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Leinenzwang für Lichttechniker

 

In Deutschland wird alles, was durchgehen und Schaden anrichten kann, an die Leine gelegt. Die ganz wilden, die Hengste, sogar an die Kandare. Bei Hunden reicht vorerst eine Leine.

Als ich bei einer Satiresendung von einem Leinenzwang  für Politiker hörte, fiel mir sofort die Gilde der Lichttechniker als weiterer Kandidat für’s Anleinen ein. Sie verdient das Prädikat „gefährlich“ in mehrfacher Hinsicht. (Obwohl: ohne die Lichttechniker wäre die Welt wohl eine andere, aber nicht bessere.) Mir fallen gerade folgende Beispiele ein.

Erfindung der BAP-Leuchte: Eine der wunderbaren Lösungen, für die man lange das Problem suchen musste. Die Leuchte wurde so etwa 1967 erfunden. Mädchenname: Dark light Leuchte (mehr dazu hier). Das geeignete Problem entstand etwa 1977. Eine Studie des Arbeitsministeriums hatte gezeigt, dass Bildschirmbenutzer unter Augenbeschwerden litten. Unter den Ursachen waren auch Spiegelungen auf Bildschirmen zu finden. Schwupdibus wurde die Leuchte zur Bildschirmarbeitsplatzleuchte umgetauft, durch zwei eigens dafür geschaffene Normen (DIN 66234-7 und DIN 5035-7) zum Stand der Technik erklärt und für viel Geld in deutsche Verwaltungen gebracht. Die Studie, die nachwies, dass sie dem Arbeitsschutz widerspricht, erschienen 1990, wird ungern zitiert, aber deren Titel hat sich zum Renner gemausert: Licht und Gesundheit. (letzte Ausgabe hier) Unzählige Kongresse haben unter dem Titel stattgefunden. Es gibt sogar Professuren dafür.  Der Titel war wie gemacht für das Marketing für Licht. Präzise gesagt: Er war dafür gemacht. Das weiß ich, weil ich ihn erfunden habe, weil es mich ärgert, das man das Licht unter’n Scheffel stellt. So lasst euer Licht leuchten vor den Leuten.  Warum bloß lesen die Leute nur den Titel  meiner Arbeit? Die BAP-Leuchte assoziiere ich immer mit dem Nihilit von Kafka. Etwas kafkaesk war ja deren Mädchenname: dark light. Kann Licht dunkel sein?

LED in KfZ-und Straßenbeleuchtung: Die LED hat neben vielen guten Eigenschaften auch zwei schlimme (hier und da): unerträglich hohe Leuchtdichten und Flimmern. Für beide gibt es Lösungen, die zu einer guten Beleuchtung führen können. Nicht nur in der Theorie. Viele gute praktische Beispiele gibt es auch. Dennoch haben sich Auto- und Fahrradscheinwerfer zu einer Pest der Straße entwickelt, und das nicht nur in der Nacht. Sie blenden rund um die Uhr. Gegen die Straßenbeleuchtung klagen mittlerweile Bürger erfolgreich (hier und da). Hätte man LED-Beleuchtung mit Hilfe vorhandenen Wissens entwickelt, wäre es unwahrscheinlich, dass es überhaupt zu Beschwerden gekommen wäre.

Die schlimmere Sache ist das Flimmern. Dass hier ein Problem besteht, das die Sicherheit des öffentlichen Verkehrs berührt,  ist länger bekannt (hier und da und dort). Wie die Lösung aussehen kann, etwa ebenso lange:  höhere Frequenzen. Was gibt es dagegen für gute Argumente außer das liebe Geld?

Sparen an der Beleuchtung der Steuerwarten von Kernkraftwerken: Leute, die nicht rechnen konnten, wollten Ende der 1970er Jahre die Notstromdiesel ihrer Kernkraftwerke schonen, weil deren Leistung für wichtigere Aufgaben  eingesetzt werden sollte als für die Beleuchtung. Zum Verständnis: Jedes KKW benötigt 3 Stromversorgungen, die eigene, die aus Fremdnetzen bezogene und die Notstromversorgung. Dafür stehen 5 Diesel bereit. Jedes KKW verbraucht etwa 10% seines Stroms für den eigenen Betrieb. Also bei 700 MW werden 70 MW selbst verbraucht. Die Diesel müssten etwa die gleiche Leistung aufbringen. Da dies zugegebenermaßen schwierig ist, müssen sie nicht so viel. Die die ich kenne, lieferten je 5 MW. Und was verbraucht so eine Beleuchtung? Sagen wir großzügig 10 W pro Quadratmeter und 100 lx. Macht 50 W pro Quadratmeter. Kleine Warten können 50 Quadratmeter groß sein, also braucht man  für die Beleuchtung schlappe 2500 W. Größere Warten mögen entsprechend mehr verbrauchen. So 5 kW für 100 Quadratmeter. Und was macht das gegen 5 x 5 MW? Wenn mir einer die Nullen liefert, die ich hinter’m Komma brauche, schreibe ich das gerne.

Was würden Sie als deutscher Professor sagen, wenn einer mit der bescheuerten Frage an Sie herantritt, wie viel von Hundertster Promille man sparen darf? Bei unserem Professor hätte man nicht genug Zeit, zur Tür zu rennen. Man würde eher zum Fenster hinaus komplimentiert. Man hat wohl deswegen die Frage an einen anderen gestellt. Und der erteilte Absolution (protokolliert im Entwurf KTA 3904 vom Jahre 1987): Es ist unproblematisch, im Falle eines Störfalls die Beleuchtungsstärke in der Warte auf ein Drittel abzusenken. Das Auge adaptiert schnell um.

Zum Verständnis: KTA 3904 ist eine Sicherheitstechnische Regel des KTA, ein Störfall ist ein „In der Kerntechnik ist ein Störfall gemäß § 3 der Strahlenschutzverordnung „ein Ereignisablauf, bei dessen Eintreten der Betrieb der Anlage oder die Tätigkeit aus sicherheitstechnischen Gründen nicht fortgeführt werden kann und für den die Anlage auszulegen ist oder für den bei der Tätigkeit vorsorglich Schutzvorkehrungen vorzusehen sind.“

Man stelle sich vor, dass bei einem Unfall, der halb Europa unbewohnbar machen kann, an der Stelle, an der der Störfall analysiert und beherrscht werden soll, die Lichter plötzlich gedimmt werden! Grauen lass bitte nach! Dabei ist das Grauen nicht einmal komplett. Ohne den Elektriker  wäre er nicht einmal halb so schlimm. In einem mir bekannten Fall (keine Sorge, der Laden existiert nicht mehr) hatte der Elektriker ganze Arbeit geleistet: je ein Drittel der Warte an eine andere Phase angeschlossen. Absenken auf ein Drittel hieß dort, zwei Drittel der Warte ohne Beleuchtung.

Technische Maßnahmen, die garantiert nicht funktionieren können: Lichttechnische Lehrbücher enthalten zwei Lösungen, mit denen man Flimmern vorbeugen kann, die heißen Duoschaltung und Dreiphasenschaltung. Die Duoschaltung versorgt jeweils zwei Lampen mit phasenverschobenem Strom. Dadurch leuchtet die eine Lampe heller, wenn gerade de andere dunkel ist. Die Dreiphasenschaltung heißt so, weil man jede Dritte Lampe an eine Phase des Drehstroms hängt. Ist dasselbe wie die Duoschaltung, nutzt aber die vorgegebene Phasenverschiebung.

Soweit, so gut. Funktionieren könnten die Lösungen, wenn die zwei oder drei Lampen an jeweils der gleichen Stelle befänden. Das können sie aus physikalischen Gründen nicht. Ergo: möglichst nahe beieinander anordnen. Da die meisten Leuchten aber einflammig sind, geht die Sache auch nicht. Also: Auch ohne den superintelligenten Elektriker, der jeweils eine Phase an ein Drittel des Raums zuordnet, ist Pleite programmiert. Leuchten mit Optik besitzen diese, um das Licht einer Lampe umzulenken.  Licht von Lampen in unterschiedlicher Position geht in jeweils andere Raumteile. Jede flimmert also für sich allein, egal in welcher Schaltung.

Und wenn der Elektriker ganz normal ist und tatsächlich jede dritte Lampe an eine Phase hängt? Da kommt der geniale Facility Manager ins Spiel: Weil niemand die 1.000 lx, die einst Norm für Großraumbüros waren, haben wollte, hat  der geniale Dienstleister einfach zwei Phasen abgeschaltet. Die verbleibende Phase erzeugt dann so starke elektromagnetische Felder, dass jegliche „Strahlung“ und Elektrosmog, denen man nachging, in lächerlichen Größenordnungen wären.  Elektrosmog frei Haus.

Sollen wir nu den Hundefänger umbauen lassen, um Jagd auf die Lichttechniker zu machen? Leider würde die Situation nicht ein Deut besser, weil in Deutschland über 95% der Gebäude ohne Zutun eines Lichtplaners beleuchtet werden.

Grelle Straßenbeleuchtung hält Anwohner wach - ein Gastbeitrag

 

Der Blog-Beitrag von Vorgestern (hier) scheint bei vielen den Nerv getroffen zu haben. Uns hat Thom Haeger, freischaffender Autor in Sachen Licht, seine Meinung zu dem Fall der beiden Rentner geschrieben, die sich die nächtliche Ruhe vor dem Licht einklagen mussten. Den wichtigen Inhalt irgendwo in die Kommentarfunktion zu stecken, finde ich zu schade. Deswegen wird dieser - als Meinungsäußerung des Autors - wiedergegeben. Er geht auf einen Sachverhalt ein, der eine beliebte Krankheit ist: sich hinter DIN-Normen verstecken anstelle seine Aufgabe zu erfüllen. DIN-Normen (und auch sonstige) sind Empfehlungen, die man zwar immer berücksichtigen sollte. Sie sind aber keine Vorschriften. Und Überraschung: In Deutschland muss man nicht einmal Gesetze einhalten - sondern das, was sie wollen. Da dieser seit Ewigkeiten geltende Grundsatz immer wieder vergessen wurde, wird er z.B. in allen neu erstellten ASR (Regeln für Arbeitsstätten) eingangs eingeführt: " … Wählt der Arbeitgeber eine andere Lösung, muss er damit mindestens die gleiche Sicherheit und den gleichen Gesundheitsschutz für die Beschäftigten erreichen. …" Thom Haeger spricht somit eine grundsätzliche Frage an. Deswegen dieser Beitrag, für dessen Inhalt der Autor verantwortlich ist. (Adresse für Nachfragen unter dem Beitrag)

Kommentar zum Artikel „Grelle Straßenbeleuchtung hält Anwohner wach“

(Quelle: lokale Abendzeitung vom 28.11.2018//Spiegel Online SPIEGEL ONLINE - Panorama - 28.11.2018)(bbr/dpa)

Dieselskandal war gestern – der nächste Skandal wartet schon seit mehr als 20 Jahren – der Skandal ums künstliche Licht!

Grelle und meist auch flimmernde urbane Beleuchtung ist eine wesentliche  Ursache, dass Abermillionen Menschen des Nachts ihre Fenster – lichtdicht- machen müssen. Teure Jalousien oder ausgefallene Techniken sollen dann gesunden Schlaf ermöglichen. Ein Zustand, der leider kein deutsches, sondern ein weltweites Problem ist. Und nun haben es doch tatsächlich zwei Betroffene und von diesem Zustand genervte Rentner aus Bayern geschafft, ein Verwaltungsgericht zu einem Urteil zu bewegen, das eigentlich der Startschuss zu einer bürgerlich technischen Revolution in Sachen Umgang mit Energie (hier insbesondere Licht) sein könnte.

Zitat: Deren Anwältin sagte, dass sonst jeden Tag jemand ins Rathaus käme und etwas anderes wolle. Außerdem solle ein Präzedenzfall vermieden werden. Die Gemeinde sieht sich außerdem im Recht, da sie DIN-Normen einhalte.

Wie hier die „Experten“ de jur. und kommunale Verantwortliche auf diese Klage reagieren, ist im Grunde ein Armutszeugnis, welches bedauerlicher Weise auf (zu) viele andere Kollegen dieser Branche ebenfalls zutrifft. (Der Autor dieser Zeilen kann unzählige gleiche Situationen aus mehr als 20-jähriger Erfahrung mit einschlägigen Fakten bestätigen.)

Dass jemand jeden Tag ins Rathaus kommt und etwas anderes will – ja wozu ist denn ein Rathaus da??? Wird hier etwa die Amts-Ruhe gestört? Und „Recht“ wegen DIN Normen? Die einzigen Länder auf dieser Welt, wo Normen dieser Art jemals Gesetzes-Charakter besaßen oder besitzen, waren die DDR und Nord-Korea. Ersteres Land ist an seinen eigenwilligen Normen zu Grunde gegangen und Nordkorea - naja warten wir´s ab.

Hierzulande gibt es Rechtsprechungen, welche die hier geschilderte Situation eigentlich aufklären könnten, wenn der Mensch eben mal die Dinge recherchieren, lesen und anwenden würde. Hier Beispiele aus der Ecke unserer deutschen Rechtsprechung.

DIN-Normen sind Empfehlungen und können angewendet werden, allerdings müssen sie nicht benutzt werden. Grundsätzlich handelt es sich um „private Regelwerke mit Empfehlungscharakter“[1]. Als solche können sie hinter dem Stand der Technik zurückbleiben, haben aber die Vermutung für sich, dass sie den Stand der Technik abbilden…[2].

[1]   BGH Urteil vom 14. Juni 2007, Az. VII ZR 45/06

[37] bb) ... Der Senat hat wiederholt darauf hingewiesen, dass DIN-Normen keine Rechtsnormen sind, sondern nur private technische Regelungen mit Empfehlungscharakter…

[2]   BGH Urteil vom 24. Mai 2013, Az. V ZR 182/12

[36] bb) ... DIN-Normen sind keine Rechtsnormen, sondern private technische Regelungen mit Empfehlungscharakter, die hinter den anerkannten Regeln der Technik zurückbleiben können (BGH, Urteil vom 14. Mai 1998 - VII ZR 184/97, BGHZ 139, 16, 19 f.; Urteil vom 14. Juni 2007 - VII ZR 45/06, BGHZ 172, 346, 355 f. mwN), weil technische Entwicklung und wissenschaftliche Erkenntnis in einem ständigen Wandel begriffen sind (… vgl. auch BGH, Urteil vom 14. Juni 2007 - VII ZR 45/06, aaO). Von daher liegt es in der Natur der Sache, dass in DIN-Normen empfohlene Maßnahmen … nicht mehr die anerkannten Regeln der Technik beschreiben, wenn aufgrund neuer Erkenntnisse andere,  geeigneter erscheinende - Methoden an deren Stelle treten. Auch wenn das zu einer Verteuerung, aber auch zur Verbilligung … führen kann.

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Das Ganze nun einmal speziell für unwissende Juristen, Elektriker und kommunale Licht-Verantwortliche in fünf Fakten verkürzt auf einen Nenner gebracht:

  1. Selbst wenn ein Gemeinderat beschließen würde, Fackeln und Kerzen zur urbanen Beleuchtung zu verwenden - so ist das sein gutes Recht.
  2. Aus einer stringenten Einhaltung der DIN-Normung beim Thema „Licht“ ergibt sich in keinem Fall eine Haftungsentlastung bei evtl. Schäden.
  3. Man stelle sich vor, aus einer laut DIN lichttechnisch unvollkommenen Straßenleuchte soll eine Haftung des Betreibers generiert werden. Wenn dies Erfolg haben würde, bräuchte man doch keine Unfallversicherung mehr! Oder? Wie viele „Verunfallte“ würden sich doch dann unter eine laut DIN schlecht ausgeleuchtete Laterne schleppen und laut „auweh“ brüllen?
  4. Dass der, allseits von Verkäufern und Installateuren der Lichtbranche bekannte Spruch „Wenn die Beleuchtung nicht der Norm entspricht und es passiert was, gehen wir ins Gefängnis.“ im Grunde gesetzesanmaßend ist, und diese Behauptung – allein- sogar eine Straftat darstellt, wurde bisher tunlichst übersehen.
  5. Urbane Beleuchtung soll dem Menschen dienen. Gesundheit, Sicherheit und Wohlbefinden stehen heutzutage vorn an.

Abhilfe könnte eine  für >Mensch & Tier<  und nicht Maschinen- und Profitfreundliche urbane Beleuchtungssituation schaffen. Der jeweiligen Situation und dem Bedürfnis aller Lebewesen angepasst.  Sich hinter veralteten Richtlinien zu verstecken, bringt also nichts.

Doch wo kommt diese (falsche) Meinung über Normierungen des Lichtes und deren Folgen? Man könnte nun unsere typisch deutsche Art im Umgang mit Regeln und Vorschriften, weltweit als preußisches  „Ordnungs- und Obrigkeitsdenken “ bekannt, an erster Stelle stellen. Aber dem ist nicht so. Der Zopf ist alt: Die bis heute anhaltenden Verkaufsstrategien der meisten „Lampenhersteller“  ist für jedermann nachvollziehbar.

Nr.: 1  > und Hauptverursacher dieses Denkens. Viele Lampen mit begrenzter Lebenszeit, hohem Verbrauch und hoher Licht-Leistung, bringen Umsatz in die Kassen der Hersteller und der offensichtlich kooperierenden Energieversorger. Dass zu Zeiten von Thomas A. Edison bei der Einführung der ersten elektrisch betriebenen urbanen Beleuchtung, noch eine Straßenmitte als hauptsächlich zu beleuchtende Region zu verstehen war, ist klar. Für die damaligen Hauptnutzer der Straßen - Kutschpferde mit Scheuklappen - mussten ja die Schlaglöcher zu erkennen und somit beleuchtet werden.  Heute sind die Pferde von der Straße. Aber die Scheuklappen bei Planern und Anwendern scheinen immer noch da zu sein.

Es wird z.B. lt. DIN 13201 immer noch bei Lichtplanungen die Straßenmitte als die Fläche mit dem höchsten Lichtniveau (zwar nicht gefordert) meist praktiziert. Obwohl ausnahmslos alle Fahrzeuge über superhelle moderne Lichttechnik verfügen und jeder Mensch (entgegen einschlägiger Gutachten großer Unternehmen der Lichtbranche) im Praxistest feststellen kann, dass ein aus dem Hellen kommendes Wesen besser zu erkennen ist, als ein Wesen, welches die helle Bühne der Straßenmitte vom dunklem Rand aus betreten möchte. Die DIN als Gefahrenquelle? Gibt’s denn so etwas?

Normen sind für eine Gesellschaft wichtig und gut, wenn Ihre Anwendung  flexibel und mit Verstand erfolgt. Wenn Neues nicht Jahre braucht, um Einzug in Normierungen zu halten. Es gibt in Deutschland einige Erfindungen in der Lichtbranche, die die hier genannten Probleme alle lösen würden. Hier hat sich insbesondere die von einem sächsischen Erfinder entwickelte, und in mehr als 20 Ländern weltweit erfolgreich patentierte, Technologie der „P-Lampe“ als Leuchtmittel bestens bewährt. Mit 0,16 KWh Verbrauch, als Straßenleuchte mit eingebauter  Nachtabschaltung  auf 0,08 KWh reduzierbar,  liefert sie blendfreies gesundes Licht. Sie und mehrere Hundert ihrer Schwestern haben bereits seit über 10 Jahren ihren Praxistest ohne nennenswerte Wartung mit Bravour bestanden.

Aber grell, blendend und vor allem billig sind – leider – immer noch die führenden Adjektive der meisten, insbesondere kommunalen Kunden und Konsumenten. ..

Ein Bravo noch für das Rentner-Ehepaar aus Bayern, was den Schneid hatte, zu diesem Thema zu prozessieren.

Ihr Thom Haeger
Freischaffender Autor in Sachen Licht.

direkte Fragen bitte an  thomhaeger(at)gmail.com, Kommentare, Diskussionsbeiträge über die Kommentarfunktion an healthylight

 

Stopp dem Flicker - Ein Schreiben von Lichtpeter

 

Den angehängten Brief (E-Mail) habe ich von Peter Erwin (Der Lichtpeter) am 03.11.2018 erhalten. Er hat erst vor wenigen Tagen erfahren, dass sich jeder EU-Bürger grundsätzlich zu den kommenden EU-Regularien äußern kann. Übrigens, jeder Mensch auf dieser Welt kann nicht nur Eingaben zu DIN-Normen machen, sondern sogar die Erstellung einer Norm beantragen. Leider tun es nur wenige.

Der Brief geht auf ein überflüssiges Thema ein - vielmehr wäre es überflüssig, gäbe es keine LED als Beleuchtung. Flicker oder Flimmern. Mit LED kann es allerdings sogar relevant für die Verkehrssicherheit auf Straßen werden (s. hier). In diesem Blog wurde das Thema mehrfach behandelt (hierda und dort). Auch Der Lichtpeter dürfte den Lesern bekannt sein. Damit das Problem nicht wie bei der Leuchtstofflampe über mehrere Generationen diskutiert wird, ist jeder Leser aufgerufen, im Rahmen ihrer/seiner Möglichkeiten aktiv zu werden.

Guten Tag werte Damen und Herren,

erst vor zwei Tagen ist mir dank Unterstützung des Umweltbundesamtes bekannt geworden, dass es eine Möglichkeit gibt, mit der prinzipiell jeder EU-Bürger sich bei der EU-Kommission Gehör verschaffen kann, wenn es um den Beschluss von Regularien geht.

Wie Sie vielleicht wissen, ist eine Neufassung der EU-Öko-Design-Richtlinie kurz vor dem endgültigen Beschluss. Der Teil der Fassung für technischen Anforderungen für Beleuchtungsprodukte ist auf der Webseite der EU-Kommission veröffentlicht, der Teil für das Labelling auf dieser Webseite.

Mit diesem Brief weise ich auf einen besonderen Punkt im Anhang der technischen Anforderungen hin, der hier unter Annex - Ares(2018)5145935/1-6 herunter geladen werden kann:
In den Anforderungen an die Produktgestaltung wird der SVM (Stroboscopic Visibility Measure) als Maß für stroboskopische Effekte herangezogen. Der SVM ist der wichtigste Teil zur Vermessung von Lichtflimmern bei 100 Hz. Auch wenn der von mir entwickelte CFD nun nicht Einzug in Normung und Richtlinien erhält, so ist auch der SVM in Verbindung mit PstLM brauchbar. Die Gewichtungskurve, die in der SVM-Formel verankert ist (siehe CIE TN 006:2016, Seite 14), basiert auf einem SVM-Wert von 1,0. Dieser wurde so abgeschätzt, dass er die Sichtbarkeitsschwelle für einen durchschnittlichen* Beobachter repräsentiert. Entsprechend wurde dieser Wert auch als Grenzwert-Anforderung an die Produktgestaltung für Allgebrauchs-LED-Lampen angenommen. Im Anhang des Basispapiers der Beleuchtungs-Regulierungsverordnungen der EU zur Konsultation ist in den Anforderungen an die Produktgestaltung der SVM-Wert für stroboskopische Effekte von bisher angedachten 1,0 auf 1,6 angehoben worden.
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Zitate:
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Seite 7, ANNEX I, (47):
"The metric for the stroboscopic effect used in this Regulation is the ‘SVM’ (Stroboscopic Visibility Measure), as defined in standards. SVM=1 represents the visibility threshold for an average observer;"
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Seite 12, ANNEX II, Table 4 – Functional requirements for light sources:
"Stroboscopic effect for LED and OLED MLS: SVM ≤ 1.6 at full-load"
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Grund dafür war eine Eingabe von Schweden im Februar 2018. Dieser Punkt ist erst relativ spät aufgefallen, woraufhin ich auf EU-Ebene und in Australien mit diesem auf der EUP-Webseite veröffentlichten Dokument für Klarstellung und Aufklärung bei den EU-Beratungsmitgliedern, dem Umweltbundesamt und der IEC gesorgt habe.
Schweden hat sich mittlerweile von der Eingabe distanziert und befürwortet explizit den Wert von 1,0. Die Maßgabe SVM=1,6 kommt urprünglich von NEMA 77 (einem US-Amerikanischen Herstellerzusammenschluss für Lichtprodukte) und man war sich wohl über die Tragweite nicht im Klaren.
Immerhin können wir froh sein, dass PstLM und SVM überhaupt noch Bestand haben, denn LightingEurope als ein Zusammenschluss Lichtindustrieller Europas plädierte dafür die Messwerte komplett zu löschen. Dennoch ist der SVM-Wert von 1,6 nun in der zur Abstimmung bestimmen Schlussfassung.

In dem von mir zur Klarstellung und Auflkärung veröffentlicheten Dokument wird dargestellt, was die Anforderung SVM=1,6 bedeutet, und welcher Qualität Lampen damit entsprechen dürfen. Es werden dort Vergleiche von SVM-Werten von Glühbirne, KVG-Leuchtstofflampen, darauf basierende Modelllampen sowie LED-Lampen im Markt mit SVM=1,6 durchgeführt. Daraufhin wird argumentiert, dass für Allgebrauchs-LED-Lampen ein SVM von 1,0 beibehalten werden sollte und dass darüber hinaus Grenzwerte applikationsspezifisch festzulegen sind.

Nun zurück zu der Möglichkeit gegen die Festlegung des Grenzwertes von SVM<=1,6 etwas zu unternehmen:
Die EU-Kommission ist verpflichtet sich alle Rückmeldungen hier anzusehen und zu bewerten. Die Kommission setzt allerdings relativ kurze Fristen. Mit dieser Maßnahme wird sich die Kommission gegen spätere Klagen jederzeit verteidigen können, wenn keine Rückmeldungen geliefert werden, denn sie hat ja jedem EU-Mitbürger die Möglichkeit gegeben sich zu äußern.

Stand heute (03.11.2018) gibt es 4 Rückmeldungen von denen aber keine auf den hohen Lichtflimmer-Grenzwert hinweist. Auch ich werde meine Rückmeldung dazu geben, sie sollte in den nächsten Tagen auf dieser EU-Webseite erscheinen. Mein Standpunkt wird praktisch gleichlautend wie der obige Teil dieser E-Mail bzw. in dem bereits auf der EUP-Webseite veröffentlichten Dokument sein.

Ich bitte Sie in eigenem Interesse sich bis zum 09.11.2018 zu dem o. g. Grenzwert (oder auch anderen Punkten) auf dieser EU-Webseite zu äußern. Bitte verfassen Sie einen eigenen Standpunkt dazu und kopieren Sie nicht meinen Standpunkt, denn gleichlautende Argumentierungen werden zu einer Aussage zusammen gefasst. Ihr Entschluss dazu sollte nicht lange auf sich warten lassen, denn wenn Sie noch nicht registriert sind, dann könnte auch dafür wieder wertvolle Zeit verloren gehen und der Termin könnte verstreichen.

Bitte verstehen Sie, dass dies die letzte und gleichzeitig die einzig wirksame Methode sein wird, das Lichtflimmern von LED-Allgebrauchs-Leuchtmitteln und -Lampen europaweit mittels der neuen EU-Öko-Design-Richtlinie einzugrenzen. Die Richtlinie wird im nächsten Jahr veröffentlicht und tritt 2021 verbindlich in Kraft.

Gerne bin ich offen Für Ihre Rückmeldungen.
Vielen Dank.

Ich wünsche Ihnen und damit uns viel Erfolg & ein schönes Wochenende.
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Mit freundlichen Grüßen

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* Anm.: Sichtbarkeitsschwelle für einen durchschnittlichen Beobachter: Das ist die übliche Floskel in der Lichttechnik. Da es sich um eine Gefährdung handelt, die z.B. beim Straßenverkehr zu Unfällen führen kann - und bei empfindlichen Personen zu Übelkeit u.ä., müsste man einen Grenzwert immer auf der besonders betroffenen Population basieren lassen.

 

Wer die Prinzipien manipuliert, verschaukelt sich selbst

 

Den Altvorderen der Lichttechnik ist etwas gelungen, das in der Technik selten gelingt. Sie schufen einst die erste Norm der Beleuchtungsgeschichte und wussten aber, dass die Technik nicht das war, was sie sich vorstellten. Was macht man denn da? Ich lernte zwei Professoren kennen, die beide den Weg zum Gelingen einer weltweiten Technologie vorgezeichnet hatten, wohl wissend, dass der Zustand - wohlwollend gesagt - entwicklungsfähig war. Ist das so wichtig? Und ob! Denn bei jeder Technik muss man davon ausgehen, dass sie bald zum "alten Eisen" wird. Man kann hiervon für Morgen lernen, obwohl die Herren noch vor dem 2. Weltkrieg gewirkt hatten.

Was haben die gemacht? Beschrieben, wie mies die Technik war? Das wäre fatal. Der eine hat mit die Grundsätze festgelegt, nach denen das internationale Telefonnetz von ein paar Teilnehmern in ein paar Ländern zum globalen Netz entwickelt hat. Das war in den 1920er Jahren. Das Netz funktioniert nach 100 Jahren besser als als die ach so modernen Mobilfunknetze. Der andere wirkte an der DIN 5035 von 1935 mit, eine Norm, die man heute noch anwenden könnte, wäre sie nicht durch die Dusseligkeit eines ehemaligen DIN-Mitarbeiters verloren gegangen.

Das Besondere daran? Die Norm gab zwei globale Ziele an: “Die künstliche Beleuchtung von Innenräumen muß den Forderungen der Gesundheit und Schönheit entsprechen, dabei zweckmäßig und wirtschaftlich sein.” Punkt! Und setzte Qualitätsmerkmale, dort genannt Gütekriterien. Die von 1935 könnte man, etwas in Neusprech übersetzt, immer noch sehr gut gebrauchen, zumal die Erneuerer, die Autoren der Nachfolgenorm DIN EN 12464-1, Gütekriterien ganz vergessen haben.

Ist doch wunderbar! Wo liegt das Problem? Hätten die Nachfahren ihre Technik den einst gesetzten Prinzipien nachgefahren, wäre die Welt des Lichts heute - meine Meinung - in bester Verfassung. Man müsste nur das Ziel Schönheit, damals vorgegebenen durch den Staat, durch Anmutungsqualität oder ähnlich ersetzen. Gesundheit kann bleiben. Und Zweckmäßigkeit? Was denn sonst? Steht seit langem sogar in der Arbeitsstättenverordnung.

In der letzten "Voll" Ausgabe von DIN 5035 hieß es aber: “In Arbeitsräumen muß die Beleuchtung ein müheloses Erkennen der Sehobjekte ermöglichen.” Es gab keine andere Anforderung. Und die Gütemerkmale? Die muss man dem Ziel entsprechend auslegen. Oder? Seit etwa 1970 weiß man, dass das angegebene Ziel für die meisten Arbeitsplätze nicht relevant war. Und die seitenlangen Listen für Beleuchtungsstärken in DIN 5035-2 und später DIN EN 12464-1 gar keine Basis hatten, weil das Ziel irrelevant war. (siehe hier und da). Sie wurden, je nach Lesart, nach Gutdünken festgelegt oder nach Expertenwissen bestimmt. Die Sehleistung als Basis für die Festlegung von Beleuchtungsstärken in Normen ist der Stoff, aus dem moderne Märchen gemacht werden.

Wer so etwas für verwerflich hält, liegt allerdings falsch. Denn nicht nur die Lichtwerte werden so festgelegt. Verwerflich ist, wenn man gegen die festgelegten Gütekriterien handelt, um neuen technischen Produkten zum Erfolg zu verhelfen. So geschehen in DIN 5035-7, in der ein neuer, völlig überflüssiger Grundsatz, Gütekriterium "Vermeidung von Spiegelungen auf dem Bildschirm" eingeführt wurde. Das Gütekriterium diente allein dem Absatz von tiefstrahlenden Leuchten (siehe hier und da). Einen Nutzen entfalteten sie nie, verpassten den Arbeitsräumen einen Höhlenlook und erhöhten Störungen durch Reflexblendung. Letzendlich konnten wir nachweisen, dass sie dem Arbeitsschutz widersprechen (hier).

Zweckmäßig waren sie nicht, weil das meiste Licht nicht dort landete, wo nichts oder nichts Bedeutendes zu sehen ist. Am Tischrand oder auf dem Teppich. Heute könnten wir den Unsinn toppen und sogar zwei uralten Gütekriterien zuwider handeln. Was dies bedeutet, sieht man (zur einen Hälfte) auf dem folgenden Bild aus einem Werbekatalog. Ich habe dieses Bild gewählt, weil man vergessen hat, die Mängel der Beleuchtung wegzuretuschieren. Alle anderen Produkte mit ähnlichen Design sind in ähnlicher Weise betroffen.

Gemeint ist das Gütekriterium Schattigkeit, das mit Lichtrichtung bzw. mit der Gerichtetheit von Licht zusammenhängt. Man sieht auf diesem Bild viele Gegenstände auf dem Tisch, die es gar nicht gibt. Es sind die Schatten davon. Sie sollen aber nicht sein. Wer sich über die Bedeutung von Lichtrichtung und Schattigkeit informieren möchte, kann sich die LiTG Publikation zu Lichtqualität anlesen (hier und da kommentiert und auch dort), oder gar DIN EN 15193 ansehen, die verschiedene Güteklassen der Beleuchtung anführt. Die höchste Klasse – nach dieser Norm mit drei *** ausgezeichnet – unterscheidet sich von der darunter nur in zwei Aspekten: „Besondere Beachtung der gegenseitigen Blickkommunikation durch beleuchtete Gesichter” und “Besondere Beachtung von gesundheitlichen Belangen”. Um diesen Aspekten Rechnung zu tragen, muss man laut Norm je nach Einsatzort bis zu 100% mehr Energie aufwenden. Und? Bei der gezeigten Anordnung der Beleuchtung bleiben die Gesichter eher im Dunklen (s. Lichtkegel an der Wand). Und Direkt- und Reflexblendung ist höher als bei vielen anderen Beleuchtungen. Zudem fließt ein großer Teil des Lichts in die Mitte der Tische – nutzlos.

Bei der abgebildeten Leuchte muss übrigens kein Benutzer mit den Problemen leben, man kann den Direktanteil einfach abschalten oder reduzieren. Es ist nur eine Frage der Energieeffizienz, wenn man nur die Horizontalbeleuchtungsstärke bewertet. Bei anderen Produkten gibt es die Möglichkeit einfach nicht.

Was das obige Bild nicht zeigt, ist Flimmern. LED sind superschnelle Elemente, die eben superschnell flimmern. Dieser nimmt stark zu, wenn man sie dimmt. Allerdings muss niemand dies akzeptieren, weil es die geeignete Technik gibt. Allerdings kostet sie Geld. Die billigere Lösung haben zwei Professoren der Lichttechnik gefunden. Sie hatten eine neue LED Beleuchtung begutachtet, das Flimmern gesehen. Und? Sie urteilten, die wäre nicht so schlimm, weil das künstliche Licht nur tagsüber benutzt würde. Dazu sagte DIN 5035 im Jahre 1935: "Ruhe der Beleuchtung - ... es dürfen aber, von vorübergehenden Unregelmäßigkeiten abgesehen, keine mit dem Auge wahrnehmbaren Schwankungen der Beleuchtung als Folge zeitlicher Änderungen eintreten." Die meinten wohl das Flackern der Flamme der Petroleumlampe. LED ist modern und arbeitet ohne Flamme.

Mit LED - vergessene Probleme werden lebendig

 

 

Im neuesten Licht-Heft findet sich ein Beitrag, den es nicht geben sollte. Es geht um Flimmern, und ich hatte gelernt, den gibt es bei der Beleuchtung nicht. Das war so etwa 1966 bei meiner zweiten Vorlesung über Lichttechnik. Der Professor erklärte uns, die Glühlampe sei zu faul, um den Änderungen der Stromversorgung zu folgen, und die Leuchtstofflampe zu schnell. Sie würde ihr Licht mit 100 Hz ändern. Und das könne kein menschliches Auge sehen. Stimmte zwar nicht, aber doch etwas: Wenn einer stur vor sich hinguckt und nichts in dem Raum sich bewegt, kann das Auge fast nie ein Flimmern empfinden. Wenn doch einer was empfindet? Der hat bestimmt was gegen Neonlampen, Pardon Leuchtstofflampen! Dass er was gegen Leuchtstofflampen hatte, weil sie flimmerten? Konnte nicht sein - bis man die Lösung hatte: das elektronische Vorschaltgerät. Jemand wies 1986 nach, dass etwa die Hälfte der Kopfschmerzen der Leute, die unter diesen Lampen arbeiteten, verschwanden, wenn man die Frequenz erhöhte.

Die Lösung wurde gegen Ende der 1960er Jahre erarbeitet und steht so etwa 40 Jahre industriell zur Verfügung. Dass niemand sie vorzuschreiben vermochte, ist der Autoindustrie zu verdanken. Die elektronischen Vorschaltgeräte haben nämlich eine nominelle Lebensdauer von 50.000 h, und die sind bei den Autobauern ziemlich bald um. Bei denen brennt das Licht durch. Somit hätten wir das Thema Flimmern zu den Akten gelegt. Nicht jeder arbeitet bei den Autobauern.

Der Vorgang ist übrigens typisch für die "Aufarbeitung" von Nutzerproblemen in der Lichttechnik. Tauchen welche auf, wird erst einmal darauf hingewiesen, dass das wohl subjektive Äußerungen sind. Gegen die kann man doch nichts unternehmen. Bei hartnäckigen Problemen, so z.B. behaupteten Wirkungen zur Krebsförderung durch Leuchtstofflampenlicht, lässt man Gutachten erstellen, bei denen schon der Titel dem Auftrag entspricht: "Über die angeblichen …" Ist das Problem nach Jahrzehnten immer noch ungelöst bzw. unbeantwortet, gibt es noch ein Gutachten. Ähnlich handelten auch die Klimatechniker. Nach deren Meinung waren die Beschwerden nur die Meinung von Nörglern u.ä. Anders als die Lichttechniker, lieferten sie die Lösung gleich mit: Einen Regler an die Wand nageln, der nicht regelt. Die Leute drehen daran und denken, es hat sich was getan. Fertig! Wie witzig!

Neu kann das Thema auch nicht mehr auftauchen, weil wir mit der LED eine fortschrittliche Technologie ins Haus bekommen haben, die nicht mit den Mängeln der alten Lichttechnologien (igitt!) verhaftet ist. Das hat die SCHEER-Kommission gerade zum besten gegeben, die die Risiken der LED für Mensch (und Tier?) bewerten sollte. Nach ihrer Meinung haben gesunde Menschen bei normaler Nutzung nichts zu befürchten. (hier)

Muss wohl stimmen, denn die SCHEER Kommission ist hochkarätig besetzt.  Frau Prof. Ana Proykova (Vorsitzende) ist Physikprofessorin University of Sofia, Sofia, Bulgaria. Rodica Mariana Ion ist Full Professor of Nanomaterials an National Institute of R&D für Chemie and Petrochemie – ICECHIM, Bucharest, Romania  Supervisor at Walachei University. Theodoros Samaras Aristotle University of Thessaloniki, Thessaloniki, Greece. Alle haben sich irgendwie mit Nanomaterialien oder medizinischer Technik beschäftigt. Auf dem Gebiet der Lichttechnik sind sie bislang nicht aufgefallen. Vielleicht ändert sich das noch.

Was ist die endgültige Meinung der Kommission? Sinngemäß lautet diese, dass bei normaler Anwendung müssen gesunde Personen keine Gesundheitsrisiken befürchten. Allerdings „However, reversible biological effects in terms of flicker, dazzle, distraction and glare may occur.“ Klartext, das Licht kann Flimmern, verwirren (?), stören und blenden. Aber alles reversibel. Tut zwar weh, aber der Schemrz lässt nach. Ein Problem sind Kinder. Ein anderes Alte. Eigentlich sind die immer ein Problem. Wenn das Alles ist! Da sind wir aber fein heraus. Wir müssen nur noch Flicker messen lernen. Das ist alles! Das ist alles?

Wenn man die Aussagen der Kommission ernst nimmt und die noch verbliebenen Risiken wie "Blenden", "Stören" usw., müsste man bei jeder Gefährdungsbeurteilung in einem Betrieb von einer LED-Beleuchtung abraten. Was die Kommission für reversibel hält, ist eine Gesundheitsgefährdung. Dummerweise wird man keinem Betrieb erzählen können, was er machen soll stattdessen. Die EU verbietet mittlerweile fast alle Leuchtmittel außer LED. Für die (noch) nicht verbotenen entwickelt die Industrie keine Leuchten. Leuchtmittel brauchen zum Leuchten Leuchten. (Anm.: Neueste Entwicklungen in der Normung zeigen, dass LED die doch nicht brauchen. Denn sie sind selber eine Leuchte (hier). Toller Aufstieg von Laser über Lampe zur Leuchte.)

Hier liegt wohl des Pudels Kern begraben. Denn LED ist keine Technologie für nette, reiche Leute, die alles Geld der Welt ausgeben, nur um sie zu besitzen. Sie soll wirtschaftlich sein. Deswegen arbeiten sehr viele LEDs mit Pulsweitenmodulation (PWM), bei der das Licht immer für eine kurze Zeit ausgeht, auch wenn ungedimmt. (Das hatte ich in diesem Blog schonmal behandelt – hier und da). Noch schlimmer sieht es wohl mit treiberlosen LEDs aus. Die LED ist 20 Jahre nach ihrer Markteinführung als Leuchtmittel immer noch ein schlecht beherrschte Technik. Dass man damit Wunderbares erreichen kann, was mit anderen Leuchtmitteln kaum oder gar nicht erreichbar ist. ist kein Trost für Leute, die auf dem Wege zur Arbeit im Verkehr geblendet oder bei der Arbeit durch Flicker gestört werden.

Zum Vergleich der Wirkung: Bildschirme mit LED Hintergrundbeleuchtung sehen aus, als würden sie nicht flimmern. Solche mit PWM können in der Praxis bei 35% der Benutzer Beschwerden verursachen. Als die Bildschirme echte Flimmerkisten waren, beschwerte sich nur 10%!

Wir haben also nicht mit einem technischen Problem zu tun, sondern mit einem technisch-wirtschaftlichen. Von so etwas hat eine Kommission aus Physikern naturgemäß keine Ahnung. Warum darf sie aber darüber bestimmen, ob man alle gewohnten Leuchtmittel abschafft, um der LED Marktzugang zu verschaffen?