Posts in Category: Tageslicht

Kernaussagen des großen Vorsitzenden

Es gibt nette Sprüche, die muss man sich in Ruhe ansehen. Und nach einem Genuss von reichlich Baldrian. Auf dem nachfolgend abgebildeten Plakat sind drei solche Sprüche (alle schriftlich dokumentiert) abgebildet. Den vierten kann man leider leider nicht dokumentieren, weil er sich in der Luft aufgelöst hat. Auf dem Plakat ist ein Hinweis darauf versteckt. Wer Interesse hat, kann nach dem Bild weiter lesen, was es damit auf sich hat. Ist wirklich ein Highlight.

Nun zu den Sprüchen, die ich schriftlich besitze. Von einem sogar ein Video. Der Reihe nach

  1.  Ein C.T. Larson bemängelt. dass die Anhänger von Fenstern keine Berechtigung für die Fenster erbringen können. Aber fensterlose Schulen würden 40% der Heizenergie sparen, mit konstantem Licht die Augen schonen, den Lärm 35 dB und mehr reduzieren und Wartungskosten mindern. (1965)
  2. Ein deutscher Experte referiert "Seitliche Fenster können hohe Anforderungen an die Beleuchtungsqualität nicht erfüllen. (1971)
  3. Derselbe Experte spricht in einem Fernsehinterview: "Für die meisten Aktivitäten kann Tageslicht hinsichtlich Qualität und Quantität besser mit künstlichem Licht simuliert werden." (1989)

Nun zu dem versteckten Spruch. Als wir CyberLux im Jahre 2000 aus der Taufe hoben, wollte ich einen amerikanischen Beitrag haben. Damals arbeitete u.a. Peter Boyce, den ich sehr schätzte, dort. Ich schrieb die Institution, die das große Wort führt, an und bat um einen Beitrag zu "Licht und Gesundheit". Unser war als "Light and Health" im Jahr 1991 erschienen. Der Chef liess mir ausrichten, er wundere sich, dass es eine solche Beziehung gäbe. Er ließ sich aber überzeugen und setzte auf seiner Website einen Link zu CyberLux. Drei Jahre später, war er mittlerweile zum größten Experten auf dem Gebiet gewachsen. Da wollte ich einen Beitrag von ihm in CyberLux veröffentlichen. Den bekam ich befristet, weil der Experte meinte, dass sich die Erkenntnislage bestimmt ändern würde. Na, ja. In der Wissenschaft ist dies nicht die Seltenheit, sondern der Zustand.

Das Papier wurde veröffentlicht und von mir mehrfach zitiert unter Nutzung der Originalquelle. Etwa fünf Jahre später wollte ich das Papier wieder zitieren, fand aber ein anderes mit demselben Titel, demselben Autor und aus demselben Institut. Das alte Papier war verschwunden. Deswegen darf ich es nicht vorzeigen. Die beiden Herren, deren Irrtümer ich oben zitiert hatte, haben sich eben geirrt. Sie werden aber, mit dem Irrtum konfrontiert, nis sagen, sie waren es nicht. Sie haben sich geirrt. Und Irrtum gehört zur Wissenschaft. Wie soll man Winssenschaftler klassifizieren, die ihre potenziellen Irrtümer mit einem Zeitzünder versehen? Mission impossible?

Neue Europäische Norm zu Tageslicht - DIN EN 17037

Demnächst erscheint die neue Norm zu Tageslicht, die in ganz Europa Gültigkeit erlangen wird. Den Inhalt habe ich unten kurz skizziert. Allerdings fällt der normative Inhalt gegenüber den informativen Anhängen gegenüber relativ kurz aus. Diese beschreiben relativ neue Sachverhalte gegenüber DIN 5034, die nationale Norm. Die bleibt erst einmal, auch die ASR A3.4 ggf. mit anderen Begriffen zur gleichen Sache.

DIN EN 17037
5         
Beurteilung des Tageslichts in Innenräumen
5.1       Tageslichtversorgung
5.1.1    Allgemeines
5.1.2    Kriterien für die Tageslichtversorgung
5.1.3    Verfahren zur Berechnung der Tageslichtversorgung
5.1.4    Verifizierung der Tageslichtversorgung
5.2       Beurteilung der Aussicht
5.2.1    Allgemeines
5.2.2    Kriterien für die Aussicht
5.2.3    Verifizierung der Aussicht
5.3       Besonnungsdauer
5.3.1    Allgemeines
5.3.2    Kriterien für die Besonnungsdauer
5.3.3    Verifizierung der Besonnungsdauer
5.4       Schutz vor Blendung
5.4.1    Allgemeines
5.4.2    Kriterien für den Blendungsschutz
5.4.3    Verifizierung des Blendungsschutzes

 

DIN EN 17037 Anhang A Empfehlungen

A.1 Allgemeines
A.2 Empfehlungen für die Tageslichtversorgung in einem Raum
A.3 Empfehlungen für die Aussicht
A.4 Empfehlung für die Besonnungsdauer
A.5 Empfehlung für den Blendungsschutz

 

DIN EN 17037 Anhang B Tageslicht

B.1 Allgemeines
B.2 Berechnungsgitter
B.3 Berechnungsverfahren
B.3.1 Allgemeines
B.3.2 Berechnungsverfahren unter Verwendung des Tageslichtquotienten (Verfahren 1)
B.3.3 Berechnungsverfahren unter Verwendung der Beleuchtungsstärke (Verfahren 2)
B.4 Tageslichtverfügbarkeit
B.5 Überprüfung der tatsächlichen Tageslichtversorgung

 

DIN EN 17037 Anhang C Aussicht

C.1 Allgemeines
C.2 Qualität des Aussicht
C.3 Breite der Aussicht
C.4 Verifizierung der Aussicht

 

DIN EN 17037 Anhang D Besonnungsdauer

D.1 Allgemeines
D.2 Kurzbeschreibung der Beurteilung der Besonnungsdauer
D.3 Verfahren mit Software
D.4 Verfahren mit manuellen geometrischen Konstruktionen
D.5 Bestimmung der Himmelsposition der Sonne
D.6 Bewertungsregeln für die Sonnenlichtdauer
D.7 Sonnenlichtdauer am Bezugspunkt P
D.7.1 Beispiel
D.7.2 Berechnung
D.7.3 Ergebnis
D.8 Verifizierung der Länge der Besonnungsdauer vor Ort

 

DIN EN 17037 Anhang E Blendung

E.1 Allgemeines
E.2 Tageslichtblendungswahrscheinlichkeit
E.3 Jährliche Bewertung
E.3.1 Allgemeines
E.3.2 Vereinfachte Bewertung der jährlichen Blendung
E.3.2.1 Allgemeines
E.3.2.2 Undurchsichtige Sonnenschutzvorrichtung in ausgefahrener und geschlossener Position
E.3.2.3 Sonnenschutzvorrichtungen, deren Vorhang aus Stoff, Folie oder perforiertem undurchsichtigem Material besteht
E.3.2.4 Nicht lichtstreuende Verglasung mit einem geringen variablen Lichttransmissionsgrad (z. B. elektrochrome Verglasung)
E.3.2.5 Sonnenlichtzonen
E.4 Reflexblendung
E.5 Verifizierung der Blendungsschutzfähigkeit von Abschattungen

Visueller Komfort - Vom Bla Bla zur Messbarkeit

 

Kann man durch sich selbst lernen? Vielleicht. Ich habe heute erlebt, dass es geht. Ich suchte im Internet nach dem Begriff "visueller Komfort" und fand nur bla bla. In meiner Verzweiflung bemühte ich meine Suchmaschine Houdahspot auf dem eigenen Rechner (leider nur für Macs verfügbar) und fand Erleuchtung. Man kann visuellen Komfort tatsächlich messbar machen. Und Gebäude danach beurteilen.

Das leuchtende Wunder hat - kaum zu glauben - ein Ministerium fertiggebracht. Das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS). Natürlich nicht allein, denn Bundesministerien sind Köpfe, die auch Hände und Füße brauchen, um eine Krebbel zu backen. Na ja, etwas Verstärkung für das Gehirn muss auch dabei sein. Die Helfer waren das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) und die Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen e. V. (DGNB). Das gesamte Konzept, wie es heute aussieht, findet man hier (sehr empfehlenswert). Den Teil, der den visuellen Komfort angeht, hatte ich vor Jahren in einem Artikel kommentiert. Das Manuskript findet sich hier Visueller Komfort. Die Version des BNB, die meinem Artikel zugrunde lag, findet sich BNB_BN_315-2011.

Wo ist der Unterschied zu bla bla? Das Ministerium wollte einen Leitfaden entwickeln, wonach man bestehende Gebäude auf Nachhaltigkeit prüfen bzw. die Planung neuer auf Nachhaltigkeit trimmen kann. Da hilft es nichts, zu fordern, dass ein Bürogebäude menschengerecht sein möge. Man muss es messbar machen. Und so, dass einer weiß, wann er besser handelt. Gut handeln geht leider nicht, denn man kann nicht alles erfüllen, was einem zum Thema Nachhaltigkeit oder menschengerechter Gestaltung einfallen könnte.

Der "visuelle Komfort ist Teil der „ Soziokulturellen und funktionalen Qualität“ und deren Untergruppe „Gesundheit, Behaglichkeit und Nutzerzufriedenheit“, was naturgemäß Teil des Gesamtkonzepts ist. Von den 100 Punkten gehen 16 für die „Tageslichtverfügbarkeit Gesamtgebäude“, 14 Punkte für die „Tageslichtverfügbarkeit ständige Arbeitsplätze“ …

Im Rahmen der Bewertungsliste werden die folgenden Teilkriterien beurteilt:

  1. Tageslichtverfügbarkeit Gesamtgebäude (quantitativ)
  2. Tageslichtverfügbarkeit ständige Arbeitsplätze (quantitativ)
  3. Sichtverbindung nach außen (quantitativ)
  4. Blendfreiheit Tageslicht (qualitativ)
  5. Blendfreiheit Kunstlicht (quantitativ)
  6. Lichtverteilung (qualitativ)
  7. Farbwiedergabe (quantitativ)

Welche künstliche Beleuchtung erfüllt das Kriterium am besten? Hier die Bewertungsliste:

  1. 14 Kombinierte Beleuchtung aus direktem und indirektem Anteil mit individueller Einzelplatzregelung
  2. 10 Kombinierte Direkt-Indirektbeleuchtung
  3. 7  Einhaltung der Normen
  4. 0  Keine individuelle Beleuchtung

Ach ja! Gerade habe ich eine Beleuchtung begutachtet, die mit Schwarmintelligenz arbeitet. Man kann sie weder ein- noch ausschalten, sie regelt sich selbst. Niemand sagt aber, wie. Sie ist nur in einer einzigen Position über dem Tisch blendfrei, und das nur dann, wenn man aufrecht sitzt und nach unten guckt. Das Lichtniveau bestimmt die Handtasche, wenn man sie auf dem Tisch dort platziert, wo eigentlich nichts sein sollte. Der Tageslichtsensor erfasst einen kleinen Bereich, wo der Tisch erfahrungsgemäß leer ist. Wenn man die Handtasche dorthin packt, bekommt man mehr Licht. Packt man ein Blatt Papier dorthin, weniger. Wer traut sich, den visuellen Komfort bei einer solchen Beleuchtung zu bewerten. Kleiner Tipp für die Weiterentwicklung des BNB Bewertungssystems: Man kann Punkte auch abziehen.

Was ist eine melanopisch wirksame Beleuchtung?

 

Dieses Bild aus Licht 6/2018 soll eine melanopisch wirksame Beleuchtung zeigen. Tut es das? Man kann in dem Artikel lesen, wie die Studie zur Klärung der Frage verlaufen ist. Man muss aber nicht. Die Antwort kann man auch so geben.

Der Raum ist etwa 5 m hoch und ist mit Fenstern fast bis zur Decke versehen. Zudem wird er über zwei Oberlichter buchstäblich taghell beleuchtet. Die künstliche Beleuchtung integriert sich in den Raum so, dass man tagsüber die Leuchten nicht bemerkt. Wenn ich richtig sehe, werden sie nachts großflächig leuchten. Dass so etwas gut geht oder gehen muss, hatten wir schon im Jahr 2000 analysiert und begründet (hier).

Was ist daran so gut? Die Fenster spenden nicht nur Tageslicht, sondern eine gute Sichtverbindung nach außen. Wenn man das Licht messen würde, würde man feststellen, dass blendfreies Licht bis mehrere Tausend Lux (zuweilen) vorhanden ist. Das Verhältnis von Horizontal- zur Vertikalbeleuchtungsstärke ist besser als man mit jeder künstlichen Beleuchtung (außer Bühnenbeleuchtung) erreichen kann. Und die künstliche Beleuchtung wird eine geringe Leuchtdichte haben, wodurch sie weniger oder keine Reflexblendung verursachen wird.

Ergo: Was eine melanopisch wirksame Beleuchtung ist, weiß - ich glaube - wohl jeder. Leider sind übliche Büros nur halb so hoch, wodurch man Probleme mit der Lichtverteilung bekommt. Deren Beleuchtung ist auf Horizontalbeleuchtungsstärke getrimmt, was schon lange keinen Sinn mehr macht (s. hier oder da). Leider, leider kann man Dachoberlichter eben nur auf dem Dach einrichten.

Was weiß ein Chinese von der deutschen Lichttechnik? Kennt er den Spruch "Gleiches Licht für alle Volksgenossen"? Den gab es wirklich - vom Initiator der militantesten Bewegung in Sachen Licht, von Albert Speer. Als Chinese kennt man bestenfalls die Mao-Uniformen, als man versuchte, mit einem Stück Kleidung für alle Männer auszukommen. Lang ist es her. Chinesen kaufen heute die Welt auf, auch die der Mode. Da Licht wieder in Mode gekommen ist, auch Licht. So ging die Lichtsparte von Osram auch nach Asien. Wohin? Wird sich noch zeigen. Denn die Besitzer sind zwei Mal Investoren und einmal ein chinesischer Lichtunternehmer. Der Chef, eigentlich ein Taiwanese, der in den USA studiert hat, war zuletzt für Samsung, Korea, tätig.

Nu hat der Chef den obigen Spruch abgelassen. Super Idee! Licht ohne Handgreiflichkeiten auf meine individuellen Vorlieben anpassen. Widerspricht zwar der Maxime, wonach der Lichttechniker ausgebildet wird, entspricht allerdings dem modernen Sprech der Marketingabteilungen. Bislang hieß smart bei Licht, dass eine Lampe während ihrer - jetzt langen - Lebensdauer mehr Strom zum Warten verbraucht als zum Leuchten. Jetzt ist die mein Sklave und benötigt nur noch kleine manuelle Eingriffe, so etwa einen Lichtschalter?

Nicht doch! Da seine Firma Osram aufgekauft hat, wird die auch das kumulierte Wissen von Osram gekauft haben, so es nicht schon längst über Bord gegangen ist. Und dies - bezüglich smart - fing so an: Man baute in München ein Domizil unweit des Grünwalder Stadions. Da manuelle Eingriffe bereits damals, Jahr 1960, verpönt waren, und zudem die Gebäudetechnik als intelligent galt - smart ist eine bescheidenere Art davon - investierte man in eine Automatik, nach dem damaligen Sprech. Sensoren überwachten mit Argusaugen die Sonne. Sobald diese sich erdreistete, zu scheinen - was soll die sonst tun? -, waltete die Automatik ihres Amtes und ratsch, ratsch, ratsch gingen die Jalousien runter. Da Osram das Tageslicht sehr heilig war, gingen die Dinger wieder hoch, sobald sich ein Wölkchen der Sonne ihren Weg stellte. Ratsch, ratsch, ratsch!

Da den Mitarbeitern die Sache bald auf den Keks ging, wurde das Amt bald dem Hausmeister übergeben. Bayrische Hausmeister gelten nicht selten als kauzig, aber man musste anerkennen, dass sie nicht doof sind. Die Sache wäre nicht so schnell über die Bühne gegangen, wenn Osram nicht noch eine smarte Idee verwirklicht hatte, das Großraumbüro. Da musste der Vorstand in einer Ebene mit dem Fußvolk sitzen und erlebte das Ritsche Ratsche live mit. Jetzt wartet die restliche Welt darauf, dass die Erfahrung von 1960 bei ihr ankommt. Denn man kann überall in Deutschland miterleben, wie smarte Haustechnik das Kommando übernimmt, ratsch, ratsch, ratsch. Nicht ganz, heutige Jalousien gehen leiser hoch, wenn der Windwächter in Posemuckel über Internet erfährt, dass der Westwind in Hamburg schon 4 Bft. erreicht hat. Aber ebenso gnadenlos wie 1960. Man sitzt in der prallen Sonne, damit die verdammten Jalousien nicht vom Winde verweht werden.   

Und nun will der Chef dieser Firma ein Licht verkaufen, das die Wünsche des Nutzers von den Augen abliest und sich brav an die Arbeit macht! Ob der sich nicht geschnitten hat? Vor wenigen Jahren wurden deutsche Manager gefragt, wie sie sich den idealen Arbeitsplatz für sich vorstellen. Hier die Antwort:

Nicht doch! Muss jetzt Ledvance die Tore schließen? Vielleicht macht der Chef ein kurzes Nickerchen und lässt sich danach die deutschen Lichtnormen vorlesen.