Lichter oder Irrlichter -
Wer zieht mehr Aufmerksamkeit auf sich?
Im letzten Heft von Licht fand ich das folgende Darstellung, das das Human Centric Lighting erklären soll:
Während die linke Seite mich nicht wundert - unsere Normen zählen ja Anwendungsbereiche bis zur Vergasung auf -, kommt mir vor, als wenn die Autoren des Bildes frisch aus dem Irrenhaus gekommen wären. Man soll Saison, Tageszeit und Dauer (der Beleuchtung) berücksichtigen? Und kulturelle Prägung des Nutzers? Und auch noch dessen individuelle Vorlieben! Da kann ja jeder kommen! Kaum haben wir einen der Optimierungsparameter abgeschafft (Lichtrichtung gibt es in der Innenbeleuchtung seit 1972 nicht mehr) und einen zweiten, Lichtverteilung, für immer auf die gleichmäßige Verteilung der Leuchten an der Decke herunter"normiert", kommen die und wollen neben dem Ganzen auch noch das Alter der Nutzer nebst deren Gesundheit berücksichtigt wissen.
Vor meinem geistigen Auge steht Victor Hugo vor dem Irrenhaus und sinniert darüber, wer die Irren sind - die da drinnen oder die da draußen! Man stelle sich vor, die Autoren des Bildes hätten nur ein klein Bisschen recht. Darf man dann Beleuchtungsnormen machen, die auf der ganzen Welt gleichermaßen gültig sind? Ich denke ja, allerdings nur wenn man so denkt wie die Autoren des unten gezeigten Textes (Zitat aus der derzeit gültigen Norm DIN EN 12464-1:2011):
"Die Werte (Anm. Festlegungen für Beleuchtungsstärke und andere relevante Größen) gelten für übliche Sehbedingungen und berücksichtigen die folgenden Faktoren:
⎯ psycho-physiologische Aspekte wie Sehkomfort und Wohlbefinden;
⎯ Anforderungen für Sehaufgaben;
⎯ visuelle Ergonomie;
⎯ praktische Erfahrung;
⎯ Betriebssicherheit;
⎯ Wirtschaftlichkeit."
Also, man nehme eine große Prise Psycho-physiologie, dazu klein Bisschen Wohlbefinden, tue etwas visuelle Ergonomie darauf, mische das Ganze mit praktischer Erfahrung, rühre Betriebssicherheit hinein und gebe unter kräftigem Rühren Wirtschaftlichkeit dazu. Wenn man lange genug gerührt hat, kommen 500 lx heraus. Es kommt immer 500 lx heraus, gerührt oder geschüttelt! Und die normt man ganz für Europa! Bei der Lichtfarbe ist wichtig - sie soll es neutralweiß sein, vielleicht auch warmweiß. (Neuerdings nicht mehr, weil man LED verkaufen will. Die sind meist blaustichig.) Blenden soll das Licht nicht, jedenfalls höchstens jeden zweiten. Und das Alter? Dazu gibt es in der Norm schon was, aber nur für das Alter der Lampen. Die müssen auch mal geputzt werden, damit kein Europäer auf 500 lx an seinem Arbeitsplatz jemals verzichten muss! Was heißt denn verzichten, er muss immer 500 lx haben. Denn das ist der Wartungswert und der ist "Wert, unter den die mittlere Beleuchtungsstärke auf einer bestimmten Fläche nicht sinken darf." So steht es in der Norm über lichttechnische Begriffe geschrieben (DIN EN 12665). Was das Alter der Nutzer angeht - da müssen die Alten in der Alten Welt warten, bis die Lichttechnik den Begriff Accessibility begreift.
Weiß jemand wo Europa liegt? Mal gucken, was die Karten von der EU und der EFTA sagen? Juristisch gesehen fängt Europa im Osten bei der Insel Reunion an. Die liegt östlich von Südafrika und Madagaskar. Im Westen - doch was Neues - reicht Europa bis Französisch Guayana, die Karibik ist noch mittendrin. Während die südliche Grenze von Europa auch bei Reunion liegt, endet die Gültigkeit von EN 12464-1 nicht einmal beim Nordkapp (71. Breitengrad), da sind noch fast 800 km Luft nach Norden (Spitzbergen, fast 78. Breitengrad). Am Nordkapp gibt es ca 2,5 Monate Nacht, dafür entsprechend lange keinen Sonnenuntergang. Auf den Spitzbergen türmt sich die Nacht auf ca. 3,5 Monate. Wie sehen da die Lichtverhältnisse aus? Was brauchen Menschen dort für Licht? Und warum?
Hätten sich die Jungs nur auf Europa beschränkt, wäre die Sache wohl noch einigermaßen verständlich. Doch, was in DIN EN 12464-1 steht, gilt in der restlichen Welt, nur unter anderer Nummer ISO 8995-1/CIE S 008. Der Inhalt wurde etwa im Jahre 1979 in Deutschland zusammen gebraut. Später versuchte man, ganz Europa am Deutschen Wesen genesen zu lassen. Die Beleuchtungsnorm sollte sogar eine Sicherheitsnorm werden. Als sie es nicht wurde, hat man sie der CIE angedient, die prompt gemeinsam mit ISO die besagte Norm produzierte. Wenn z.B. Madagaskar und Burkina Faso am Fortschritt teilnehmen wollen, müssen die noch ´n paar Kraftwerke bauen, weil deren vorhandene Kraftwerke fast 100% für Beleuchtung arbeiten. Wenn man die Werte verfünffacht, muss man eben fünfmal so viele Kraftwerke bauen wie vorhanden. In Industrieländern ist es nicht so schlimm. Erstens hat man die Werte bereits vorher trickreich hochgerechnet, und zweitens verballert man nur 20% der Kraftwerkkapazität für Beleuchtung. Wer all diese Dinge verstehen will, sollte mal in der Industriegeschichte bei Edison, Westinghouse und Siemens nachschlagen. Die wollten nicht etwa Licht verkaufen, sondern Kraftwerke und Leitungen. Mit der Erleuchtung von Massen wollten sich die Herrschaften garantiert nicht befassen.
Ich denke, man hat in der Lichttechnik lange gut gelebt mit den Weisheiten der Altvorderen und musste kein Hirnschmalz neu hinzutun. Man konnte damit sogar Professor werden und ein ganzes Professorenleben abschließen, so etwa mit der Vorstellung, dass Menschen im Büro Sehleistung benötigten. Und dass, auch wenn der Chef in seiner Jugend nachgewiesen hatte, dass mit Sehleistung kein Blumentopf zu gewinnen war. Und man durfte Leute, die von einer Anpassung an den Menschen sprachen, in die Nähe des Irreseins rücken.
Mal sehen, wie sich das Human Centric Ligth in diesem Milieu entwickelt. Aufblühen wie ein Hibiskus auf den Spitzbergen?
Wie gesund darf Licht sein? Weiß man nicht! Dass Licht etwas mit Gesundheit zu tun hätte, glaubte man uns nicht, als wir vor genau 25 Jahren unseren Forschungsbericht "Licht und Gesundheit" veröffentlichten. Aber offensichtlich sehen manche Leute es so, dass unser genormtes Licht in Arbeitsstätten ungesund sein muss. Ansonsten hätten sie keinen Antrag gestellt, gesünderes Licht planen zu wollen. Der Antrag ging an CEN, die europäische Normungsorganisation, und sollte die Revision ihrer Norm EN 12464-1 bewirken. Die beschreibt, wie Arbeitsstätten und Arbeitsplätze in Europa beleuchtet werden sollen.
Einige feinsinnige Herrschaften haben aber einen triftigen Einwand gegen das beantragte Vorgehen: Wenn nämlich etwas die Gesundheit und Sicherheit des Menschen angeht, darf CEN keine Norm dazu machen. Logisch? Unlogisch? Legal? Illegal? Nur nicht sch...egal. Legal vorgehen heißt: Nur der Staat darf Grenzwerte festlegen, wenn eine Sache den Menschen betrifft. Wie viel Asbest darf ich schlucken? Das legt der Staat so fest: Die EU sagt, kein Bürger eines Mitgliedsstaates darf gesundheitsgefährdende Mengen an Asbest schlucken. Also lieb Deutschland, schreib bitte vor, wie viel Asbest in der Luft vorkommen darf. Deutschland sagt, danke liebe EU, und grübelt eine Weile. Und schreibt (meistens) eine Verordnung oder gar ein ausgewachsenes Gesetz darüber, wie viele Fasern Asbest man spalten darf, ohne dass die Luft gefährlich wird. Dann schreibt sie an die liebe EU, ihrem Willen sei genüge getan worden. Und die gibt vorerst Ruh´.
Ganz früher, lang ist´s her, hätte die Bundesrepublik eine Normenorganisation gefragt, dazu eine Norm zu erstellen. Die hätte dann nach eigenem Gusto die Norm produziert. Manchmal mit Hilfe von Freiwilligen, die die Industrie ganz selbstlos in die Normung geschickt hat. Manchmal hat man die betroffenen Behörden um Experten gebeten. So etwas darf man immer noch tun, aber nur wenn die Angelegenheit nicht die Sicherheit und Gesundheit betrifft. Deswegen steht in allen neuen Normen seit 1996, dass die Inhalte die Gesundheit und Sicherheit nicht … Auch in EN 12464-1 steht so etwas geschrieben.
Nun reicht es bei uns nicht, in eine Norm zu schreiben, dass man nichts über Gesundheit regelt. Die Leute sind so doof, dass sie es nicht verstehen. Darum muss es noch einmal bekräftigt werden. Notfalls mit Gewalt. Aber zunächst zu der Frage, warum die Leute so doof sind. Etwa angeboren? Nee, anerzogen. So etwa 80 Jahre erzählte man dem deutschen Publikum, wenn es gesundes Licht wolle, muss es genormtes Licht sein. Das waren im Übrigen die gleichen Leute, die uns den Titel unserer Forschungsarbeit "Licht und Gesundheit" nicht abnehmen wollten.
Früher, lang lang ist´s her, hatte der deutsche Staat sogar ein Amt dafür. Das Amt für Schönheit der Arbeit! Echt, ehrlich. Später, als der damalige Staat auch noch unschöne Sachen gemacht hatte, haben Freiwillige der Industrie die Idee übernommen, und den neuen deutschen Staat davon überzeugt, dass er seinen Arbeitsschutz mobilisieren möge, damit er gesundes Licht in deutsche Arbeitsstätten verteilt und überwacht. Man lieferte auch die Norm dazu. Fortan prüfte die Gewerbeaufsicht, ob auf jedem Arbeitsplatz genügend Licht von oben empfangen wurde. Es genügte nicht einmal, dass der gesamte Arbeitsplatz durch die Arbeitsmittel glänzend hell beleuchtet war (so geschehen an Regiearbeitsplätzen des Fernsehens mit Dutzenden von Monitoren). Und jedem, der mit seiner Beleuchtung unzufrieden war, oder dem die Augen weh taten, erzählte man, er möge sich um eine normgerechte Beleuchtung bemühen.
Mit dieser Selbstherrlichkeit war mit dem Arbeitsschutzgesetz von 1996 vorbei. Deswegen trug die "neue" Beleuchtungsnorm DIN EN 12464-1 von 2003 einen Vermerk, der dies besagte: "Diese Europäische Norm legt keine Anforderungen an die Beleuchtung von Arbeitsstätten im Hinblick auf den betrieblichen Arbeitsschutz fest und wurde nicht im Anwendungsbereich von Artikel 137 der Europäischen Verträge erarbeitet, obwohl die lichttechnischen Anforderungen, die in dieser Norm enthalten sind, üblicherweise auch die Anforderungen im Hinblick auf Sicherheit erfüllen. Anforderungen an die Beleuchtung von Arbeitsstätten im Hinblick auf den betrieblichen Arbeitsschutz können in nach Artikel 137 der Europäischen Verträge erlassenen Richtlinien enthalten sein, in der nationalen Rechtsetzung der Mitgliedsstaaten in Umsetzung dieser Direktiven oder in anderer nationaler Rechtsetzung der Mitgliedsstaaten." Wem die Sache so nicht gefällt, kann glücklicherweise auf eine internationale Norm der CIE zurückgreifen (CIE S 008), in der zwar die Anforderungen gleich sind, aber die Einschränkung fehlt, dass die Norm den Arbeitsschutz nicht regelt, obwohl sie doch schon ganz gut … Man merke: man nehme eine Reihe von Lampen und Leuchten, wähle sie so aus, wie die Norm verlangt, und plane die Beleuchtung ebenso. Mal dient sie der Sicherheit (Text von CIE), mal auch nicht (Text von DIN EN 12464-1). Klar wie Kloßbrühe. Oder hat etwa jemand was verstanden?
Als die Norm EN 12464-1 dann ihre letzte Form 2011 fand, sagte unser Arbeitsschutz, dass wenn man nur diese Norm berücksichtigte, ein gesundes Licht nicht erreicht werden könne. Die hatte nämlich mittlerweile ein schönes Papier erarbeitet, das nach eigenem Bekunden den Stand der Wissenschaft und Technik und Gott weiß noch was darstellt. Leider ist das nicht etwa in der Bildzeitung veröffentlicht sondern im "Gemeinsames Ministerialblatt" aller Ministerien. Dieses Papier ist eine Arbeitsstättenregel, passt aber nicht mit den Normen zusammen. Der Vermerk liest sich so:
"Grundsätzliche Anforderungen an die Beleuchtung hinsichtlich der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Beschäftigten bei der Arbeit sind in Deutschland in der Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) bzw. in der Unfallverhütungsvorschrift "Grundsätze der Prävention" (BGV A1) festgelegt. Diese Anforderungen werden in der Arbeitsstättenregel ASR A3.4 "Beleuchtung" und in berufsgenossenschaftlichen Regeln konkretisiert sowie in berufsge-nossenschaftlichen Informationen erläutert.
Planung und Betrieb von Beleuchtungsanlagen ausschließlich nach dieser Norm können zu Nichteinhaltung staatlicher oder berufs-genossenschaftlicher Mindestanforderungen führen. Abweichende Anforderungen zu dieser Norm betreffen insbesondere:
· durch Zusammenfassung der Bereiche der Sehaufgaben zu einem Arbeitsbereich,
· durch die Ausdehnung des unmittelbaren Umgebungsbereichs auf den restlichen Raum,
· hinsichtlich der geforderten Höhe der horizontalen Beleuchtungs-stärke für einige Arbeitsplätze,
· hinsichtlich der vertikalen und zylindrischen Beleuchtungsstärken,
· hinsichtlich der geforderten Gleichmäßigkeit der Beleuchtungs-stärken."
Ein Bisschen heftiger geht es im Gemeinsames Ministerialblatt zur Sache:
Die Anforderungen dieser ASR weichen in Einzelfällen von Normen, insbesondere von DIN EN 12464-1:2003 Beleuchtung von Arbeitsstätten – Teil 1: Arbeitsstätten in Innenräumen sowie DIN EN 12464-2:2007 – Teil 2: Beleuchtung im Freien ab. Die DIN EN 12464 Teil 1 und 2 legen Planungsgrundlagen
für Beleuchtungsanlagen fest, berücksichtigen aber nicht die Anforderungen, die an Sicherheit und Gesundheitsschutz der Beschäftigten bei der Arbeit zu stellen sind.
Will sagen: Die Beschäftigten der Bundesrepublik Deutschland haben in Sachen Licht Nachholbedarf, soll es nicht an deren Gesundheit gehen.
Als man sich daran machte, eine Norm zu entwickeln, die all die aufgezählten Probleme beseitigt und dem geneigten Lichtplaner endlich sagt, was er denn zu planen hat bzw. wofür, stellte man fest, das geht eigentlich nicht. Und dann kamen auch noch die, die meinen, gesundes Licht sehe anders aus. Bei dem rechnet man nicht mit Lux sondern mit mLux. Und Lumen wäre von Vorgestern und müsste mLm heißen. Und überhaupt … Sehwirkung war mal wichtig, jetzt muss Licht an seiner circadianen Wirkung gemessen werden. Da man die Sache, circadiane Wirkung, allerdings immer noch nicht versteht, genügt es vorerst, wenn man die melanopischen Wirkungen normt. Das ist die Wirkung des Lichts auf die Melatoninunterdrückung. Daher das "m"chen von Lux und Lumen. Allerdings bleiben die notwendigen Änderungen nicht auf das Ämmchen beschränkt, denn Licht von oben will und kann keine melanopischen Wirkungen auslösen, jedenfalls nicht ganz so effizient, es muss ins Auge gehen. Dummerweise ist Licht, das ins Auge geht, nicht sehr gesund, es blendet meistens. Und wenn es auch noch blau ist - blau ist die Lieblingslichtfarbe von Melatonin -, kann es auch noch zu Blaulichtschäden führen. Nicht gerade sehr gesund!
Böse Ketzer behaupten auch noch, dass die melanopischen Wirkungen meist nachts im Schlaflabor mit nicht gerade sehr aktiven Menschen ermittelt worden seien und wollen eine überzeugende Argumentation sehen, wie valide die Forschung für Menschen ist, denen man zuweilen hektische Aktivität am Tage abverlangt. Wenn diese bösen Leute wüssten, dass eine allseits verbreitete Studie die melanopischen Wirkungen mit Kleinkindern ermittelt hat und mit Erwachsenen validiert, weil dem Forscher der Ethikrat seiner Universität das Experimentieren mit Kindern verboten hat, wären sie noch böser.
Jetzt holen uns die Sünden der Vergangenheit ein. Man will die Norm so ändern, dass sie gesundes Licht propagiert. Man darf aber nicht, weil …… (steht oben). Tut man das nicht, ist das Licht wohl ungesund. Tut man es doch, muss man sich davor hüten, zu viel Blaulicht ins Auge zu strahlen. Das ist ungesund, garantiert! Egal. Die Lage ist ungesund an sich. Hätte man doch rechtzeitig allen gesagt, dass genormtes Licht zwar gesund ist, aber nur für die lichttechnische Industrie! Wir haben nachgewiesen, dass sie für die Erleuchteten eher nicht allzu gesund ist. Jetzt sagen das auch die von der Industrie, die eine neue Norm haben wollen. Frei nach Kaiser Ferdinand*: Ja, dürfen s' denn des?
Kaiser Ferdinand I. blickt im März 1848 genervt aus der Hofburg
auf eine lärmende Menge und erfährt von Metternich:
"Die machen eine Revolution, Majestät."
Er fragt fassungslos zurück: "Ja, dürfen s' denn des?"
Hier bitte nicht weiter lesen: Sie durften nicht und
wurden zusammengeschossen.
Wer möchte im Alter nur noch Schatten sehen? Dumme Frage, wer will das schon! Es will bestimmt auch niemand, dass er nach einer Session an seinem Computer nicht mehr richtig einschlafen kann. Warum benutzen sie dann Monitore, deren Licht in die Physiologie des Körpers eingreift?
Seit einige Zeit weiß man, dass blaues Licht den Grad an Wachheit erhöht. Zur falschen Zeit verabreicht, tut es noch Schlimmeres. Es gibt Firmen, die ihren Mitarbeitern eine Dusche in Blau morgens vor der Arbeit verabreichen. Schulkinder will man mit blauem Licht intelligenter machen, mit rötlichem eher ruihigstellen. Ein Fraunhofer Institut hat ein Display patentieren lassen, das einem die Körperzeit ein oder zwei Stunden verstellt. Z.B. heute Nacht, wenn die Sommerzeit beginnt.
Super Idee! Der Hersteller des Monitors, auf dem ich gerade diesen Text schreibe, meint aber, er müsse mich schützen. Er hat eiine "Low Blue Light"-Technologie implementiert.
Ernst beiseite: Die Sache mit dem Schattensehen heißt bei Fachleuten AMD (altersbedingte Makuladegeneration) bzw. neuerdings nur noch MD, weil auch jüngere Leute davon betroffen sein können. Sie wird von blauem Licht gefördert. Man vermutet, dass die Generation "Neonlicht", also die Menschengeneration, die ihr gesamtes Arbeitsleben unter Leuchtstofflampenlicht verbracht hat, viel häufiger von AMD betroffen ist.
Nicht minder schlimm ist der Eingriff in das Tagesgeschehen des Körpers: Die Ausschüttung des Hormons Melatonin wird nachweislich durch blaues Licht verringert bzw. verhindert. Die denkbaren Auswirkungen reichen vom schlechteren Schlaf bis hin zur Bildung von Krebsgeschwüren auf lange Sicht.
Was hat das mit der Technologie von Computermonitoren zu tun? Viel. Diese werden sehr häufig mit einer Farbtemperatur von 9300 K betrieben. Gegenüber eine Glühlampe (ca. 2900 K) und Lampen, die man in Experimenten benutzt hat (ca. 5500 K, 8000 K), um Blaulichteffekte zu erzeugen, bedeutet das eine Potenzierung des Blauanteils im Licht. Während die Alten durch die Vergilbung ihrer Augenmedien etwas geschützt sind, sind jüngere Menschen mit klareren Augenmedien voll offen für das Blau.
Heute hatte ich Zeit, das Februar Heft von High Light zu lesen. Ich hatte mit einem Freund gewettet, dass wir keinen Beitrag ohne LED darin finden würden. Bingo! Wär´ auch ein Wunder. Die eignen sich doch bestens als Highlight …
Ein Autor, ein Key Expert von einem der Key Suppliers (Pardon!) versucht sich in Effizienz. Er meint, dass die LED aufgrund diverser Vorteile ein integraler Teil der Allgemeinbeleuchtung sei. Seit geraumer Zeit sei die Effizienz höher als bei "konventionellen" Lichttechnologien. Dann fragt er sich "Wie wird die Effizienz jedoch definiert?"
Das frage ich mich auch. Der Mann hat einen grenzenlosen Humor: "Spricht man umgangssprachlich von der Effizienz von Lichtquellen, so ist meist die Lichtausbeute gemeint." Seit wann redet der Volksmund von Effizienz? Der sagt bestenfalls, "taucht nix, saugt zu viel Strom" oder ähnlich. Dann beschreibt der Autor, was man auch vor 40 oder gar 50 Jahren über die V(λ)-Kurve, das Strahlungsspektrum der Lampe und der Lichtausbeute gelernt hat. So etwa sinngemäß, "setzt Du blaue Lampen ein und willst rotes Licht, kriegst nicht viel raus." (Nicht genau, aber eine ähnliche Story hatte der selige Prof. Helwig auf Lager aus der Zeit, als das blaue Licht deutscher Polizeiautos festgelegt wurde. Da waren die Lampen eher rot und die Signalleuchte sollte blau leuchten.) Dann kommt es: Weil (oder wenn) man zum Erzeugen von weißem Licht blaue LEDs einsetzt, sind sie dann effizient, wenn die Farbtemperatur höher ist. Wär´ ich nie auf die Idee gekommen.
Will man eine gute Farbwiedergabe haben, muss man halt mit einer geringeren Effizienz leben. Der lichttechnische Volksmund kannte dies auch von den konventionellen Lichttechnologien, hat das ganze nur nicht so geschwollen ausgedrückt. "Bisherige Lampentechnik" hätte vollauf genügt.
Der Autor erzählt weiter: "LED wurden im Laufe ihrer Entwicklung immer heller und damit immer effizienter. In manchen Anwendungen ist aber eine höhere Effizienz nicht unbedingt notwendig. Warum ist die Nachfrage nach immer helleren und effizienten LED dennoch so groß? Ein Grund ist gewiss, dass effizientere Leuchtdioden die Kosten auf Systemlevel signifikant reduzieren können." Wenn man nur wüsste, was Systemlevel ist und welche Kosten der Mann meint.
Wenn er gewusst hätte, was ich unter Systemlevel verstehe wie viele andere, hätte er sich den ganzen Artikel sparen können. Auch seine Altvorderen sind vor einiger Zeit in Brüssel vorstellig geworden, weil die "Effizienzexperten" der EU-Kommission Lampen für sich betrachten. Eine Effizienz von Lampen allein zu betrachten, sei Unsinn, lautete deren Argument. Ist es auch! Während man eine Edison-Funzel einfach in eine Fassung schrauben kann, die selbst an einer Strippe von der Decke hängen darf, muss man für andere Leuchtmittel eine formidable Elektronik betreiben. Immer hellere und "effizientere" LEDs freibrennend zu betreiben, kommt einer vorsätzlichen Körperverletzung gleich - oder ist eine Körperverletzung -, ergo muss man sie in Leuchten packen und eventuell auch indirekt betreiben. Baut man die Leuchten falsch, geben die LED den Geist sehr schnell auf, nachdem sie ganz schön ineffizient gelebt haben. Sprich geringere Lichtausbeute, wildes Flackern gegen Ende der (kurzen) Lebensdauer etc. bis Exitus! Da haben die konventionellen Lichttechnologien, so z.B. Glühlampen oder Leuchtstofflampen sogar unschlagbare Vorteile, sie gehen einfach aus. Hingegen leuchten in LED-bestückten nicht-konventinellen Lichttechnologien viele Elemente munter weiter, während manche dunkler werden und andere flackern. Die ganz dunklen toten LEDs runden das Erscheinungsbild eindrucksvoll ab. (mehr hier)
So gesehen ist der Artikel erst einmal für die Katz. Schlimmer ist aber das Fehlende in dem Artikel: Die Eignung, sprich Gebrauchstauglichkeit. LEDs mit hoher Leuchtdichte eignen sich wie gesagt als Highlight, damit macht man Dekoration und keine Allgemein-Beleuchtung. Der Architekt setzt "Lichter", um Glanz in eine Szenerie zu bringen, der Fotograf tut dasselbe, um Gesichter zu beleben. OLEDs weisen hingegen geringe Leuchtdichten auf und eignen sich besser als Leuchtmittel für Allgemeinbeleuchtung. Leider sind sie halt nicht so "effizient". Schert man LEDs im Allgemeinen, und OLEDs im Speziellen, über denselben Kamm, schneiden die letzteren schlecht ab. Somit würgt man durch Vorstellungen, die schon immer falsch waren, eine vielversprechende Technologie ab.
Dieser Effizienzartikel ist neuer Wein in alten Schläuchen. Leider kein Highlight! Ich wäre als Lichttechniker stolz, den Begriff Lichtausbeute zu verwenden, den diese Technik seit Ewigkeiten verfolgt und pflegt, während anderen das Wort "Effizienz" erst neulich ein Begriff zu werden scheint.
LED away - ein neues Wort macht die Runde. Harte Zeiten bei OSRAM - Gewinne fallen, CEO geht von der Brücke - so ähnlich lauten die Kommentare in luxreview. Irgendwie erinnert mich das Ganze an die 1970er Jahre, als es bei OSRAM so düster aussah, dass die Arbeitsrichter den Klägern gegen die Kündigungen von OSRAM im Falle eines positiven Urteils sagten: "Ich kann die Firma verurteilen, Sie an ihrem alten Arbeitsplatz weiter zu beschäftigen. Wollen Sie das wirklich?" Kurz danach kam die Mutter Siemens und sanierte OSRAM. Die Produktpalette wurde bereinigt - und OSRAM war Spitze. Diesmal bereinigt nicht die Mutter die Produktpalette, sondern OSRAM selbst. Die Mutter hat das einst hochgepäppelte Kind schon längst verstoßen. Und die Bereinigung? Sie lautet, schmeiß weg, Alles was Dich groß gemacht hat, mach in LED! Oder so.
Noch in November trommelte OSRAM auf die Brust: Deutsche erleuchten Sixtinische Kapelle. Kurz danach zog der CEO die Reißleine und verließ OSRAM. Der Kommentar: Nach Frank Sinatras Schlager "Riding high in April, shot down in May". Ja, die Beleuchtung von Sixtina war von der EU-Kommission gefördert worden. Die fördert aber LED, und nicht OSRAM.
LED away - noch einer geht weg, Philips CEO sagt "We´re off target for 2016". Heißt so viel wie, wir sind von der Rolle. Die gemeinte Rolle war die oder eine Führungsrolle in der Lichttechnik. Wie früher dargestellt (hier), dachte ich einst immer an Philips, wenn ich an Licht dachte. Mein letzter Blog dazu heißt hingegen "Philips auf der Suche nach dem Licht". Letztes Jahr hat die LED-Sparte 20% mehr Umsatz gemacht, die "konventionelle" 14% weniger. Macht zusammen - 3%. Philips verkauft Licht, will heißen, Philips trennt sich von Licht?
Irgendwie hatte ich recht früh geahnt, was kommen würde, wenn Bauern nicht nur alle Eier in denselben Korb legen, sondern auch ihre Legehennen schlachten. Wie das? Eine Analyse des Tagungsbandes Licht 2012, veranstaltet zum 100. Geburtstag der LiTG, (veröffentlcht in Licht) hatte mir die Augen geöffnet:
Man stelle vor, eine Gesellschaft zieht Bilanz zum 100jährigen Bestehen. Und diese Gesellschaft steht nicht zufällig für künstliches Licht, dessen Beitrag zur gesellschaftlichen Entwicklung weltweit bestimmt mehr beigetragen hat als die viel besungenen Computer. Z.B. dadurch, dass die Arbeitszeit von wenigen Stunden am Tage auf 24 x 365 erweitert wurde. Wie häufig kommt in der Bilanz der 100 Jahre Nachtarbeit vor? Exakt 0 Mal. Man stelle sich vor, eine Technik soll die Arbeitsleistung des Menschen fördern, behauptet man. Wie häufig kommt dies in der Bilanz vor? Exakt 0 Mal. Man kann die Liste der nicht benutzten Wörter, die man aber insbesondere hätte erwähnen müssen, beliebig fortsetzen. Mir ist aber die Spucke weggeblieben, als ich sah, dass die Leuchtstofflampe, die OSRAM und Philips, und damit auch Licht, groß gemacht hatten, 93 Mal erwähnt wurde, während LED (zuzüglich OLED) 1501 Mal vorkam. Da bleibt kein Platz für Behaglichkeit übrig. Wäre auch bei dem Blaustich der meisten LEDs zynisch, wenn man mit Annehmlichkeit oder Behaglichkeit argumentieren würde.
Das kommt davon!