Ich schreibe Dir einen langen Brief,
weil ich keine Zeit habe,
einen kurzen zu schreiben.
Goethe oder Pascal oder Voltaire
oder ein anderer Wichtiger
Ein Mensch malt, von Begeisterung wild,
Drei Jahre lang an einem Bild.
Dann legt er stolz den Pinsel hin
Und sagt: "Da steckt viel Arbeit drin."
Doch damit war´s auch leider aus:
Die Arbeit kam nicht mehr heraus.
Eugen Roth
Gestern hatte ich das unten rechts angegebene Papier kommentiert. Es soll Lichtqualität für den Praktiker und Lichtplaner ... ja, was denn? Definieren? Beschreiben? Umschreiben? Dabei wurden moderne Autoren zitiert, die mittlerweile 83 Jahre alte Zielsetzung von DIN 5035 geschafft haben, mit etwas anderen Worten zu replizieren.
Ist ja nichts Neues. Bemühen sich doch noch "modernere" Autoren Weisheiten aus der Antike neu zu formulieren - und fallen dabei nicht selten auf die Nase. Insofern nichts Ehrenrühriges. Oder doch? Irgendwie müssten z.B. diejenigen im Gesicht rot anlaufen, die dafür gesorgt haben, dass in DIN 5035 (jetzt Teil 1) "Kosten der Beleuchtungsanlage" den gleichen Stellenwert einnimmt wie "Licht und Farbe", Farbwiedergabe, oder "Begrenzung der Blendung". Denn in dem besprochenen Papier heißt es: "Energieeffizienz und Kosten einer Lichtlösung bilden [daher] keine Kriterien zur Bewertung der Lichtqualität". Die Änderung kam in die Norm mit der Ausgabe von 1972.
Wer nicht ganz doof ist, weiß, warum sie/er zwei unterschiedliche Dinge in einen Topf wirft, wie hier z.B.. Preis eines Autos und dessen Qualität. So kann man nämlich Äpfel mit Birnen vergleichen. Willst Du lieber wenig Blendung oder preisgünstigere Beleuchtung? Mein damaliger Chef hat den Vorgang etwas drastischer formuliert: "Der [Obmann] ist doch bescheuert. Lass doch den Kunden entscheiden, wie viel Geld er wofür ausgeben will."
Die zarte Röte im Gesicht der Verantwortlichen dürfte sich weiter vertiefen, wenn sie lesen würden, was über Tageslicht und Qualität ausgeführt wird. Dieses, das Tageslicht, wurde nämlich 1972 für entbehrlich erklärt, ach was, eher für störend (hier). Die Entwicklung der Lichtnormen habe ich in dem Forschungsbericht "Licht und Gesundheit" ausführlich dokumentiert (hier). Was weniger gut dokumentiert ist, sind die Folgen für den deutschen Arbeitsschutz. Denn die Vorschriften der Berufsgenossenschaften kannten bis zum Jahr 2004 kein Tageslicht und keine Beleuchtung durch das Tageslicht. Auch der Staat wollte die Sache nicht anders sehen: "Da eine gleichmäßige und stets gleichbleibende Beleuchtung der Arbeitsplätze, Arbeitsbereiche und Verkehrswege über den gesamten Tag nur durch künstliche Beleuchtung zu erreichen ist, wird in der Arbeitsstättenverordnung die allgemeine Forderung des früheren § 120 a Abs. 2 GewO nach genügendem Licht nur für die Beleuchtung mit künstlichem Licht im einzelnen präzisiert." (Betonung im Original, Rainer Opfermann, zuständiger Referent im Arbeitsministerium)
Im neuen Papier hört sich die Sache sehr anders an:
"Funktionale Anforderungen: Durch Tageslicht, insbesondere durch die dynamische Änderung des Beleuchtungsstärkeniveaus, der Leuchtdichten im Bereich der Fenster und der ähnlichsten Farbtemperatur, ändern sich die visuellen Bedingungen im Raum.
Biologische Anforderungen: Der Mensch ist in seinem circadianen Rhythmus an die Änderungen des Tageslichts, insbesondere an den Wechsel von Tag und Nacht, angepasst und dadurch geprägt.
Psychologische Anforderungen: Emotional hat das Tageslicht in der Regel einen positiven Einfluss auf den Menschen. Besonders die Sichtverbindung bietet wertvolle Informationen über die Außenwelt.
Architektonische Anforderungen: Die Nutzer von Tageslicht und auch der Schutz vor Sonnenlicht bestimmen die architektonische Gestaltung der Fassaden und der Tageslichtöffnungen."
Weiterhin heißt es: "Lichtqualität ergibt sich aus dem Abgleich von Anforderungen und ihrer Erfüllung."
Da haben wir dummerweise den Salat: Den Adressaten "ambitionierter Praktiker" gibt es leider nicht für dieses Anforderungsprofil. Denn für das Tageslicht ist nach wie vor der Architekt zuständig, für die "Beleuchtung", sprich künstliches Licht, erklärt der sich meist nicht zuständig. Wie dargestellt (hier), ist der Zuständige der "Lichtplaner", und mangels Lichtplaner, meist der Elektroplaner. In der Entstehungsphase eines Gebäudes weiß dieser noch nichts von seinem Glück. Auch wenn der alles wüsste und könnte, würde ihm kein Architekt kein Mitspracherecht an seinem Gebäude einräumen.
Ergo: Um die Lichtqualität ist es nicht gerade gut bestellt im Jahre 2017. Wie es besser laufen könnte? Ein gutes, leider nicht sehr praktisches, Kooperationsmodell hatte die Gütegemeinschaft Licht schon in den 1970er Jahren veröffentlicht. Vielleicht kommt man mit ähnlichen Modellen weiter. Ansonsten wird der rechts abgebildete Kollege wieder die Leuchten, die er beim Elektrogroßhändler abholt, gleichmäßig an der Decke verteilen. Und sagen "Da steckt viel Arbeit drin!".
Für wirklich Ambitionierte:
Lichtqualität - ein Prozess statt einer Kennzahl
Methodik zum Erfassen der Anforderungen an eine
Lichtlösung und zu ihrer Bewertung zur Bestimmung
ihrer Qualität
Veröffentlichung der
Deutschen Lichttechnischen Gesellschaft e.V.
Ganz schön dumme Frage. Man misst doch Lichtqualität in … Ähhh - in was denn?
Der Bundesverband Technik des Einzelhandels (BVT) hatte es vor fast einem Jahrzehnt herausgefunden - und ich hatte es vergessen. Deswegen habe ich sogar einen dummen Artikel zu dem Thema geschrieben. Ein Dutzend Leuchtenhersteller haben sich damals die Köpfe zusammen gesteckt und die Lösung gefunden. Hier ist sie:
Man misst die Lichtqualität schlicht und einfach wie das einfache und das nicht-so-einfache Volk: In DM! Pardon, in Euro, natürlich. Wie kommt man aber auf so eine Schnapsidee?
Leider, leider, ist die Sache keine Schnapsidee. Das, was die Herrschaften 2008 anlässlich Light & Building veröffentlicht haben, hatte mit sinngemäß der Leuchtenentwickler einer großen Firma 1991 erzählt. Ich hatte ihn damit aufgezogen, dass seine Firma Lichtteppiche über alle Büros zöge. Er hatte geseufzt und gesagt: Ich wünsche, die Leute würden unser Produkt mit dem Teppich vergleichen. Für den Teppich gibt es ein festes Etat, wir hingegen sollen möglich umsonst liefern und für lau planen." Kann ja am Ende nur mau werden.
Und so las sich die Sache im Jahr 2008: "Jeder Bauherr kennt das Problem: Je weiter das Projekt fortschreitet, desto mehr Gewerke gehen über das angesetzte Kostenlimit hinaus. Und je weiter man hin zum Ende kommt, desto mehr muss gespart werden. Klarer Verlierer ist zumeist das Licht. Für die im Laufe des Baus eingeplanten Lichtpunkte hat der Elektriker dann zwar die Leitungen gezogen, aber Licht macht dann vorerst nur noch eine frei brennende Glühlampe." Ach, ja. das waren Zeiten, als die Glühlampe frei brennen durfte. Heute kassiert der Zoll die Lampen schon beim Grenzübertritt (s. http://healthylight.de/licht-und-energieeffizienz-3/).
"Dies hat auch einen zweiten Grund. Während für viele Gewerke ungefähre Richtwerte bekannt sind, kann man für Licht bisher nicht einfach so auf eine Tabelle zurückgreifen. So werden für Bad und Sanitär, Heizung und Fußboden recht genaue Schätzungen in die Finanzierung einbezogen, während man beim Licht ein paar Einbauleuchten im Etat des Elektrikers findet, die gesamte Wohnraumbeleuchtung aber nirgendwo explizit berücksichtigt worden ist." Die können aber jammern! Sie sollten doch für Profis arbeiten, nicht für Häuslebauer! Die Profis planen perfekt und nicht so dilettantisch.
Wenn Planer von großen Firmen dies hier lesen, werden sie vermutlich grinsen, weil sie einen Ahnungslosen vermuten. So war ich, als ein weltberühmter Verlag sein Hauptquartier baute. Lang, lang ist es her. Den oberen Satz hat mir damals der Elektriker gesagt, dessen Arbeit ich beanstandet hatte. Seine Worte: "Der Architekt hat Schlitze in der Decke hinterlassen, und der Auftraggeber sagte mir, für Leuchten wäre kein Geld mehr da. Ich sollte die billigsten nehmen, die ich auftreiben kann und die Schlitze damit füllen."
Na, ja. Verlage sind berühmt für ihre Kopfgeburten, sie sind häufig weltfremd. Vielleicht hatte unser Verlag auch einen großen Automobilclub angesteckt. Der hatte nämlich dem Elektroplaner den Marschplan bereits ohne Überziehung der Kostenlimits vorgegeben. Die billigsten Leuchten bitte! Und damit so etwa 15 Jahre Ärger mit der Belegschaft und dem Betriebsrat eingehandelt. Ob die daraus gelernt haben? Vielleicht! Aber ihr Nachfolgegebäude wurde ebenso gebaut.
Aber den Vogel abgeschossen hat ein Unternehmen, noch berühmter als der Verlag und noch viel viel reicher als der Autoclub. Das baute ein feines Gebäude in feinster Lage. Und? Sie hatten kein Geld für die Beleuchtung und "reaktivierten" deswegen alte Leuchtenbestände aus dem Keller. Die aus diesem Grunde unterbelichteten Mitarbeiter gehen beruflich mit massenweise Nullen um, vor denen immer eine andere Ziffer steht. Und das ist nicht lang, lang her. Der Umgang mit den Nullen wird so zur Qual.
Da ich hauptberuflich nicht Kolumnen schreibe, auch wenn dies viel lustiger ist als bei meinem Beruf zu bleiben, habe ich mir überlegt, ob alle diese Leute so dumm sind, wie es den Anschein hat. Dumm ist die Sache schon, aber die Leute? Vielleicht wäre es an der Zeit, sich Gedanken zu machen, warum unser Produkt weniger Wert ist als der Teppich. Ich kenne viele der Leute, die beim Licht so knausern. Sie geben für andere Dinge auch mal richtig Geld aus. Die 90 € pro qm ihnen aus der Tasche zu ziehen, will gelernt sein. Wir müssen Qualität verkaufen. Und besser sein als der Teppichhändler. Auf Jammern geben Profis soviel wie nicht-Profis: nichts.
Nicht zu glauben, wer so etwas behauptet. Zwar gibt es genügend Leute, die LED (und alles Neue?) für Teufelszeug halten. Dass aber einer davor warnt, der buchstäblich vom Licht lebt, ist neu. Deswegen muss man die Sache doppelt ernst nehmen. Mir geht es hier aber nicht um LED selbst.
Der Text des Gastbeitrags stammt aus dem letzten KAN Brief, dem Informationsblatt der Kommission Arbeitsschutz und Normung (Abruf hier) Wovor der Autor hier warnt, ist eine Melange aus Geiz (Wirtschaftlichkeit genannt bzw. Energieeffizienz), sträflicher Ignoranz des existierenden Wissens (man lässt Schichtsysteme rollieren, damit der Mensch möglichst beim von der Sonne gegebenen Rhythmus seines Körpers bleibt - kühlweiße Lichtfarben sollen ihm aber einen anderen Rhythmus vorgaukeln) und Glauben an die eigene Propaganda (dass sich bläuliches Licht anregend auf den Menschen auswirkt, will man mit Schulkindern am Vormittag ermittelt haben - was hat der Schichtarbeiter davon, um Mitternacht angeregt zu werden?). Fertig ist ein Gesundheitsrisiko!
Alles langsam zum Mitschreiben:
Geiz: LED sind angeblich energieeffizient. Was ist aber Effizienz? Effizienz ist, was jeder Ingenieur lernt, das Erreichen eines gegebenen Ziels mit einem möglichst geringen Aufwand - an Material, Energie und sonstigen Ressourcen. Ergo: Effizienz des Energieverbrauchs für eine Beleuchtung kann nur an der Aufgabe dieser Beleuchtung gemessen werden. Ansonsten ist nur die Natriumdampfniederdrucklampe energieeffizient (siehe hier A+++ oder Energiesparen durch Vergeuden). Allerdings ist ihr Licht für die Katz. (Unter dem Licht der NA-Lampe sind die Katzen nachts nicht mehr grau sondern gelb.)
Schichtsysteme: Seit 1979 (!) versucht man, mit Licht den Menschen nachts fehlerfreier arbeiten zu lassen. Damals hatte man einen Kernreaktor beinahe in die Luft gejagt, weil einer eine Anzeigelampe übersehen hatte. Die Ersatzlampe war durchgebrannt. Schadenpunkt: direkt 25 Milliarden $, indirekt Stillstand von AKW-Bautätigkeiten fast bis jetzt). Schichtsysteme sollen so geplant werden, dass der Tagesrhythmus des Menschen möglichst wenig verändert wird und bei dem bleibt, was die Sonne seit Äonen bestimmt. Hingegen versucht man mit "anregenden" LED-Beleuchtungen, die circadiane Rhythmik zu beeinflussen. Falsch ist, wenn man versucht, diese künstlich zu ändern. Unterstützen darf man sie schon - wenn nötig. Bloß: Wie unterstützt man den Tagesrhythmus eines Menschen morgens um 3? Richtig: In den Schlaf* wiegen, gaaanz sanft …
Eigene Propaganda: Seit es einer Firma eingefallen ist, Schulkinder mit Blaulicht intelligenter und agiler zu machen (s. hier und da und dort), trommelt die Propaganda auf alle nieder, und singt das Lied von der wachmachenden Wirkung des blau-angereicherten Lichts. Und vergisst dabei, dass die Wirkung, so überhaupt vorhanden, vom Zeitpunkt der Verabreichung der Lichtdosis abhängt. Kann sich positiv, negativ und auch mal überhaupt nicht auswirken. Dies ist den Propagandist*inn*en wohl bekannt. Wird aber gerne vergessen.
Ergo: Wenn man von Gefahren von LED spricht, handelt es sich eigentlich um menschliche Dummheit. Darunter fallen m.E. in erster Linie solche, die das Ganze leichtfertig glauben, obwohl ihnen ihr sonstiges Wissen zum Gegenteil raten würde.
Dass die Gefahren, die von einer Lichtquelle ausgehen, nicht diese selbst betreffen, sondern ihre Anwendung, hatten unsere Altvorderen durch ein teures Gutachten gelernt, dass zu den Gefahren des Leuchtstofflampenlichts Stellung nahm. So etwa vor 60 Jahren. Man nehme das alte Papier, ersetze die L-Lampe durch LED. Und fertig ist ein neues Gutachten.
Die Gefahr geht insbesondere von diesen Menschen aus:
Insbesondere den Presseorganen kann ich raten, sich mit wolkigen Projekten wie Digitalisierung 4.0 und ähnlich zu beschäftigen. Da richten sie weniger Schaden an. Oder sich sachkundig machen über Licht. Auch keine schlechte Idee!
*Das ist nicht etwa ein Scherz. Schichtsysteme für deutsche Kernkraftwerke, die dem größten Teil der Mannschaft ein Schlafen während der Arbeitszeit ermöglichen, habe ich vor langer Zeit aufgestellt. Das geht leider nur bei Überwachungsaufgaben, bei denen die Mannschaft nur bei Katastrophenfällen komplett benötigt wird. Bei Ärzten, die kaum etwas zu tun hatten, ging das auch. Aber schon vor 20 Jahren hieß es: "Die geschlauchten Lebensretter …"
… hilft LED. Diese Produkt spricht die Damen an, und zwar solche, deren Göttergatten es mit dem Zielen nicht so genau hinkriegen. Das Wunder der Technik ist die Toilettensitzbeleuchtung Panasonic DL-GWN. Der Hersteller sagt dazu: "Das Licht schafft zudem ein Ziel auf das die männlichen Mitglieder des Haushalts zielen können." Das eigentliche Angebot möchte die Damen davor bewahren, sich in "den John", auf Englisch in die Schüssel, zu setzen, wenn zuvor ein eben männliches Mitglied den Deckel hochgeklappt und so hinterlassen hatte. Zudem wärmt das Licht den Sitz. Sagt Panasonic, natürlich alles auf Englisch (hier). Da sehen frühere Kreationen alt aus, richtig alt (rechts).
Wenn man das DL-GWN in Arbeitsstätten installiert, ich meine, in die entsprechenden Zellen, braucht man keine 200 lx mehr auf der task area, weil nunmehr diese, die task area, selbst leuchtet. Zudem erinnert sie an laue Sommertage am Meer. Ein wunderschönes Beispiel für die Energieeffizienz. Orte, die man nicht einmal eine halbe Stunde am Tag sucht, leuchten 24/7, will sagen dauernd, immer und ewig. Wie die Berliner Flughafenruine, auf der man seit Jahren das Licht nicht ausschalten kann. Oder 9 Millionen Straßenlaternen in Deutschland, die die ganze Nacht auf Fußgänger warten, die in einem der 40 Millionen PKW unterwegs sind. LED macht´s möglich. Ist ja energieeffizient.
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15.12.2016
Der legendäre Ort Schilda, den die bösen Nachbarn eines alpinen Staats im Norden und im Osten gerne dorthin verlegen, damit sie mehr Witze reißen können über Jogger, die vom Gletscher überholt werden, wird bei uns am häufigsten mit dem Bau des Ratshauses erwähnt, bei dem man die Fenster vergessen hatte. Zwar gab es später noch bessere Möglichkeiten, sich über die realen Geschichten lustig zu machen. So etwa über die Hochrheinbrücke, die auf der Schweizer Seite etwas zu hoch geplant wurde (54 cm), so dass in der Flussmitte eine Treppe hätte vorgesehen werden müssen. Das, aber ist eine andere Geschichte. So bleiben wir beim Vergessen der Fenster und den Folgen davon, Licht in Säcken hinein zu tragen.
Natürlich kommt so etwas in der realen Welt der High-Tech Nation nicht vor. Oder? Ach, was, wir schaffen lässig eine Mega-Version davon. Was, berichtet Licht (Heft 11-12, 2016). Über Details kann ich leider nicht berichten, da die wichtigsten Daten nicht lesbar weil gelb auf weiß gedruckt sind, aber den Tenor. Roman Jacobiak hat Gebäude untersucht, deren Hülle thermisch saniert worden war. Ergebnis: Das Tageslichtniveau ist im Schnitt 28% gesunken. In 15 von untersuchten 18 Fällen war eine ausreichende Tageslichtversorgung nach der Fassadensanierung nicht mehr gegeben. Die Abnahme betrug in einem Fall sogar 48%.
Langsam zum Mitschreiben: Eine energetische Sanierung von Gebäuden geschieht, um deren "Energieeffizienz" zu erhöhen. Und Effizienz heißt, dass man das gleiche Ziel mit weniger Aufwand erreicht. Wie viel Heizenergie muss ich einsparen, um 1 W Mehraufwand für die Beleuchtung auszugleichen? Das hängt ganz und gar davon ab, wie man heizt:
Bezieht man seine Heizung aus Nahwärmequellen, muss man für den Betrieb von Beleuchtung (Strom) 24 Mal so viel Primärenergie aufwenden. Bei Holz immer noch 12 Mal. Dabei ist der Strom bei EnEV 2014 noch gnädig weggekommen, weil man in Deutschland mittlerweile die Landschaft so weit verspargelt hat, dass ein erheblich Teil des Stroms aus Windmühlen kommt. Früher betrug der Faktor 3,0, was dem Umwandlungsprozess in einem Kraftwerk entspricht: Mindestens ein Drittel der Primärenergie geht bei der Umwandlung in elektrische zum Schornstein, ein Drittel fressen die Leitungen, die die Landschaft heizen, sowie diverse Prozesse. Und nur das letzte Drittel kommt an der Steckdose an. Die großen Kraftwerksblöcke müssen die Verlustwärme an die Luft oder an Oberflächengewässer abgeben. Deren Wirkungsgrad liegt deswegen bei 30% bis 45%.
Ergo: Man spart Heizenergie ein, und man muss deswegen elektrische Energie zum Beleuchten einsetzen. Anders als bei Schilda kann man über diesen Witz nicht lachen. Vor allem dann nicht, wenn man hinter der verdusterten Fassade arbeiten muss. Ach, ja, gestern wurde die neue Arbeitsstättenverordnung (endlich) veröffentlicht. Die sagt:
(1) Der Arbeitgeber darf als Arbeitsräume nur solche Räume betreiben, die möglichst ausreichend Tageslicht erhalten und die eine Sichtverbindung nach außen haben.
Und in ihrer ASR A3.4 wird die Anforderung so konkretisiert:
(3) Die Anforderung nach ausreichendem Tageslicht wird erfüllt, wenn in Arbeitsräumen
- am Arbeitplatz ein Tageslichtquotient größer als 2 %, bei Dachoberlichtern größer als 4 % erreicht wird oder …
Nach Jacobiak wird es nicht erreicht … oder?