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Von Human Centric Lighting

Weil mir HCl nur als Chlorwasserstoff (Salzsäure) oder als Hardware Compatibility List bekannt war, wollte ich lernen, was Lichttechniker unter HCL verstehen sollen. Was ich gelernt habe, haut dem Fass den Boden aus:

HCL-klein    

Das ist ein Auszug aus der Studie von AT Kearney, aus der man lernt, dass Industriearbeiter, die man mit dümmsten Arbeiten beschäftigt, etwas produktiver werden, wenn man sie unter 2.000 lx setzt.

Ach ja? Vor etwa 15 Jahren wurden Arbeiter bei VW bei wesentlich intelligenteren Arbeiten unter 2.000 lx gesetzt, damit sie die Nachtschicht besser überstehen, ich meine damit deren Arbeitgeber mehr aus ihnen hat. Die Firma, die die Studie in Auftrag gegeben hatte, hat später ihre Lichtsparte an OSRAM abgegeben, noch später OSRAM ganz aufgegeben, und OSRAM hat gerade ihr Lampengeschäft mit Verlust abgestoßen. Sieht so der Pfad zum Erfolg aus?
OSRAM-verkauft-Licht

Die Sache mit den 2.000 lx bei VW war übrigens der Auftakt zu diversen Studien, mit denen man biologische Lichtwirkungen auf den Menschen ergründen will. Seit etwa 15 Jahren hat man dadurch mehr über Licht gelernt als die ganze Zeit vorher. Soweit, so gut! Hat man aber wirklich was gelernt? Gucken wir uns mal an, wie das letzte Jahrhundert versucht hat, die Wirkung von Licht zu ermitteln. Die erste Studie führte man in den 1920ern mit Arbeiterinnen durch, die in einem Elektrowerk in Hawthorne Spulen wickelten (elektronische Elemente gab es noch nicht). Das Ergebnis war eines der größten Traumata, die die Wissenschaft bis heute verfolgt:
Hawthorne

Das Unglück nahm so ihren Anfang:
Scientific-management

Zu dumm nur, dass auch eine Kontrollgruppe, die keine "verbesserte" Beleuchtung bekommen hatte, aber glaubte, eine solche erhalten zu haben, ebenso eine Leistungssteigerung erfuhr. Und die Experimentalgruppe behielt ihre um 30% höhere Leistung bei, als die "Verbesserung" der Beleuchtung wieder weggenommen wurde. Ufff:
Hawthorne-Maengel

Lassen wir den Hawthorne Effekt im Mülleimer der Industriegeschichte. AT Kearney hat was Besseres zu bieten: Man kann nervende Schüler (ADHS-Syndrome bzw. Zappelphilipp-/Struwwelpeter-Syndrom) mit Licht so beruhigen, dass die von Stress und Burnout geplagten Lehrer entlastet werden, und damit auch die öffentliche Kassen, aus denen die Lehrerschaft bezahlt wird:
HCL-und-Schulen

Nicht schlecht die Idee! Die Wissenschaft würde vermutlich einige Jahrzehnte brauchen, um die Mängel der Studie aufzudecken, auf der die Annahmen beruhen, die AT Kearney, nach eigenen Angaben ein Think-Tank da zusammengetragen hat. (Bitte die Bezeichnung nicht von Google übersetzen lassen. Dann würde AT Kearney als Denkpanzer da stehen.) Auch ohne Wissenschaft kann man ein Fragezeichen setzen, warum ein Arbeiter, der nur Bauteile zusammenklaubt, 2685 Euro kostet, während der Lehrer von Zappelphilipp mit 2789 € zu Buche schlägt. (Ein deutscher Studienrat hat 2015 in Sachsen 4410 € brutto gekostet, dazu kommen die Arbeitsplatzkosten, Ausfallzeiten u.ä. Aber, wer wird denn so kleinlich sein. AT Kearney ist ein Thinktank, kein Lohnbüro.)

Erst einmal die Sichtweise von Licht.de:

HCL-und-licht.de Und wie geht das bitte?
HCL-und-licht1

Wenn einer es nicht glauben will, hier ist der "Emotionswähler":
Lichtprogramm

Und hier die wissenschaftliche Begründung durch den Leiter der Forschung:

Während die Studien in Hawthorne von wirklich qualifizierten Wissenschaftlern zu Beginn des 20. Jahrhunderts professionell geplant und ausgeführt worden waren - Mängel in Studien sind keine Seltenheit, sondern stets vorhanden -, die die Probleme ihrer Arbeit weitgehend selbst analysiert hatten, wie es sich für eine wissenschaftliche Studie gehört, würde die Hamburger Schulstudie in der seriösen Wissenschaft unter "junk" laufen. Hanebüchen wäre eine sehr milde Bezeichnung dafür. Man müsste Institutionen, die so etwas (s. unten) in Wissenschaftskreisen überhaupt erlauben, eher die Lizenz entziehen. (Wer es genau wissen will, kann bei uns eine Dokumentation erhalten.) Dennoch gelang es den versammelten Kräften der Marketingarmee der Lichtindustrie die Quintessenz dieser Studie ins deutsche Normenwerk einzubringen. Und die sieht so aus:

Grundschule

Guten Morgen Kinder! Hier ist Eure Lichtdusche. Nachher ist Klassenarbeit. Keine Sorge, wir puschen Euch auf Niveau. Danach ist Ruhe angesagt. Wer glaubt, sich ein Päuschen zu Mittag gönnen zu dürfen, wird gnadenlos mit 9000K aktiviert. Und das so lange, bis Ihr die Kinder aus Burkina Faso beim Pisa Test hinter Euch gelassen habt. Mit einem Schlag, ich meine mit einer Lampe mit Blaulichtanteil, lösen wir Eure (unsere?) Schulprobleme. Man kann Euch Saublagen endlich minutiös auf Haltung trimmen. Ich denke, davon hat Prof. Unrat nicht als erster geträumt, als sein Blauer Engel ihm über den Kopf gewachsen war. Wenn der Engel nicht blau ist, wird er halt blau angestrahlt. Der Traum des deutschen Paukers wird wahr: Man braucht nur den Knopf „Aktivieren“ drücken, schon seid Ihr Kinder 20% intelligenter. Wenn Ihr Saublagen zu viel Krach macht, dann Knopf 4 drücken:: Das beruhigt. Sollen sie sich konzentrieren, dann Knopf 3. Und so heiter … (Die Autoren von solchem Schwachsinn merken nicht einmal, wenn man es ihnen sagt, dass auch Lehrer unter ihrem blauen Segen arbeiten. Und die haben andere Körperrhythmen an die Kinder. Oder wird das Lehrerkollegium geschützt wie die Röntgenassistentinnen gegen ihr Arbeitsmittel? So etwa wie die VW Arbeiter, die ihre Freizeit mit einer Sonnenbrille verbringen mussten? Wie dem auch sei, auch die gesamte deutsche Presse ist so frei, den Quatsch weiter zu verbreiten - und das auch dann, wenn man sie drastisch aufklärt.)

In diesem Blog wurde der Sachverhalt seit 2009 mehrfach angesprochen. (siehe hier oder dort oder da oder hier oder oder ...) Was soll man von einer Zukunftsperspektive für Licht halten, die auf solchen kurzen Beinen fußt? Human Centric Lighting ist ein wirtschaftlicher Erfolg - für AT Kearney. Ob die Klienten was davon haben? Vorerst nichts …

Philips Licht an der Börse
gloeilampenfabriek-perdu

Gestern meldete die ARD in den Börsennachrichten, dass sich Philips endgültig von der Lichtsparte trennt. Vorerst wurden ca. 25% der Aktien verkauft. Ein toller Start soll es gewesen sein. Die Aktie stieg um 10%. Na, ja! Vorher hatte man den Ausgabepreis genau um den Betrag gekürzt. So macht man Erfolgsmeldungen. Der Chef des Hauses sagte, das sähe nach einem IPO aus (Anm.: Philips-Kenner kennen unter diesem Namen Institut for Perception Research). So guckte ich nach, wonach ein IPO ausschaut. Bingo: "In den meisten Fällen ist ein IPO-Kandidat auf den Kapitalmärkten noch recht unbekannt." steht unter der Rubrik Börsengang zu lesen. Toll! Philips Licht - Dein unbekanntes Blatt! Ich denke mal, den Leuten ist der Grund nicht bekannt, warum eine Gloeilampenfabriek von 1800 + anno tobak sich von Licht trennt. Es steht im Weg, haben mehrere Nachrichten geschrieben. Da wird die Sache von von einer zentralen Quelle kommuniziert worden sein. Sonst hätte sich kein Journalist getraut, eine Nachricht zu kreieren, wonach sich der Lichtkonzern von Licht trennt und Bügeleisen zuwendet. 

Philips steht Licht im Weg, Osram stand Siemens im Weg, weil ihm Licht im Weg stand. Irgendwie atemberaubend die Entwicklung. Die Sache erinnert mich an PC und IBM. Für Kenner wie für Nicht-Kenner ist der PC so ziemlich die Erfindung des Jahrhunderts - jedenfalls für die IT-Leute. Der Erfinder war laut eigener Angabe IBM - und IBM wurde mit der Gottheit verglichen, zwar nur in Witzen, aber immerhin. Im irdischen Leben hatte die Firma es in fast allen Ländern der Erde zum Marktdominator, in den meisten Fällen zum Monopolisten gebracht. Insgesamt reichte es zu einer Größe, dass der Gewinn größer war als der Umsatz des 2. der Branche.  Dieser hieß DEC und war der Liebling aller Ingenieure, die mit IBM wahrlich nichts anfangen konnten. DEC verschlief die Sache mit dem PC und schlief sanft ein. Oder unsanft - wie man´s nimmt. Was macht der Größte mit der größten Erfindung des Jahrhunderts? Nicht Bingo. Er baut Mist statt PC. Etwa 12 Jahre nach der Einführung von IBM-PC hieß PC = Windows = Microsoft. Da das Produkt nunmal das wichtigste der Branche war und ist, ging auch IBM damit zu Grunde. Branchenkenner werden sagen, hoppla, die Firma gibt es doch noch und haben recht, aber nicht ganz.
 

Was es nicht mehr gibt ist IBM Classic - denn die Firma hat sich gehäutet und macht andere Geschäfte. Vorerst immer noch oben, aber schrumpfend im 16. Quartal in Folge. Den IBM-PC gibt es aber immer noch, der heißt aber LENOVO nach ihrer chinesischen Adoptivmutter, die 1984 von einer Gruppe junger chinesischer Wissenschaftler gegründet worden war. Womit wir wieder bei Licht wären. Auch hier treten zwei oder drei der Beinah-Monopolisten in ihren eigenen Schatten und verkaufen ihr Tafelsilber. Die neuen Macher kommen vermutlich wieder aus Fernost (bzw. aus San Francisco gesehen Fernwest).

Muss ja nicht schlecht sein. Der heute strahlende Stern im Weltmarkt für Netzwerktechnik ist keiner der üblichen Verdächtigen, sondern Cisco, gegründet auch in 1984, auch von Wissenschaftlern. Als die alten Mächte auf diesem Gebiet mächtig waren, hatte ich in einem Land 15 Jahre, in einem anderen immerhin 6 Monate auf einen Telefonanschluss gewartet. Heute erwarten Leute in beiden Ländern, der Anschluss möge stehen, sofort nach Unterschreiben des Vertrags. Tut zwar nicht häufig, dauert aber auch nicht lange.

Als ich ein Kind war, hieß unser Radio Philips. Am Kühlschrank stand AEG. Die Lampen waren von Osram. Später arbeitete ich an einem Computer von Telefunken. Noch später reparierte ich Computer von Siemens. Als Forscher musste ich oft an einen DEC-Rechner, später an IBM. Für Rechner von Ericsson und Nokia machte ich sogar kostenlos Reklame. Von allen Untergegangenen der Vergangenheit hatte ich nur nicht mit Produkten von Borsig zu tun. Das lag allerdings an mir - mir fehlt der Lokführerschein.

Wer nie bei Siemens-Schuckert war,
Bei AEG & Borsig,
Der kennt des Lebens Jammer nicht,
Der hat ihn erst noch vor sich.

Da bist du nichts.
da wirst du nichts,
Wenn auch der Magen kluckert.
So ist 's bei Borsig, AEG,
Bei Siemens & bei Schuckert.

Wer nie bei Siemens tätig war &
nicht bei AEG & Borsig,
Der kennt des Lebens Jammer nicht,
Der hat ihn erst noch vor sich.

Flimmern bei Olympia 1972?

 
Die Suche nach Artikeln über Flimmern von LED hat mich schnurstracks in die Vergangenheit geführt, die eigentlich als glorreich bezeichnet werden müsste. Man stelle sich vor, Olympia kommt nach Deutschland zurück, d.h. nach München, und man darf als Student bei der Planung mitmischen. Es gab nicht nur ein Sack voll Geld (leider kein Olympiagold) und die Bekanntschaft eines der besten Architekten der Welt (Behnisch). Dazu durfte ich den Mann kennenlernen, der Maracana beleuchtet hatte (Estádio do Maracanã). Und Osram machte ihr Bestes - sie entwickelte eine Super-Lampe, die den Schmach von Mexico-Stadt 1968 tilgen sollte. Dort hatte die Journaille geklagt, die Läufer wären immer rot angelaufen, wie sie in den Schatten des Tribünendachs gelaufen waren. Also: Erst einmal weg mit dem Tribünendach. Was von ihm noch übrig blieb, um Schatten zu werfen, wurde aufgehellt. Und das auch mitten am Tag. Das mit dem Tribünendach hatte Udo Fischer ausgedacht, der unablässig nach Absatzmärkten für Plexiglas - in seinen Worten Acrylglas - suchte. Leider warf das transparente Dach immer noch Schatten. Daher die Aufhellung. (Böse Anmerkung: Transparent ist immer relativ.)

Olympiastadion12

Da das Geld sehr locker saß - beim Dach war am Ende das Honorar des Architekten höher als die geplanten Baukosten insgesamt - wurde auch die Beleuchtung sonst reichlich geplant. Während die üblichen Stadien ziemlich duster aussahen mit ein paar hundert Lux, sollten hier gleich 1.500 und das vertikal geplant werden. Am Ende - so glaube ich - hatte man lässig 3.800 lx horizontal. Da konnte das Fernsehen nicht klagen, dass die Aufnahmen wegen der Beleuchtung daneben gegangen sein sollen. Bei der Herstellerfirma ging das Gerücht herum, dass man sich die Luxe da aus dem Stadion holen möge, so einem welche fehlen. Und wie, bitte schön, hatten viele Pressefotografen bei so viel Licht z.T. schwarze Aufnahmen auf ihren Filmen? "flicker became patently obvious during the 1972 Olympic Games when photographers discovered that many of their pictures were pitch black" (mehr dazu hier)
 

BogenlampeFlimmern bei Olympia 1972? Was war da los? Wer außer den Fotografen hat was gemerkt? Mir hat es der Sepp Meyer erzählt, den ich später befragen sollte. Doch vorher merkten es andere. Bei Testspielen flog der Ball sehr komisch, als wäre er mal hier mal etwas weiter, aber zwischendurch in Nirwana. Man sah ihn kaum. Für Sepp Meyer war das die Potenzierung der Bogenlampe - das ist der blödeste Ball, den ein Torwart abbekommen kann. Meistens muss er anschließend hinter sich greifen. Durch falsches Licht wird er noch blöder. (mehr dazu hier) War vorher die Flugbahn schlecht abzuschätzen, wird er durch das Licht teilweise auch unsichtbar.
  

output_ER72ZPWas macht das Licht dabei? Es kommt aus Hunderten von Scheinwerfern, die allesamt mit Wechselspannung betrieben werden. D.h., das Licht ist zeitlich nicht konstant. Das merkt man nicht, wenn man sich ein Stück Rasen anschaut. Anders wenn ein Ball quer zu den Strahlen fliegt. Da kommt er auch durch Stellen, an denen das Licht gerade aus ist. Zwar nur für kurze Zeit, aber immerhin. Auch die Super-Lampe in dem Scheinwerfer macht kein homogenes Licht. Sie ist eine Entladungslampe, deren Licht nicht überall und immer gleich ist. Die Bogenlampe fliegt also durch ein inhomogenes und zeitlich veränderliches Lichtfeld, das von einem Lichtbogen in der Lampe erzeugt wird.

Wenn also Sportfotografen extrem schnelle Kameras eingesetzt hatten, trafen sie auch mal die Dunkelphase des Scheinwerfers, der genau das Objekt beleuchtete. So ähnlich geht es mit LED, die mit Wechselstrom betrieben werden. Es hilft nix, auf Dauer müssen alle Hersteller entweder auf Gleichstrom umsteigen oder auf sehr hohe Frequenzen gehen. Tolle Idee? Sie ist älter als der Durchschnitt der heute lebenden Lichtplaner.

Gottesdienst und Entleuchtung

 
Gestern besuchte ich eine Erstkommunion in einer wunderbaren Kirche. Sie ist geostet (und nicht verostet) wie früher alle Karten auch (deswegen der Begriff Orientierung). Da es von Christus heißt Oriens orientium universum obtinet und der Sonnenaufgang als Symbol der Auferstehung galt, wurden die Längsachsen der Kirchen danach ausgerichtet. So auch in dieser Kirche in dem Geburtsort des Menschen, dessen Strahlen einem alles auch ohne Licht sichtbar machen, sogar das Verborgene (Wilhelm Conrad Röntgen). Da der normale Mensch zum Sehen Licht braucht, fällt in einer geosteten Kirche beim Morgengebet das Morgenlicht auf den Chor mit dem Alter und alles sieht wunderbar aus.

Der Pfarrer ist wohl auch lichtbesessen. Er erklärte den Kindern so ausführlich, dass sie das Licht der Welt sind, dass ich ständig dachte "powered by Osram". Die Kinder mit ihren Kerzen demonstrierten eindrucksvoll, was Licht aus einer recht grauen Umgebung schafft.

Diese Kirche besitzt wunderbare Fenster, die wahre Kunstwerke sind. Die im Osten sind vorwiegend blau. Ich hatte gelernt, dass dies der große Trick der Kirchenbauer sei. Das blaue Licht macht das Auge kurzsichtiger, und dadurch erscheint die endliche Höhe der Kirche ziemlich unendlich. Wäre da nicht die Entleuchtungsbirne …

Mit Entleuchtungsbirne meine ich nicht den Scherzartikel (hier), die Lampe, die an zu hellen Orten Licht einsammelt, damit der Anblick schön sanft wird. Ich meine die Lampen, die Licht spenden sollen, aber genau dadurch mir die Unendlichkeit nehmen. Wenn mein Auge nach oben geht, um die Architektur des Kirchenschiffs zu bewundern, sehe ich nur Lampen, sonst nichts. Wozu ist das Licht da? Soll die Illusion des Unendlichen etwa zerstört werden, weil sie nicht der Wahrheit entspricht?

Eigentlich ist es mit jedem Licht so. Fällt es auf die zu sehenden Objekte, fördert es das Sehen. Fällt es direkt ins Auge, geschieht das Gegenteil. Die Entleuchtungsbirne in dieser Kirche sind LED, die wohl Glühlampen ersetzt haben, die vermutlich die Öllampen ersetzt haben. Jetzt haben wir Licht auf dem Gebetsbuch, das uns der Pfarrer ohnehin vorliest, dafür ist die Architektur der Kirche mehr oder weniger futsch.

Wer die schlimmsten Entleuchtungsbirnen sehen will, muss nach Rom reisen. Im Petersdom, der höchsten Kuppel des Christentums, sind Scheinwerfer angebracht. Ob ihr fahles Licht weit unten auf dem Boden jemandem nützt, kann ich nicht sagen. Dass sie den wunderbaren Anblick der Kuppel verschleiern, kann hingegen jeder sehen. Muss aber nicht. Man kann Entleuchtungsbirnen auch im Bergischen erleben. Unweit davon im Sauerland sind die Nester derer zu finden, die solche Birnen produzieren, Pardon Leuchten.

Da sage einer, dass man Licht nicht vernichten kann.

Ein neues Gütezeichen, das nie einer gebraucht hat! Bis heute

 
Haben Sie schon mal gehört, dass jemand die Rundheit von Autoreifen zertifiziert? Ich denke, nein. Autoreifen sind ziemlich rund, bis sie einen Platten bekommen. Zertifizieren tut man höchstens die Pflaster, die das Loch wieder abdichten, denn nicht alle kleben gut genug. Niemand denkt auch daran, die Löcher im Schweizer Käse zu zertifizieren, obwohl sie immer kleiner werden. Die Löcher waren schon immer da und man findet sie auch ohne Zertifikat. Zertifizieren tut man Dinge, bei denen es nicht immer so rund läuft. So gibt es TCO-Zeichen für Computerbildschirme, TÜV-Zeichen für Bürodrehstühle, Blauen Engel für Drucker, die nicht so viel Krach machen wie andere. Sogar ein NABU-Zeichen für Streuobst kann man erwerben.

Wer zum Teufel braucht ein "Verified Low Optical Flicker Mark" von UL? Ganz langsam zum Mitschreiben: UL oder Underwriters Laboratories ist nach eigenen Angaben "ein führendes, unabhängiges und weltweit tätiges Unternehmen für Produktsicherheit und Zertifizierung, das seit mehr als 120 Jahren die Entwicklung von Normen und innovativen Sicherheitslösungen für den Schutz der Lebens- und Arbeitswelt begleitet." Und das fragliche Zeichen heißt in (ziemlichen gutem) Deutsch "geprüftes geringes optisches Flimmern" Zeichen. Was flimmert denn da?

 
Eigentlich flimmerte in der Beleuchtung nichts. So lernte man schon vor 50 Jahren in der Lichttechnik, es gäbe Menschen, die behaupteten, Leuchtstofflampen würden flimmern. Das wäre aber nicht möglich, weil die Nervenleitungen der Menschen so schnelle Änderungen nicht durchlassen würden. Ja, irgendwie lag das schon an den Nerven, wenn die Beleuchtung nervte. Mit der Einführung von elektronischen Vorschaltgeräten war es Schluss mit der Nerverei. Übrig blieben die Computermonitore, bei denen Ergonomen nervten, dass sich die Benutzer genervt fühlen würden. Auch die sind technisch erledigt. Die Grafikkarten sind so schnell, dass man schlecht ein Flimmern sehen kann. Was zertifiziert denn da die Firma UL?

Irgend jemand hat auf der Light + Building eine Presseerklärung verbreitet, die Aufklärung bietet: "Geringes Lichtflimmern als Produktvorteil
„Das Ziel von UL ist es, Hersteller bei ihren Plänen für Produktinnovationen zu unterstützen“, sagt Roberto Inclinati, Business Development Manager in der Lighting Division von UL. So steht es geschrieben. Geringes Flimmern? Warum denn kein Flimmern? Wir lesen weiter: "„Hersteller, deren Produkte Vorteile wie geringes Lichtflimmern bieten, sollten auch die  Möglichkeit haben, ihre Angebote im Ladenregal hervorzuheben. Auch Planer und Einkäufer profitieren davon – nicht nur, weil sie für ihre Beleuchtungsprojekte jetzt leicht die Produkte mit geringem Lichtflimmern identifizieren können, sondern auch, weil das Verifizierungszeichen von unabhängiger, dritter Stelle ihnen Sicherheit gibt und sie so ihren professionellen Ruf schützen, qualitätsbewusst zu sein.“ Stimmt. Allerdings bescheinigt die unabhängige dritte Stelle nicht, dass die Beleuchtung flimmerfrei wäre. Sie sagt nur, dass das Flimmern gering sei. gering gemessen an was? Seit mindestens 30 Jahren gibt es eine bezahlbare Technik, die flimmerfreies Licht ohne Prüfzeichen schafft. Sollen wir etwa flimmerarmes Licht von Herstellern kaufen, die zertifiziert sind? Was für eine Technik ist denn das?

 
Mir schwant es: "Die Evolution der Leuchtmittel hat heute zu einem neuen Konzept von Lichtqualität geführt, das auch die Auswirkungen auf die Gesundheit und den visuellen Komfort einbeziehen muss. Das Lichtflimmern kann beide Faktoren beeinflussen, und darum investieren wir in die Forschung und die Entwicklung von Produkten, deren Flimmern unterhalb der Risikoschwelle bleibt." Ich gucke auf den Kalender. Es ist 2016 … Dass man Lichtqualität prüfen muss, weiß ich seit langem. Dass Flimmern die Gesundheit beeinträchtigt, wurde so etwa 1985 endgültig nachgewiesen. Vorher redete man in der Lichttechnik von Lichtwelligkeit und deren Problematik. Dass es ein Problem damit gab, wurde nie in Frage gestellt.

Jetzt wird die Sache auch nicht in Frage gestellt. Aber wieso gibt es eine neue Norm zur Bewertung von Flimmern? (IEEE 1789: siehe da http://grouper.ieee.org/groups/1789/ : "Recommending practices for modulating current in High Brightness LEDs for mitigating health risks to viewers" ). Vielleicht kann es einer ergründen, nachdem er $$ 134 bezahlt und die Norm kauft. Wer einfach download rückt, zahlt nur $ 89 und findet auch Erleuchtung: "At light&building 2016 it was clear that already many manufacturers have a basic awareness of the problem of flicker in lighting." Für Leute, die des Denglischen nicht mächtig sind: Bei Light & Building hat man gelernt, dass bereits mehrere Hersteller ein Mindestverständnis aufbringen, dass Flimmern von Beleuchtung ein Problem darstellt. Ääää? War da nicht etwas? (Originalbestimmung von DIN 5035 in 1935)

Ruhe-der-Beleuchtung

Was mag wohl die Evolution der Leuchtmittel sein? Hiermit schreiben wir einen Wettbewerb aus. Der Einsender der ersten richtigen Antwort bekommt eine LED-Birne von Osram, den zweiten Preis stiftet Philips, die weiteren kommen aus Südostasien.