Posts Tagged: Philips

Zukunft des Lichts à la Philips

Was der Derwisch singt ist, was er denkt.
Orientalische Weisheit

Die Firma ist zu bewundern! Seit meinen Studententagen forscht sie über die Wirkung des Lichts auf den Menschen. So sah ich bereits als Lichtanfänger (was für eine Bezeichnung!) den seligen Gerd Söllner - ein Lichttechniker - an Raumklima forschen, weil man seinerzeit der Meinung war, die integrierte Decke, die alle Technik aufnimmt, wäre die Zukunft des Bürobaus. Was liegt da näher als, dass man Licht und Klima integriert? Die so entstandenen Klimaleuchten existieren zwar immer noch, werden aber eher für den eigenen Zweck, Lichterzeugung, klimatisiert. Für den Raum nimmt man doch die Luftdüsen, weil das Vorbeiziehen von verdreckter Raumluft an Lampen und Spiegeloptiken vorbei doch nicht der Weisheit letzter Schluss war. Auch das Einsatzgebiet hat sich nicht so entwickelt wie erhofft. Die Großraumbüros wollten sich nicht vermehren wie Karnickel. Anstelle der von Lichttechnikern für Ende 1970er Jahre erhofften 100% der Arbeitsplätze in Deutschland waren es gerade mal 5 %. Und der integrierten Decke machte der Computer den Garaus. Computerkabel von der Decke baumeln lassen, kann man in Laborumgebungen. Für Büros musste man sich was Neues einfallen lassen.

Etwas ähnlich Geniales wie die integrierte Decke mit eingebauten Leuchten, die deswegen so heißen, könnte die Idee mit den biologischen Wirkungen von Licht werden. Die ganze Branche ist beseelt davon, weil man erstens ein Verkaufsargument hat ("blau macht schlau") und zweitens den größten Mangel von LED-Licht (Blaustich) sogar als Vorteil verkaufen kann. Auf wie vielen Augen blind man dabei vorgeht, möge man an den beiden nachfolgenden Bildern sehen.

Philips Blau

 
Nach Philips Mitteilungen arbeiten Forscher von der Universität Eindhoven an der Zukunft der Beleuchtung und verbesserten so die oben gezeigte Beleuchtung (Originalmitteilung hier). Und so sieht die verbesserte Beleuchtung aus (Anm.: Diese Straße ist die Hochburg des Nachtlebens in Eindhoven.)

Philips Bonbon1

 

Dass grell-blaues Licht nicht zum Nachtleben passt, wussten schon unsere Vorfahren (nicht umsonst heißt einer der berühmtesten Tempel der Sünde Moulin Rouge), daher heißen die entsprechenden Distrikte Rotlichtviertel. Also: Weg mit der grellen Laterne! Und die Lösung? LED-Bonbon als Farbe …

Offenbar haben die Forscher einer der besten Forschungsuniversitäten von Europa noch Lernbedarf bezüglich ihres Berufes: Ingenieurmäßiges Arbeiten heißt gesetzte Ziele erreichen (Effektivität), möglichst wenig dafür Aufwenden (Effizienz) und hierbei möglichst wenige Nebenwirkungen verursachen (minimum footprint). Und was macht die zukunftsträchtige Lösung der Straßenbeleuchtung der Kollegen? Beleuchtet vornehmlich eine Häuserfassade, hinter der man ohne dichte Vorhänge nicht schlafen kann. Blendet die Leute auf der anderen Straßenseite (Standort der Kamera!) und erzeugt sogar Reflexblendung über die Fenster des unfreiwillig in Bonbonlicht getauchten Hauses.

Ich denke, nach den Immissionsschutzgesetzen in Deutschland wäre diese Laterne verboten worden. Dass es früher solche Objekte gegeben hat, war dem Umstand zu verdanken, dass ein Lampe-Reflektor-System halt schwer zu berechnen war und nicht für jede Straße individuell herstellbar. Mit einem Leuchtenkopf, LED bestückt, kann ich das Licht präzise an der Stelle enden lassen, wo das Haus beginnt. LEDs sind Laser zum einen und sehr klein zum anderen. Eine Lichtspritze, die wie ein Schrotgewehr funktioniert, und bei gut Glück auch mal das Ziel trifft, und daneben alles mögliche beeinträchtigt, kann nicht Zukunft sein. Oder jemand hat den Studikern eine alte Lampe in deren Projekt eingeschmuggelt.

 
Braucht jemand noch eine Erklärung über das Entstehen von Lichtsmog über unseren Städten? Was hier stolz als zukunftsträchtiges Projekt dargestellt wird, ist ein erstklassiges Beispiel für Lichtverschmutzung. Dass man so etwas publik macht, ist ein formidables Beispiel für Blendung. Wer Sehen fördern will, sollte nicht aus so vielen Augen blind sein.

Nostalgie - Retro - oder einfach schön?

  
Heute flatterte das neueste Heft von Licht + Wohnen auf meinen Tisch. Die oberste Zeile im Titelblatt verkündet "LICHTPLANUNG TRIFFT INNENARCHITEKTUR". Wie schön wär´s. Leider fand ich auf der Facebook-Seite das Passende nicht. Eher ein Gewinnspiel zu Nikolaus - passt nicht zu Ostern.

energyup_KickstarterSchöne Leuchten gibt es zu bestaunen. So z.B. EnergieUp White von Philips. Die kann man in Starbucks zum Kaffee nehmen. Das soll gegen Winterblues helfen. Huch - habe ich das falsche Heft geliefert bekommen? Nö - Philips baut vor. Ehe man die Winterblues 2016/2017 bekommt, könnte die Leuchte ankommen, wenn man sie jetzt bestellt. Die kommt vermutlich wo alle Industrieprodukte herkommen, und als Seefracht. Man bekommt 10.000 lx natürliches Licht ins Auge gedonnert. Kickstarter* für den Tag - so wird das gute Stück in der Zeitung genannt. Ein ausgewiesener Auszeit - und Stressbewältigungscoach, Susanne Preiss, preist die Leuchte an - auch in Blue.

Etwas ganz anderes kommt aus Griechenland. Eine sanfte Leuchte wie aus den 1970ern. Kein Kickstarter, garantiert nicht. Keine 10.000 lx zum Kaffee, um den Restalkohol von der letzten Nacht zu vertreiben. Meine circadiane Rhythmik gehört mir. Ich möchte nicht durch einen Kick in den Allerwertesten geweckt werden. (Das ist meine Interpretation vom Kickstarter, die wahre wird unten erklärt.)

Geht mehr Nostalgie? Denke ja. Eine Hommage an die Birne - nicht an unseren Altbundeskanzler ohne Humor - an die gute alte Glühlampe. Arme Birne, wie hast Du Dir verändert!

*Wissen alle, was ein Kickstarter ist? Früher waren Batterien wie Elektromotoren so teuer, dass die Motorräder zu Fuß angeschmissen werden wollten. Man klappte einen Hebel raus und sprang darauf. Das erste Mal gaaanz sanft. Mit zunehmendem Ärger immer heftiger. Wenn nach 10 Minuten das gute Objekt immer noch nicht angesprungen war, bat man einen gewichtigeren Passanten. Irgendwann machte die Schüssel bruuummm. Das war´s!

 

Ein Lampenhersteller wird zum Full Solution Provider

 
Irgendwie hatte ich mir den Werdegang des Osramischen Reichs anders vorgestellt. Das ist bekanntlich das Reich, über dem die Sonne nie aufgeht, damit wenigstens irgendwo auf der Welt ein kleines (künstlich) Lichtlein brennt. Davon lebte Osram - und wir mit. Nun ist der Tag gekommen, Abschied von der Vergangenheit zu nehmen. Im HighLicht vom 1. Februar ist die Story vom Neustart von Osram zu lesen. Erzählen tut die Geschichte Dr. Eladia Pulido, CEO BU Lighting Solutions.

Ich dachte zunächst, das Ganze würde durch den Spruch "Wenn Intelligenz ans Licht kommt" eingeleitet werden. Der gehört aber der Werbung einer anderen Firma, zufällig auf der gleichen Seite erschienen. Ja, wenn Intelligenz ans Licht kommt. Ich warte ja schon sehr lange darauf. Bevor sie denn kommt, muss man mit viel Denglish seine Kompetenz für den deutschen Markt unter Beweis stellen. Eigentlich erwartet dies niemand von Osram, die Kompetenz unter Beweis stellen. Die Firma gehört zum deutschen Wesen wie … Ach, weiß ich wer. Sie gehört einfach dazu! Punkt!

OSRAM-nu-wieder

Bisschen hatte sie sich ja von uns entfernt, als sie z.B. mit Sylvania anbandelte. Das ist zum Glück vorbei. Im gleichen Heft ist die Meldung zu lesen, dass Sylvania in neuen Händen sei. Ein Fachunternehmen scheint sie zu kaufen, Shanghai Feilo Acoustics Co. Ltd. Aus welchem Fach das Unternehmen stammt, sieht man an dem Namen. Mit Licht neue Töne anschlagen - ist doch was. 

Osram habe ich bei der Meldung vermisst. War ja nicht mehr dabei. Denn der Verkäufer heißt Havells und ist ein indischer Konzern. Der verkauft halt ein amerikanischen Unternehmen an ein chinesisches.  Und Osram guckt in die Sylvania-Röhre? Nicht doch - die Story ist viel älter. In der guten alten Zeit war Sylvania aus Unternehmen entstanden, die ausgebrannte Glühfäden in Lampen erneuerten. Sowas gibt es? Es gab so viel zu tun, dass man davon sogar reich werden konnte.

Später, in den 1930ern fusionierte Sylvania ein paar mal bis sie wirklich zum Full Solution Provider wurde, sie fertigte neben Lampen und Radioröhren auch Leuchten, Radarsichtgeräte und Unterhaltungselektronik wie Fernseher und Radios. Eine zündende Idee hatte sie auch, einen Näherungszünder nannte sie ihr eigenes Produkt. Der fliegt vor jeder Granate und Rakete an prominenter Stelle mit und zündet die Sprengladung halt bevor das Ganze zu Schrott wird.

 
Die Mama von Sylvania (GTE General Telephone) hatte Ende der 1980er Jahre die glorreiche Idee, die z.B. Mannesmann zum Verhängnis wurde, sich im Mobilfunkbereich auszubreiten. So wurde Sylvania, immerhin Besitzer des globalen Lichtkuchens zu 25%, verkauft. Das ist leichter gesagt denn getan, denn die heißesten Kandidaten besaßen jeweils 25% von dem Kuchen und hießen Philips, Osram und General Electric. So etwas nennt sich Oligopol und lässt sich nicht etwa deswegen aus der Ruhe bringen, weil da einer Funken will statt über Draht zu telefonieren. Die Kartellwächter wollten nicht, dass die verbliebenen Mitglieder des Oligopols eine neue Mutter präsentierten. So kam Osram an die Rechte in Europa, Nordamerika, Mexiko - und nicht zu vergessen - Puerto Rico. Das tropische Land ist zwar ein Zwerg in Lampenverbrauch, eben weil tropisch, und ein amerikanisches Protektorat dazu. Man gibt aber nie freiwillig was von seinem Machtbereich ab.

Was abgegeben werden musste, waren Europa, Asien und Lateinamerika. Wie das Ganze vonstatten gegangen sein soll, kann man auf diversen Sylvania Websites lesen, freilich ohne Gewähr. Denn nur Kinder glauben, dass hübsch aufgemachte Webseiten Information enthalten, die der Wahrheitsfindung dienen soll. Wär ja auch dumm, Kartellbehörden Munition frei Haus zu liefern. Diese Sylvania wird nun verkauft.

 
Jetzt kommt´s … Die neue Mutter von Sylvania will nicht irgend eine Glühlampenfabrik gekauft haben, sondern "Feilo is proud to partner with Sylvania to create a world leading lighting brand." Auf Deutsch: Wir wollen die führende Marke für Licht aufbauen. Das hat Zhuang Shenan, president of Shanghai Feilo Acoustic gesagt. Und die Großmutter von Sylvania, Yaming, will noch größer werden.

Full Solution Provider - anstelle einer Lampenfabrik, die früher nicht einmal Leuchten herstellen durfte - ist ein Wort. Ich denke, einige andere wollen auch ein Wörtchen mitreden. Yaming kommt übrigens auf Light&Building 2016. Mit LED Series IntEco - nicht zu verwechseln mit SiTeCo. Die ist eine Osram Tochter. Früher hieß sie anders und war so´ne Art Mutter.

Das Kreuz mit der Farbtemperatur

 LED-Binning
Heute gab es für mich ein Wiedersehen mit einer Erscheinung aus meiner Jugend. Eine seligmachende war die Erscheinung indes nicht. Eher eine Malaise traf ich wieder. Anno Tobak, als der selige B. Kühl im Osram-Labor Entladungslampen mit toller Farbwiedergabe zusammentüftelte, wollte ich 4 (in Worten: vier) gleiche Lampen (des gleichen Typs) bekommen, damit ich ein großes Modell aus vier Richtungen so beleuchten konnte, dass man alle Teile in gleichem Licht sieht. An sich kein Problem, wenn man mit Glühlampen arbeitet. Man kauft vier Stück im Kaufhaus ein, Pardon man kaufte …, und schraubt die in vier Fassungen. Fertich!

 
Nicht so mit den begehrten Lampen, Halogenmetalldampflampen, kurz HCI bei Osram, CDM bei Philips und HSI bei Sylvania, in denen die Gasentladung mit vielen chemischen Mitteln "angereichert" wird, damit das gewünschte Spektrum entsteht. Mit Glühlampen konnte ich damals nichts anfangen, weil die zwar eine exzellente Farbwiedergabe haben, Ra = 100, die aber den Fernsehleuten nichts sagte. Eine Glühlampe hat nämlich eine exzellente Farbwiedergabe, wenn man sie mit einer Glühlampe vergleicht. Die Fernsehleute wollten aber das Licht mit dem Tageslicht verglichen sehen.

 
Kein Problem, wenn man den Großmeister und seine Küche persönlich kennt. Oder doch? Ich durfte mich an ein Los Lampen setzen und mir gleiche aussuchen. Man erklärte, dies sei der Innovation geschuldet, schließlich seien die Lampen erst vor fünf Jahren erfunden worden. So lange ist es her. Man erzählte mir, mein Eindruck sei subjektiv (Was sind Eindrücke sonst?) und das Problem wäre keins, weil man ein 100-prozentige Ausgangskontrolle hätte. Seitdem sind 45 Jahre vergangen, man kann immer noch unterschiedliche Lampen aus dem gleichen Los ziehen, so man die Lampen überhaupt findet. Es gibt nämlich jetzt LED!

 
Ach, ja! Da geht es gleich los mit Los ziehen … Da die Sache jetzt Methode hat, hat sie auch einen Namen: Binning. Bin heißt auf English Mülleimer, Abfallbehälter, Papierkorb u.ä. Binning ist auf Denglisch das, was Aschenputtel macht, die Guten ins Töpfchen, die Schlechten … Aber nicht doch! Man schmeißt nichts weg. Immer wenn man einen Fertigungsprozess nicht voll beherrscht, sucht man sich die Guten raus und verkauft die als Premiumware. Schlecht ist nix, sondern mehr oder weniger von der Spezifikation abweichend. Früher suchte man so Messgeräte aus, später Transistoren, Prozessoren, Solarpaneele, und sogar Zigarren (Davidoff und Petite) und Seidenteppiche. Auch Menschen werden so sortiert. Wenn ein Kind zwei Elternteile hat, die beide Arbeiter sind, stehen seine Chancen, in die gymnasiale Oberstufe zu kommen, bei 20%, bei Kindern von Angestellten steigt die Rate auf 50%. Wenn beide Eltern Beamte sind, muss man ganz schön blöd sein, um nicht in den Olymp zu kommen, die Chancen stehen bei 84%.  Nicht von schlechten Eltern! Warum soll man LEDs nicht genauso bewerten? 

 
Warum nicht? Man hat eh keine Wahl. So werden weiße LED in vier "bins" einsortiert. Und wo liegt das Problem? Es gibt sogar Standards dafür. Dumm ist nur, dass sich LED aus dem gleichen Los in mehreren Eigenschaften (ungewollt) unterscheiden können, so auch im "Spektrum" und "Intensität". Dahinter stecken leider etwas kompliziertere Eigenschaften. Man versucht, LEDs mit der gleichen farblichen Erscheinung des Lichts zu finden. Die als relevant angesehene Größe ist die "Farbtemperatur". Die hat mit der Temperatur eigentlich wenig zu tun und ist zudem irreführend definiert. Ein "kälteres" Licht hat eine höhere Farbtemperatur als ein "wärmeres".

 
Das ist aber nicht ganz so gravierend wie eine Eigenschaft des menschlichen Auges, die Diskriminierungsfähigkeit z.B. für Kontraste, Farben oder Helligkeiten. Nennt sich Unterschiedsempfindlichkeit. Und die ist am höchsten, wenn die verglichenen Objekte oder Flächen aneinander stoßen. Und dummerweise viel höher als bei der Methode der Messung der Farbtemperatur. Die ist nämlich definiert für Wärmestrahler und wird auf andere Lichtquellen angewandt mit einer mehr oder weniger großen Genauigkeit. Man spricht von der "ähnlichsten" Farbtemperatur. Ähnlichst muss aber nicht ähnlich heißen. Bei LED oder Lampen mit vom Wärmestrahlern stark abweichenden Spektren kann man eher von Missbrauch sprechen. Wie weit sich die Farben bei gleicher Farbtemperatur unterscheiden dürfen, wurde vor einer Ewigkeit veröffentlicht. Guckt sich wer solche Diagramme kritisch an? Bestimmt nicht, sonst würde der Hauptbahnhof in Stuttgart in November 2015 nicht so aussehen:

Hauptbahnhof-Stuttgart

 
Lieber Lichtplaner, kommst Du an einem Los LED vorbei, achte darauf, wie fein das Binning war, auch wenn das Verfahren von manchen vor fast einem Jahrzehnt für tot erklärt wurde. Die Preisunterschiede sind nicht hoch, sondern exorbitant hoch, wenn man in dem Töpfchen (fast) identische Exemplare finden will. Man kann aber. Ganz Kluge suchen einen intelligenten Ausweg, indem sie bei der Planung der Unzulänglichkeit der Technik ausweichen. Wie einst der Konzern VW, als man nicht in jedem Werk die exakt gleiche Farbe für die Käferteile vorhalten konnte. Worin der Trick besteht, kann man gleich erkennen, wenn man sich die Karosserie eines alten Käfers anschaut.

Binning

Der Spaltpilz geht um

  

Als ich heute im Radio hörte was von "OSRAM" und "spalten", suchte ich im Internet. Als ich "Osram" und "spalten" getippt hatte, erschien "SIEMENS spaltet OSRAM ab". Das war aber vorletztes Jahr. Heute spaltet Osram was ab. Aber was? 

In der guten alten Zeit, als ich glaubte, die Welt wäre um Licht herum gebaut - nicht nur ich, übrigens -, hatte die Regie der Industrie die Sache so geordnet: Siemens verkauft Licht. Dieses kommt aus Leuchten, die Siemens baut. In die verbaut Siemens Lampen, die Osram baut. Und Osram darf nichts anderes bauen. Hie Leuchten, da Leuchtmittel. Gibt Licht, insgesamt. Da war die Welt noch in Ordnung.

Mitten in die gute Ordnung platzte 1997 die Meldung, Siemens spalte die Lichttochter ab, damals Hausgeräte- und Leuchtenwerk der Siemens Elektrogeräte GmbH. Schon damals wurde die Ordnung stark gestört, weil die in die Leuchten eingebauten Vorschaltgeräte aus dem Hause Osram kamen. Nun erlebte man Spaltung #1. Das Spaltprodukt #1 hieß - und heißt noch - SITECO, von der es auf der Website heißt: "Siteco blickt auf 150 Jahre Erfahrung in Sachen Licht zurück." Schnell gerechnet: Der Blick reicht auf das Jahr 1865 zurück. Was war da gewesen? In dem Jahr 1865 wurden gegründet u.a. Allgemeiner Deutscher FrauenvereinDynamit NobelDeutsche Gesellschaft zur Rettung SchiffbrüchigerSektkellerei J. OppmannNarrenzunft GoleDeggendorf–Plattlinger Eisenbahn AG. Von SITECO keine Spur. Aber Geduld! Ich gucke unter Ereignisse 1865 nach. Das Schaufelraddampfer Republic sinkt im Hurricane vor New Orleans. Das kann es nicht gewesen sein. Na, ja! Wenn ich weiter in dem Jahr suche, komme ich bestenfalls auf den Untergang der Sultana, die mehr Tote verursachte als die Titanic. Vielleicht war es das: "Siemens erfindet die Dynamo-Maschine" Die Meldung ist zwar von 1867 von der Pariser Weltausstellung, aber wer wird denn so pingelig sein. Siemens bastelte bestimmt lange an dem Gerät, bevor es auf die Weltausstellung schaffte. Vielleicht! Wir hatten an der Uni gelernt, dass er sein Prinzip am 17 Januar 1867 vor der Akademie der Wissenschaften vorgetragen hatte. Von ihm stand übrigens eine Statue samt Dynamomaschine vor unserem Institut und bis 1972 wurde sein Geburtstag in der ganzen Elektrotechnik gefeiert. Ein Sonderfreitag für alle E-Techniker!

Falls ich mich mit den Zahlen nicht irre - gerechnet habe ich auf Google - reicht die Erfahrung von SITECO mit Licht noch vor die Erfindung der Dynamomaschine. Da die erste brauchbare Glühlampe erst 1880 für Thomas A. Edison patentiert wurde, muss sich SITECO mit anderen Lichtquellen beschäftigt haben. Ich gucke weiter in der Geschichte der jetzigen Mutter OSRAM, die früher die Deutsche Gasglühlicht-Anstalt hieß. Nix, die wurde 1892 gegründet. Ich gebe auf, es wird Kerzenlicht oder Karbidbeleuchtung sein, auf die SITECO zurückblickt. 

SITECO kam nach zwei Stationen zu Osram, die seit 1978 eine vollständige Tochter von Siemens war. Jetzt war die Ordnung sogar besser als vorher. Leider, leider wollte Siemens doch beide nicht behalten, weil man zwar aus Kohle Strom, aus Strom Licht und aus Licht wieder Kohle machen kann. Aber nicht so üppig, wie sich manche Konzernoberen vorstellten. Die weitere Geschichte hatte ich hier und da und dort kommentiert. 

So wurde Osram an die Aktionäre geschenkt. Spaltprodukt #2. Aber, was glaubten die, was sie da geschenkt bekamen? Osram sagt auf ihrer Website "Licht ist OSRAM - OSRAM ist Licht". "OSRAM ist einer der beiden weltweit führenden Lichthersteller." Seit über 100 Jahren ist OSRAM „Ganz nah am Licht“ - heißt es da. Für mich zuerst Lampenhersteller - später wie oben dargestellt. Mein Doktorvater, dessen Doktorvater, viele Doktoranden von beiden, und viele Kollegen ginge zu OSRAM oder kamen von OSRAM.

Seit heute ist OSRAM nicht mehr OSRAM - jetzt kommt Spaltprodukt #3. Aber was wird daraus, wenn man von einem Lampenhersteller die Lampenherstellung abspaltet? So steht es in der WELT geschrieben: "München - Der Lichttechnik-Hersteller Osram treibt angesichts des dramatischen Wandels auf dem Lichtmarkt den Konzernumbau weiter voran und will das Geschäft mit Lampen - darunter Halogen-, Energiespar- und LED-Lampen - komplett ausgliedern.* (Die wahre Quelle ist dpa) Dahinter steht, das Lampengeschäft wäre schon länger ein Problemfall gewesen. Und Philips hätte das Geschäft mit LED- und Autobeleuchtung an die chinesisch-amerikanische Investorengruppe Go Scale Capital abgegeben (Kommentar hier und dort). OSRAM will gerade die LED und Autobeleuchtung behalten. Oder auch nicht? Schau´n mer mal!

Ich denke, wir erleben den Zusammenbruch des Jahrhunderts des Lichts. Ist es nicht zynisch von der UNESCO, was ganz anderes zu feiern? 

Sag' beim Abschied leise 'Servus',
und gibt's auch ein Wiedersehen,
einmal war es doch schön. 

OSRAM Stromrechnung
OSRAM Stromrechnung
OSRAM Stromrechnung
Goebel Lampe
Goebel Lampe
OSRAM wird angebetet