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Von der Lichttechnologie namens Energiesparlampe

 


Durch die verantwortungslosen Praktiken Einzelner gerät eine Lichttechnologie in Verruf, die effizient und klimafreundlich ist.

DUH alias Deutsche Umwelthilfe

Gestern habe ich beschrieben, was eigentlich eine Technologie ist. Und was für eine Technologie der Superlative die Lichttechnik geschaffen hat. Next to none oder auf Deutsch "Niemand kann es besser". Zu einer Technologie gehören Technik, Mensch und Organisation, wenn global wirksam, dann auch global aufgestellt. Heute geht es dezidiert um den Spruch der DUH, dass die Energiesparlampe eine effiziente und umweltfreundliche Lichttechnologie sei. Als ich gestern Nacht den Spruch las, muss mein Gelächter so laut geschallt haben, dass überall in der Nachbarschaft die Lichter angingen. Von der besagten Lichttechnologie waren wohl wenige darunter, denn kein Licht hat geflackert.

Fangen wir einfach mit Technik an. Sie war kein großer Wurf, sondern eine Antwort auf die Energiekrise der Jahre 1973 und folgende. Erfunden hatte sie keiner der Öko-Freaks - die wollten noch geboren werden -, sondern ein Laboringenieur bei GE. Na, ja. Ganz "erfunden" wurde sie nicht, denn sie war eine Leuchtstofflampe. Energiesparen tat sie zwar, aber nur im Vergleich zur Glühlampe. Und das auch nur, wenn man die Lichtqualität großzügig übersieht. Die hat auch der begeisterte Einführer auf dem deutschen Markt, A. Wacker von Osram, nicht übersehen. So schrieb der Tagesspiegel aus Berlin zum 25. Jubiläum der Einführung in Deutschland "Bis heute brennen Energiesparlampen überall – außer bei ihm [Wacker] in der Küche und dem Esszimmer. Denn vor allem Speisen, besonders Fleisch, sehen fahl aus, findet er."

Das fanden andere auch so. Wenn man die Energiesparlampe einschaltete, kroch ihr Licht gemächlich Richtung hell hoch. So etwa eine Minute. Draußen vor der Tür im Winter - eher ewig. In der Garage und im Keller eher Fehlanzeige mit Energie Sparen, denn bis das Ding zur vollen Form auflief, war der Benutzer wieder weg. Wie lange eine Lampe brauchte, um zu einem stabilem Lichtstrom zu kommen, musste ich erleben, weil ich dies für Gutachten brauchte. Das Labor maß erst nach 24 Stunden. Da war die Anlaufzeit zu Ende. Etwa.

Nach den 24 Stunden konnte man immer noch nicht sein Geld darauf wetten, dass ein lichttechnisches Gütekriterium aus dem Jahre 1935, ruhiges Licht, erfüllt wurde. Das Flackern hat man der guten Lampe erst so etwa 1995 abgewöhnt. Wie es sich mit den restlichen Gütekriterien verhält, kann man anhand des Spektrums ganz gut vorstellen:

Laut Wikipedia (deutsch) ist dies aber so schlimm nicht: "Da Leuchtstofflampen im Gegensatz zu Glühlampen oder Tageslicht ein diskontinuierliches Spektrum emittieren, können Farben von Gegenständen unter dem Licht dieser Lampen etwas anders aussehen als im Sonnenlicht." Ich weiß nicht, ob Lobbyisten pro Wort bezahlt werden wie Dolmetscher oder pro Anschlag wie einst Schreibkräfte. Wenn der Verfasser von dem Satz bekannt würde, hätten nicht wenige ihm den Hosenboden stramm gezogen. Eine Verfasserin war das bestimmt nicht, denn  Frauen sehen Farben anders und leiden mehr als Männer unter miserabler Farbgebung. (hier)

Dinge, die der Mensch zum Leben braucht, z.B. gemütliches Herunterdimmen der Beleuchtung, wenn es gemütlich wird, beim Elektriker erhältlich so ab 1968, war Fehlanzeige. Auch 2018. Man müsste eine Spezialausführung haben, die aber keiner baut, weil die Energiesparlampe Energie sparen soll und nicht der Gemütlichkeit dienen. Bei ihrer Lichtfarbe wäre die Sache eh fraglich. Und ihre Formen erst! Ein Fachmann hat jüngst nett geschrieben: "Von den Allgebrauchslampen abweichende Abmessungen, die oft nicht optimal zu den vorhandenen Leuchten passten, waren ein weiterer Nachteil." (Bei den anderen Nachteilen geht er mit den oben beschriebenen etwa 100% konform.) Die Lampen guckten überall aus den Leuchten heraus, verhunzten manche nett gemeinte Architektur, blendeten nach Lust und Laune. Und haben sogar die Goldhändler vom Großen Bazar in Istanbul davon überzeugt, dass Gold nicht unbedingt golden glänzen muss. Etwas fahler geht auch, wenn dafür der Laden kühler bleibt. 

Man kann die "Vorteile" dieser "Lichttechnologie" noch weiter ausschmücken. Das allgemeine Urteil will ich aber aus einem denkwürdigen Ereignis ableiten: Als die EU das Glühlampenverbot einführen wollte, wurde von der Lichttechnischen Gesellschaft eine Diskussionsrunde für das Für und Wider die Energiesparlampe organisiert. Üblicherweise würden die Hersteller eines Produkts in solchen Fällen die Partei Für bestücken. Für diese Diskussion fand sich aber kein Hersteller bereit, eine Aussage zu machen.

Das wäre die eine Aussage. Eine andere wäre, dass etliche Hersteller nach Einführung des Glühlampenverbots von einer Weiterentwicklung des glücklichen Gewinners verabschiedet haben. Sehen so Sieger aus?

Wer hat Nu die Lampe so gepuscht? Da fällt mir nur ein Engel ein: Gabriel. Der war unser Umweltengel und machte Wahlkampf mit einer Ladung Energiesparlampen. Und wurde dabei geholfen von seinem Vorgänger Trittin. (mehr dazu hier und dort). Nicht gerade das Netzwerk, das zu einer Superlative an Technologie gehört. Die wollten ja nur CO2 sparen. Haben auch. Ich würde die Menge gerne schreiben, leider fehlen mir viele Nullen hinter dem Komma. Man soll nicht böse sein, denn mit der Denke hat man an anderer Stelle wirklich jede Menge CO2 gespart, mit dem Diesel. Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie diesen Blog weiter oder fragen Sie Ihren Abgeordneten. Oder die DUH. Die wissen bestimmt, was für ein Unterschied zwischen klimafreundlich und umweltfreundlich besteht.

 

Tech ' nik
[<grch. techne = Kunst, Gewerbe, Geschick, List, Betrug]

 

 

Lange aufgehalten - Jetzt nicht mehr aufhaltbar - Die Zukunft will kommen

Im Forum von HighLight 3/4 2018 findet sich unter dem obigen Spruch eine Zukunftsvision oder ein Menetekel, wie man gerade aufgelegt ist. Es heißt dort "Die Substitution herkömmlicher Lampen durch LEDs hat einen tiefgreifenden Wandel in der Branche nach sich gezogen. Denn nun buhlen auch Unternehmen aus der Halbleiterindustrie um Marktanteile." Wie schön zu lesen, dass meine alten Prognosen doch nicht so falsch gelegen haben (Osram wird Elektronik Bude von 2015).

Da gibt es noch ältere Prognosen, die da sagten: "„Der Wandel im Lichtmarkt von traditionellen Leuchten zu LED-Lampen habe sich weiter beschleunigt. Damit droht den Beschäftigten ein weiterer Stellenabbau über das laufende Programm hinaus.“ (dpa-AFX)  Das war vor etwa vier Jahren (hier). Wie wahr (geworden) . Leider. Aber in Deutschland, d.h. im besseren Teil von Deutschland, in Bayern, sollen demnächst 1000 Leute neu eingestellt werden. Wetten, dass das keine Lichttechniker sein werden? Oder "neue" Lichttechniker, die unter Chips nicht Cerealien verstehen?

Andernorts liest man "Der Osram-Vorstand muss entscheiden, wie er das marode Leuchtengeschäft wieder auf Kurs bringen will. Er prüft nun die Optionen – in aller Ruhe." (hier) Wir müssen zum Glück nicht darüber entscheiden, welchen Beitrag wir zu diesem "maroden Leuchtengeschäft" beigetragen haben, indem wir alle Jahre wieder die Kongresse der LiTG besucht haben, bei denen der Katalog der Firma verlesen wurde, die das jetzt als marode bezeichnete Geschäft betrieb. Damals war ich noch jung, schlief aber regelmäßig bereits zu Beginn jeder Sitzung ein. Der konsultierte Arzt bescheinigte mir, ich sei kerngesund. Das Einschlafen müsse andere Gründe haben. Hatte wohl auch. Der - einstige - Branchenprimus verhalf mit seinen Inhalten nicht nur den Kongressteilnehmern zu einem Tiefschlaf. Gesund war der allerdings nicht.

Mal sehen, wie das weiter geht mit Leuten, denen das Wort Schlaf recht fremd ist. Willkommen im Nerdistan! Die neuen Akteure essen Pizza, haben Pickel und keine Freundin. So jedenfalls einem üblichen Gerücht nach. Sie residieren auch nicht am Grünwalder Stadion sondern in Co-Working Spaces um den Globus. (Ach, ja. OSRAM seit ein paar Jahren auch nicht mehr.) Den Leuten sind offensichtlich auch solche Probleme wie Flicker fremd. Kein Wunder, die hatten schon die Altvorderen vernünftig gelöst, bevor ich mit dem Lichtstudium angefangen hatte. Auf ein Neues! 

In der Lichttechnik kehrt Ehrlichkeit ein

Pánta chorei kaì oudèn ménei
Heraklit

Es gibt eine schlechte Nachricht und eine sehr schlechte. Zuerst die schlechte: In der Lichttechnik wurde ein Verein "Lauterer Wettbewerb e.V." gegründet. Und die sehr schlechte: In der Lichttechnik wurde ein Verein "Lauterer Wettbewerb e.V." gegründet. Warum soll das so schlecht sein? Weil man solch einen Verein nicht braucht! Man ist ja über ein Jahrhundert ohne ausgekommen. So haben z.B. Lampenhersteller 1924 ein Kartell (Phoebus) nicht gegründet. Die Nichtgründung erfolgte in Genf. Es hat auch nie die Lebensdauer von Glühlampen auf 1.000 Stunden begrenzt und 100 Jahre Lichtingenieure nicht ausgebildet, die glauben sollten, dass die Zahl aus einer Optimierungsbetrachtung entstanden sei. Wie die Herren das Kartell nicht gegründet haben, kann man in der ARTE-Dokumentation "Kaufen für die Müllhalde" verfolgen (hier, ab Minute 2:30, aber der Rest ist auch empfehlenswert). Dort wird z.B. dargestellt, wie das Kartell monatlich Strafen für die Mitglieder berechnete, deren Lampen doch länger brannten als vereinbart.

Bei den Leuchtenherstellern war die Kartellbildung ungleich schwieriger. Es gab zu viele davon, war doch das Leuchtenbiegen ein gutes Geschäft seit tausend und mehr Jahren, auch wenn man damit eher das Backen von Ton gemeint hat. Da hilft aber, dass die Branche relativ klein ist und jeder jeden kennt. Wozu denn ein Kartell bilden, bei dessen Bildung oder später man erwischt werden kann? Also wozu muss es einen "Verein Lauterer Wettbewerb e.V." geben?

Den wichtigsten Grund hatte ein sehr guter Kenner der Branche, Prof. Wout van Bommel, seines Zeichens früherer CIE President und Chefentwickler der Firma Philips, auf einer Konferenz gegeben: Er bezeichnete LED als "Lügenlampe", nicht weil das Licht uns was vorschwindelt, sondern weil man keinem der Daten Glauben schenken kann bzw. soll. Die "objektiven" Messwerte können um den Faktor 3 falsch sein. Das ist zum einen der Tatsache geschuldet, dass die erforderliche Messtechnik noch "im Entstehen" ist. Und zum anderen, dass man mit den Daten "kreativ" umgeht.

Den gesamten Bericht kann man im Licht Heft 2/2018 lesen. Hier ein Highlight: Licht: "Ist unlauterer Wettbewerb im Lichtsegment stark ausgeprägt?" Vorstand des Vereins: "Ja und stark wachsend …" Dazu folgt warum. Durch den vielen Online Handel und Plattformen wie eBay oder Amazon. Dass die eigenen Mitglieder zur Misere beigetragen hätten? Nööö, sind alles weiße Engel.

Zum Thema Engel, hier ein Kracher: Licht: "Ist es nicht schwierig, Werte wie z.B. die Lebensdauer einer Leuchte oder Lampe juristisch anzufechten?" Vorstand Verein Lauterer Wettbewerb: "Nein. Juristisch gibt es zu den klaren gesetzlichen Bestimmungen eindeutige Urteile …" Wo ist der Kracher? Es gibt nur zu den klaren gesetzlichen Bestimmungen Urteile. Wenn Großverbraucher wie Bahn und Post Jahrzehnte ein eigenes Lampenlabor betreiben, weil den Angaben der Hersteller zur Lebensdauer nicht zu trauen ist? Ist klar. Wie klar ist es, wenn man so Lebensdauerangaben wie hier macht: L80B10C20? Will sagen: wenn das Ergebnis 50.000 h ist, haben 10 % danach 80% des Lichtstroms und 20% weilen in den ewigen Jagdgründen. Wenn ich in einem Array 100 LEDs habe, wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass bei dem Ding alle 100 beisammen leuchten?

Die Super-Formel L80B10C20 ist leider, leider auch nicht die einzige, die man benutzt. Vor Jahren hatte ich festgestellt, dass Philips und Osram jeweils eine eigene benutzten und deren Verband eine dritte. Man stelle sich die Doofen vor, die bei dieser klaren Sachlage 1.190 € + MWSt + Reisegeld (Düsseldorf Hilton) ausgeben und zwei Tage vor Ort opfern, um die Veranstaltung "Lebensdauer und Zuverlässigkeit in der LED-Beleuchtung" zu besuchen. (hier). Wer den Nachweis braucht, dass die nicht doof sind, kann hier lesen warum. Zu den Super-Doofen gehörte ich ebenso wie ein sehr erfahrener Planer. Wir beide, beide mit einem Doktor-Titel in dem Metier, glaubten an eine bestimmte Formel für die Berechnung von Lampen. Denkste, man hatte die geändert, ohne viel Aufhebens zu machen. Selbst der amtierende und gewesene Umweltminister, die damals Werbung für die Energiesparlampe machten, wussten nichts davon.

Noch lustiger wird es, wenn man die Angaben zum Lichtstrom ansieht. Seit Ewigkeiten plant der Lichtplaner nach den Katalogangaben und schlägt 10% darauf, weil den Katalogangaben nicht zu trauen ist. Seit jeher ist der Lichtstrom ein Geheimnis der Hersteller. Nu wissen wir, dass die einen Verein für den lauteren Wettbewerb gründen mussten, weil sie von anderen schwarzen Schafen bedrängt werden. Aber das Lichtgeschäft birgt noch viel mehr dunkle Geheimnisse. Hier etwas, was bestimmt keiner dachte, außer dass er im Keller Omas alte Bettlampe gefunden hat:

Was denn Nu? OSRAM weg oder nicht?

Nicht lang ist es her. Da hatte ich geschrieben: OSRAM muss weg! (hier) Gemeint war der Herr, der für den FC Bayern München nicht gut genug war, weil er nur das Triple geschafft hatte. Was hätte er sonst noch an Pötten holen sollen? Etwa den Intergalaktic Cup? Gnadenlos ersetzte man ihn durch ein Mannsbild, das nie einen roten Kopf kriegt, weil er alles erreicht, was zu erreichen ist. Sagen wir mal, häufig. Da er doch nicht alle Töpfe holte, die zu holen waren, ist er entfleucht und wurde durch einen smarten Italiener ersetzt. Der wiederum erwies sich doch nicht so anziehend für die Pötte. Zuletzt gab es ein 0:3 Klatsche in Paris. Und Nu war der auch weg. Da besann sich der Vorstand auf OSRAM. Der kommt wieder.

Der Namensgeber, Osram, war einst gut erzogene Tochter von AEG, Siemens und Int. GE, International General Electric, also von feinsten Eltern. Nach vielen erfolgreichen Jahrzehnten, die nicht zuletzt durch Kartellbildungen wie Phoebus zum Wohlergehen beitrugen, war der Niedergang Anfang der 1970er Jahre eine ziemlich klare Zukunftsaussicht. Der klare Anfang vom trüben Ende, dem Greifen nahe in 1976, wurde 1978 gestoppt, indem Siemens die in die Jahre gekommene Tochter ganz übernahm. Die AEG hat es noch ein paar Jahre überlebt. Für OSRAM kam der Aufschwung, nachdem die Mutter alle Führungskräfte, die nicht zu führen wussten, absägte. Das waren so ziemlich alle FK. Das Leuchten mussten die anderen überlassen.

In dem fein gesponnenen Netz der Elektroindustrie spielte OSRAM den Platzhalter für Leuchtmittel. Allein leuchten durften die aber nicht. Die erforderlichen Leuchten kamen meist aus den Siemenswerken in Traunreuth. Man wähnte sich Kerngeschäft des Konzerns. Nicht mehr sehr lange, denn die Mutter beschloss eines wunderbaren Tages, die Leuchten leuchten sein zu lassen. Die Firma wurde SiTeCo benannt und verkauft. Nu war OSRAM ziemlich allein und durfte doch ein bisschen Leuchte um die Leuchtmittel herum bauen. Dann aber kam der Tag, an dem OSRAM den Leuchtenhersteller kaufen durfte. Und sie waren wieder unter dem Dach der Mutter, allerdings mit vertauschten Rollen.  

Als dann ein neuer Stern am Leuchtmittelhimmel zu (be)leuchten begann, die LED, schien nach außen, im Leuchtmittelhimmel sei der Jahrmarkt ausgebrochen. Doch die Mutter präsentierte eine Überraschung: OSRAM wurde den Aktionären verschenkt. Möglichst schnell weg. Und fast auf den Tag genau, als FC Bayern OSRAMs Rückkehr verkündete, stand in den Wirtschaftsblättern:

Erleichtert? Ich verstehe erst mal nichts. Denn hinter mancher Meldung konnte man lesen, der Kurs der OSRAM-Aktie hätte sich seit der Trennung von der Mutter verdreifacht. Stimmt fast genau. So ein schönes Pleiteunternehmen möchte ich auch mal geschenkt haben.

Schlaflos durch die Nacht - Wer hat das gemacht?

Die heutige Meldung über Deutschland ohne Schlaf zielt nicht auf die Fans von Helene Fischer, die atemlos zuhören, wenn sie singt, oder beim Anblick ihrer Bilder den Schlaf vergessen, wenn sie nicht gleich in Ohnmacht fallen. Es geht um germanus simplicus, also um Herrn und Frau Mustermann, die schlecht schlafen. Deren Zahl hat in den letzten sieben Jahren um 60% zugenommen.

Neu ist die Erscheinung indes nicht. Sie hat in der Urzeit der Menschheitsgeschichte angefangen, als die Uhrzeit nur bei Sonnenschein ablesbar war. Man wollte aber auch in der Nacht etwas sehen - und erfand das künstliche Licht. Der Sage nach war es Prometheus, der den Göttern das Feuer stahl und den Menschen schenkte. Seitdem muss er leiden. Und die Menschen? Das elektrische Licht hat denen den sozialen Jetlag gebracht. Das ist die Differenz zwischen der Körperzeit eines aufwachenden Menschen und der Zeit, zu der er aufwachen muss. Nach Chronobiologen beträgt sie in Westeuropa ca. 2 Stunden. Das Licht, das wir am Tage in unbegrenzten Mengen genießen können, wird in der Nacht zum Stressfaktor - auch wenn wir es mögen. Je stärker wir die Nacht zum Tage machen, desto stärker nehmen also die Schlafstörungen zu. 

Mancher Bürger dieses Staates könnte ja auch etwa gleichermaßen zugenommen haben, aber das nebenbei. Warum schlafen Arbeitnehmer schlechter als früher? Darauf hat die ARD einige Antworten:

Büroschlaf ist gesund

Lärm in der Nacht? Stimmt bestimmt. Stress in der Familie? Ganz bestimmt. Stress am Arbeitsplatz? Stimmt auffällig! Doch warum denn 60% Zunahme in nur 6 Jahren? Da fiel mir der selige John Ott ein, der Erfinder der True Light. Zwar hat die Industrie sein Licht unter den Scheffel gestellt, aber selber Lampen verkauft, die Biolux oder so heißen. Ott´s Theorie hörte sich abenteuerlich an wie meine Erklärung zum Nicht-Schlaf in Germanien: Die Aufruhr der Jugend Ende der 1960er Jahre sei auf das unsichtbare Flimmern von Fernsehern in den USA zurückzuführen. Zehn Jahre später, die Fernseher sind besser geworden, und die AMi-Jugend nicht mehr so aufsässig. Vielleicht lag es eher daran, dass der Vietnam Krieg zu Ende war und Joan Baez und Bob Dylan etwas älter? Man soll ja nicht jede Theorie gleich verdammen, vor allem, wenn sie selber braucht.

Meines Erachtens kann die Schlafstörung mit Licht zusammen hängen. Denn seit mehr als 25 Jahre haben Forscher in unterschiedlichsten Ländern ermittelt, dass schlechtes Licht am Arbeitsplatz die Qualität des Schlafs beeinträchtigt. Wer sucht, findet viele Zeugnisse. Was hat sich aber seit 2010 so dramatisch verändert?

Erst mal etwas, was man nicht gleich unter Beleuchtung verbucht: Bildschirme. Diese sind viel größer geworden, viel heller und werden jetzt mit LED beleuchtet. Ihre Lichtfarbe ist blauer als einst. Und blaues Licht soll laut Philips und Osram den Menschen so anregen, dass man gleich alle Schulen und Altersheime damit pflastern will. Zudem sind diverse neue "Bildschirme" in Erscheinung getreten, die früher kleiner waren, anders beleuchtet und vor allem, viel viel seltener benutzt. Die Nachfolger von Handies mit kleinen Displays. Smartphones, erfunden etwa 2007, haben die Welt im Handstreich erobert und verfolgen uns bis dahin, wo der Kaiser zu Fuß hingeht. Dass die Monitore den Hormonausstoß des Körpers beeinflussen, hat ein Schweizer Institut im Auftrag eines deutschen Instituts nachgewiesen.

Schweizer Studie von Ahmet Cakir bei Vimeo.

Was haben die Gerätchen mit der Beleuchtung gemeinsam? Sie, die Beleuchtung und auch die Autos und Verkehrsschilder werden mit LED bestückt. Alle haben gemeinsam, dass das Licht nicht stetig ist, sondern scharf abgehackt. Für das stehende Auge geben sie flimmerfreies Licht ab. Dummerweise stehen die Augen nur still, wenn einer tot ist. Bei allen lebenden Menschen - und auch Tieren - vollführen sie Bewegungen, um die Umwelt zu erfassen. Was dabei so alles entstehen kann, steht hier zu lesen (hier und dort)

Da wirkt sich zeitlich veränderliches Licht mehr oder weniger heftig aus. So haben wir z.B. vor ein- und demselben Modell eines Monitors Leute erlebt, die ihn als flimmerfrei bezeichnen, während andere zu 35% eine erhebliche Störung erleben. Der Unterschied lag in dem Zwang, ständig auf dem Bildschirm was suchen zu müssen (s. auch hier LED und Krätze). Die Monitore, die zu Ott´s Zeiten die Jugend aufgestachelt haben sollen, wurden bei unseren damaligen Studien zu etwa 10% beanstandet. Zu sehen war das Flimmern für fast alle - die Apparate hießen ja nicht ohne Grund Flimmerkisten. Die heutigen sind viel gefährlicher, weil sie ihre Sünden besser verstecken. Wenn man aber die Hirnströme der Menschen anzapft, sieht man, wie Licht und vor allem Lichtwechsel - Flimmern - unser wichtigstes Organ beschäftigen. Leider nicht mit etwas Vernünftigem. So kann Stress entstehen.

Hier langsam mit Mitschreiben:

  • Wir benutzen Bildschirme, die unsere Körperrhythmen nachweislich verändern, und zwar so, dass man aktiviert wird auch wenn man schlafen gehen wollte.
  • Unsere Umgebung ist beleuchtet mit Licht, das das bewegte Auge als Flimmern erfasst.
  • Die Störungen der Hirnströme lassen sich messen.
  • Wir benutzen den ganzen lieben Tag Informationsmittel, deren Licht das Gehirn beeinflusst, der Inhalt sollte es aber eher sein.
  • Und wenn sich die Erregung auf den Inhalt zurückführen lässt: Wir beschäftigen uns ständig mit Informationsaufnahme.