Diese Woche meldete das i-Magazin (Originalmeldung) von einem Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt, das die Firma XAL gegen Planlicht erwirkt hat. Es geht um was Neues: Platinenlumenwerte von LEDs. Oder doch nichts Neues? Eigentlich nicht. Das Gericht urteilte gegen Katalogangaben, die LED-Leuchten effizienter und weniger blendend erscheinen lassen. So gesehen kommt das Urteil einige Jahrzehnte zu spät. In diesem Blog wurde mehrfach auf "Betrug" hingewiesen, den es nicht erst seit der Einführung der LED gibt (hier oder da oder dort).
Das Gericht hat sich diesmal aber außergewöhnlich detailliert mit den Lügenmechanismen befasst:
Wozu solche Sitten führen können, ist anderswo lange bekannt: Die US Autoindustrie gab die Leistung ihrer Autos stets ohne Zusatzaggregate an, als wenn es nur ein Auto gäbe, dessen Motor ohne Kühlpumpe läuft. Ende 1960er Jahre stellten Franzosen fest, dass der obligatorische Propeller zum Kühlen eigentlich fast nie benötigt wird, aber gerade dann, wenn er absolut überflüssig ist - bei Vollgeschwindigkeit - fraß der ca. 5% der Motorleistung. Also Hunderte Millionen Autos, die 5% des Benzins wegwerfen. Auf diese Entdeckung wären die Amerikaner nie gekommen. Weil sie auch sonst nicht so genau hingeguckt haben, ist heute ihre Autohauptstadt Detroit kein Hingucker. Sie ist pleite und besteht zum größten Teil aus Ruinen. Mir ist noch frisch in der Erinnerung, wie unsere Helden, die die IS mit ihren Tornados von oben bespitzeln sollten, nachts nicht fliegen konnten. Neue Beleuchtung …
Besonders bemerkenswert finde ich das Urteil zu UGR. Was ich sonst vom Methodenragout halte, das zu UGR führte, habe ich anderswo geschrieben (hier). UGR 19 bedeutet, dass 47% der Insassen eines so beleuchteten Raums zufrieden sein werden. Offenbar gibt es Anbieter, die auch das überbieten (oder unterbieten?). Vor Jahrzehnten hatten wir nachgewiesen, dass die "absolut" Blendfreien - die BAP-Leuchten - von über 50% als eine Gefährdung ihrer Gesundheit erlebt wurden. Kann man Blendung weglügen? Offenbar geht es.
Wir brauchen jetzt Katalogjäger. Mir fallen da die Abmahnanwälte ein. Die müssten seit dem Abflauen der Musik-Downloads ziemlich unbeschäftigt die Blues singen. Aber von UGR werden sie auch nicht satt. Die Europäische Normung will die nämlich abschaffen. Nein. nicht die Blendung, die bleibt. Es gibt eine neue Bewertung, und die heißt jetzt RUGL. Zwar steht nirgendwo, was das sein soll, aber, wer Geduld hat, findet irgendwo im Dokument, das sei Unified Glare Rating limit. Mal was Neues. Und die RUGL gilt im Bereich der Tätigkeit. Was das ist? "Bereich, der eine oder mehrere Sehaufgaben enthält". Hingucker also. Früher hat man vom Bereich der Sehaufgabe gesprochen. Die gibt es naturgemäß immer noch. Man muss nur herausfinden, wie der Bereich der Sehaugabe mit dem Bereich der Tätigkeit zusammenhängt, der mehrere Sehaugaben enthält. Was eine Sehaufgabe ist, muss man woanders suchen. Ich melde mich, wenn ich das herausbekommen habe.
Unsere Richter können beruhigt in die berufliche Zukunft gucken. Auch wenn alle Einkommensquellen versiegen, können sie prima Geld bei Einigungsstellen verdienen, wenn Betriebe die Normen ernst nehmen und umsetzen wollen.
Heute flatterte das neueste Heft von Licht + Wohnen auf meinen Tisch. Die oberste Zeile im Titelblatt verkündet "LICHTPLANUNG TRIFFT INNENARCHITEKTUR". Wie schön wär´s. Leider fand ich auf der Facebook-Seite das Passende nicht. Eher ein Gewinnspiel zu Nikolaus - passt nicht zu Ostern.
Schöne Leuchten gibt es zu bestaunen. So z.B. EnergieUp White von Philips. Die kann man in Starbucks zum Kaffee nehmen. Das soll gegen Winterblues helfen. Huch - habe ich das falsche Heft geliefert bekommen? Nö - Philips baut vor. Ehe man die Winterblues 2016/2017 bekommt, könnte die Leuchte ankommen, wenn man sie jetzt bestellt. Die kommt vermutlich wo alle Industrieprodukte herkommen, und als Seefracht. Man bekommt 10.000 lx natürliches Licht ins Auge gedonnert. Kickstarter* für den Tag - so wird das gute Stück in der Zeitung genannt. Ein ausgewiesener Auszeit - und Stressbewältigungscoach, Susanne Preiss, preist die Leuchte an - auch in Blue.
Etwas ganz anderes kommt aus Griechenland. Eine sanfte Leuchte wie aus den 1970ern. Kein Kickstarter, garantiert nicht. Keine 10.000 lx zum Kaffee, um den Restalkohol von der letzten Nacht zu vertreiben. Meine circadiane Rhythmik gehört mir. Ich möchte nicht durch einen Kick in den Allerwertesten geweckt werden. (Das ist meine Interpretation vom Kickstarter, die wahre wird unten erklärt.)
Geht mehr Nostalgie? Denke ja. Eine Hommage an die Birne - nicht an unseren Altbundeskanzler ohne Humor - an die gute alte Glühlampe. Arme Birne, wie hast Du Dir verändert!
*Wissen alle, was ein Kickstarter ist? Früher waren Batterien wie Elektromotoren so teuer, dass die Motorräder zu Fuß angeschmissen werden wollten. Man klappte einen Hebel raus und sprang darauf. Das erste Mal gaaanz sanft. Mit zunehmendem Ärger immer heftiger. Wenn nach 10 Minuten das gute Objekt immer noch nicht angesprungen war, bat man einen gewichtigeren Passanten. Irgendwann machte die Schüssel bruuummm. Das war´s!
Heute war ich auf der Light + Building in Frankfurt. Auch Licht zum Installieren draußen, an Straßen und Autos, wurde präsentiert. Bemerkenswert war, dass die großen Stände eher verschlossen waren als auf nach allen Seiten Licht atmend. Irgend jemand muss den Firmen wohl gehustet haben, dass hier nicht Las Vegas ist. Immerhin ein Fortschritt!
Mich hatte es brennend interessiert, was Osram zeigen würde. Na, ja, ganz habe ich nicht mitbekommen, was sie zeigen wollten. Es waren jede Menge große Displays zu sehen, aus denen Licht kommt. Aber zum Beleuchten sind solche Lichte nicht.
Erfreulicherweise gab es - wohl wegen der Standgestaltung - halb so viel Blendung wie vor zwei Jahren. Das liegt nicht daran, dass die bösen Leuchtstofflampen, die bereits vor Jahrzehnten als Krebserreger verschrien waren, nicht mehr gezeigt werden. Nicht die Krebsgefahr, die längst vergessen ist, spielt dabei eine Rolle, sondern LED. Eigentlich könnte den Herstellern nichts Besseres passieren, als dass die Leute endlich glauben, dass die alten Lampen Krebs erregen tun. Dann könnte man alle durch frisches Licht ersetzen:

Irgendwie scheinen auch gestandene Mannsbilder - bitte gendermäßig korrekt ergänzen (etwa durch Frauenbilder?) - sich damit abgefunden haben, dass man selbst widerspenstige Biester mit 12000K auf Zack bringen kann und mit 4000K in Standardlaune versetzen. Mit 2700K wird beruhigt. Wer es noch besser haben will, muss das Intimat bemühen - das war der Markenname von Siemens für Lichtdimmer, zusammengesetzt aus intim und Automat (oder war es eher Atmosphäre?).
Die Lichter außerhalb von Building waren von gewohnter Qualität. Die Straßenlaternen scheinen es auf die Fahnen geschrieben haben, dass ihre Aufgabe eher in Anregen bzw. Aufregen besteht, sprich Blenden. Noch besser sind die Autolichter. Sie blenden selbst bei Sonnenschein so prächtig, dass die Besitzer von stolzen Karossen auf frühere Insignien getrost verzichten können, die da hießen "Bart" einfach zum Auffallen, "Pfeife" wenn Bart allein nicht hilft, und "Porsche", wenn alle Stricke reißen. Jetzt reichen LED an der Vorderfront für ein blendendes Erscheinungsbild.
Was war L + B 2016? Außer LED nix gewesen? Doch doch - sie hat viele Kräfte gebunden und so manche Weltkulturerbestätte vor Verbuntung gerettet. Leider kam für Teotihuacán alles zu spät.

Jetzt reicht es auch den Vereinigten Staaten - zumindest einem aus denen. Kalifornien - einst Wegbereiter des mieffreien Luftraums, zuerst durch den Katalysator, später durch Rauchverbote - erlässt Vorschriften für eine bessere Farbwiedergabe. In dem LED Magazine von 25. Februar 2016 heißt es:
"The California Energy Commission (CEC) has approved the new Title 20 Appliance Efficiency Regulations document that includes regulations on the performance of LED-based replacement lamps. Both general-service A-lamps and small directional lamps sold in California will now have to meet more stringent color rendering requirements that some in the industry believe will both cost more and use more energy than do the most popular lamps on the market today. Indeed, the National Electrical Manufacturers Association (NEMA) lobbied the CEC against the rulemaking, but the CEC also received numerous comments in support of the new lighting regulations."
Was hat denn eine Energiekommission mit Lichtfarbe zu tun? Viel! Es ist eine uralte Weisheit, dass man für ein gutes Spektrum, das eine gute Farbwiedergabe ermöglicht, mehr Energie aufwenden muss. Das Geheimnis, das keines ist, liegt in der Empfindlichkeitskurve des Auges. So wird grün/gelbes Licht mit etwa 1 multipliziert, während rotes und blaues eine miese Bewertung erfährt. Deswegen haben viele "energieffiziente" Leuchtstofflampen, einen Grünstich. Die die sich mit dem Titel "Energiesparlampe" schmücken, einen noch tieferen Stich. Übrigens, "Wärmeschutzgläser" auch. Der Champion - uneinholbar - ist die Natriumdampflampe - und rühmt sich als einzige, drei Plüsse in dem Energisparklassement - A+++ - aufzuweisen. (mehr hier oder da)
Zwar sind die neuen Herren der LED nicht mehr die alten. Den Trick beherrschen sie aber aus dem ff. Es ist aber weder Trick, noch Betrug, sondern so lange legal, bis es den Leuten zu viel wird. Na, ja. Ein klein bisschen Betrug ist auch dabei.
Der wesentliche Grund ist älter als die ältesten LED und liegt tiefer in der Historie verbuddelt. Einst, als man froh war, nur ein bisschen Licht zu machen, wurde die Helligkeitswirkung zur Grundlage der Lichtwirkung gemacht. Darauf baut der Handel mit Lichtprodukten. Zwar weiß jeder Lichttechniker, dass auch andere wichtige Faktoren gibt, die Basis bleibt aber halt die Helligkeit - Lumen und Lux - und nicht die Farbwiedergabe. Es ist so ähnlich wie mit der holländischen Tomate, sie wird in Kilo verkauft und nicht in olf (neuerdings als European odour unit benutzt), womit ein Maß für den Geruch der Tomate gemeint wäre. Wenn man auch noch den Geschmack erfassen wollte, müsste man eine gustometrische Skala anwenden. Es wäre auch nicht schlecht, etwas Haptik da hinein zu bringen - wie fühlt sich die Tomate an?
Ist es ein Wunder, dass die Lichttechnik nicht zu besseren Bewertungsmethoden als Helligkeit gekommen ist? Man lebte ja nicht schlecht mit dem herkömmlichen Wissen. Jetzt wird aber eine neue Technologie mit Macht in dem Markt gepresst. Dieser ist bereits einige Jahrzehnte auf Energieeffizienz vorgepolt, die man ins Deutsche auch noch als Energiesparen übersetzt hat. Und Energiesparleute verstehen unter Lichtqualität nur Beleuchtungsstärke. Was denn sonst, wenn die ganze Lichtbranche seit Jahrzehnten dasselbe getan hat?

Wunder gibt es immer wieder! So schaffte das Thema "Blau macht schlau" zu akademischen Ehren, so in Null-Komma-Nichts. Der erste Doktor ist fertig. Das Forschungsvorhaben, auf dessen Boden der neue Doktor aufgewachsen ist, wurde vom BMWi gefördert und heißt: „Energieeffiziente Schulen“. Ich weiß zwar nicht, wie die Effizienz gemessen wurde, so etwa am Umsatz an Schülern oder am Lernerfolg, Egal.
Ja, über das Ergebnis werden sich die Blaulichtfreunde aus der Industrie nicht allzu laut freuen, schätze ich. Denn in dem Bericht steht zu lesen (Original hier) :
"In einem Hörsaal der Hochschule – entsprechend umgebaut und mit blau angereichertem LED-Licht ausgestattet – führte er - Anm.: der Doktorand - verschiedene Tests und Messungen durch. „Das Kohlenstoffdioxid und die Temperatur im Raum haben Auswirkungen auf die studentische Leistungsfähigkeit. Der Fensteranteil ist ausschlaggebend dafür, ob sich Kunstlicht mit einem höheren Blauanteil auszahlt. Denn die Beleuchtungsstärke von Tageslicht ist bisweilen um 300 Prozent größer als die des Kunstlichts, daher bietet sich dieses Kunstlicht in fensterlosen Räumen an“, fasst Manuel Winkler seine Ergebnisse zusammen. "
Und in diesen darf laut Arbeitsstättenverordnung kein Mensch arbeiten, auch nicht Lehrer und Professoren. Ob Schüler da rein dürfen, ist so´ne Sache …
Immerhin kann man daraus lernen, dass die schlauesten Deutschen - wer wohl, wenn die Studie an einer Müncher Uni durchgeführt wurde - CO2 nicht so einfach wie alle anderen schreiben.