Die Presse hat sich auf das Thema Tageslicht auf dem Topf eingeschossen. (s. auch hier) Unglaublich, was sich aus einem Unsinn alles machen lässt. Am schönsten finde ich die Bemerkung der Barbara Ettinger-Brinckmann, Präsidentin der Bundesarchitektenkammer, die sich besorgt geäußert haben soll „Die Begründung zum Verordnungsentwurf, dass sich Tageslicht und Sichtbeziehungen auch in Toiletten positiv auf die psychische Gesundheit auswirken sollen, kann ich beim besten Willen nicht nachvollziehen.“ Ich kann schon. Vor einigen Wochen suchte ich den besagten Ort in einem Flugzeug auf. Die Toiletten auf Flugzeugen sind, gelinde gesagt, etwas beengt. Die, die ich betrat, sah mindestens doppelt so groß aus wie sonstige. Grund: Die Toilette hatte ein Fenster, durch das die Sonne einströmte. Zum ersten Mal in meinem Leben fühlte ich mich wohl in einer Flugzeugtoilette.
Aber zurück zu Frau Ettinger-Brinckmann. Sie hat vollkommen Recht. Sichtverbindung nach außen ist gerade bei Toiletten kritisch. Daher sind solche Örtchen eher auf Intimität bedacht zu gestalten. Wehe, wenn nicht! So hatten bei einer Pferdesafari, die ich mitritt, zwei Damen auf Licht in dem besagten Ort bestanden und einem Sitz, mit Erfolg. Der Veranstalter schleppte daher ein Zelt mit entsprechenden Utensilien mit. Und die Damen wunderten sich, warum das alberne Volk abends draußen lauter wieherte als die Pferde.
Spaß beiseite. Die Presse hat sich auf ein längst gelöstes Problem gestürzt, denn was die Präsidentin der Bundesarchitektenkammer nicht verstehen kann, war durch einen Editierfehler entstanden und längst beseitigt worden. Warum man sich lieber mit beseitigten Kleinigkeiten beschäftigt und nicht die immensen Änderungen vornimmt, die die neue Arbeitsstättenverordnung bringt?
Heute fiel mir ein Beitrag von mir in die Hände, den ich für einen Kongress verfasst hatte, der sich mit Licht und Lebensqualität befassen sollte. Bekanntlich beleuchtet man Arbeitsumgebungen fast immer mit "weißem" Licht, es sei denn, der Arbeitsprozess zwingt einen dazu, eine andere Beleuchtung zu wählen. Kann man sich vorstellen, dass auch Arbeitsräume "farbig" beleuchtet werden? Nicht als Demo, sondern um die Wahrnehmung zu unterstützen?
Mein Ergebnis war ernüchternd, weil unser Instrumentarium, mit dem wir Licht bewerten, nicht einmal zur Berücksichtigung der Farbe ausreicht. Und das, obwohl die Farbe mit Sicherheit die wichtigste Eigenschaft unserer visuellen Umgebung ist. Hinzu kommt, dass auch die circadiane Wirkung des Lichts bei dessen Bewertung unberücksichtigt bleibt. Man hat zwar die "melanopischen" Wirkungen definiert, um deren Berücksichtigung zu forcieren. Ich habe aber nicht das Gefühl, dass allzu viele Fachleute begeistert sind.
So wird wohl "Helligkeit" noch lange die Währung sein, mit der in der Lichttechnik bezahlt wird.
Beitrag abrufen: Farbig-dynamisch
Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) hat im Jahr 2013 eine Studie zu diesem Thema veröffentlicht (Projektbericht F 2115, L. Udovičić, F. Mainusch, M. Janßen, D. Nowack, G. Ott).
Das Kurzreferat besagt Folgendes:
Fünfzig Jahre nach ihrer Erfindung erobern Licht emittierende Dioden (LED) immer mehr Anwendungen und halten zunehmend Einzug sowohl im beruflichen als auch im privaten Bereich. Da die rasanten Fortschritte der LED-Technologie zu immer leistungsstärkeren LED führen, stellt sich aus Sicht des Arbeitsschutzes die Frage nach der photobiologischen Sicherheit von LED. Welche Richtlinien und Normen sind bei der Bewertung zu beachten?
Bei der Beurteilung der Sicherheit von Beschäftigten an Arbeitsplätzen mit LED ist die Europäische Richtlinie 2006/25/EG über künstliche optische Strahlung zu berücksichtigen, in der Mindestvorschriften und Expositionsgrenzwerte zum Schutz von Augen und Haut festgelegt sind, und die mit einer Verordnung zum Schutz der Beschäftigten vor Gefährdungen durch künstliche optische Strahlung (OStrV) in nationales Recht umgesetzt wurde. Die erforderlichen Messverfahren und die Berechnungsmethodik sind in der harmonisierten Norm DIN EN 62471:2009 „Photobiologische Sicherheit von Lampen und Lampensystemen“ festgelegt. Die Norm unterteilt die Quellen inkohärenter optischer Strahlung (wie Glüh-, Leuchtstofflampen, LED, usw.) in vier Risikogruppen: in die Freie Gruppe (keine photobiologische Gefährdung) und in die Risikogruppen 1 bis 3 mit steigendem Gefährdungspotential.
Dieser Bericht stellt die Ergebnisse der Bewertung photobiologischer Sicherheit unterschiedlicher LED nach den Bestimmungen der Lampensicherheitsnorm vor. Dabei wurden überwiegend LED im sichtbaren Spektralbereich untersucht. Beispielhaft wurde je eine LED, die im ultravioletten bzw. infraroten Spektralbereich emittiert, beurteilt. Die untersuchten LED im sichtbaren Spektralbereich (34 einzelne LED mit oder ohne Linse, drei LED-Taschenlampen, fünf LED-Lampen, ein LED-Reflektor) erreichten maximal die Risikogruppe 2 aufgrund der Überschreitung der Emissionsgrenzwerte für photochemische Netzhautschädigung: Die photochemische Netzhautgefährdung durch LED ist die dominierende Gefährdung im sichtbaren Spektralbereich. Keiner der Emissionsgrenzwerte für thermische Netzhautgefährdung wurde überschritten.
Bei fast allen LED, bei denen die Emissionsgrenzwerte der Freien Gruppe überschritten wurden, handelte es sich um Weiß- oder Blaulicht emittierende LED (Ausnahme: eine Grünlicht emittierende LED). Der Expositionsgrenzwert für die photochemische Netzhautgefährdung bei einem langzeitigen, absichtlichen Blick aus kurzer Distanz in eine Weiß- oder Blaulicht emittierende LED kann schon nach 10 Sekunden überschritten werden. Die Summe der Einzelexpositionen kann diese Zeit an bestimmten Arbeitsplätzen (z. B. in der LED-Industrie, bei der Installation von Beleuchtungsanlagen, in der Theater- und Bühnenbeleuchtung) rasch übersteigen.
Schlagwörter:
Licht emittierende Dioden, LED, Lampensicherheitsnorm, künstliche optische Strahlung, photobiologische Sicherheit, photobiologische Gefährdung, Risikogruppe
Der vollständige Bericht kann hier heruntergeladen werden:
http://www.baua.de/de/Publikationen/Fachbeitraege/F2115.html;jsessionid=B1F5B1F6960D265302CCC6D2CD3B8A29.1_cid323