute vor Ort eingeladen sind - so etwa Merkels und Gaucks -, wartet auch noch auf die genannten, weil sie sich verspätet haben, und …  dreht den Fernseher nach einer halben Stunde ab. Die Rede ist vom Eröffnungskonzert der Elbphilharmonie, die von außen ein Gedicht ist. Die Akustik soll auch toll sein, zumindest auf bestimmten Sitzpositionen. (Die meisten Fernsehzuschauer merken nicht viel von den Mängeln, weil a) die Fernsehanstalten den Ton woanders abzweigen, und b) deren Geräte so flach geworden sind, dass aus denen kein vernünftiger Ton mehr zu bekommen ist.) Warum denn abschalten?

Wir erwarteten ein Raumgefühl wie in der Berliner Philharmonie, die ich länger kenne als jeder Musikliebhaber, weil ich vor der Eröffnungsfeier noch einer Marotte von Herbert von Karajan gehorchend dort einen Künstler mimen musste, mit etwa 50 anderen Studenten. Unser Akustik-Professor hatte ihn aus einer anderen Sicht kennenlernen müssen, und ein Freund, der die Lichtplanung gemacht hatte, aus einer dritten. Karajan war ein Pedant, was die Umstände seiner Kunst anging. Alles, was er dirigierte, musste perfekt auf - damals - Film gebannt werden. So kam ich in den Genuss einer Violine, die ich in der Hand halten durfte wie im Konzert, andere hielten natürlich andere Instrumente ins Licht. Unsere Qualifikation für den Job war nicht zu übertreffen: Alle Besitzer eines schwarzen, nicht glänzenden Anzugs. Immerhin, es gab keinen Frackzwang.

Herbert von Karajan kam zuerst zu uns, später wandelte er im gesamten Gebäude herum und guckte sich sein Orchester - ich meine uns - aus allen Perspektiven an. Der Regisseur musste mit ihm wandern und maß überall Licht. Wir hatten einen Job für drei Tage. Damals hatte ich die Sache nicht ganz verstanden. Aber später erzählte uns der Akustik-Professor von seinen Nöten mit Karajan. Viel später erfuhr ich von dem Lichtplaner weiteres: Karajan wollte perfekt in Ton und Bild aufgenommen werden, damit die Nachwelt nicht etwa einen Makel entdecken konnte. Das Verhalten von einem, der ihm den Raum geschaffen hatte, Hans Scharoun, erzählte mir eine Freundin, die bei ihm im Büro hospitierte. Scharoun soll sein Büro so gewählt haben, dass er einen Überblick über das gesamte Baugelände hatte und täglich den Bau beobachten konnte. Also lauter Perfektionisten, die vor etwa 55 Jahren ein Architekturmonument geschaffen haben. Ist es übertrieben, wenn man das neue Haus daran misst, zumal das Konzept ja gar nicht soo fremd ist. (Abkupfern ist in der Architektur ein hässliches Wort, man redet lieber von Zeitgenössischer Architektur.)

Scharouns Konzept hat recht häufig - sagen wir mal - als Inspirationsquelle gedient. Der Eigenbeitrag der Insprierten fiel recht unterschiedlich aus. Manche wollten lediglich die Transpiration meiden. Man kann sich überhaupt freuen, dass die Philharmonie überhaupt von Scharoun gebaut wurde. und überhaupt dort. Denn an ihrer Stelle war von Albert Speer im Rahmen der Umgestaltung Berlins zur „Welthauptstadt Germania“ eine riesige Soldatenhalle als Ehrenmal für die im Ersten Weltkrieg gefallenen deutschen Soldaten geplant gewesen. Und die Jury, die den Wettbewerb durchführte, war nicht so überwältigend überzeugt. Denn das Preisgericht vergab nach 16-stündiger Beratung den ersten Preis zwar an Scharouns Philharmonie-Entwurf, allerdings fiel die Entscheidung mit neun gegen vier Stimmen – und damit fehlte die erforderliche Drei-Viertel-Mehrheit. Erst nach Interventionen Herbert von Karajans und einem Appell Hans Heinz Stuckenschmidts (einem der Jurymitglieder) wurde Scharoun schließlich verbindlich mit der Ausarbeitung beauftragt.

Ich stellte mir vor, was Karajan zu den vielen Lampen gesagt hätte, die da aus der Decke gucken? Auch die Sternlein im Himmel wollen sich bemerkbar machen, aber sie stören nicht das Gesamtbild des Himmels. Wenn ich H.v.K. wäre, hätten die Architekten bestimmt keinen guten Tag - bereits vor der Einweihung nicht. Hinterher erst recht nicht.

Mich störte auch die visuelle Unruhe an den Wänden, die das Licht verstärkt. Die Oberflächenstruktur soll der Akustik dienen. Dem visuellen Eindruck dient sie hin und wieder. Man kann sich darüber formidabel streiten.

Wer um Gottes Willen hat die Treppen so schön blendend ausstaffiert, als wollte sich einer beim Arbeitsschutz bewerben. Die treten bereits bei voller Beleuchtung unangemessen in den Vordergrund. Wenn die Lichter verstummen, damit man den Musikern besser zuhören kann, wird es es schlimm. Darf ich das böse Wort Raumteiler benutzen? Kann man bei diesem Anblick der Musik lauschen? Ich denke eher nicht. Solche Muster sollen empfindliche Jugendliche sogar zur Ohnmacht treiben.

Das neue liebevoll Elphi genannte Wahrzeichen von Hamburg ist mir bisschen - ähh - dröge geworden. Der Lichtplaner versäumt wohl einen anderen Beruf oder war es der Architekt? Dass wir nach einer halben Stunde abgeschaltet haben, lag aber weder am Erscheinungsbild des Saals noch an der Moderatorin (Barbara Schöneberger) des Abends. Denn beide muss man sich nicht angucken, wenn man Musik hören will. Genau als wir das taten, Augen zu, fiel uns auf, dass die Musik gewöhnungsbedürftig war - etwas …

Aber dennoch beruhigend. Denn Leute strömen so nach Hamburg, dass es in Berlin vielleicht ab und an mal Karten auch für gute Konzerte in der Philharmonie gibt. Das Konzert von Hamburg gibt es noch ein paar Tage bei ARTE in der Mediathek. Danach muss es weg, denn wie man in Deutschland Kultur vermittelt, bestimmen die "freien" Sender, die gerne privat Geld machen wollten. Ab dem 29. März 2017 noch mehr, denn die beenden dann die Ära von FreeTV. Ein Drittel von Deutschland bekommt RTL und Co. danach nur noch gegen Cash zu sehen. Mal sehen, wie viele Leute das fröhliche Kakerlakenessen in Bezahl-TV sehen wollen. Wer mit seinem Geld sparsam umgehen will, sollte sich ein Ticket vom Digital Concert Hall der Berliner Philharmoniker kaufen. Allerdings sollte er (sie) sich noch einen Verstärker und Lautsprecher kaufen. Denn ob free oder nicht, TV aus Flachbildschirmen klingt leider nach Blech, auch wenn nur Piccoli, Flöten, Klarinetten und Saxophone spielen, sogar in Begleitung von Trommeln. Ein Jammer - eine Stadt von Kaufleuten legt so etwa 900 Mill hin, um einen tollen Konzertraum zu kreieren. Man lockt teure Musiker mit Handgeld an. Die Creme der Republik wirft sich in Schale. Die Super-Kiste zaubert ein Bild toller als im Saal - und die Hauptsache, der Ton, scheppert so vor sich hin.

Wenn der Göttergatte Zielprobleme hat …

… hilft LED. Diese Produkt spricht die Damen an, und zwar solche, deren Göttergatten es mit dem Zielen nicht so genau hinkriegen. Das Wunder der Technik ist die Toilettensitzbeleuchtung Panasonic DL-GWN. Der Hersteller sagt dazu: "Das Licht schafft zudem ein Ziel auf das die männlichen Mitglieder des Haushalts zielen können." Das eigentliche Angebot möchte die Damen davor bewahren, sich in "den John", auf Englisch in die Schüssel, zu setzen, wenn zuvor ein eben männliches Mitglied den Deckel hochgeklappt und so hinterlassen hatte. Zudem wärmt das Licht den Sitz. Sagt Panasonic, natürlich alles auf Englisch (hier). Da sehen frühere Kreationen alt aus, richtig alt (rechts).

Wenn man das DL-GWN in Arbeitsstätten installiert, ich meine, in die entsprechenden Zellen, braucht man keine 200 lx mehr auf der task area, weil nunmehr diese, die task area, selbst leuchtet. Zudem erinnert sie an laue Sommertage am Meer. Ein wunderschönes Beispiel für die Energieeffizienz. Orte, die man nicht einmal eine halbe Stunde am Tag sucht, leuchten 24/7, will sagen dauernd, immer und ewig. Wie die Berliner Flughafenruine, auf der man seit Jahren das Licht nicht ausschalten kann. Oder 9 Millionen Straßenlaternen in Deutschland, die die ganze Nacht auf Fußgänger warten, die in einem der 40 Millionen PKW unterwegs sind. LED macht´s möglich. Ist ja energieeffizient.

Babylux, Papalux, Opalux oder gendergerecht Babylux, Mamalux, Omalux

 

Der Laie flucht, der Experte sucht den Bösewicht: Warum blenden die neuen Scheinwerfer mit LED so schlimm? Selbst Kinderfahrräder blenden am Tage. Mancher Radfahrer fährt ohnehin als Weihnachtsbaum blinkend durch die Gegend. Früher blendeten nur die "Drängler", die sich die teuren Xenonscheinwerfer leisteten. Heute womöglich alle. Der Verband der Augenmediziner hat die Oldies als Ursache ausgemacht: Dass sich viele Leute im Straßenverkehr geblendet fühlen, liegt demnach am Alter der Verkehrsteilnehmer. Richtig so. Sollen wir alle über 60 aus dem Verkehr ziehen, damit die freien Bürger freies Schussfeld vor ihren Scheinwerfern haben?

Scherz beiseite. Das Thema ist "aktenkundig" und wurde z.B. bei Lux Junior 2013 vorgetragen. Fazit: "Der Beitrag zeigt, dass die aktuelle Bewertung lichttechnischer Komponenten im Automobilbereich nicht die tatsächlich resultierende Blendung erfasst. Die angeführten Literaturquellen in Verbindung mit den Ergebnissen aus durchgeführten Voruntersuchungen verdeutlichen, dass ein Scheinwerfer ein wesentlich höheres Blendpotential aufweisen kann, als durch die gesetzeskonforme Abnahme ermittelt wird." Die armen Autoren! Sie wissen nicht, dass der Verkehrsminister von der CSU ist. Bis der reagiert, gibt es Lux Senior 2033.

Neue Erkenntnis? Nö! Wusste man schon anno tobak. Ich weiß nicht mehr genau, wann die Gesetze und Vorschriften der BRD zum Thema Kfz-Beleuchtung erstellt wurden. Aber bereits 1973, als ich mich genau damit beschäftigen musste, gab es die x-te Änderungsverordnung zur y-ten Fassung des Paragraphen so und so. Die ältesten davon waren wohl in der Weimarer Republik geschrieben worden. Es waren die Chaosjahre der Straßenverkehrordnungen der Welt. Die Deutschen fuhren Autos mit Scheinwerfern von Hella, bestückt mit Zweifadenlampen von Osram, die aber in den USA verboten waren. Deswegen mussten die Autos, die man in den USA verkaufen wollte, auf amerikanische Scheinwerfer umgebaut werden, die mit sealed beam ausgestattet werden mussten. Die haben zwar schlimmer geblendet als die europäischen. Aber Vorschrift ist eben Vorschrift. Am schlimmsten hat es die Franzosen erwischt. Denn ihre Autos mussten gelbes Licht haben. Einem Gerücht zufolge, das man für eine wissenschaftliche Erkenntnis hielt, erhöht gelbes Licht die Sehkraft. Ginseng Wurzeln auch. Der Unterschied ist, dass Frankreich mit Hilfe von derart begründeten Normen die Konkurrenz vom Halse hielt. Und das ist kein Gerücht. Die schlimmste aller elektrischen Verbindungen, das Scart-Kabel, ist Ergebnis solcher Bemühungen. Man sah ihm nicht an, was es verband, man fummelte zuweilen stundenlang hinter dem Fernseher herum, der vor der Wand stand, und hatte am Ende doch die falsche Verbindung hergestellt, wenn überhaupt. Mit dem gelben Licht haben sich die Franzosen aber ein Bein gestellt. Die schöne Große Citrone mit mitlenkenden Scheinwerfern musste für die USA regelrecht verunstaltet werden.

Allen diesen Bemühungen lag zugrunde, dass man die Blendung des Gegenverkehrs verringern wollte, aber für den Besitzer der Scheinwerfer möglichst viel Sehleistung erzeugen. Eine Quadratur des Kreises oder eher Kubatur der Kugel? Egal. Problem ist, wie man so etwas schafft. Da ganz weise Kollegen aus dem Südwesten der Republik ermittelt hatten, dass die Blendung eine Funktion der Lichtstärke sei, begrenzte man die Lichtstärke der Scheinwerfer in Abhängigkeit der Höhe über dem Boden. Damit ist auch die Beleuchtungsstärke in einer bestimmten Entfernung begrenzt. Und die misst man. So heißt es in der StVZO (für Legastheniker Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung) §50: "Die Blendung gilt als behoben (Abblendlicht), wenn die Beleuchtungsstärke in einer Entfernung von 25 m vor jedem einzelnen Scheinwerfer auf einer Ebene senkrecht zur Fahrbahn in Höhe der Scheinwerfermitte und darüber nicht mehr als 1 lx beträgt." Aber davor steht unter (5): "Die Scheinwerfer müssen bei Dunkelheit die Fahrbahn so beleuchten (Fernlicht), dass die Beleuchtungsstärke in einer Entfernung von 100 m in der Längsachse des Fahrzeugs in Höhe der Scheinwerfermitten mindestens beträgt
...
1,00 lx bei anderen Kraftfahrzeugen.

Das ist es. 1 Lux! Und wie erzeugt man das? Dazu braucht man - klar - eine leuchtende Fläche mit einer bestimmten Helligkeit und Größe. Dabei ist es egal, wie groß jeder der beiden ist. Es kommt auf das Produkt an. Bei einer vorgegebenen Helligkeit (z.B. Glühlampenfaden in alten Scheinwerfern) muss die Fläche eine bestimmte Größe erreichen. Ist die Helligkeit viel größer, darf die Fläche viel kleiner werden. In gutem Deutsch: Die Beleuchtungsstärke an einem bestimmten Punkt wird durch das Produkt der Leuchtdichte und der Größe der leuchtenden Fläche bestimmt.

So weit, so gut. Wo liegt das Problem mit der Blendung? Mit Lux oder Lichtstärke kann man nur die sog. "physiologische" Blendung vorhersagen. Die empfundene Störung heißt aber "psychologische" Blendung, und die steigt mit dem Quadrat der Leuchtdichte, während die Lichtstärke nur mit der einfachen Potenz zunimmt. Reduziert man also die Fläche eines Scheinwerfers und erhöht dessen Leuchtdichte im gleichen Maße, steigt die Blendung überproportional an.

So weit die Lichttechnik als Erklärung für die gestiegene Blendung. Dummerweise ist die aber nicht die einzige Erklärung. Dummerweise … sind Autos keine Objekte, die im Regal stehen, sie fahren auf Straßen. Und Straßen sind weder eben noch schön glatt, so dass sich die Scheinwerfer bei einer Bewegung mitbewegen. Da kommt es auf die Bündelung des Lichts an. Ist diese so unvollkommen wie bei alten Scheinwerfern, macht es nicht viel aus, dass das Auto etwas schwingt. Sind die Schweinwerfer aber nahezu perfekt gebündelt, ändert sich die Blendung bereits bei kleineren Bewegungen. Das ist dem Gesetzgeber schon seit langem bewusst gewesen, Deswegen wurde die Verwendung von "Dränglerlicht" an technische Bedingungen geknüpft:

"(10) Kraftfahrzeuge mit Scheinwerfern für Fern- und Abblendlicht, die mit Gasentladungslampen ausgestattet sind, müssen mit
1. einer automatischen Leuchtweiteregelung im Sinne des Absatzes 8,
2. einer Scheinwerferreinigungsanlage und
3. einem System, das das ständige Eingeschaltetsein des Abblendlichtes auch bei Fernlicht sicherstellt,
ausgerüstet sein."

Daraus kann man ablesen, dass allein die Verschmutzung der Scheinwerfer ein Risiko darstellt. Zudem muss man zu den gut gebündelten Scheinwerfern für das Fernlicht das Abblendlicht zuschalten, weil sich sonst ein schwarzes Loch vor dem Auto breit macht. Und wie sieht es mit der Regelung für LED-Scheinwerfern aus? In der StVZO habe ich dazu nichts gefunden. Dabei haben die LED-Scheinwerfer die mit Xenon schon 2005 überholt, jedenfalls, was die Helligkeit angeht. Wenn also einem ein gut begüterter, Pardon beleuchteter, Autofahrer entgegen kommt, hat man es nicht nur mit einem Paar Scheinwerfer zu tun, sondern zwei. Wenn der vorbei ist, fällt man in ein schwarzes Loch. Das ist schlimmer als psychologische Blendung, nicht nur psychologisch gesehen. Man könnte es auch eine Verkehrsgefährdung nennen. Oder man sollte es.

Also gibt es neue Aufgaben für Herrn Dobrindt, denn die LED blenden mittlerweile bereits am Tage. Das haben nicht nur die Laien gemerkt, sondern auch Fachleute. Der Augenarzt hat nicht nur das Problem geschildert, sondern auch gegen welche Vorschriften die Kfz-Laternen verstoßen: "The Convention Concerning the Power of Authority, The Law in Respect of the Protection of Infants (969), The Obligation of Protection, The Principle of Equality, The Declaration of Human Rights (948) Article Three, The Laws of Logic, Public Ethics and Morals." (der gesamte Artikel hier). Allerdings scheint die Politik - bzw. die Bundesregierung - ziemlich unbeleckt von Problembewusstsein. Auf eine Anfrage von Abgeordneten (– Drucksache 17/2042 – ) antwortete die einst so:
"Helle Scheinwerfer führen zwar zu einer verbesserten Sicht des Fahrers, andererseits kann für entgegenkommende Fahrzeughalter, Radfahrer, Motorradfahrer und Fußgänger durch Blendung die Sehfähigkeit vermindert werden. Dies kann zu gefährlichen Situationen und Unfällen führen.
1. Über welche Kenntnisse verfügt die Bundesregierung über verkehrsgefährdende Blendwirkung von Leuchtdioden an Fahrzeugen beim Tagfahrlicht?"
Und unsere Regierung?: "Wissenschaftliche Erkenntnisse oder Forschungsberichte zur Blendung durch Tagfahrleuchten mit Leuchtdioden sind der Bundesregierung nicht bekannt. " Mein Name ist Hase.

Etwas muss ihr schon bekannt sein, denn die nächste Frage hat sie fachmännisch (bzw- frauisch) beantwortet:
"2. Wie bewertet es die Bundesregierung, dass sich zunehmend Verkehrsteilnehmer durch starke Lichteinwirkung von Leuchtdioden geblendet fühlen und dadurch im Straßenverkehr verunsichert werden?" Antwort: "In der Wissenschaft wird unterschieden zwischen physiologischer und psychologischer Blendung. Die physiologische Blendung setzt die Sehleistung des Auges herab. Bei der psychologischen Blendung wird eine Blendungserhöhung empfunden, die nicht messbar und individuell verschieden ist. Verkehrsteilnehmer können sich geblendet fühlen, ohne dass dies zu einer verringerten Sehleistung führt. Die Unannehmlichkeit der psychologischen Blendung für Einzelne führt jedoch zu einem früheren „Gesehen werden“ von Fahrzeugen mit Tagfahrleuchten und damit zur Erhöhung der Verkehrssicherheit. " Langsam zum Mitschreiben: Uns ist es sch..egal, wie sich andere fühlen. Der Autofahrer will früher gesehen werden. Und das erhöht die Verkehrssicherheit. Von wem eigentlich?

Ja, unsere Bundesregierung kann ja nicht alles wissen. Ihr sollte aber bekannt sein, dass die Strahlenschutzkommission (SSK) im Jahre 2006 sie aufgefordert hat, was zu tun (s. Bericht "Blendung durch natürliche und neue künstliche Lichtquellen und ihre Gefahren", im Bundesanzeiger veröffentlicht). Dass die "psychologische" Blendung nicht messbar sei, ist ausgemachter Unsinn. Wahr ist, dass ein Zollstock dazu nicht ausreicht. Ein Luxmeter auch nicht. Und dass man sie außer Acht lassen darf, dürfte sich spätestens mit der Veröffentlichung von CE Regulation 98 "Uniform provisions concerning the approval of motor vehicle headlamps equipped with gas-discharge light sources" in 2012 erledigt haben.

Die Antwort stimmt nicht einmal halb: Die (frühere) Sichtbarkeit des Autos wird mit hellen Scheinwerfern erkauft. Und diese verhindern, dass andere Verkehrsteilnehmer überhaupt gesehen werden. Wer vor sich oder im Rückspiegel die hellen Scheinwerfer sieht, ist anschließend blind. Zwar nicht für immer, sondern nur für einige Zeit, je nach Alter. In der Zeit legt ein alter Porschefahrer etwa 100 Meter zurück. Müssen wir die Alten aus dem Verkehr ziehen, bis die Wirtschaftskommission für Europa ECE eine Lösung findet? Den Alten die Porsche wegnehmen, wäre auch eine Lösung. Leider gibt es keine Enten mehr, und die lahmsten Familienkutschen kommen lässig über 140 km/h.

Wenn die Regierung denn eine Lösung finden will, sollte sie bereits die Basis der Zulassungsvorschriften aus dem Verkehr ziehen. Denn 1 Lux kann je nach Alter ganz unterschiedlich groß ausfallen, vor allem, wenn das Licht jede Menge blau enthält. Denn Licht ist nach der Augenempfindlichkeit bewertete Strahlung, und Kinderaugen haben eine andere als die von Erwachsenen, wovon die jüngeren wiedrum eine andere haben als die älteren. Die Basisfunktion (V-Lambda genannt) ist eine etwa 100 Jahre alte Kurve, die nur für jugendliche Männer gilt. Daher die obigen Bezeichnungen Babylux, Papalux, Opalux. Ob sich Mamalux und Papalux unterscheiden, außer dass der Genderbeauftragte darauf besteht? Ich denke mal ja, weil Frauen Farben anders sehen (s. hier). Das hatten wir in 2015 thematisiert, worauf sich der Autor der Studie meldete und die Unterschiede erklärte (sein Beitrag hier). Danach ist bei Frauen die Anzahl der Stäbchen und Zapfen anders als bei Männer und auch die Verteilung der 3 Arten der Zapfen.

Übrigens, so lustig ist das Ganze nicht immer, wenn man das Problem nicht begriffen hat. Nach Untersuchungen, die mir leider entfallen sind, sollen Babies im Krankenhaus erblindet sein, weil sie auf dem Rücken lagen und der Beleuchtung voll ausgesetzt waren. Und Menschen in der Arbeitswelt haben sehr häufig Probleme mit der Beleuchtung, weil diese nur die jüngeren Menschen berücksichtigt. Besonders krass und gefährlich kann es im Straßenverkehr werden, weil hier das Auge mehr als voll beansprucht wird. Wir fahren in der Nacht ständig weit unterhalb der vollen Leistungsfähigkeit der Augen mit Geschwindigkeiten die zu meiner Jugend nur Formel-1 Wagen vorbehalten waren. Die Leuchtdichten der LED können sich mit der Sonne messen. Und von der weiß man, wie sie blenden kann.

Wem das zu viel wird mit Babylux, Mamalux und Papalux: Es ist zwar wahr, dass wir nur 1 Kfz-Beleuchtung haben können und auch nur 1 Straßenbeleuchtung. Man kann - eher muss - aber immer diejenige Gruppe verstärkt berücksichtigen, die entweder mehr Schaden davon trägt oder mehr Schaden verursachen kann. Gleiches Licht für alle Volksgenossen - das war einst.

Wir sind alle Zombies - Wer hat uns dazu gemacht?
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Helen-LoomesWas man mit Licht alles machen kann! Selbst den Dinos der Lichtindustrie ist wohl ein Licht aufgegangen. Eine gewisse Hellen Loomes, die auf einer Veranstaltung die Firma Trilux betreten hat, behauptet, dass wir bei der Arbeit eine sehr statische Beleuchtung hätten, die wir aber nicht mögen. Wir sind alle Zombies geworden: Auf gut Deutsch: Lebende Tote. 

Lassen wir die gute Helen recht haben. Wer hat uns denn dazu gemacht? Nicht erst seit gestern, sondern seit Edison´s Zeiten versucht die Lichtindustrie, die Anwendung des Lichts in ihrer Hand zu halten. Schon in 1935 hat sie postuliert, dass die Konstanz des Lichts ein Gütemerkmal sei. Und zwar über den Raum und über die Zeit. Noch heute geben die Arbeitsschützer die Parole aus, dass an Arbeitsplätzen die Beleuchtung nie unter 500 lx sinken darf. Erfunden haben die es nicht selber, sondern die, die das Licht normen. Und so steht es in DIN EN 12665:2002: 
 3.2.15 Wartungswert der Beleuchtungsstärke ( E m )
Wert, unter den die mittlere Beleuchtungsstärke auf einer bestimmten Fläche nicht sinken darf. 

Und diese Norm ist unter der Federführung der Firma von unserer guten Helen Loomes entstanden. Die Idee dahinter ist viel älter als diese Norm und wurde schon 1935 (DIN 5035) unter dem Namen "Ruhe der Beleuchtung" zum Leitsatz. Die Ruhe in der Beleuchtung hatte ein gewisser Ami Argand mit seinem Zylinder um die Gasflamme bereits im 18. Jhdt realisiert. Später hieß es "örtliche und zeitliche Gleichmäßigkeit". Und diente einem guten Zweck: Das Licht sollte nicht flackern und nicht flimmern. Und es sollte überall im beleuchteten Bereich gleich sein. Was denn sonst? 

Lichttechnik ist Ingenieurtechnik, und Ingenieurtechnik lebt von der Beherrschung. Wenn die Aufgabe heißt, das Licht konstant zu halten, wird jeder Ingenieur und Techniker versuchen, es so konstant wie möglich zu halten. Wenn die Aufgabe sagt, an jedem Punkt eines normgerecht beleuchteten Raumes möge das Licht gleich sein (Allgemeinbeleuchtung), wird er für größtmögliche Gleichmäßigkeit sorgen. 

  
Wo liegt nun das Problem? Wieso sind wir Zombies geworden durch das statische Licht? Kann es sein, dass die Schuld nicht bei der Beleuchtung liegt, sondern bei unserer Art zu leben? Millionen Menschen hocken an jedem Arbeitstag 8,5 Stunden in geschlossenen Räumen, die man Büro nennt. Dann steigen sie in ihre Autos oder in Busse und Bahnen, um in einem geschlossenen Raum anzukommen, in dem sie leben. Lichtingenieure haben zwar dies ermöglicht. Zu einem Schuldspruch reicht dies aber nicht. Niemand ist gezwungen, sich dauernd in künstlich beleuchteten Räumen aufzuhalten.

Soll nun die Ingenieurskunst uns zu Zombies gemacht haben, müsste man deren Aufgabe neu definieren. Soll etwa die "Ruhe der Beleuchtung" einer Unruhe weichen? Denkbar ist das schon - nicht nur denkbar, viele Leute wollen seit langem "dynamisches" Licht statt statisches. 

  
Soll man die Aufgabe der Beleuchtung wirklich neu definieren, wenn sich die Menschen "statisch" in statischen Räumen aufhalten wollen? Sollen wir die Definition der Aufgabe denen überlassen, deren jetzt herrschendes Normenwerk uns zu Zombies gemacht hat? Wenn nicht, wer soll es richten? 

Mir hatte vor etwa 25 Jahren ein Lichtplaner vorgeworfen, Unruhe in die Lichttechnik bringen zu wollen. Es macht Spaß zu erleben, dass sie jetzt da ist. Wenn man eine Frage an die Zukunft gut formuliert hat, ist das oft die halbe Lösung. Mal sehen, wie die andere Hälfte aussieht. 

An der Ruine von Würgassen - Erinnerungen

 
Vor ein paar Tagen fuhr ich an der Kraftwerkruine von Würgassen vorbei. Einer der dicksten Sargnägel für die verblichene AEG. Sie musste im Jahr 1974 700 Mio DM an Gewährleistung zahlen für ein Objekt, das für 400 Mio erstellt worden war. In einem Jahr war das gesamte Aktienkapital des zweitgrößten deutschen Elektrokonzerns aufgebraucht. Den Hauptanteil an der Misere trug ein einzelner technischer Berater, dessen Name in der Kerntechnik unter den DAP (dümmster anzunehmender Professor) einen der höchsten Ränge einnimmt. Um ein Haar wäre dieser in Tateinheit mit einem weiteren DAP, diesmal aus unseren Kreisen, zum Architekten eines GAUs in Mitteleuropa geworden. Nämlich dann, wenn die große Leistung des ersten, falsche Kühlrohre, mit der des zweiten, falsche Beleuchtung, so zusammengetroffen wäre, dass die Krisensituation halt ein Fukushima-Light ergeben hätte. Und allzu weit entfernt war die Sache nicht. Es geht auch ohne Tsunami.

  
Worin bestand die Leistung des zweiten DAP? Er war damit beauftragt, zu beurteilen, ob man in der Warte eines KKW die Beleuchtung im Störfall auf ein Drittel reduzieren darf. Gute Frage! Warum diese Frage aufkam, steht weiter unten. Die Antwort, die der geschätzte Kollege gab, stand in dem Entwurf von KTA 3904 Warte, Notsteuerstelle und örtliche Leitstände in Kernkraftwerken (Kerntechnische Sicherheitsregel, erschienen 1988) unter seinem Namen. Nach seiner Meinung würde das Dritteln der Beleuchtungsstärke kein Problem verursachen, weil sich das menschliche Auge schnell an die dunklere Umgebung anpasst. Zudem wäre die Sache sowieso nur relevant, wenn ein Störfall vorläge. Und den gäbe es selten.

 
Bemerkenswert ist die Sache auch ohne Würgassen oder Kerntechnik, weil der Mann, der eine solche Aussage in eine Regel der kerntechnischen Sicherheit brachte, zeitlebens "Sehleistung" predigte und deswegen immer höhere Beleuchtungsstärken z.B. in Büros. Wenn es um die Sicherheit von Halb-Europa geht, ist die Sache nicht so relevant wie wenn man die Beleuchtung von Büros festlegt. Nun gucken wir uns an, wie häufig denn in Würgassen Normalbetrieb nicht ganz so normal war (Daten aus WIkipedia, kopiert am 11. Nov. 2015):
In der Betriebszeit seit der Übergabe am 11. November 1975 bis zum 31. Dezember 1994 wurde das Kernkraftwerk Würgassen mehrmals abgeschaltet:
• an 1.309 Tagen für 16 Revisionen,
• an 180,9 Tagen für 42 geplante Stillstände,
• an 61,8 Tagen wegen 63 Betriebsstörungen,
• an 64,6 Tagen wegen 17 außerplanmäßigen Reparaturen,
• an 386 Tagen wegen 2 sonstigen Anlässen (Brandschutzmaßnahmen 1989/90 und Befunden am Kernmantel, 1994)

So normal war also der Normalbetrieb nicht. Das Kraftwerk war von den 19 Jahren Betrieb 5,5 Jahre abgeschaltet. Und was macht die Mannschaft, wenn der Betrieb nicht so normal läuft? Schmeißt riesige Schaltpläne mit winzigen Details auf einen Tisch, häufig im Stapel, und versucht, eine Störfallanalyse zu machen. Und da kommt der Haken. Zwischen etwa 5 Mann (kleine Störung) bis zu 20 (irgendwas ist wirklich am Dampfen) beugen sich über den Tisch und sehen dabei wenig, weil sie das Licht abschatten. Wenn es richtig heiß hergeht, schaltet man auch noch zwei Drittel der Beleuchtung ab. Schön gemütlich! So kuschelig hat sich die Bevölkerung des Landes eine Störfallaufklärung und -bekämpfung bestimmt nicht vorgestellt.

Um den Unfug richtig perfekt zu machen, reicht die Macht eines Prof.´s nicht. Dazu braucht man einen Fachmann der Elektrik. Den habe ich nie kennen gelernt. Gegeben haben muss es ihn schon, denn sonst hätte ein Laie die Beleuchtung installiert und nie die dämlichst-mögliche Variante gewählt: Jeweils ein Drittel der Warte an eine Phase hängen. Im Störfall reduziert man die Beleuchtung auf ein Drittel und schaltet damit zwei Drittel der Warte in den Zustand eines Schlafzimmers. Von den elektromagnetischen Feldern ganz zu schweigen, die dadurch entstehen, dass die gegenseitige Aufhebung durch drei gleichmäßig belastete Phasen entfällt. In einer Warte haben zusätzliche elektromagnetische Felder nichts verloren, weil sie Messwerte beeinflussen können. Übrigens, allzu kreative Elektriker auch nicht. Ein Störfall, der sich hätte leicht zu einer Tschernobyl-Nord hätte entwickeln könnte, in Greifswald in der ehemaligen DDR, wurde ausgelöst, weil ein Elektriker seinem Azubi zeigen wollte, wie man etwas misst. Der Arme wusste nicht, dass manche Einrichtungen von so wahren Künstlern entworfen worden waren, dass man zum Messen eines einfachen Elementes den ganzen Laden hat abschalten müssen. Als Ergebnis wurde der ganze Laden für immer abgeschaltet. Der Name Tschernobyl-Nord lebt noch. Hätte die Mannschaft damals nicht alle Gesetze gebrochen, um die Katastrophe abzuwenden, hätte Nordeuropa etwa wie nach dem Dreißig-Jährigen-Krieg ausgesehen. Allerdings hätte die Erholung etwas länger gedauert, weil das Zeug teilweise 500.000 Jahre nachstrahlt.

Jetzt aber das Schönste: Warum hat man dem DAP und dem Elektriker das Betätigungsfeld so erweitert, dass sie diesen Fehler machen durften? Man wollte im Störfall die Notstromdiesel schonen. Logisch! Wenn Not am Mann ist, spart man an der Beleuchtung. Und was gewinnt man dabei? Muss ich vorrechnen, wie viel Watt eine Beleuchtung von ca. 100 m2 braucht und welchen Anteil von 25 MW Generatorleistung (5 Diesel a´ 5 MW) man spart? Es gibt ganz normale Elektriker, die mit 10 W pro m2  (2 W pro m2 und 100 lx) auskommen. Nach der damaligen Norm (300 lx) hätte man also insgesamt 600 W gebraucht und davon 400 W durch Abschalten von zwei Dritteln der Beleuchtung gewonnen. Lassen wir die Knickrigkeit und spendieren der Mannschaft 1.000 lx. Dann hätten wir 20 W pro m2 und damit 2 kW installieren müssen. Gespart hätten wir 1, 2 kW. Gegenüber 25 MW fällt die Ersparnis derart gewaltig aus, dass man viele Nullen benötigt, die man hinter dem Komma anordnen muss, um den Unsinn zu illustrieren.

Wem das Alles schlimm vorkommt, der hat einen "Ergonomie"-Professor nicht gesehen, der in der nach der Kerntechnik zweit-gefährlichsten Branche tätig war, dem Verkehrswesen. Dort entwarf er Warten getreu dem Designer-Motto "Licht gehört dorthin, wo man sehen muss. Stimmt! Schade, dass die Kerle in der Warte Grafik-Monitore benutzten, die kein Licht vertragen. Erst kein Spotlight über ihnen. Das würde unserem kreativsten Elektriker nicht einfallen. Vor allem nicht, dass der Rest der Warte dunkel sein muss, damit die Monitore so schön präsentiert werden. Manche Leute denken, Unfälle sind Zufälle. Man kann sie aber auch systematisch erzeugen. Nichts dem Zufall überlassen!