Posts Tagged: Beleuchtung

Geht doch …

 
Nachdem sich die Lampenindustrie heldenhaft um die Effizienzsteigerung der Glühlampe bemüht hatte, deren letztes Ergebnis die Halogen(glüh)lampe war, hat sie irgend wann mal die Hoffnung aufgesteckt, dass man mit einem Temperaturstrahler hohe Wirkungsgrade erzielen könnte. Die letzte ernsthafte Bemühung, die ich gesehen hatte, war ein Projekt, bei dem man die Fertigungstoleranzen des Glühfadens verringern wollte. Denn der Glühfaden verdampft an der dünnsten Stelle am stärksten, und wenn es keine dünnste Stelle gibt …

Eigentlich gibt es immer eine dünnste Stelle. Fragt sich, wie dünn die ist im Verhältnis zum Gesamtfaden. Davon lebt die Glühlampe länger. Früher gab es Projektionslampen mit Niedervolt, weil dann der Glühfaden dicker werden darf, und dessen dünnste Stelle bei gleicher Toleranz eben nicht so dünn.

Jetzt gibt es eine neue Hoffnung. Ognjen lIic'*, Peter Bermel', Gang Chen', John D. Joannopoulos'. Ivan Celanovic' and Marin Soljacic' ('Research Laboratory of Electronics, Massachusetts Institute of Technology, Cambridge, Massachusetts 02139, USA. 'School of Electrical and Computer Engineering, Birck Nanotechnology Center, Purdue University, West Lafayette, Indiana 47906, USA. 'Department of Mechanical Engineering, Massachusetts Institute of Technology, Cambridge, Massachusetts 02139, USA.) haben gestern eine Studie veröffentlicht über eine neue Methode, die der Glühlampe höhere Effizienz ermöglichen soll als die existierenden Lichtquellen. Mit der Methode soll etwa das theoretisch erreichbare Maximum realisiert werden.

Die Studie "Tailoring high-temperature radiation and the resurrection of the incandescent source" wurde gestern in nature.com online veröffentlicht. Die Methode arbeitet mit einem Interferenzsystem um den Glühfaden herum, das die IR-Strahlung auf den Faden zurück reflektiert. Die Idee, IR wieder zurück an den Entstehungsort zu bringen, um sie nützlich zu machen, ist so neu nicht. Neu ist indes, wie man das bewerkstelligt.

 
Wie immer sei vor voreiliger Freude gewarnt, denn in der Leuchtmittelindustrie herrschen lupenreine Demokraten, die mit technischen Daten etwa so umgehen wie weiland Konrad Adenauer mit Statistiken. Oder war es Sir W. Churchill? Egal, der Öffentlichkeit (einschließlich der Studenten) wird erklärt, dass die Lebensdauer der Glühlampe von 1.000 h ein Optimum aus Energieaufwand, Herstellungskosten, Betriebskosten etc. sei. Wie das Optimum berechnet wird? Muss man nicht wissen, sie wird nicht berechnet … Die Story stammt nämlich aus 1924 und da wird jemand schon gerechnet haben. So oder ähnlich hören sich viele Stories an, von denen die Branche lebt, z.B. "Indirektbeleuchtung erzeugt langweiligen Raumeindruck" (so etwa seit 1935), "Allgemeinbeleuchtung fördert Arbeitsleistung" (seit etwa 1932), "Arbeitsplatzleuchten sind verboten" (seit 1980), "Beleuchtungsstärke steigert Sehleistung" (seit etwa 1920). Die Mär, dass Märchen nur im Morgenland verbreitet erzählt werden, gehört zu den weit verbreiteten Mären im Abendland. 

Ob bei dem derzeitigen Tamtam über LED solche Forschungen Gehör finden? Ich denke ja, weil diejenigen, die immer die gleichen Stories erzählen, nicht mehr so mächtig sind, wie sie es mal waren. Lesenswert ist der Bericht allemal (hier oder da). Den ertsen Autor kann man auch per mail ansprechen (ilico@mit.edu).

Mein AMpelmann

Wir sind alle Zombies - Wer hat uns dazu gemacht?
-

Helen-LoomesWas man mit Licht alles machen kann! Selbst den Dinos der Lichtindustrie ist wohl ein Licht aufgegangen. Eine gewisse Hellen Loomes, die auf einer Veranstaltung die Firma Trilux betreten hat, behauptet, dass wir bei der Arbeit eine sehr statische Beleuchtung hätten, die wir aber nicht mögen. Wir sind alle Zombies geworden: Auf gut Deutsch: Lebende Tote. 

Lassen wir die gute Helen recht haben. Wer hat uns denn dazu gemacht? Nicht erst seit gestern, sondern seit Edison´s Zeiten versucht die Lichtindustrie, die Anwendung des Lichts in ihrer Hand zu halten. Schon in 1935 hat sie postuliert, dass die Konstanz des Lichts ein Gütemerkmal sei. Und zwar über den Raum und über die Zeit. Noch heute geben die Arbeitsschützer die Parole aus, dass an Arbeitsplätzen die Beleuchtung nie unter 500 lx sinken darf. Erfunden haben die es nicht selber, sondern die, die das Licht normen. Und so steht es in DIN EN 12665:2002: 
 3.2.15 Wartungswert der Beleuchtungsstärke ( E m )
Wert, unter den die mittlere Beleuchtungsstärke auf einer bestimmten Fläche nicht sinken darf. 

Und diese Norm ist unter der Federführung der Firma von unserer guten Helen Loomes entstanden. Die Idee dahinter ist viel älter als diese Norm und wurde schon 1935 (DIN 5035) unter dem Namen "Ruhe der Beleuchtung" zum Leitsatz. Die Ruhe in der Beleuchtung hatte ein gewisser Ami Argand mit seinem Zylinder um die Gasflamme bereits im 18. Jhdt realisiert. Später hieß es "örtliche und zeitliche Gleichmäßigkeit". Und diente einem guten Zweck: Das Licht sollte nicht flackern und nicht flimmern. Und es sollte überall im beleuchteten Bereich gleich sein. Was denn sonst? 

Lichttechnik ist Ingenieurtechnik, und Ingenieurtechnik lebt von der Beherrschung. Wenn die Aufgabe heißt, das Licht konstant zu halten, wird jeder Ingenieur und Techniker versuchen, es so konstant wie möglich zu halten. Wenn die Aufgabe sagt, an jedem Punkt eines normgerecht beleuchteten Raumes möge das Licht gleich sein (Allgemeinbeleuchtung), wird er für größtmögliche Gleichmäßigkeit sorgen. 

  
Wo liegt nun das Problem? Wieso sind wir Zombies geworden durch das statische Licht? Kann es sein, dass die Schuld nicht bei der Beleuchtung liegt, sondern bei unserer Art zu leben? Millionen Menschen hocken an jedem Arbeitstag 8,5 Stunden in geschlossenen Räumen, die man Büro nennt. Dann steigen sie in ihre Autos oder in Busse und Bahnen, um in einem geschlossenen Raum anzukommen, in dem sie leben. Lichtingenieure haben zwar dies ermöglicht. Zu einem Schuldspruch reicht dies aber nicht. Niemand ist gezwungen, sich dauernd in künstlich beleuchteten Räumen aufzuhalten.

Soll nun die Ingenieurskunst uns zu Zombies gemacht haben, müsste man deren Aufgabe neu definieren. Soll etwa die "Ruhe der Beleuchtung" einer Unruhe weichen? Denkbar ist das schon - nicht nur denkbar, viele Leute wollen seit langem "dynamisches" Licht statt statisches. 

  
Soll man die Aufgabe der Beleuchtung wirklich neu definieren, wenn sich die Menschen "statisch" in statischen Räumen aufhalten wollen? Sollen wir die Definition der Aufgabe denen überlassen, deren jetzt herrschendes Normenwerk uns zu Zombies gemacht hat? Wenn nicht, wer soll es richten? 

Mir hatte vor etwa 25 Jahren ein Lichtplaner vorgeworfen, Unruhe in die Lichttechnik bringen zu wollen. Es macht Spaß zu erleben, dass sie jetzt da ist. Wenn man eine Frage an die Zukunft gut formuliert hat, ist das oft die halbe Lösung. Mal sehen, wie die andere Hälfte aussieht. 

Leuchtmittel verbrauchen mehr Strom als angegeben 
 

Activity MonitorScreenShot001
Ob das wirklich eine Neuigkeit ist? Ich denke, der "Trick" ist älter als die EU. Schlimm ist, dass man die Tricks auf neue Leuchtmittel anwendet - und in viel schlimmerem Maße.  Legale Schummelei? Kann doch nicht wahr sein!

Die Nachricht erinnerte mich an meine Studienarbeit. Als ich anno Tobak eine Studienarbeit brauchte, fragte mich ein Professor, ob ich einen Computer programmieren könnte. Ich konnte. So kam ich dazu, eine sehr, sehr wichtige Größe zu berechnen. Ich sollte eine Strahlungsfunktion mit der Kurve der Augenempfindlichkeit multiplizieren. Ich war verblüfft, das sollte so wichtig sein? Der Prof. sagte, ja. Das sei sehr wichtig. Damit würde man eine aus Sicht der Gesetze wichtige Konstante berechnet haben.

   
Warum nicht? Die Konstante nennt sich Km und gibt an, wie viel Licht ein Leuchtmittel aus wie viel Strahlung macht. Das ist sehr bezeichnend für ein Leuchtmittel. Unser Prof. war verblüfft, als er in einem Normenausschuss fragte, wie denn diese Größe berechnet worden wäre. Ihm erklärte man, dass ein Herr XX die Größe mit einem Rechenschieber berechnet hätte. So etwas gab es wirklich, hatte aber mit Schiebung nichts zu tun, eher mit Rechnen. Und wer bitte schön, hat nachgerechnet? Die Antwort war noch verblüffender: "Herr XX rechnet doch immer richtich".

Das wollte unserem Prof. nicht in den Kopf. Professoren sind nämlich eigensinnig. (Umgekehrt gilt nicht, dass jeder Eigensinnige ein Professor sei.) Er fragte mich, ob ich die Aufgabe annehme. Ich wollte. Erst musste aber ein Rechner gefunden werden, was nicht so leicht war, denn damals wurden Computer nicht über den Ladentisch verkauft und kosteten Millionen - Mark und nicht etwa Peseten. Die Wahl fiel auf Ingo Rechenberg, damals noch nicht Professor, nicht einmal Doktor, aber interessiert an der Evolution der Natur. 

   
Die Berechnung ergab, zu unserer Verblüffung, dass der genormte Wert um 10% falsch lag. Ergo: Aus den Lampen kommt 10% zu wenig Licht.

Ob Zufall oder nicht, die Zahl "10%" begegnete mir etwa 10 Jahre später bei der Planung von Beleuchtung von einigen Büros. Man musste die erforderliche Zahl von Lampen berechnen und darauf 10% aufschlagen. Warum? Das erklärte mir einer, der es besser weiß als die meisten Fachleute. Ist aber besser, seinen Namen nicht zu nennen.

 
Die Antwort war auch verblüffend: Die Lampenhersteller geben falsche Daten an. Damals hieß die EU nicht einmal EG, sondern EWG. Da der Name W wie Wirtschaft enthielt, hat sie damals solche Nachrichten wie die heutige nicht verbreitet. Ich denke, die Sache ist schlimmer als mit den geschönten Abgaswerten von Autos. Denn man berief sich auf Toleranzen. Aber darunter versteht man mal auf, mal ab, aber nie immer in die gleiche Richtung.

Man kann so etwas nicht Schummelei mit Toleranzen nennen. Das StGB, für einschlägige Kreise Strafgesetzbuch, kennt für eine Irreführung mit Vorsatz nur einen Namen, der aber nicht Schummelei heißt.
 

Schlimm ist die Sache allerdings nicht allzu. Denn man kennt sie und rechnet entsprechend nach. Ich denke, alle Planungsprogramme berücksichtigen das. Was sie nicht kennen, ist das Schummeln mit dem Spektrum. So hat das Auge die größte Empfindlichkeit bei Grün-Gelb. Wenn eine Lampe ihr Licht in diesem Bereich abgibt, besitzt sie eine imposante Effizienz (Lichtausbeute). So schießt die nahezu monochromatisch ausstrahlende Natriumdampflampe (Niederdruck) den Vogel ab. Fragt sich, was man mit deren Licht machen kann. Vielleicht Gruselkabinett beleuchten? Halloween wäre auch eine Anwendung, leider nur für eine einzige Nacht im Jahr. Etwas besser geht es mit der Schwester, der Hochdrucklampe mit Natrium. Wer nachts über Belgien fliegt, der sieht die ganzen Autobahnen in das fahle Licht der Natriumdampfhochdrucklampe gehüllt.

Der Verantwortliche dafür wollte die Lampe auch im Innenraum verwendet sehen, wegen der großen Effizienz. Die Lampe entwickelt aus wenig Watt viel Lumen, so wie man in Holland aus wenig Erde viele Tomaten zieht. Die haben aber, wenn auch keinen Geschmack, wenigstens Farbe. Deswegen hatte einst dieses hohe Tier von einer Lampenfabrik dieses Prachtstück in die Innenraumbeleuchtung einbringen wollen. Was freilich misslang, weil mein damaliger Chef dem Mann androhte, die Lampe zuerst im Raum dessen Sekretärin zu installieren. Wir als Studenten frotzelten, man könnte doch die Mädels von der Straße des 17. Juni damit vertreiben, weil entweder diese, die Mädels, wie bleiche Geister aussehen würden, oder die Freier wie Zombies. Auf jeden Fall wäre der Liebesbazaar zu Fall gekommen, weil keine Liebe zustande.

Aber auch solche Dinge kennt man und setzt die Lampen halt dort ein, wo sie eher nützen denn schaden. Schlimm wird allerdings, wenn sich die Energiesparer auf den Plan gerufen fühlen. Die Lampe mit dem grauenhaftesten Licht ist nämlich die einzige mit der Bezeichnung A+++. Da sage mal einer, man wüsste nicht, was Effizienz heißt.

  
Solche Naseweiße, und nicht nur die führen die LED-Hersteller an dem Nasenring durch die Manege. Man schummelt eine hohe Lichtausbeute vor, indem man das Spektrum Richtung grün verlagert. Rechnerisch mehr Licht, praktisch Grünstich bzw. das Gegenteil der Effizienz, vergleichbar damit, dass man mehr Wasser in die Suppe tut und meint, man hätte mehr Suppe. Zwar sind die LED-Hersteller hauptsächlich in Asien beheimatet, sie sind aber bei den westlichen Herstellern in die Schule gegangen, die ihnen das vorgemacht haben, als sie die Dreibandenlampe "effizient" machten. Damals wurden die drei Leuchtstoffe so gewählt, dass rechnerisch viel Licht rauskommt, praktisch eine miserable Farbwiedergabe. Und die hat man auch noch geschönt, indem man Testfarben gewählt hat, die es nicht gibt. Und so, dass ein möglichst hoher Wert herauskam. Und damit die "effiziente" Lampe nicht drittklassig erscheint, wurde - Achtung Geniestreich - das Klassemang entsprechend geändert: Es gibt 1A (>90), 1B (80 - 89), 2A (70 - 79), 2B usw. Und unsere Natriumdampflampe, die ansonsten 6-klassig wäre, belegt einen respektablen 4. Platz. 

So werden Champions gemacht!

Eine Begegnung der besonderen Art 

16. Dez. 2015

  
Heute jährt sich zum 30. Mal der Tag, als ich von einem Politiker unsanft geweckt wurde. Der Politiker hieß (und heißt immer noch) Peter Conradi und war als Bundestagsabgeordneter für die Bauten des Parlaments zuständig. Ich war Berater des Ältestenrates des Deutschen Bundestags für das Projekt Parlakom, in dessen Zuge die Arbeit der Abgeordneten und derer Mitarbeiter computerisiert wurde.

 
Zu meinen Aufgaben gehörte auch die Auswahl der Büromöbel, der Computer und der Beleuchtung der Räume. Conradi bat mich, sein Büro aufzusuchen und fragte mich, was ich denn im Bundestag tue. Ich antwortete brav, wir würden die deutschen Normen zur Beleuchtung anwenden und, da diese (vorgeblich) Mindestnormen sind, eine bessere Beleuchtung als vorgegeben aussuchen.

Da wurde mein Gegenüber robust: "Spinnen Sie? Haben Sie keine Ahnung davon, dass die Normen zur Beleuchtung das Selbstbedienungsinstrument der Elektroindustrie sind?" Als ich meine Überraschung ausdrückte, sagte er: "Gehen Sie nach Hause, und lernen Sie!" Peng!

Ich fuhr nach Hause und überlegte mir, wer von den Personen, die ich kannte, mit der Elektroindustrie verbandelt war. Lange musste ich nicht nachdenken. Der erste, der mir einfiel, war ich. Danach mein Vater, der einen Direktor der größten Firma der Industrie kannte. Meine Frau, mein Bruder, mein Onkel, zwei Schulkameradinnen … Dass mein Doktorvater von dort kam, wusste ich. Später fiel mir ein, dass auch sein Doktorvater … Die Liste wurde lang und länger. Als ich später das Buch "Die Ökologie der künstlichen Helligkeit" las, wurde mir bewusst, dass ich jede zweite Person, die darin vorkam, entweder persönlich getroffen hatte oder mindestens eine Person kannte, die diese getroffen hatte.

Dennoch musste ich dem Vorwurf begegnen, sei es dadurch, dass ich ihn bestätigen musste. Plötzlich machten meine Untersuchungen in vielen Betrieben Sinn, die gezeigt hatten, dass die Menschen mit ihrer Beleuchtung unzufrieden waren. Ich hatte versucht, sie zufrieden zu stellen, indem ich "normgerechte" Beleuchtung installiert hatte. Ohne Erfolg, freilich! Ich denke mal, die Leute haben nicht aufgemuckt, weil sie dachten, so ´ne teure Beleuchtung, und ich soll meckern?

Da aber die Möglichkeit nicht auszuschließen war, dass ich, trotz 2.000 Teilnehmern an meinen Studien, immer an die falschen geraten war, musste ich handeln. Das ist nämlich immer zu hinterfragen, weil diejenigen Firmen, die mich um Rat fragen, Probleme empfinden, und Geld zu deren Lösung ausgeben. Was ist mit dem Rest von 28.000.000 Arbeitnehmern, die ich nicht zu Gesicht bekommen hatte?

 
So führte ich eine wirklich repräsentative Studie mit Arbeitnehmern durch, deren Firmen mich garantiert nicht kannten, die selber auch nicht. Und das Ergebnis? Dasselbe! Mehr als die Hälfte der Befragten empfanden die Beleuchtung der Arbeitsstätte als eine Gefährdung der Gesundheit. Dabei wollte man aber mindestens 70% zufrieden stellen.

Es hilft nichts. Die Aufgabe eines Ingenieurs ist nicht, festzustellen, ob Menschen mit ihrer Technik unzufrieden sind. Er muss feststellen, warum  und ggf. wie man das abstellen kann. So analysierten wir nach den Ursachen.

Ein wohlfeiles Argument wäre, dass das "Neonlicht" die Menschen störe. Das würden auch heute viele glauben. Nun ist es uns aber gelungen, Dank Conradi, eine Beleuchtung zu finden, die nicht etwa die Zahl derer reduziert, die die Beleuchtung ihres Arbeitsplatzes für eine Gesundheitsgefährdung halten, sondern die, bis zu 90%  zufrieden stellte. Und das mit "Neonlicht", das wir als Ersatz für die geliebte Glühlampe installiert hatten.

Was, wenn nicht das "Neonlicht" schuld ist? Im Jahre 1990 veröffentlichten wir die Gesamtheit der Studien unter dem Titel "Licht und Gesundheit" und auch die Erklärung dazu. Überall, wo die künstliche Beleuchtung dominierte, gab es mehr Gesundheitsstörungen als dort, wo das Tageslicht dominierte. Ergo muss das künstliche Licht schuld sein! Diese Erklärung ist üblich, aber billig. Künstliches Licht besteht aus den gleichen Photonen wie das natürliche. Der wesentliche Unterschied, so schien es, besteht aber darin, dass das natürliche Licht unseren Lebensrhythmus bestimmt, während die künstliche Beleuchtung immer auf Konstanz ausgelegt ist.

So postulierte ich, dass der wesentliche Faktor die Beeinflussung des circadianen Rhythmus sein müsse. Vielmehr, die Nicht-Beeinflussung. Der menschliche Körper benötigt Veränderung, Technik der Beleuchtung strebt hingegen nach Gleichmäßigkeit, zeitlich wie örtlich. Das Letztere hatte übrigens ein in der Lichttechnik sehr bekannter Augenmediziner bereits in den 1950er Jahren gegeißelt, der Brite Weston.  Das Erstere hatte ich von einem gewissen Aschoff gelernt, der mit meinem Doktorvater befreundet war, dem Entdecker der Wirkung von Licht auf circadiane Rhythmen beim Menschen. Auch ein Wissenschaftler, den die Lichtindustrie wegen seiner Industriefreundlichkeit sehr schätzte, Erwin Hartmann, hatte sich in Büchern ähnlich geäußert und von Lichtsoße gesprochen.

Seit der Veröffentlichung von "Licht und Gesundheit" (1990) und der englischen Version davon ("Light and Health", 1991) ist ein Vierteljahrhundert vergangen. Wir haben an weiteren ca. 2.000 Arbeitsplätzen verbesserte Beleuchtung installiert und eine enorme Verbesserung der gesundheitlichen Wirkungen, zumindest subjektiv, nachgewiesen. An der Gesamtstudie haben insgesamt 4.500 Personen teilgenommen. Demnächst werden wir noch 1500 Arbeitsplätze untersuchen. Leider kann man diese Studie nicht veröffentlichen, weil wir den Arbeitgeber nicht in Schwierigkeiten bringen wollen. Er hat nämlich nicht nur eine gute Beleuchtung installiert, sondern auch reichlich große Arbeitsräume geschaffen. Das darf die Versicherungsaufsicht nicht hören. 

Zu guter Letzt haben wir eine Studie mit einem Architekten und einem Tageslichttechniker durchgeführt und veröffentlicht. Diese zeigt auch, wie man´s macht. Und übrigens, wie man es seit Jahrhunderten erfolgreich gemacht hat. Tageslicht nutzen - Das Buch stellt aber fest, dass und wie man auch künstliches Licht "gesund" macht.

Die Zahl der bis heute abgehaltenen Kongresse, Seminare u.ä. mit dem Titel "Light and Health" bzw. "Licht und Gesundheit" ist mittlerweile Legion. Biologisch wirksame Beleuchtung besitzt sogar eine modische Abkürzung "BioWi". Warum nicht BioLi? So weit, so gut! Warum darf man aber immer noch Beleuchtung verkaufen, die nachweislich eine Gefährdung darstellt, wo es welche gibt, die auch nachweislich das Gegenteil davon bewirkt?

Nach 30 Jahren kommen mir langsam Zweifel, ob wir in der richtigen Welt leben. Denn nach dem Arbeitsschutzgesetz ist es illegal, eine Technik einzusetzen, für die es einen gesünderen Ersatz gibt. Verwunderlich ist die Sache obendrein, weil der Ersatz auch noch billiger ist. 

Unglaublich aber wahr - Die Wunderlampe

Dieses Prachtstück von einer Tischleuchte ging mir gestern ins Netz, etwa zu der Zeit, als die SPD den großen Propagandisten (s. hier) der Lampe abwatschte. Es ist tatsächlich in Gebrauch! Wie verzweifelt müssen die Leute sein, die dieses Objekt der üblichen Beleuchtung vorziehen, die sie abschalten, wenn sie arbeiten?

Solche wunderlichen Exemplare der Energiesparlampe hängen eigentlich in armen Ländern über Salatständen u.ä. Sie beleuchten z.B. Trinklokale, in denen Kakerlaken Wettrennen auf dem Boden veranstalten, zuweilen Einsiedlerkrebse im Müll wühlen u.ä. Dieses Prachtstück steht aber in einem deutschen Büro betrieben von einem nicht allzu armen Unternehmen.

In eingeweihten Lichttechnikerkreisen gibt es ein nicht totzuschlagendes Gerücht, dass Tischleuchten verboten seien. Diese hier muss verboten werden, weil es verboten ausschaut. (Die Farbe der Lampe ist nicht echt, sondern gephotoshopped) Echt verboten hatte sich die Branche Tischleuchten durch eigene Weisheit: Man war in den 1970ern der Meinung, in einer Beleuchtungsanlage dürfte nur eine Lichtfarbe vorhanden sein, sonst würde Zwielicht entstehen. Da die schön effizienten Stablampen eine Länge von mindestens ein Meter hatten, und in der Branche ein zweites nicht-totzuschlagendes Gerücht herumlief, dass nur 1,5 m Lampen wirtschaftlich seien, sahen die Tischleuchten mit solchen Lampen ganz schön schlimm aus. Die Intelligenzbestien hatten aber die Wirtschaftlichkeit mitgenormt.

Eigentlich kann man nicht von aussehen sprechen - sie sahen verboten aus. Die einschlägige Beleuchtungsnorm DIN 5035-1 enthielt etwas, was auch verboten aussieht: Sie verlangte allen Ernstes "Die Einzelplatzbeleuchtung ist so auszulegen, dass sie ohne Berücksichtigung der Allgemeinbeleuchtung auf der gesamten der jeweiligen Tätigkeit dienenden Fläche des Arbeitsplatzes mindestens eine Gleichmäßigkeit der Beleuchtungsstärke Emin:E von 1:6 erreicht."

Da soll mal einer probieren, wie er mit einer Leuchte in mäßiger Höhe über dem Tisch von einem Ende eines 160 cm Tisches zum anderen diese Gleichmäßigkeit erreicht. Es geht! Allerdings blendet das Zeug so schlimm, dass das tatsächlich realisierte Produkt (der Firma Siemens) namens 2K wie Blei in den Verkaufsregalen lagerte. Das 1K Exemplar mit der Energiesparlampe ist auch nicht verachten. Allerdings ein No-Name Produkt!

 
Die historische Wunderlampe, die einem Jüngling gehörte, der heutzutage nur unter abenteuerlichen Wege in unser schönes Land käme, wenn überhaupt, reagierte auf Streicheln und leerte ihr Füllhorn. Der kaum als gelungen zu bezeichnende Nachfahre hier schüttet bestenfalls Entsetzen aus.

Wer hätte geglaubt, dass zum Ende des Internationalen Jahres des Lichts dieses Designwunder in einem zivilisierten Land noch in Betrieb ist? Es ist!