Dieses Prachtstück von einer Tischleuchte ging mir gestern ins Netz, etwa zu der Zeit, als die SPD den großen Propagandisten (s. hier) der Lampe abwatschte. Es ist tatsächlich in Gebrauch! Wie verzweifelt müssen die Leute sein, die dieses Objekt der üblichen Beleuchtung vorziehen, die sie abschalten, wenn sie arbeiten?
Solche wunderlichen Exemplare der Energiesparlampe hängen eigentlich in armen Ländern über Salatständen u.ä. Sie beleuchten z.B. Trinklokale, in denen Kakerlaken Wettrennen auf dem Boden veranstalten, zuweilen Einsiedlerkrebse im Müll wühlen u.ä. Dieses Prachtstück steht aber in einem deutschen Büro betrieben von einem nicht allzu armen Unternehmen.
In eingeweihten Lichttechnikerkreisen gibt es ein nicht totzuschlagendes Gerücht, dass Tischleuchten verboten seien. Diese hier muss verboten werden, weil es verboten ausschaut. (Die Farbe der Lampe ist nicht echt, sondern gephotoshopped) Echt verboten hatte sich die Branche Tischleuchten durch eigene Weisheit: Man war in den 1970ern der Meinung, in einer Beleuchtungsanlage dürfte nur eine Lichtfarbe vorhanden sein, sonst würde Zwielicht entstehen. Da die schön effizienten Stablampen eine Länge von mindestens ein Meter hatten, und in der Branche ein zweites nicht-totzuschlagendes Gerücht herumlief, dass nur 1,5 m Lampen wirtschaftlich seien, sahen die Tischleuchten mit solchen Lampen ganz schön schlimm aus. Die Intelligenzbestien hatten aber die Wirtschaftlichkeit mitgenormt.
Eigentlich kann man nicht von aussehen sprechen - sie sahen verboten aus. Die einschlägige Beleuchtungsnorm DIN 5035-1 enthielt etwas, was auch verboten aussieht: Sie verlangte allen Ernstes "Die Einzelplatzbeleuchtung ist so auszulegen, dass sie ohne Berücksichtigung der Allgemeinbeleuchtung auf der gesamten der jeweiligen Tätigkeit dienenden Fläche des Arbeitsplatzes mindestens eine Gleichmäßigkeit der Beleuchtungsstärke Emin:E von 1:6 erreicht."
Da soll mal einer probieren, wie er mit einer Leuchte in mäßiger Höhe über dem Tisch von einem Ende eines 160 cm Tisches zum anderen diese Gleichmäßigkeit erreicht. Es geht! Allerdings blendet das Zeug so schlimm, dass das tatsächlich realisierte Produkt (der Firma Siemens) namens 2K wie Blei in den Verkaufsregalen lagerte. Das 1K Exemplar mit der Energiesparlampe ist auch nicht verachten. Allerdings ein No-Name Produkt!
Die historische Wunderlampe, die einem Jüngling gehörte, der heutzutage nur unter abenteuerlichen Wege in unser schönes Land käme, wenn überhaupt, reagierte auf Streicheln und leerte ihr Füllhorn. Der kaum als gelungen zu bezeichnende Nachfahre hier schüttet bestenfalls Entsetzen aus.
Wer hätte geglaubt, dass zum Ende des Internationalen Jahres des Lichts dieses Designwunder in einem zivilisierten Land noch in Betrieb ist? Es ist!
Lichter oder Irrlichter -
Wer zieht mehr Aufmerksamkeit auf sich?
Im letzten Heft von Licht fand ich das folgende Darstellung, das das Human Centric Lighting erklären soll:
Während die linke Seite mich nicht wundert - unsere Normen zählen ja Anwendungsbereiche bis zur Vergasung auf -, kommt mir vor, als wenn die Autoren des Bildes frisch aus dem Irrenhaus gekommen wären. Man soll Saison, Tageszeit und Dauer (der Beleuchtung) berücksichtigen? Und kulturelle Prägung des Nutzers? Und auch noch dessen individuelle Vorlieben! Da kann ja jeder kommen! Kaum haben wir einen der Optimierungsparameter abgeschafft (Lichtrichtung gibt es in der Innenbeleuchtung seit 1972 nicht mehr) und einen zweiten, Lichtverteilung, für immer auf die gleichmäßige Verteilung der Leuchten an der Decke herunter"normiert", kommen die und wollen neben dem Ganzen auch noch das Alter der Nutzer nebst deren Gesundheit berücksichtigt wissen.
Vor meinem geistigen Auge steht Victor Hugo vor dem Irrenhaus und sinniert darüber, wer die Irren sind - die da drinnen oder die da draußen! Man stelle sich vor, die Autoren des Bildes hätten nur ein klein Bisschen recht. Darf man dann Beleuchtungsnormen machen, die auf der ganzen Welt gleichermaßen gültig sind? Ich denke ja, allerdings nur wenn man so denkt wie die Autoren des unten gezeigten Textes (Zitat aus der derzeit gültigen Norm DIN EN 12464-1:2011):
"Die Werte (Anm. Festlegungen für Beleuchtungsstärke und andere relevante Größen) gelten für übliche Sehbedingungen und berücksichtigen die folgenden Faktoren:
⎯ psycho-physiologische Aspekte wie Sehkomfort und Wohlbefinden;
⎯ Anforderungen für Sehaufgaben;
⎯ visuelle Ergonomie;
⎯ praktische Erfahrung;
⎯ Betriebssicherheit;
⎯ Wirtschaftlichkeit."
Also, man nehme eine große Prise Psycho-physiologie, dazu klein Bisschen Wohlbefinden, tue etwas visuelle Ergonomie darauf, mische das Ganze mit praktischer Erfahrung, rühre Betriebssicherheit hinein und gebe unter kräftigem Rühren Wirtschaftlichkeit dazu. Wenn man lange genug gerührt hat, kommen 500 lx heraus. Es kommt immer 500 lx heraus, gerührt oder geschüttelt! Und die normt man ganz für Europa! Bei der Lichtfarbe ist wichtig - sie soll es neutralweiß sein, vielleicht auch warmweiß. (Neuerdings nicht mehr, weil man LED verkaufen will. Die sind meist blaustichig.) Blenden soll das Licht nicht, jedenfalls höchstens jeden zweiten. Und das Alter? Dazu gibt es in der Norm schon was, aber nur für das Alter der Lampen. Die müssen auch mal geputzt werden, damit kein Europäer auf 500 lx an seinem Arbeitsplatz jemals verzichten muss! Was heißt denn verzichten, er muss immer 500 lx haben. Denn das ist der Wartungswert und der ist "Wert, unter den die mittlere Beleuchtungsstärke auf einer bestimmten Fläche nicht sinken darf." So steht es in der Norm über lichttechnische Begriffe geschrieben (DIN EN 12665). Was das Alter der Nutzer angeht - da müssen die Alten in der Alten Welt warten, bis die Lichttechnik den Begriff Accessibility begreift.
Weiß jemand wo Europa liegt? Mal gucken, was die Karten von der EU und der EFTA sagen? Juristisch gesehen fängt Europa im Osten bei der Insel Reunion an. Die liegt östlich von Südafrika und Madagaskar. Im Westen - doch was Neues - reicht Europa bis Französisch Guayana, die Karibik ist noch mittendrin. Während die südliche Grenze von Europa auch bei Reunion liegt, endet die Gültigkeit von EN 12464-1 nicht einmal beim Nordkapp (71. Breitengrad), da sind noch fast 800 km Luft nach Norden (Spitzbergen, fast 78. Breitengrad). Am Nordkapp gibt es ca 2,5 Monate Nacht, dafür entsprechend lange keinen Sonnenuntergang. Auf den Spitzbergen türmt sich die Nacht auf ca. 3,5 Monate. Wie sehen da die Lichtverhältnisse aus? Was brauchen Menschen dort für Licht? Und warum?
Hätten sich die Jungs nur auf Europa beschränkt, wäre die Sache wohl noch einigermaßen verständlich. Doch, was in DIN EN 12464-1 steht, gilt in der restlichen Welt, nur unter anderer Nummer ISO 8995-1/CIE S 008. Der Inhalt wurde etwa im Jahre 1979 in Deutschland zusammen gebraut. Später versuchte man, ganz Europa am Deutschen Wesen genesen zu lassen. Die Beleuchtungsnorm sollte sogar eine Sicherheitsnorm werden. Als sie es nicht wurde, hat man sie der CIE angedient, die prompt gemeinsam mit ISO die besagte Norm produzierte. Wenn z.B. Madagaskar und Burkina Faso am Fortschritt teilnehmen wollen, müssen die noch ´n paar Kraftwerke bauen, weil deren vorhandene Kraftwerke fast 100% für Beleuchtung arbeiten. Wenn man die Werte verfünffacht, muss man eben fünfmal so viele Kraftwerke bauen wie vorhanden. In Industrieländern ist es nicht so schlimm. Erstens hat man die Werte bereits vorher trickreich hochgerechnet, und zweitens verballert man nur 20% der Kraftwerkkapazität für Beleuchtung. Wer all diese Dinge verstehen will, sollte mal in der Industriegeschichte bei Edison, Westinghouse und Siemens nachschlagen. Die wollten nicht etwa Licht verkaufen, sondern Kraftwerke und Leitungen. Mit der Erleuchtung von Massen wollten sich die Herrschaften garantiert nicht befassen.
Ich denke, man hat in der Lichttechnik lange gut gelebt mit den Weisheiten der Altvorderen und musste kein Hirnschmalz neu hinzutun. Man konnte damit sogar Professor werden und ein ganzes Professorenleben abschließen, so etwa mit der Vorstellung, dass Menschen im Büro Sehleistung benötigten. Und dass, auch wenn der Chef in seiner Jugend nachgewiesen hatte, dass mit Sehleistung kein Blumentopf zu gewinnen war. Und man durfte Leute, die von einer Anpassung an den Menschen sprachen, in die Nähe des Irreseins rücken.
Mal sehen, wie sich das Human Centric Ligth in diesem Milieu entwickelt. Aufblühen wie ein Hibiskus auf den Spitzbergen?
Wie gesund darf Licht sein? Weiß man nicht! Dass Licht etwas mit Gesundheit zu tun hätte, glaubte man uns nicht, als wir vor genau 25 Jahren unseren Forschungsbericht "Licht und Gesundheit" veröffentlichten. Aber offensichtlich sehen manche Leute es so, dass unser genormtes Licht in Arbeitsstätten ungesund sein muss. Ansonsten hätten sie keinen Antrag gestellt, gesünderes Licht planen zu wollen. Der Antrag ging an CEN, die europäische Normungsorganisation, und sollte die Revision ihrer Norm EN 12464-1 bewirken. Die beschreibt, wie Arbeitsstätten und Arbeitsplätze in Europa beleuchtet werden sollen.
Einige feinsinnige Herrschaften haben aber einen triftigen Einwand gegen das beantragte Vorgehen: Wenn nämlich etwas die Gesundheit und Sicherheit des Menschen angeht, darf CEN keine Norm dazu machen. Logisch? Unlogisch? Legal? Illegal? Nur nicht sch...egal. Legal vorgehen heißt: Nur der Staat darf Grenzwerte festlegen, wenn eine Sache den Menschen betrifft. Wie viel Asbest darf ich schlucken? Das legt der Staat so fest: Die EU sagt, kein Bürger eines Mitgliedsstaates darf gesundheitsgefährdende Mengen an Asbest schlucken. Also lieb Deutschland, schreib bitte vor, wie viel Asbest in der Luft vorkommen darf. Deutschland sagt, danke liebe EU, und grübelt eine Weile. Und schreibt (meistens) eine Verordnung oder gar ein ausgewachsenes Gesetz darüber, wie viele Fasern Asbest man spalten darf, ohne dass die Luft gefährlich wird. Dann schreibt sie an die liebe EU, ihrem Willen sei genüge getan worden. Und die gibt vorerst Ruh´.
Ganz früher, lang ist´s her, hätte die Bundesrepublik eine Normenorganisation gefragt, dazu eine Norm zu erstellen. Die hätte dann nach eigenem Gusto die Norm produziert. Manchmal mit Hilfe von Freiwilligen, die die Industrie ganz selbstlos in die Normung geschickt hat. Manchmal hat man die betroffenen Behörden um Experten gebeten. So etwas darf man immer noch tun, aber nur wenn die Angelegenheit nicht die Sicherheit und Gesundheit betrifft. Deswegen steht in allen neuen Normen seit 1996, dass die Inhalte die Gesundheit und Sicherheit nicht … Auch in EN 12464-1 steht so etwas geschrieben.
Nun reicht es bei uns nicht, in eine Norm zu schreiben, dass man nichts über Gesundheit regelt. Die Leute sind so doof, dass sie es nicht verstehen. Darum muss es noch einmal bekräftigt werden. Notfalls mit Gewalt. Aber zunächst zu der Frage, warum die Leute so doof sind. Etwa angeboren? Nee, anerzogen. So etwa 80 Jahre erzählte man dem deutschen Publikum, wenn es gesundes Licht wolle, muss es genormtes Licht sein. Das waren im Übrigen die gleichen Leute, die uns den Titel unserer Forschungsarbeit "Licht und Gesundheit" nicht abnehmen wollten.
Früher, lang lang ist´s her, hatte der deutsche Staat sogar ein Amt dafür. Das Amt für Schönheit der Arbeit! Echt, ehrlich. Später, als der damalige Staat auch noch unschöne Sachen gemacht hatte, haben Freiwillige der Industrie die Idee übernommen, und den neuen deutschen Staat davon überzeugt, dass er seinen Arbeitsschutz mobilisieren möge, damit er gesundes Licht in deutsche Arbeitsstätten verteilt und überwacht. Man lieferte auch die Norm dazu. Fortan prüfte die Gewerbeaufsicht, ob auf jedem Arbeitsplatz genügend Licht von oben empfangen wurde. Es genügte nicht einmal, dass der gesamte Arbeitsplatz durch die Arbeitsmittel glänzend hell beleuchtet war (so geschehen an Regiearbeitsplätzen des Fernsehens mit Dutzenden von Monitoren). Und jedem, der mit seiner Beleuchtung unzufrieden war, oder dem die Augen weh taten, erzählte man, er möge sich um eine normgerechte Beleuchtung bemühen.
Mit dieser Selbstherrlichkeit war mit dem Arbeitsschutzgesetz von 1996 vorbei. Deswegen trug die "neue" Beleuchtungsnorm DIN EN 12464-1 von 2003 einen Vermerk, der dies besagte: "Diese Europäische Norm legt keine Anforderungen an die Beleuchtung von Arbeitsstätten im Hinblick auf den betrieblichen Arbeitsschutz fest und wurde nicht im Anwendungsbereich von Artikel 137 der Europäischen Verträge erarbeitet, obwohl die lichttechnischen Anforderungen, die in dieser Norm enthalten sind, üblicherweise auch die Anforderungen im Hinblick auf Sicherheit erfüllen. Anforderungen an die Beleuchtung von Arbeitsstätten im Hinblick auf den betrieblichen Arbeitsschutz können in nach Artikel 137 der Europäischen Verträge erlassenen Richtlinien enthalten sein, in der nationalen Rechtsetzung der Mitgliedsstaaten in Umsetzung dieser Direktiven oder in anderer nationaler Rechtsetzung der Mitgliedsstaaten." Wem die Sache so nicht gefällt, kann glücklicherweise auf eine internationale Norm der CIE zurückgreifen (CIE S 008), in der zwar die Anforderungen gleich sind, aber die Einschränkung fehlt, dass die Norm den Arbeitsschutz nicht regelt, obwohl sie doch schon ganz gut … Man merke: man nehme eine Reihe von Lampen und Leuchten, wähle sie so aus, wie die Norm verlangt, und plane die Beleuchtung ebenso. Mal dient sie der Sicherheit (Text von CIE), mal auch nicht (Text von DIN EN 12464-1). Klar wie Kloßbrühe. Oder hat etwa jemand was verstanden?
Als die Norm EN 12464-1 dann ihre letzte Form 2011 fand, sagte unser Arbeitsschutz, dass wenn man nur diese Norm berücksichtigte, ein gesundes Licht nicht erreicht werden könne. Die hatte nämlich mittlerweile ein schönes Papier erarbeitet, das nach eigenem Bekunden den Stand der Wissenschaft und Technik und Gott weiß noch was darstellt. Leider ist das nicht etwa in der Bildzeitung veröffentlicht sondern im "Gemeinsames Ministerialblatt" aller Ministerien. Dieses Papier ist eine Arbeitsstättenregel, passt aber nicht mit den Normen zusammen. Der Vermerk liest sich so:
"Grundsätzliche Anforderungen an die Beleuchtung hinsichtlich der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Beschäftigten bei der Arbeit sind in Deutschland in der Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) bzw. in der Unfallverhütungsvorschrift "Grundsätze der Prävention" (BGV A1) festgelegt. Diese Anforderungen werden in der Arbeitsstättenregel ASR A3.4 "Beleuchtung" und in berufsgenossenschaftlichen Regeln konkretisiert sowie in berufsge-nossenschaftlichen Informationen erläutert.
Planung und Betrieb von Beleuchtungsanlagen ausschließlich nach dieser Norm können zu Nichteinhaltung staatlicher oder berufs-genossenschaftlicher Mindestanforderungen führen. Abweichende Anforderungen zu dieser Norm betreffen insbesondere:
· durch Zusammenfassung der Bereiche der Sehaufgaben zu einem Arbeitsbereich,
· durch die Ausdehnung des unmittelbaren Umgebungsbereichs auf den restlichen Raum,
· hinsichtlich der geforderten Höhe der horizontalen Beleuchtungs-stärke für einige Arbeitsplätze,
· hinsichtlich der vertikalen und zylindrischen Beleuchtungsstärken,
· hinsichtlich der geforderten Gleichmäßigkeit der Beleuchtungs-stärken."
Ein Bisschen heftiger geht es im Gemeinsames Ministerialblatt zur Sache:
Die Anforderungen dieser ASR weichen in Einzelfällen von Normen, insbesondere von DIN EN 12464-1:2003 Beleuchtung von Arbeitsstätten – Teil 1: Arbeitsstätten in Innenräumen sowie DIN EN 12464-2:2007 – Teil 2: Beleuchtung im Freien ab. Die DIN EN 12464 Teil 1 und 2 legen Planungsgrundlagen
für Beleuchtungsanlagen fest, berücksichtigen aber nicht die Anforderungen, die an Sicherheit und Gesundheitsschutz der Beschäftigten bei der Arbeit zu stellen sind.
Will sagen: Die Beschäftigten der Bundesrepublik Deutschland haben in Sachen Licht Nachholbedarf, soll es nicht an deren Gesundheit gehen.
Als man sich daran machte, eine Norm zu entwickeln, die all die aufgezählten Probleme beseitigt und dem geneigten Lichtplaner endlich sagt, was er denn zu planen hat bzw. wofür, stellte man fest, das geht eigentlich nicht. Und dann kamen auch noch die, die meinen, gesundes Licht sehe anders aus. Bei dem rechnet man nicht mit Lux sondern mit mLux. Und Lumen wäre von Vorgestern und müsste mLm heißen. Und überhaupt … Sehwirkung war mal wichtig, jetzt muss Licht an seiner circadianen Wirkung gemessen werden. Da man die Sache, circadiane Wirkung, allerdings immer noch nicht versteht, genügt es vorerst, wenn man die melanopischen Wirkungen normt. Das ist die Wirkung des Lichts auf die Melatoninunterdrückung. Daher das "m"chen von Lux und Lumen. Allerdings bleiben die notwendigen Änderungen nicht auf das Ämmchen beschränkt, denn Licht von oben will und kann keine melanopischen Wirkungen auslösen, jedenfalls nicht ganz so effizient, es muss ins Auge gehen. Dummerweise ist Licht, das ins Auge geht, nicht sehr gesund, es blendet meistens. Und wenn es auch noch blau ist - blau ist die Lieblingslichtfarbe von Melatonin -, kann es auch noch zu Blaulichtschäden führen. Nicht gerade sehr gesund!
Böse Ketzer behaupten auch noch, dass die melanopischen Wirkungen meist nachts im Schlaflabor mit nicht gerade sehr aktiven Menschen ermittelt worden seien und wollen eine überzeugende Argumentation sehen, wie valide die Forschung für Menschen ist, denen man zuweilen hektische Aktivität am Tage abverlangt. Wenn diese bösen Leute wüssten, dass eine allseits verbreitete Studie die melanopischen Wirkungen mit Kleinkindern ermittelt hat und mit Erwachsenen validiert, weil dem Forscher der Ethikrat seiner Universität das Experimentieren mit Kindern verboten hat, wären sie noch böser.
Jetzt holen uns die Sünden der Vergangenheit ein. Man will die Norm so ändern, dass sie gesundes Licht propagiert. Man darf aber nicht, weil …… (steht oben). Tut man das nicht, ist das Licht wohl ungesund. Tut man es doch, muss man sich davor hüten, zu viel Blaulicht ins Auge zu strahlen. Das ist ungesund, garantiert! Egal. Die Lage ist ungesund an sich. Hätte man doch rechtzeitig allen gesagt, dass genormtes Licht zwar gesund ist, aber nur für die lichttechnische Industrie! Wir haben nachgewiesen, dass sie für die Erleuchteten eher nicht allzu gesund ist. Jetzt sagen das auch die von der Industrie, die eine neue Norm haben wollen. Frei nach Kaiser Ferdinand*: Ja, dürfen s' denn des?
Kaiser Ferdinand I. blickt im März 1848 genervt aus der Hofburg
auf eine lärmende Menge und erfährt von Metternich:
"Die machen eine Revolution, Majestät."
Er fragt fassungslos zurück: "Ja, dürfen s' denn des?"
Hier bitte nicht weiter lesen: Sie durften nicht und
wurden zusammengeschossen.
… oder "Philips im Rotlichtbereich" lauteten die Überschriften in den heutigen Börsennachrichten. Philips trennt sich nach Ewigkeiten vom Bereich Licht. Dabei denkt jeder, der in Deutschland an Licht denkt, an Philips, Osram, Siemens, AEG … Die Reihenfolge könnte von Person zu Person etwas anders ausfallen. Ich denke an Philips + AEG, da die letztere Firma in Sachen Licht gut bei Philips untergekommen war.
In den 1960er Jahren hatte Philips die Führerschaft in Sachen Lichtanwendung und Normung beanspruchen dürfen. Als OSRAM Anfang 1970 schwächelte, sah sich Philips oben. In Sachen Anwendungsforschung für Beleuchtung fällt mir immer wieder Philips ein. Beim Lesen der Börsennachrichten leuchteten bei mir rote Alarmlampen auf, oder soll ich lieber von Alarmglocken sprechen. Unser Berufsbild ist in Gefahr, auch wenn Philips beteuert, die neue eigenständige Lichttochter werde Philips heißen, also nicht (völlig) enterbt werden. Man will sie abtrennen, damit sich auch andere Investoren daran beteiligen können.
Erst mal soll die Amputation 400 Mio Euro kosten, was nicht gerade für ein lukratives Geschäft spricht. Siemens hatte OSRAM immerhin nur verschenkt. Ich denke, dass die Ursache wieder bei dem Wort LED zu suchen ist. Die Revolution frisst ihre Eltern. Mal sehen, wie die Sache weitergeht. Gut?
Die Gefahr für den Lichttechniker liegt schlicht darin, dass andere das Sagen haben werden, und am Ende des Jahres des Lichts dessen Techniker ein Stück ärmer dastehen. Es ist bestimmt nicht das letzte Drama seiner Art. Ich denke da an die Szene mit den Kameras. Die einstige Domäne der Deutschen hatte Japan im Sturm erobert, bis nur noch Liebhaberstücke als Produkt übrig geblieben waren, Leicas. Noch vor drei Jahren machten sie ein gutes Geschäft mit Consumer-Kameras. Jetzt nicht mehr, alles im Handy. Videokameras? Im Handy! Meine Stereoanlage? Im Handy, ich brauche nur noch den Verstärker und die Boxen. Videorecorder? Im Fernseher! Fernseher? Ich brauche nur noch ein Display, den Rest macht mein Apple TV und eventuell ein Receiver. Eigentlich habe ich mein Display am Computer, den Receiver drin, die Boxen unter dem Display. Wer nur Bum Bummm-Musik hören will und sich im Dschungelcamp wohl fühlt, braucht keine Consumer-Elektronik mehr. It´s a Sony? Es war eine Sony!
Weiß einer noch, wie Büromaschinen aussahen? Nicht mal in den historischen Ausstellungen ihrer Hersteller kann man sie bewundern, weil die Hersteller auch die ewigen Jagdgründe aufgesucht haben. Die üblichen Verdächtigen der Computerszene des letzten Jahrhunderts sind fast alle tot, oder sie haben sich neu erfunden, siehe IBM. Das Sagen haben andere, über die man Ende 1980er Jahre noch lachen konnte. Wohin der Weg der Lichttechnik mit LED gehen wird, ist relativ gut vorgezeichnet. In Halbleiterbuden, die natürlich nicht mehr Buden heißen werden. Wie man den Weg bis dahin zurücklegen will, ist mir hingegen nicht klar. Bereits heute kann man allenthalben sehen, wie die guten Sitten den Bach runter gehen. Lebensdauer? 50.000! 50.000 was? Manchmal Stunden, kann aber auch Minuten sein, wenn man die Module falsch einbaut. Lichtfarbe? Ähemm! Müssen wir neu definieren. Farbwiedergabe? Die alten Vorstellungen passen nicht mehr. Am besten neue entwickeln. Leuchtdichte? Schwierig zu messen. War schon mit der alten Technik schwierig genug, sodass die Angaben aussagefähig etwa wie Hausnummern waren. Jetzt ist es etwas schlimmer geworden. Lichtstrom? Messen können wir schon. Bloß weiß ich nicht, was die Nummer auf dem Messgerät besagt.
Was wir jedenfalls garantiert erleben werden, ist das Verständnis für das Wort Technologie. Technik ist, wenn eine Lampe leuchtet. Technologie ist, wenn man aus Glas, Metall, seltenen Erden, viel Papier (Normen, Kataloge ...), viel Software und viel ungeschriebenem Wissen eine angenehme Beleuchtung zaubert. Die wird aber künftig von anderen gemacht werden.
In Heft 2/2014 der 3lux letters (mehr hier) schreibt Brigitte Holzinger (mehr zu Dr. H. hier) über Lichtfarben und deren Wirkung. Auch wenn manche eher skeptisch reagieren würden: Das Auge ist zwar der Ort, wo Lichtereignisse in Bilder umgewandelt werden, aber das Sehen von Bildern ist beileibe nicht die einzige Funktion des Auges, und das Auge ist nicht der alleinige Träger von lichtempfindlichen Zellen.
Frau Holzinger schreibt: "Heute wissen wir, dass Licht nicht nur von spezialisierten Nervenzellen im Auge wahrgenommen wird, sondern dass fast jede Nervenzelle auf Lichtimpulse reagieren kann. Verarbeitet werden Lichtimpulse allerdings nur durch drei Typen von Nervenzellen (= Fotorezeptoren): den Stäbchen und Zapfenzellen sowie den fotosensitiven Ganglienzellen der Netzhaut. Stäbchenzellen sind spezialisiert auf das Hell-Dunkel- Sehen wie beispielsweise in der Dämmerung und in der Nacht, die Zapfenzellen ermöglichen uns das Wahrnehmen von Farben tagsüber. Die sogenannten fotosensitiven Ganglienzellen hingegen reagieren ganz allgemein auf Lichtimpulse und sind direkt mit den kortikalen Zentren zur Steuerung des Biorhythmus und der „inneren Uhr“ verbunden. Aber es könnten durchaus noch andere Nervenzelltypen, etwa in der Haut oder – wie vor einigen Jahren behauptet – in der Kniekehle, Lichtimpulse weiterleiten. Nachgewiesen werden konnte etwa, dass Nervenzellen, die über spezielle Opiatrezeptoren verfügen, selektiv auf Lichtimpulse reagieren und dass sich so die Stimmung verbessern lässt."
Der Artikel ist ein flammendes Plädoyer für die weitere Erforschung von Lichtwirkungen. Vielleicht schaffen wir es, aus dem Schatten des großen Erfinders, Thomas A. Edison, herauszutreten, dessen Vermächtnis es war, das elektrisches Licht so billig sein muss, dass nur noch Reiche sich Kerzenlicht leisten können bzw. wollen, und es darf nicht blenden. So haben Generationen von Lichtforschern mit vollem Eifer über einhundert Jahre Blendungsforschung betrieben. Und wo sind sie angekommen? Zu Beginn von manchen Märchen findet sich eine solche Phrase "Er lief Tag und Nacht, über Stock und Stein, wanderte über Bäche und Hügel, als wandle er in der Ebene. Als er zurück schaute, sah er, dass er einen Gerstenkorn weit gekommen war."
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