Posts in Category: Lichtverschmutzung

Wie man eine Errungenschaft benutzt, um unser Kulturerbe zu verhunzen
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17.12.2022

Als ich nach der Historie vom Letzten Abendmahl suchte, fiel mir dieses Bild in die Hände. Eigentlich wollte ich wissen, welche Leuchtmittel Leonardo in sein Gemälde eingearbeitet hatte. Gefunden habe ich viele Artikel über die Beleuchtung des Raums, an dessen Wand das berühmteste Wandbild der Geschichte eingearbeitet ist. Die Lichttechniker werden an meinem Befund keine Freude haben. Denn beim Letzten Abendmahl war es wohl noch hell. Keine Lichtquellen zu sehen. Soll man den Raum Nu mit Tageslicht beleuchten? Oder mit Kerzen, die die Kirche Jesu so liebt? Passt nicht zu den Fenstern im Hintergrund.

Mir fiel dazu nur ein, wie meine Heimat mit LEDs verhunzt wurde. Das Schlimme daran ist, dass die Leute auch noch stolz darauf sind! Der Bosporus als Jahrmarkt, eine Moschee kunterbunt. Eine Vorstadtsiedlung in Giftgrün! Die Menschen schwelgen in Bildern aus der Vergangenheit, als große Fischschwärme den Bosporus auf und später ab wanderten. Jetzt gibt es die nicht mehr. Und schuld sollen die Fischer daran sein. Dass Licht für Meerestiere eine schlimmere Barriere sein kann als Stromschnellen, weiß kaum jemand. Lichtverschmutzung kommt als Stadtverschönerung daher.

Wie kommt das eigentlich mit der LED zusammen? Dummerweise durch ihre beste Eigenschaft: Steuerbarkeit auch in Farben. Hat man einst bunte Lichter mit Glühbirnen realisiert, die man bunt bemalt kaufen musste, lassen sich die LED trägheitslos steuern. Man kann nicht nur dimmen, sondern die Farben durchorgeln, und sogar die Farbwiedergabe ändern. Was allerdings für die Rocky Horror Picture Show ideal ist, entwickelt sich zum bunten Grauen für Städte. Am schlimmsten betroffen London und meine Heimat Istanbul. Beide haben große Wasserflächen, die durch die Stadt ziehen, Brücken darüber und Schiffe darin. Früher lachte ich mich über die Amis kaputt, die die Niagara Fälle in pinkes Licht tauchten. Jetzt sehen die Fälle neben Istanbul auf alle Fälle sogar dezent aus. (Leider konnte ich kein früheres Bild von den Fällen auftreiben.)

Ich habe nichts gegen einen exquisiten Geschmack, dem zu Folge man die Orte, zu denen der Kaiser zu Fuß ging, mit LEDs versieht. Man sitzt sogar kuschelig warm darauf, weil das Licht auch die Brille wärmt. Es hilft sogar gegen üble Gerüche. Wie das? Die oben abgebildeten Objekte der Begierde werden häufig verfehlt, wenn der Göttergatte der Spezies Stehpisser angehört. Feine Frauennasen sind davon nicht erbaut. Die Firma Panasonic schuf mit der Toilettensitzbeleuchtung DL-GWN eine wohlriechende Lösung: "Das Licht schafft zudem ein Ziel auf das die männlichen Mitglieder des Haushalts zielen können." Ob solche praktischen Anwendungen rechtfertigen können, dass sakrale Kunstwerke (diese Moschee ist ein Juwel Neobarock Baustils) wie Riesenräder auf dem Jahrmarkt beleuchtet werden?

Nicht wie einst Lili Marleen
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16.09.2022

Obwohl der Bericht mit etwas Kritik an die Umwandlung des nächtlichen Straßenbildes durch die LED daherkommt, bleibt er weit hinter den wissenschaftlichen Erkenntnissen anderer Art zurück. Diese fasst man unter dem Wort LAN - Light at Night oder ALAN - Artificial Light at Night zusammen.

Zunächst zum Bericht: "Da blaues Licht beispielsweise die Ausschüttung des Hormons Melatonin hemmt, das schlaffördernd wirkt, kann die Umstellung auf LEDs Auswirkungen auf Tier und Mensch haben, schreibt das Forscherteam der University of Exeter in Penryn um Kevin Gaston. „Die Vorteile, die die LED-Technologie für die öffentliche Beleuchtung und insbesondere die Straßenbeleuchtung bieten kann, wurden viel gerühmt, wobei der Schwerpunkt auf einer höheren Energieeffizienz und der damit verbundenen Reduzierung der Energiekosten und Kohlendioxid-Emissionen lag“, heißt es in der Studie."

Weiterhin schreiben die Forscher, was eigentlich alle wissen müssen: "Der Grund dafür liegt in den üblichen Satellitensensoren, die für die Messung der künstlichen Beleuchtung eingesetzt werden und die nur die Intensität des Lichts, aber nicht dessen Farbe registrieren. Noch dazu sind diese Sensoren kaum empfindlich für die Wellenlängen des blauen Lichts." Nicht nur die üblichen Satellitensensoren, sondern alle Sensoren, die Licht messen, ignorieren Blau wie Rot, nicht etwa aus Versehen, sondern definitionsgemäß. Das haben die Beleuchtungstechniker 1924 so definiert und den Begriff Licht für sich gekapert. Dieser Begriff bezeichnet nicht etwa alle Lichtwirkungen, sondern nur die Hellempfindung, nicht etwa die Hellempfindung für alle Lebewesen, mit denen wir die Welt oder die Wohnung teilen, sondern nur die für den Menschen. Und nicht etwa alle Menschen, sondern nur für junge Menschen. Nach 98 Jahren wurde deren internationales Wörterbuch total überarbeitet. Wer die neue Definition liest, wird auf den Rücken fallen: "[light] radiation within the spectral range of visible radiation", also wie immer sichtbare Strahlung. Aber das dicke Ende kommt noch . "Sometimes, the term "light" is also used in physics as a synonym of optical radiation, … This misuse of the term "light" should be avoided." Salopp übersetzt: "In der Physik der Begriff "Licht" wird manchmal als Synonym für optische Strahlung benutzt. Ein solcher Missbrauch des Begriffs "Licht" ist zu vermeiden." Die Physik missbraucht den Begriff Licht. Welchen Begriff hatte eigentlich Gott gemeint, als er sprach: "Es werde Licht!"?

Als Folge dieser Kaperung des Begriffs wird aus der natürlichen Strahlung, die Mensch wie Pflanzen oder Tiere maßgeblich beeinflusst, das herausgeschnitten, was zum absichtlichen Sehen von Objekten dient, auf die man fokussiert. Denn die 1924 definierte Kurve berücksichtigt nur das Zentrum der Retina. Sehen tun wir aber mit dem gesamten Auge. So sind die feinsten Lichtinstrumente blind für alle sonstigen Wirkungen auf den Menschen und bewerten das natürliche Licht, unter dem alle Pflanzen leben und gedeihen, nach der komplett falschen Bewertungskurve.

Was können denn Wirkungen sein, die man so übersieht bzw. nicht versteht? Der Überbegriff für alle wird in dem Artikel vom Tagesspiegel erwähnt, aber nicht ganz "Weil blaues Licht die Ausschüttung des auch für das Immunsystem wichtigen „Schlafhormons“ Melatonin hemmt, kann der Biorhythmus bei Tieren, aber auch beim Menschen durcheinandergeraten. …" Eine Studie, die weltweit alle annehmbaren Wirkungen von LAN (Light at Night) ausgewertet hat, kommt zu diesem Schluss: "“Artificial light at night is significantly correlated for all forms of cancer as well as lung, breast, colorectal, and prostate cancers individually.” In Deutsch, künstliche Beleuchtung in der Nacht ist signifikant korreliert mit allen Arten von Krebs, im Einzelnen mit Lungen-, Brust-, Dickdarm- und Prostata-Krebs." (Quelle: Al-Naggar, R. A., & Anil, S. (2016). Artificial Light at Night and Cancer: Global Study. Asian Pacific Journal of Cancer Prevention: APJCP)

Während der in dem Artikel genannte Missetäter, die Straßenbeleuchtung, eine Funktion erfüllt, die den Menschen bereits im Alten Rom bedeutend erschienen war, deswegen hatten sie den Laternarius erfunden, sind unsere Städte voll mit z.T. scheußlichen "Illuminationen", die man braucht wie ein Klavier beim Schwimmen ans Knie gebunden. Es ist Zeit, Lichtverschmutzung ernst zu nehmen. (Artikel im Tagesspiegel 15.9.2022 hier)

Vor der KaserneVor dem großen TorSteht eine LaterneUnd ist blauer als je zuvor
So woll'n wir uns da nicht mehr wieder seh'n
Bei dieser Laterne wollen wir nicht steh'n!
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Blaues Laternen-Licht wird zum Problem
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So tituliert der Berliner Tagesspiegel die Änderung des Weltbildes des nächtlichen Planeten. "Die Umstellung von Straßenlampen auf LEDs in vielen Ländern Europas hat das Farbspektrum der nächtlichen Beleuchtung verändert – mit möglichen Folgen für Mensch und Tier. Das schreiben britische Wissenschaftler in der Fachzeitschrift „Science Advances“. Sie hatten anhand von Fotos, die von der Internationalen Raumstation ISS aus aufgenommen wurden, festgestellt, dass durch LEDs insbesondere der Anteil der Emissionen im blauen Bereich des Spektrums zugenommen hat. Deutschland ist von diesem Effekt ebenfalls bereits betroffen, …"

INSELN VERSENKEN MIT LICHT

Die Welt hat verstanden: Wenn man weiterhin mit fossilen Brennstoffen die Atmosphäre voll CO2 pumpt, steigt der Meerwasserspiegel. Am Himalaya wird sich das vielleicht nicht auswirken, außer dass der Mount Everest zwei Meter weniger über N.N. messen wird. Aber das Land, das gerade 1,5 m über dem Wasser rausguckt, wird es nicht mehr geben. Gluck! Es handelt sich um eine der schönsten Atolllandschaften der Erde, die Inselwelt der Malediven.

Der Präsident der dem Untergang geweihten Republik hat die Sache mit einer spektakulären Aktion publik gemacht: Das Kabinett tagte 2009 unter Wasser (mehr hier). Eigentlich kaum vorzustellen, dass so etwas bei uns passiert - Kabinett Merkel unter Wasser. Man sieht wie einzelne Minister heiße Luft ablassen statt Weisheiten. Die Betonfrisur einer Ministerin gerät durcheinander, was aber nicht weiter auffällt, weil das Make-up stärker derangiert wird. Und über allem schwebt Mutti nebst ihrem Umweltminister, der neulich der uneitelsten Spruch von sich gegeben hat, den je ein Politiker ausgesprochen haben dürfte: Auf die Frage, wie er sich die Speicherung der sommerlichen Sonnenenergie für das winterliche Heizen vorstellt, guckte er kurz auf seinen Bauch und sagte, an der allgemeinen Lösung würden seine Fachleute derzeit arbeiten. Die private Lösung sei ihm aber bereits gelungen. Bei dem Mann kann ich mir vorstellen, dass er auch als Manta über´m Riff schweben würde, ohne an Würde zu verlieren.

Leider ist der Anlass von diesem Blogbeitrag weniger lustig als der humorvolle Minister: Heute wurde auf Mauna Loa die höchste CO2-Konzentration der letzten 2 Millionen Jahre gemessen. Die Menschen haben nur 55 Jahre benötigt, wofür die Natur 2 Mio Jahre verplempert hat. Soll der Präsident der Malediven demnächst die Tauchgeräte an den Rest seines Volkes austeilen?

Ich denke, das sollte er sofort tun. Denn die Inselwelt könnte viel eher versinken als durch die Erhöhung des Meeresspiegels, die noch 50 oder 100 Jahre auf sich warten lässt. Und die Korallen können in der Zeit weiter wachsen, womit die Republik weiter bestehen könnte, sogar auf einem höheren Niveau. Doch die Korallen benötigen zum Wachstum Nachwuchs, den sie wie viele andere Spezies über sexuelle Kontakte bewerkstelligen. Da die dummen Tiere aber nicht gelernt haben, sich bewegliche Häuser zu bauen wie Schnecken, bleiben sie für immer in der Behausung stecken, die sie mal als Larve ausgesucht haben. Wie läuft ein junger Kerl einer hübschen Schnecke nach, wenn er in einem Zimmer gefangen lebt, und sie auch, aber in einem anderen?

Bei den Korallen geht die Sache recht gut, weil sie nicht an der Luft leben, sondern im Wasser. Die Korallenfrauen lassen ihre Eier einfach ins Wasser, die Korallenmänner tun dasselbe mit den Samen. Fehlt nur noch die Organisation des Zusammentreffens, speed dating für ortsgebundene Riffbewohner - Einsamer sucht Einsame zum Einsamen reicht nicht. Der Einsame und die Einzusamende müssen sich zum gleichen Zeitraum im gleichen physikalischen Raum treffen - Ei und Samen. Und dafür sorgt der Mond mit seinem Licht.

Einmal im Jahr sehen die Riffe nachts aus, als wären sie in Nebel verhüllt. Man sieht aber deutlich, dass es sich nicht um Nebel bzw. Verschmutzung handelt. Es ist die Hochzeitsnacht der Korallen. Was in dieser Nacht keinen Partner gefunden hat, treibt am nächsten Tag oben tatsächlich als eine Art Verschmutzung, während die Glücklichen ihr Larvenleben beginnen, indem sie abtreiben. An einem anderen Ort. Keimzelle eines neuen Riffs?

Und was ist mit dem Untergang? Eine Hochzeitsnacht unter´m Vollmond ist doch was Tolles? Stimmt! Allerdings darf nicht 365 Nächte im Jahr Vollmond sein. Auf den Malediven ist aber die Sache so weit gediehen. In der einstigen Wildnis gibt es kaum Ecken, wo es nachts noch dunkel wird. (mehr hier: http://www.walkabout-talkabout.de/Malediven/Nacht_weg.html oder  hier)

Wenn Korallen 365 Nächte im Jahr Hochzeit feiern (müssen), können sie ihre Eier und Samen jederzeit in die Fluten feuern. Das Ergebnis - bezüglich des Nachwuchses - dürfte wie bei den Menschen ausfallen: Sehr geringe Trefferquote. Als Folge verkalken die menschlichen Gesellschaften. Bei dieser Republik kracht es im Gebälk, weil die Malediven keinen einzigen Stein ihr eigen nennen, sondern nur auf Korallenkalk aufgebaut sind. Die Inseln sind ständig im Auf- und Abbau begriffen und brechen auch ohne Weltuntergang in der Mitte durch, wo dann eine Lagune entsteht - und ein Mini-Atoll drum herum. Andernorts wächst dann ein Thila oder Giri langsam nach oben und bildet die nächste Inselgeneration.

Damit ist Sense, wenn die einstige Wildnis als neue Partymeile nächtlich in Lichterglanz erstrahlt. Man schwebt im Jumbo Jet ein, steigt in einen Wasserflieger um, und schon ist man im Superbungalow. Keine Koralle ohne Korallenhochzeit - Keine Insel, ohne neue Koralle. Es ist als wenn man im ersten Stock wohnt und zugucken muss, wie Keller und Parterre abgetragen werden. Toter Kalk löst sich hervorragend im Wasser. Und die Stelzen unterm Bungalow spülen die Wellen in den Ozean.

Wer beanstandet hatte, dass durch das primitive Verbrennen fossiler Brennstoffe sowie Abfackeln tropischer Wälder der Weltuntergang nur schleppend herbei gezaubert werden kann, kann lernen, wie man das schneller und gründlicher bewerkstelligen kann. Titanic lässt grüßen. Ein leuchtendes Vorbild!

 

Dieser Beitrag stammt aus dem Jahr 2013, als ich meine längste Maledivenreise noch nicht angetreten hatte. Er handelt von der theoretischen Möglichkeit, die Inseln zu versenken. Ein Jahr danach war ich auf der Insel Gan, auf der kurz davor ein internationaler Kongress zur Umweltschutz stattgefunden hatte. Das hierzu erbaute Kongresszentrum hatte bereits angefangen, sich zu senken. Was an antiken Stätten ein Jahrtausend oder mehr dauert, geht auf eine Koralleninsel in wenigen Jahren vonstatten.

 

 

 

 

Arbeitsebene ohne Arbeit
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Es war einmal … Da schrieben Menschen alles Wichtige auf kleine Zettelchen und hoben diese auf. In großen Büros kamen viele dieser Zettelchen zusammen und wurden sortiert, gelocht und abgeheftet. Man nannte den Vorgang Beamtendreikampf - Lochen, Bumsen, Abheften. Falls sich auf den Zettelchen Bedeutsames befand, breitete man den Ordner vor sich aus und fing an zu lesen. Und dafür wurde Beleuchtung gemacht.

An mancher mittelalterlichen Burg kann man noch die Erker bewundern, die dem Buchhalter das Tageslicht möglichst lange zur Verfügung stellten. So z.B. auf Burg Eltz an der Mosel. Später wurden ganze Bürohäuser für möglichst viel Licht geplant. Die Arbeitsräume waren bis 6 m hoch. Als das künstliche Licht billiger wurde, wurden die Räume niedriger. Aber Licht wurde immer noch zum Lesen erzeugt. Jetzt meistens künstlich. Das Tageslicht musste nicht erzeugt werden. Es war da. Tagsüber jedenfalls.

Die Welt der Beleuchtung drehte sich um die Stelle, an der die Zettelchen platziert wurden. Das Licht maß man in exakt 85 cm Höhe und zählte alle Flächen in einem Büro in dieser Höhe zur Arbeitsebene. Zum Messen stellte man das Gerät auf den Tisch. Daher war die Arbeitsebene so hoch. Lang ist es her!

Als das Konzept beinah perfekt war – 1972 produzierte man die vorerst ungestört entwickelte Norm für Beleuchtung – , war es schon wieder vorbei. Man stellte jetzt zunehmend Bildschirme auf, damit man in die Computer gucken konnte. Diese hielten aber nichts von Beleuchtung. Sie leuchteten nämlich selbst. Ihr Schein wurde aber durch Reflexionen getrübt. Man hätte die Beleuchtung zwar abschalten können. Dann säßen die Leute zum einen im Dunkeln. Und zum anderen konnten sie ihre Zettelchen nicht mehr lesen. Sie wurden nämlich immer noch gebraucht.

So verfiel man auch die Idee, die Beleuchtung zu „optimieren“. Also gerade mal so viel, dass das Lesen nicht zur Qual wird. Und höchstens so viel, dass man auf dem Bildschirm noch was sieht. Dass man nicht auf volle Sehleistung kam - geschenkt. So schrieb man sogar ganze Normen, die die Beleuchtung am Bildschirmarbeitsplatz optimierten. Das optimalste war naturgemäß die Bildschirmarbeitsplatzleuchte, deren Licht weder blenden sollte, noch reflektieren auf dem Bildschirm. Schon gar nicht auf der Tastatur. Die Quadratur des Kreises ist ein Leichtes dagegen.Eigentlich müsste es heißen, mit Bildschirm arbeiten nur erlaubt, wenn es keine Beleuchtung gibt.

Was man auch tat, die Arbeitsebene blieb uns treu. Runde 65 Jahre nach der Einführung von Computern in deutschen Verwaltungen, wovon ca. 50 mit Bildschirm, berechnet man Licht immer noch für die Arbeitsebene. Was heißt denn hier berechnen! Man muss akribisch jeden Punkt auf dem Arbeitstisch berücksichtigen. Dazu muss die gesamte freie Bewegungsfläche vor dem Tisch perfekt beleuchtet werden. Denn es könnte passieren, dass einer den Ordner mit den Zettelchen in die Hand nimmt, sich zurücklehnt, um loszulesen. Die Beleuchtung darf nie und nirgendwo unter einen Wert fallen. Dann muss die Anlage gewartet oder erneuert werden. Deswegen heißt der Wert Wartungswert.

Die neueste Idee ist aber die originellste. Der Wartungswert muss erhöht werden, wenn bestimmte Kontextmodifikatoren vorliegen. Die liegen vor z.B. wenn „die Sehaufgabe kritisch für den Arbeitsablauf ist“. So gesehen also immer. Noch ein Kontextmodifikator ist eine erhöhte Konzentration: „Genauigkeit, höhere Produktivität oder erhöhte Konzentration sind von großer Bedeutung“. Also auch immer. Oder „die Sehfähigkeit des Arbeitnehmers liegt unter dem üblichen Sehvermögen“. Dann weiß der Chef, wen er zuerst entlässt. Den Leuten, die lange an einer Aufgabe sitzen, muss auch geholfen werden: „die Aufgabe wird ungewöhnlich lange ausgeführt“  gehört auch zu den 7 Kontextmodifikatoren. Wenn einer also ungewöhnlich lange an einer Aufgabe pfrimelt, wird er mit einem erhöhten Wartungswert belohnt.

Diese Idee wird gerade genormt. Und zwar europaweit.

Warum erzähle ich aber das alles? Weil sich in der Arbeitsebene von 85 cm über dem Boden nichts Nennenswertes mehr befindet. Und das seit Langem. Ich hatte die ersten deutschen Arbeitsplätze mit 100% Bildschirmarbeit im Jahre 1983 bei einer norddeutschen Firma eingerichtet. Bis zu den ersten Arbeitsplätzen mit nur den Bildschirm als Sehaufgabe (vulgo „papierloses Büro“) (sie wurden 1996 in Köln in Betrieb genommen) verging etwas mehr als ein Jahrzehnt. Dazu habe ich die Bildschirme und die Arbeitsmöbel ausgesucht. Ich schätze, 10 Jahre später waren solche Arbeitsplätze „Standard“ und die „Zettelchen“ waren längst überflüssig.  Man wird auch heute Büros finden, in denen die Möbel für die Hälterung der Zettelchen noch stehen. Meistens stehen diese aber leer. Wenn sie nicht leer stehen, guckt sich kaum jemand noch den Inhalt an. Wozu beleuchtet man dann die „Arbeitsebene“?

Während die oberen Worte übliche Büros betreffen, gab es in der Industrie und in der Produktion, beim Fernsehen, bei Redaktionen und in Konstruktionsbüros Arbeitsplätze, bei denen sich die Sehaufgabe fast nur oder gar nur auf dem Bildschirm abspielt, zuhauf. Und das etwa ab 1970. Die ersten Arbeitsplätze ohne einen Bedarf für Beleuchtung habe ich in einem Verlag 1983 eingerichtet. Bei CAD-Arbeitsplätzen musste keiner nachhelfen, die Mitarbeiter haben selbst die Beleuchtung abgeschaltet, den Arbeitsplatz abgeschirmt, und im schlimmsten Fall, die Lampen mit einem Besenstiel zerschlagen. Und? Bald haben Leute an solchen Arbeitsplätzen nicht nur das Vergnügen, dass die Beleuchtung nie unter 500 lx fallen darf, sondern das Recht auf einen geänderten Wartungswert  - geändert: berücksichtigt übliche Kontextmodifikatoren – von 1000 lx.

Gute Nacht!

Büroschlaf ist gesund

Wie vermeidet man Lichtverschmutzung? Eine sehr kurze Erklärung

Man tue, was der Text sagt. Und entferne alles aus dem öffentlichen Raum, was dem widerspricht. (Hinweis: auf dem Bild sind 7 davon jeweils doppelt zu finden.)