13.01.2025
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Schon wieder eine Errungenschaft der Lichttechnik sang- und klanglos weg. Die Beleuchtung habe keinen EInfluss auf das Unfallgeschehen, so lautet die Begründung für die Abschaltung der Autobahnbeleuchtung in Berlin, die gestern im Berliner Tagesspiegel erschienen ist. Heute wurde das Verdikt zwar etwas relativiert, aber es wird bestehen bleiben.
Wie man sich so sicher sein kann? Weil es schon einmal so gekommen war. Lang, lang ist es her. Die "älteste" Autobahn, der Welt, die AVUS, hatte eine schlaue Firma beleuchten lassen, obwohl in Deutschland Autobahnen i.d.R. nicht beleuchtet werden dürfen. Die Entscheidung gegen eine flächendeckende Autobahnbeleuchtung in Deutschland basiert auf einer Abwägung von Sicherheitsaspekten, Kosten, Umweltschutz und Wirtschaftlichkeit. Studien haben gezeigt, dass die Vorteile einer solchen Beleuchtung die Nachteile in den meisten Fällen nicht aufwiegen.
Wie hat man es dennoch geschafft, die AVUS zu beleuchten? Das verdankte man einem Geschäftsgeheimnis der Firma Siemens. Sie ist einst in Berlin gegründet worden. Obwohl sie später fast komplett gen Bayern gezogen ist, blieb sie in Berlin eng vernetzt. So hatte sie enge Beziehungen zum städtischen Elektrizitätsversorger BEWAG und zu den Verkehrsplanern. Deswegen ist Berlin übermäßig mit Verkehrsampeln gesegnet, die früher ausschließlich von dieser Firma installiert und vor allem, betreut wurden. Das ist so etwas wie ein Rentengeschäft. Oder Treuedividende. Zwar stimmt es nicht ganz, weil Siemens Berlin untreu geworden ist. Aber was soll*s!
Vieles was in Westdeutschland nicht üblich oder gar zulässig war, wurde in Berlin "erprobt". Das hieß etwa so, dass die Stadt beim Bund eine Subvention beantragte, um eine technische Errungenschaft zu erproben. So steht in Berlin seit September 1970 eine ziemlich unnütze Spurensignalanlage auf der Heerstraße. Die war nach der StVO nicht zulässig. Aber erproben wird man doch dürfen? Danach sollte das Gesetz entsprechend geändert werden, damit die Berliner zu den Spielen von Hertha BSC in vier Spuren hinfahren konnten. Nach dem Spiel wollte man die vier Spuren umschalten, damit alle möglichste schnell wieder zu Hause sind.
Probehalber beschloss der Senat, die Heerstraße, auf der die Straßenbahn gerade abgeschafft worden war, zur Schnellstraße zu deklarieren. Das nahmen die Berliner derart ernst, dass sie sofort nach dem System G + 20 (zulässige Höchstgeschwindigkeit + 20 km/h) fuhren. Die etwas flotteren kamen auf etwa 100 km/h in der Stadt. Nach vielen Toten wurde die Schnellstraße schnell begraben. Aber die Spurensignalanlage steht noch 55 Jahre danach und wird ständig gewartet.
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Wie sinnvoll das Ganze gewesen ist, kann man daran ermessen, was später daraus geworden ist. Zum einen macht es keinen Sinn, in vier Spuren schnell zum Stadion zu düsen, wenn man dort keine Parkplätze findet. Aber die ließen sich doch bauen? Nicht nötig, denn direkt an diesem Stadion betreibt die Stadt einen S-Bahnhof, an dem bis 8 Züge gleichzeitig gefüllt werden können und mit einer Minute Abstand abfahren. Da jeder Zug ohne Quetschen 480 Fahrgäste befördern kann, besteigen also 3840 Berliner gleichzeitig die Bahn und fahren in 8 Minuten ab. Wenn diese in Autos abfahren, macht es 1920 PKW bei zwei Personen je Auto oder 768 bei maximaler Beladung mit 5 Personen. Die 74.475 Gäste eines ausverkauften Stadions bräuchten nach dieser Berechnung 14895 bis 37237.5 Autos um nach Hause zu kommen.
Die intelligentere Lösung hatten unsere Vorfahren 1936 realisiert. Zudem kann man auf der anderen Seite praktisch vor dem Stadiontor in die U-Bahn. Ach, ja. Acht Busspuren sind auch noch da. Aber wer wird doch auf solchen Kram reflektieren?
So ähnlich war die Beleuchtung der Autobahn entstanden. Erprobt wurde, ob ein gewisser Prof. de Boer aus Belgien recht hatte. Nach seinen Plänen sind die Autobahnen von Belgien taghell aber mit gelbem Licht beleuchtet. Der Herr war ein Philips Direktor, und Philips in Sachen Licht ein anderes Pol aus dem Oligopol. Von diesem stammt auch die magische Zahl zur Helligkeit der Autobahnbeleuchtung aus etwa 1968. Sie muss 2 cd/m2 betragen. Diese Zahl wurde seinerzeit mit einem Bus voll Lichttechnikern erprobt, die nachts die Straßenbeleuchtung beurteilten. Bei exakt 2 cd/m2 waren die der Meinung, dass die Helligkeit optimal wäre. Dass man im Bus fahrend die Fahrbahn nicht sehen kann. Und vor allem nicht geblendet werden kann? Geschenkt.
Zur Ehrenrettung des Professors muss ich allerdings sagen, dass sein Wert für Stadtstraßen recht gut zutraf. Allerdings gab es damals nur wenig Reklame. Wer heute Hauptstraßen entlang fährt, braucht die Fahrzeugbeleuchtung nur um bemerkt zu werden. Was der Herr nie bedacht hat, war die Lichtverschmutzung. Als Philips-Direktor dachte er nur an das Gute im Licht. Wildgänse, die über Belgien fliegen wollten, sollten sich halt andere Wege suchen. Deutschland ist etwaa größer. Deswegen hätten die Nachtvögel größere Schwierigkeiten, Deutschland zu umfliegen.
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Ungeachtet der noch kommenden Probleme der Nachtgänse schaffte es Siemens, dass die AVUS probeweise beleuchtet wurde. Das war, falls ich mich nicht irre, im Jahr 1966. Seitdem standen sich 278 Lichtmasten zusätzlich zu den 9 Millionen auf den restlichen deutschen Straßen sich den Mastfuß in den Bauch. Ein schlappes Vierteljahrhundert später im August 1992, es gab mittlerweile die bösen Grünen, die bei Licht an Umweltverschmutzung dachten, sollte die Beleuchtung auf deren Antrag hin nicht nur abgeschaltet, sondern auch verschrottet werden.
Doch der Bausenator der Zeit, Wolfgang Nagel, wollte nicht. Die seit 1966 installierte Beleuchtung diene der Erhöhung der Verkehrssicherheit und führte durch eine Unfallreduzierung zu volkswirtschaftlichen Einsparungen an Schadens- und Schadensfolgekosten, argumentierte Nagel. Den Demontagekosten von zwei Millionen Mark stehen Nagel zufolge 70.000 Mark Energiekosten 1991 gegenüber. Insgesamt verbrauchten die 408 Lampen im vergangenen Jahr 250.945,9 Kilowattstunden. Damit würde sich der Abbau der Lichtanlagen — gemessen an der Energieeinsparung — erst nach 26,7 Jahren amortisieren. (schräger Text geklaut bei taz).
Die Abschaltung kam dennoch. Das schaffte ein Bausenator Jürgen Klemann (CDU) nach 1997. Er ließ auch das Licht auf den Straßen dämmen bzw. dimmen. Immerhin 180.000 dieser Dinger sollen damals in Berlin gestanden haben. Klemans Vorbild war die Avus, wo seit März 1997 die Beleuchtung ganz abgeschaltet war. Dennoch hatte es dort nicht mehr Unfälle gegeben.
Politikern aller Denkrichtungen ist gemein, dass sie lügen - sagt der Volkmund. Herrn Klemann der Lüge zu überführen, hat es wohl keiner geschafft. Denn die AVUS ist bis heute dunkel geblieben. Kaum ein Anlass wäre geeigneter gewesen, um die erhöhte Sicherheit der Autobahnen durch eine gute Beleuchtung hieb- und stichfest nachzuweisen. Man hat es unterlassen. Warum wohl?
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Die Sache ist bitter für jeden, der sich mit Licht beschäftigt. Die einen glauben an die Errungenschaften, die unübersehbar sind. Wir sind raus aus dem Takt, den die Sonne vorgibt. Wenn ich nachts doch irgendwohin will, ohne den Tag abzuwarten, kann ich jetzt. Aber wie man dazu kommt, alle Straßen mit 2,0 cd/m2 zu beleuchten statt mit 1,9, möchte ich gerne wissen. Die Sache hat mir Prof. de Boer seinerzeit erklärt. WIe kommt aber ein Berliner Bausenator dazu, zu behaupten, die Sache sei wegen der Verkehrssicherheit so geregelt worden? Wie kommt dann ein anderer Verkehrssenator dazu, paar Jahre später das Gegenteil zu behaupten?
Um solche Fragen zu beantworten, gibt es die Wissenschaft. Die des Lichtes hatte in Berlin einen Hauptsitz an der TU Berlin. Mit der Straßenbeleuchtung hatten sich aber eher die Kollegen aus Karlsruhe beschäftigt. Haben die beiden Senatoren dort angeklopft? Wenn nicht, warum ist man nicht selber bei der Politik vorstellig geworden?
Darf man der Kosten wegen die Verkehrssicherheit beeinträchtigen?
14.11.2024
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Wer Geschichte schreiben will, muss sich warm anziehen. Das hatte sich ein gewisser Napoleon Bonaparte sagen lassen, als er gen Moskau zog. Doch seine Mannen kamen geschlagen zurück, wenn überhaupt. Deren traurige Geschichte ist nicht nur bei Leo Tolstoj zu lesen, sondern auch in einer der berühmtesten Grafiken der Geschichte. Später wolle ein gewisser Adolf H. dasselbe, ohne es aber Napoleon nachmachen zu wollen. Dieser war der Erfinder des schnellen Kriegs. Durch ihn wurde ein deutsches Wort ein Lehnwort in Englisch: Blitz wie Blitzkrieg. Er zog auch gen Moskau, so überzeugt vom Blitz, dass er seine Mannen in Sommeruniformen losschickte. Von insgesamt 18 Millionen Soldaten, die der GRÖFAZ - Größter Feldherr Aller Zeiten - in den Krieg warf, kamen 6 Millionen nie wieder heim. Napoleon war da schlechter. Er war mit 422.000 Mann Ende Juni 1812 losgezogen. Gen Weihnachten kam er mit 4.000 Mann heim. Nur 1 % seiner Krieger hatte den Feldzug überlebt.
Ein Feldzug mit zivilen Mitteln, aber viel mehr Menschen betreffend, sollte die Nacht- und Schichtarbeit revolutionieren. Dazu sollte das neue bzw. neu aufgewärmte Wissen über die circadianen Rhythmen des Menschen als Vehikel dienen. Dieses besagte, dass man mit Licht die Rhythmik der menschlichen Hormone steuern könne. Erwiesen durch die Arbeit von Rosenthal et al 1984 (hier). Ergo: Man mache mit viel Licht die Nacht zum Tage, nicht die in Bars oder sonstigen schrägen Etablissements, sondern in der Physiologie des Arbeiters. Zwar hatten die Autoren der Originalarbeit die Therapie einer Krankheit im Sinn, die die Menschen dieser Tage im November alljährlich befällt, aber in der Lichttechnik ist science faction eine legitime Methode. Das ist, wenn man eine wahre wissenschaftliche Erkenntnis mit einer Marketingidee kreuzt. So sollten Mitarbeiter eines Autowerks, Volkswagen, mit einer Methode nachts sicherer arbeiten, die sonst dazu dient, die Winterdepression zu heilen, die durch Lichtmangel entsteht.
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So wollte auch der deutsche Volkswagen Konzern die neue Erkenntnis nutzen und führte ein Großprojekt durch, bei dem die Nachtschicht mit 2000 lx beleuchtet wurde, um die Mannschaften wach zu halten. Die Betriebsärztin Angelika Guth war begeistert: „Es gibt Hinweise, dass sich die innere Uhr von Schichtarbeitern mit Licht umstellen lässt.“, berichtete das Hamburger Abendblatt am 3. Januar 2004 (hier). "Wenn wir die Nacht zum Tag machen, müssen wir den Tag zur Nacht machen", sagte Guth. Auch wenn Frau Dr. Guth bereits ein Jahr danach nicht mehr auf diese Studie angesprochen werden wollte, blieb es bei der Motivation des Lichtmarketing bis heute: Schichtarbeit mit viel Licht ändern. Wie man den Tag zur Nacht macht?
Der Initiator der Idee war ein anderer großer deutscher Konzern: Siemens. Dieser hatte damals noch etwas Interesse an Licht, durch das er groß geworden war. Aber noch mehr an dem Stromverbrauch durch Licht, an dem er viel verdient hatte. Denn der Firmengründer war, wie auch sein größter Konkurrent Edison, ein Systemmensch und verdiente nicht etwa an Lampen allein, sondern an Leitungen und Kraftwerken, die man dazu brauchte.
Gegen diese Studie gab es mindestens einen Widersacher, der die Beteiligung an dem Projekt unmittelbar abgelehnt hatte. Das war der Professor für Arbeitspsychologie Nachreiner. Nicht dass er etwas dagegen hätte, dass die physiologische Wirkung der Nacharbeit gemildert werden sollte. Als Experte für die Nacht- und Schichtarbeit wusste er, dass diese immer den Körper belastet. Aber ebenso schlimm oder schlimmer sind die sozialen Auswirkungen auf Familie, Freunde u.ä. So hatte Professor Nachreiner u.a. Optimierungsprogramme für Schichtpläne entwickelt, die die sozialen Wirkungen minimieren.
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Neben Nachreiner hatte auch ich meine Bedenken. Aber nicht wegen der Physiologie, da ich eine Eigenschaft habe wie nur wenige Menschen: von Geburt an war mir die circadiane Wirkung egal. Ich kann schlafen, wann es geht, aber auch tagelang wach bleiben. Das können rechnerisch maximal 20% aller Menschen vom Chronotyp Eule, davon bin ich die extremste. Der größte Teil der Menschen gehört zu den Lerchen. Diese und auch die "Normaltypen" stehen zur gleichen Zeit auf, egal was sie in der Nacht davor getan haben. Daher findet man in Warten und Leitständen fast nur Eulen. Aber so viele Eulen, wie die Gesellschaft braucht, gib es aber nicht. Außerdem weiß ich nicht recht, ob man etwa die Polizei oder die Gewerbeaufsicht nur mit Eulen bestücken sollte.
Meine Bedenken waren daher eher technischer Art. Ich mag keine Studien, die auf Beleuchtungsstärken beruhen, weil dieser Begriff eine künstliche Größe bezeichnet. Die Beleuchtungsstärke ist erfunden worden, um alles Licht, das sich in einem Punkt auswirkt, ungeachtet seiner Quellen und deren Eigenschaften in eine Messgröße zu fassen. Nur wer gelernt hat, was dabei alles unberücksichtigt bleibt, Blendung, Richtung des Lichteinfalls, Modellierung von Gesichtern, Lichtfarbe, Farbwiedergabe, Leuchtdichte und und und, kann damit umgehen. Dass ausgerechnet die physiologischen Auswirkungen auf die Körperhormone an der Beleuchtungsstärke des Arbeitsplatzes gemessen werden sollten, wollte mir nicht in den Kopf.
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Es gibt einen eindeutigen Nachweis dafür, dass die lichttechnische Industrie den Versuch im Volkswagenwerk als Vehikel benutzen wollte, helles Licht allgemein zu propagieren, als Heilmittel, vielleicht sogar als Allheilmittel. Das Projekt wurde der deutschen Öffentlichkeit nicht etwa durch eine Fachzeitschrift für Produktionstechnik präsentiert, sondern durch die Bürozeitschrift Mensch und Büro. Wer nicht gutgläubig alles abnimmt, was ihm vorgesetzt wird, fragt sich, was eine Bürozeitschrift wohl mit Schichtarbeit zu tun hat. Zu der Präsentation war Nachreiner nicht eingeladen. Er wäre vermutlich auch nicht gekommen, weil er den Versuch bereits methodisch unterirdisch gefunden hatte. Als Moderator hatte Mensch und Büro mich vorgesehen. Das war der Industrie aber nicht genehm. Sie argumentierte, ein prominenter Fernsehmoderator von Wissenschaftssendungen wäre angemessen für das historische Event. So wurde Karsten Schwanke zum Moderator gewählt. Immerhin der Moderator von "Abenteuer Wissen", einer Sendung, die zuvor von Wolf von Lojewski präsentiert worden war, und Schwanke eine Goldene Kamera für "Beste Information Wissensmagazine" einbrachte. Dieser verdiente viel später eine "Medaille für naturwissenschaftliche Publizistik" der Deutschen Physikalischen Gesellschaft.
Die Wahl von Karsten Schwanke zeigt den Stellenwert, den die Industrie dem Projekt beigemessen hat. Nur kurz danach wurde das großartige Werk begraben. Was war der Grund? Jedenfalls nicht meine Bedenken bezüglich der Beleuchtungsstärke. Diese haben die Lichtplaner wohl so hinbekommen. dass in keiner Publikation von Blendung die Rede war. Die circadiane Rhythmik der Arbeiter wurde auch um Stunden verschoben. So gesehen ein Erfolg. Das einzig Dumme war, was Nachreiner beanstandet hatte. Die Arbeiter mussten nach der Nachtschicht im Dunkeln nach Hause fahren, damit die Verschiebung durch die dumme Sonne nicht wieder zurück verschoben wurde. Dann war da noch eine Kleinigkeit: Es mussten Nachtschichten drei Wochen in Folge durchgehalten werden. Und zwischendurch musste der Arbeiter tagsüber nur mit einer lichtdichten Sonnenbrille herumlaufen. Die Helden der circadian verschobenen Industriearbeit würden zwar nicht dezimiert wie weiland Napoleons Mannen. Aber das soziale Leben in Wolfsburg wäre wohl vor die Hunde gegangen. Ein Wunder ist … nicht geschehen! Der Tag ließ sich nicht zur Nacht machen.
Die Idee war zu praktisch, um in die Geschichte einzugehen!
24.09.2024
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Denkbar überbrachte heute unsere Glückwünsche an Dr. Lichtboss anlässlich der Stellungnahme der CIE zu „Richtiges Licht zur richtigen Zeit“, die die Breaking News beherrscht. Das Event hat Jubiläumscharakter und geht nach 2015 und 2019 in die dritte Runde. CIE beschreibt seit 10 Jahren, was sie denkt, wie den Menschen das richtige Licht zur richtigen Zeit zuteil werden kann. Vor drei Jahren hatten wir berichtet, wie sich 18 Pundits des gesunden Lichtes die Sache vorstellten (link). Jetzt hat die CIE, der Weltverbande der lichttechnischen Gesellschaften reagiert.
Das Interview führte unser Chefblogger Anton von Wegen.
Denkbar
Lichtboss
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Denkbar
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Lichtboss
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Denkbar
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Lichtboss
Herr Dr. Lichtboss, können Sie unseren Lesern kurz erklären, was dieser Tag Ihrem Unternehmen als ältestes Start-up der Lichtbranche bedeutet?
Ja, gerne doch. Aber ich muss mich kurz fassen, weil ich in eine Therapiesitzung muss.
Ach, hat Ihr Unternehmen Märlux jetzt eine Abteilung Lichttherapie? Ich dachte, Sie beschäftigen sich primär mit gesundem Licht.
Tun wir auch. Die Therapie ist eine gewöhnliche Psychotherapie für mich persönlich.
Oh, Persönliches ist nicht Gegenstand dieses Interviews. Unsere Leser interessieren sich in erster Linie für Ihre Produkte, die gesundes Licht für alle bieten.
Darum geht es ja. Deswegen ist meine Therapie nicht nur meine Sache. Alle die glaubten, dass unsere Beleuchtung endlich gesund wird, sind gelinde gesagt, deprimiert.
Denkbar
Interessant … Und ich dachte immer, Ihre Umsätze gehen durch die Decke?
Lichtboss
Das schon, aber durch die Decke der Etage unter uns.
Denkbar
Wie das? Als Sie Märlux gründeten, hieß es doch, man braucht eine völlig neue Lichttechnik, eine die sich am Menschen orientiert.
Lichtboss
Dann glauben Sie an Märchen, die die Branche erfolgreicher verbreitet als die Gebrüder Grimm. Wir wollten anders sein. Wir glaubten an HCL, was da hieß „human centric lighting“. Dabei glaubten wir an human centric design, mit dem die Autoindustrie seit Jahrzehnten erfolgreich arbeitet.
Denkbar
Das Konzept ist doch stimmig. Warum sollte es gerade in der Lichttechnik nicht klappen?
Lichtboss
Weil die anderen keine Märchen erzählten. Ich muss mich korrigieren, weil bei der Autobranche diejenigen, die Märchen erzählten, über Kurz oder Lang pleite waren. So hat sogar der Primus des Weltmarktes ins Gras gebissen. General Motors ging mit 101 Jahren 2009 in die Insolvenz. Kennen Sie so etwas aus der Lichtbranche?
Denkbar
Na, ja! General Electric macht nur noch negative Schlagzeilen. Philips macht kein Licht mehr. AEG ist schon lange vorbei. Und Osram hat Siemens verscherbelt. Licht kommt heute aus Elektronikbuden.
Lichtboss
Was lag da näher, als den Vorstellungen von einer völlig neuen Lichttechnik zu glauben? Nach 80 Jahren Glaube an das Licht zum Sehen stand plötzlich die Erkenntnis, dass Sehen nicht alles ist, was Licht bewirkt. Die CIE hat da 2004 in Wien einen Kongress abgehalten, der uns alle beflügelt hat. …
Denkbar
… vor Allem Märlux.
Lichtboss
Ja, vor Allem wir! Wir wollten das Licht an die Körperrhythmen des Menschen anpassen. Das ist eben das Problem!
Denkbar
Wieso Problem? Ich denke, es ist immer gut, wenn Technik an den Menschen angepasst wird.
Lichtboss
Sagen wir mal, häufig. Im Falle von Licht haben die Gurus um Prof. Brown (hier) viel Licht empfohlen, aber nur tagsüber zwischen 06:00 Uhr und 18:00 Uhr. Abends soll es nur ganz wenig Licht geben, nachts überhaupt keins
Denkbar
Klingt plausibel. Das Licht dem Verlauf der Sonne anpassen … Wo liegt das Problem?
Lichtboss
Problem? Die Menschen machen Licht, wenn sie es brauchen. Und das seit der Eiszeit. Jetzt sollen wir denen erzählen, dass sie unsere Produkte brauchen, wenn sie sie nicht brauchen? Zudem: Es müsste verboten werden, nachts mit dem Computer zu arbeiten. Deren Bildschirme erzeugen 7 mal so viel Licht wie zulässig.
Denkbar
Oh, so habe ich das nicht gesehen. Ich denke, dass die Empfehlung von 18 Spitzenforschenden kam. Wer sollte da besser denken können?
Lichtboss
Stimmt. Die haben nur nicht daran gedacht, dass wir nicht mehr in der Eiszeit leben. Die Lichttechnik hat die 24/7 Arbeitswelt möglich gemacht. Und den Forschenden fällt nichts Besseres ein als, dies für gesundheitsschädlich zu erklären.
Denkbar
Da wird die CIE ein klärendes Wort gesprochen haben. Ich lese: „Die Empfehlung für den Abend, drei Stunden lang nicht mehr als 10 lx melanopisches EDI am Auge zu haben, lässt sich möglicherweise nur schwer mit den individuellen Anforderungen an die Sichtbarkeit bei der Arbeit vereinbaren, insbesondere bei Personen mit eingeschränkten Sehfähigkeiten. Sowohl die Beratung durch Experten als auch die sorgfältige Auswahl der Lichtquellenspektren könnten dazu beitragen, eine integrative Lösung zu finden.“ (Übersetzt mit DeepL.com)
Lichtboss
Meinen Sie, das ist klar? Das einzig Klare ist, dass die Empfehlung der Experten Unsinn ist. Die haben wohl nicht an die Arbeitswelt gedacht. Das nenne ich Expertise. Die Herrschaften wissen wohl nicht, dass die Branche das große Geschäft mit der Beleuchtung von Arbeitsstätten macht.
Denkbar
Etwas seltsam. Leben die Forschenden auf einem anderen Planeten?
Lichtboss
Nö, wenn man so nimmt: „Wie die Teilnehmer des Manchester-II-Workshops [die Quelle der Expertise] feststellten, beziehen sich diese Empfehlungen auf die Bedürfnisse gesunder junger bis mittelalterlicher Erwachsener, aber ihre Anwendbarkeit auf jüngere und ältere Bevölkerungsgruppen sowie auf Menschen mit besonderen Bedürfnissen ist unbekannt. Fördereinrichtungen sollten Projekten Vorrang einräumen, die Informationen über vielfältigere Stichproben mit unterschiedlichem Alter und Gesundheitszustand liefern. (Übersetzt mit DeepL.com)
Denkbar
Gesunde junge bis mittelalte Menschen … kommt mir bekannt vor. Das war die Basis der Definition von Licht mit der V(λ)-Kurve vor genau 100 Jahren. Die CIE scheint aufgewacht zu sein? Wird nicht gerade das Jahrhundert dieser Kurve gefeiert?
Lichtboss
Ja. Die CIE wird aber den Deubel tun und von ihrer Definition abweichen. Selbst wenn ihr nachgewiesen wurde, dass man das Licht nicht so definieren darf. Das steht extra in dem Standard ISO/TR 9241-610. Allerdings wurde dieser Standard erst in 2022 geschrieben. Die Aussage, dass man Licht nicht so definieren darf, wenn es um physiologische Wirkungen geht, steht seit den 1940er Jahren in den Standards der US-amerikanischen Lichttechnik (IES). Und eine Kommission der IES hat dies ausdrücklich im Jahr 2008 bestätigt. Da die CIE trotzdem bei ihrer Meinung geblieben ist, wurde dasselbe in einem Standard in 2018 wörtlich wiederholt.
Denkbar
Da scheint es paar Probleme mit der Theorie zu geben. Hat es praktische Konsequenzen?
Lichtboss
Vor allem die! Wenn man den Experten folgt und Licht installiert, die am Tage mindestens 250 melanopisch EDI vertikal erzeugt, muss man je nach Berechnung die installierte Leistung mindestens verdreifachen, eher verfünffachen. Dazu sagt die CIE in ihrem Bericht: „Um für die Benutzer und die Baubehörden akzeptabel zu sein, muss die vertikale Beleuchtungsstärke von mindestens 250 lx melanopischer EDI erreicht werden, ohne dass dies zu Unbehagen oder eingeschränkter Sicht führt, und die Lichtexposition muss innerhalb der Grenzen der Energievorschriften liegen.“ Machen Sie das mal! Seit es künstliche Beleuchtung gibt, das ist über 100 Jahre her, plant man immer nach horizontaler Beleuchtungsstärke. Auf einmal 90º umdrehen und verdreifachen?
Denkbar
Müsste doch gehen? Dann verdreifachen Sie Ihren Umsatz pro Arbeitsplatz.
Lichtboss
Von wegen! Vertikale Beleuchtungsstärke bedeutet horizontal fliegendes Licht. Das gibt es nur durch Fenster. Unsere Beleuchtung kommt immer von der Decke, weil Arbeitsstätten so geplant werden. Dort ist die vertikale Beleuchtungsstärke nur ein Rechenkonstrukt. Real existiert die nicht. Und wenn … in einem Arbeitsraum stehen dem horizontal fliegenden Licht Bildschirme, Maschinen, Schallschirme u.v.a.m. im Wege.
Denkbar
Wenn dem so ist, wird es wohl nichts mit der gesunden Beleuchtung, oder wie sehen Sie das?
Lichtboss
Das ist ja der Grund für meine Therapie. Die CIE sieht aber schon einen Ausweg. Der schmeckt uns aber nicht.
Denkbar
Das habe ich wohl überlesen. Können Sie bitte für unsere Leser den entsprechenden Passus zitieren?
Lichtboss
Ungern. Aber wir sind ehrlich. Die Empfehlung, auf die sich die CIE bezieht, lautet „Ein hoher melanopischer EDI (eine sehr hohe Lichtexposition) während des Tages ist förderlich für die Wachsamkeit, den zirkadianen Rhythmus und einen guten Nachtschlaf.“ Die Empfehlung der CIE, die ich sehr ungerne zitiere, besagt: „ Die CIE erkennt an, dass der Aufenthalt im Freien während des Tages mit einer besseren Gesundheit und einem höheren Wohlbefinden in Verbindung gebracht wird und dass die Exposition gegenüber Tageslicht eine wichtige kausale Komponente für diese Effekte darstellt. Die CIE empfiehlt auch, das Tageslicht in Innenräumen nicht unnötig einzuschränken. Mehr Tageslicht in Gebäuden führt in der Regel auch zu einer Verringerung des Energieverbrauchs für die Beleuchtung."
Denkbar
Danke. Jetzt verstehe ich Sie voll und ganz.
Die Pressemitteilung der CIE (oben rechts in voller Länge verlinkt) bedeutet nichts anderes als, dass die Diskussion der letzten 25 Jahre kaum etwas bewirkt hat. Die Lichttechnik war in den 1920ern ausgezogen (Light and Health von Matthew Luckiesh) das Tageslicht vollständig zu ersetzen, und das nicht im Sinne eines einfachen Ersatzes, sondern einer Verbesserung. Kurz danach zog die Klimatechnik aus, um eine völlig künstliche Welt zu schaffen. Die Gebäude sollten nicht mehr nach oben wachsen, sondern nach unten und so an Energie sparen, von Lärm verschont werden.
Damit jeder die Entwicklung nachvollziehen kann, habe ich die Pressemitteilungen der CIE von 2015 und 2019 hier verlinkt.
29.04.2024
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Nach langen Bemühungen ist es denkbar gelungen, den erfolgreichsten Gründer eines Start-ups der Lichtszene für ein Interview zu gewinnen. Wir lassen dem Interview einen Dank vorausgehen, weil Dr. Boss, der Geschäftsführer trotz dringender Aktivitäten Zeit für uns gefunden hat, aber gleich weg musste. Das Interview führte unser Chefblogger Anton von Wegen.
AvW: Herr Dr. Boss, können Sie unseren Lesern kurz erklären, warum Sie sich für den Namen MärLux für Ihr Unternehmen entschieden haben? In der Branche erzählt man, dass dies ein Kürzel für Märchenhaft Schöne Beleuchtung sei.
Boss: Ja, gerne doch. Wie Sie wissen, steht Lux für Licht, Helligkeit und Tagesanbruch. Deswegen enden alle relevanten Namen in der Branche mit Lux, wie z.B. MonoLux oder DiaLux. Zudem wird unsere alleinige Grundgröße auch mit Lux bezeichnet. Unser Name steht für Aufbruch des elektrischen Tages.
AvW: Und Mär?
Boss: Denken Sie an Märchen?
AvW: Gut! Aber wir wollen uns nicht mit Namen aufhalten. Sie haben es ja eilig. Warum?
Boss: Uns droht eine Klage des Mitbewerbs wegen unlauteren Wettbewerbs und eine Geldbuße von einer halben Million Euro.
AvW: Oh, es tut mir Leid, das zu hören. Ich dachte, in der Branche ginge es mit lauteren Mitteln zu.
Boss: Das dachten wir auch. Ist aber leider nicht der Fall. Ein Mitbewerber meint, unser Hauptziel, eine Allgemeinbeleuchtung anzubieten, sei gelogen. So etwas könne es nicht geben.
AvW: Dann brauchen Sie sich doch keine Sorgen zu machen. So etwas war doch bei uns Jahrzehnte lang Standard.
Boss: Leider nur theoretisch. Man hat es nur so erzählt, Allgemeinbeleuchtung sei das richtige Konzept. Das glaubt nur die Gewerbeaufsicht. Dass man gar kein Konzept hatte, hat man nicht erzählt. Da hat aber Prof. Bodmann aus Karlsruhe nachgewiesen, dass es die gar nicht geben kann, außer mit reiner Indirektbeleuchtung oder Leuchtdecken.
AvW: Wie kommt Prof. Bodmann dazu, so etwas zu behaupten?
Boss: Er hat auf seine alten Tage die Beleuchtungsnormen, die er mitgeschrieben hatte, wieder vorgeholt und gelesen. Da muss ihm plötzlich die Erleuchtung gekommen sein.
AvW: Dann machen Sie doch eben auf Indirektbeleuchtung. Sieht doch schön aus. Oder?
Boss: Schön unwirtschaftlich! Und stört die Wahrnehmung. Deswegen haben wir eine Plagiatsklage am Hals.
AvW: Wie das?
Boss: In einer Werbebroschüre von uns hatten wir behauptet, dies mit Untersuchungen festgestellt zu haben.
AvW: Und? Klingt ja plausibel.
Boss: Schon. Aber der Mitbewerber behauptet, das hätte sein Urgroßvater schon festgestellt. Wir hätten die Idee nur geklaut. Er hat vor Gericht ein Buch aus den 1920ern vorgelegt. Tatsächlich ist die Vorstellung, dass die Indirektbeleuchtung schattenarm und unwirtschaftlich sei, so alt wie die V(λ)-Kurve. Das sieht nicht gut aus für uns. Zudem hatten wir behauptet, die Raumwahrnehmung sei eben zu diffus.
AvW: (googelt) Oh, es steht auch im Baunetz Wissen. Da sind Sie fein raus. Da steht: "Ein möglicher Nachteil liegt in der verminderten Schattenbildung, die zu einer verunklärten Raumwahrnehmung führen kann." Verunklärt bedeutet doch gestört. Oder? Manche Leute übersetzen es mit obscured wie verschleiert, verdeckt, vernebelt. Verwischt geht auch.
Boss: Leider nicht. Die dürfen schreiben, was als Allgemeinwissen gilt. Es muss nichts mit der Realität zu tun zu haben. Wir hatten ja behauptet, dass wir den Nachweis geführt hätten, dass Indirektbeleuchtung unwirtschaftlich sei. Und außerdem die Wahrnehmung störe.
AvW: Und stimmt es etwa nicht?
Boss: Das Gericht sitzt daran. Es wird vermutlich entscheiden, dass man eine Wirtschaftlichkeit oder deren Gegenteil nicht so einfach behaupten kann. Man muss zum einen die Kosten berücksichtigen und diese zum anderen in Relation zum Nutzen setzen. Das hatten wir nicht getan, weil es auch sonst keiner tut.
AvW: Hat das Gericht Anhaltspunkte?
Boss: Leider, ja. Wir hatten behauptet, unsere LED-Leuchten hätten sehr hohe Leuchtenbetriebswirkungsgrade.
AvW: Und? Was soll daran falsch sein? LEDs sind doch sehr energieeffizient. Das geht bis 250 lm/W … Die Glühlampen kamen auf gerade mal 10 lm/W. (googelt) Oh, ich sehe gerade, dass die KI zwischen Lampe und Leuchte nicht unterscheiden kann.
Boss: Ja, schon. Aber eine Glühlampe konnte man an einer Strippe von der Decke baumeln lassen. Sah zwar nicht schön aus, aber man konnte es dort aushalten. Lassen Sie mal ein freibrennendes LED-Modul nackt in einem Raum aufhängen. Übrigens, dass die KI zwischen Lampe und Leuchte nicht unterscheiden kann, liegt nicht an deren Dummheit. Man hat es in der Lichttechnik neuerdings so gewollt, weil die Unterscheidung nur Unsinn erzeugt hat und nie allgemein akzeptiert wurde.
AvW: Ergo?
Boss: Man muss das Licht durch Diffusoren dämpfen. Und das schluckt Licht. Mindestens die Hälfte. Das ist unwirtschaftlich.
AvW: Sie meinen, LED-Module seien energieeffizient, aber LED-Beleuchtungen nicht so sehr?
Boss: So isses. Es war schon immer schwachsinnig, die Lichtausbeute von Leuchtmitteln allein zu berechnen. Die soll das Maß für die Wirtschaftlichkeit einer Lampe sein. Wenn Lampen allein beleuchten täten, käme es irgendwie hin. Sie tun es aber nicht.
AvW: Also musste der Begriff Leuchte verschwinden? Oder war es die Lampe?
Boss: Vielleicht beide. Das wissen wir aber noch nicht.
AvW: Haben Sie noch mehr Ärger am Hals?
Boss: Und ob! Wir hatten behauptet, blendfreies Licht anzubieten.
AvW: Klingt ja wunderbar. Das hatte sich schon Edison vorgenommen.
Boss: Ja, eben. Edison wollte seine Glühlampen mit Gleichstrom betreiben. Dann flimmert nix. Zudem hatten sie nur ganz geringe Leuchtdichten. Als die Leuchtstofflampe kam, gaben sich die Hersteller Mühe, die Beleuchtung blendfrei zu machen. In ihren Hexenküchen – Pardon, Lichtlaboren, dachten sie sich komplizierte Formeln aus, die keiner versteht.
AvW: Am Ende waren die doch erfolgreich, oder?
Boss: Fragen Sie doch die User. Zudem: Vergessen ist besser. Es gelang nie einem nachzuweisen, dass die Formeln etwas bedeuten. Am Ende bastelte man eine dritte Formel aus zwei untauglichen, und nennt sie UGR. U wie Unsinn …
AvW: Wenn niemand eine Lösung hat, warum verklagt man Sie jetzt?
Boss: Wieder wg. unlauteren Wettbewerbs. Wir hatten behauptet, unser Licht wäre blendfrei, und das hätten wir ermittelt. Da kam der Mitbewerb mit dem Argument, das könne nicht sein, weil man sich erst einmal eine Methode ausdenken muss, diesen Beweis zu erbringen. Und das 145 Jahre nach der Erfindung der Glühlampe. Aber wahr, der Kläger legte mehrere Schriften honoriger Professoren vor.
AvW: Oh, es tut mir aufrichtig leid, dass ein Start-up im Jahre 2024 an Dingen zu knabbern hat, die man hätte vor 100 Jahren lösen müssen.
Boss: Dafür kann ich mir leider nichts kaufen. Ich muss gleich wegen einer neuen Geschichte zum Gericht.
AvW: Darf man erfahren, warum?
Boss: Von Wegen. Wenn Ihre Leser erfahren, was bei unseren Werbeaussagen da alles fundamental angreifbar wäre, könnte ich mir ein Zimmer in der Nähe des Gerichts mieten.
AvW: Gar nicht so schlecht die Vorstellung. Wenn man alle wegen fragwürdiger Behauptungen vor Gericht zerren könnte, würde ein kleines Dorf drum herum entstehen.
Boss: Vielleicht ein großes? Gut, wenn die Gerichsklause nicht schließt, kann man sich mit den Kollegen einen leisten. Erzähle ich Ihnen beim nächsten Mal.
AvW: Herr Dr. Boss, wir danken Ihnen für dieses aufrichtige Gespräch. Wirklich sehr selten in der Branche.
24.04.2024
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Heute ist mir ein historisch wertvolles Dokument in die Hände gefallen, das für viele von uns den Alltag im Arbeitsleben mitbestimmt. Es wurde von zwei Herren geschrieben, die ich einst gut kannte. Sie berufen sich auf einen anderen Herrn, den ich auch mal kennenlernen durfte. Dessen Titel nimmt in der Publikation eine ganze Zeile ein: Herr Prof. Dr. phil. Dr. med. Dr. med. h. c. Herbert Schober. Einst ein Name wie Donnerhall! Da muss man vor Ehrfurcht erstarren, zumal die anderen Herren, die als Autor genannt werden, auch nicht über viel kürzere Titel verfügten, Herr Prof. Dr. rer. nat. Erwin Hartmann und Herr Prof. Dr. med. Wolf Müller-Limmroth. Echte Pandits ihrer Zunft. Bei so viel Kompetenz muss man deren Schrift als so eine Art Bibel betrachten. Da steckt Wahrheit drin!.
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Das Dokument stammt vom Juni 1981 und baut auf einem einem Gutachten von Schober von 1971 auf. Wer Schober war? Die Koryphäe was Sehen und Physiologie angeht. Bereits 1950 hatte er sich zu Worte gemeldet. Sein Artikel in Lichttechnik hieß "Die angeblichen Sehstörungen bei Beleuchtung durch Entladungslampen". Übrigens, die angeblichen Störungen gibt es heute 75 Jahre später noch. Bei mir steht er mit dem folgenden Satz im Gedächtnis: „Erst die Einführung der Leuchtstofflampen hat es ermöglicht, zwei alte Wünsche der Technik zu erfüllen, nämlich die Arbeit in fensterlosen und genau klimatisierten Räumen auf der einen Seite und die von der Tageszeit unabhängige kontinuierliche Maschinenarbeit auf der anderen Seite.“ Wenn das so allein da stünde, hätte ich nichts dagegen. Ist ja nur ein Statement, auch wenn nicht ganz so unparteiisch. Das Wörtchen genau vor "klimatisierten Räumen" hätte ich gerne erklärt bekommen. Prof. Schober hat wohl nie in einem klimatisierten Raum gesessen.
Auf dem Kongress, wo diese Worte von 1961 wiederholt wurden, gab es aber noch ein Statement: „Menschen in fensterlosen Fabrikationsräumen haben - sofern diese in arbeitshygienischer Sicht optimal gestaltet sind - keine gesundheitsschädigenden Einflüsse zu befürchten.“ Das war die 6. Arbeitstagung der Deutschen Gesellschaft für Arbeitsmedizin und dokumentiert, dass die deutschen Arbeitsmediziner dem Tageslicht keine hygienische Bedeutung beimaßen. Diese Tagung lief zum Thema "Der fensterlose Arbeitsraum". Könnte auch "Eine Welt ohne Sonne" heißen.
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Schobers Gutachten von 1961 wurde 1971 aufgefrischt und besagte, dass alle Behauptungen zu gesundheitlichen Wirkungen vom Leuchtstofflampenlicht irgendwie falsch seien. Leider liegt mir das Urdokument nicht vor. Aber darauf kommt es nicht an, weil weitere zwei hochdekorierte Herren im Jahre 1981 seine Ausführungen wieder aufnahmen. Das Jahr 1971 war übrigens nicht so eine Zahl wie jede andere. In dem Jahr veranstaltete die LiTG eine Sondertagung "Auge-Licht-Arbeit" in Karlsruhe, bei dem es um fensterlose Arbeitsräume ging. Auf dieser Tagung ging der spätere Vorsitzende des Normenausschusses Beleuchtung, H.-J. Hentschel, sogar noch weiter als andere: „Hohe Ansprüche an die Beleuchtung, wie sie in der künstlichen Beleuchtung gestellt werden, können nicht befriedigt werden.“ Ergo: Die Menschen haben es besser, wenn man das Tageslicht aussperrt und ihre Arbeitsräume nur noch künstlich beleuchtet. Hentschel wusste im Übrigen nicht, dass sinngemäß dasselbe in einem Buch von Luckiesh und Pacini im Jahre 1926 gestanden hatte. Und der im Bild an der Seite dozierende Prof. C. T. Larson bereits 1965 diese Weisheit wissenschaftlich ermittelt zu haben glaubte.
Dummerweise bauen Menschen Fenster nicht wegen der Beleuchtung in ihre Behausungen ein. Diese dienen vornehmlich der Belüftung. Während man ohne Licht leben kann, auch wenn nicht allzu fröhlich, ist ein Leben ohne Luft nur in der Tiefsee möglich, wo riesige Würmer an schwarzen Schloten vom Schwefel leben. Naturverbunden, aber nicht ganz menschenwürdig. Aber die Lösung war längst da. Die künstliche Klimatisierung war zu Beginn des 20. Jahrhunderts erfunden worden. In den USA war man bereits in den 1930ern dabei, unterirdische Städte zu entwerfen. Aber ein gewisser Georg Rössler vom Institut für Lichttechnik in Berlin war der Meinung, Menschen bräuchten eine Kommunikation mit ihrer Umwelt. Dem widersprach ein gewisser Weber, Autor von "Praktische Erfahrungen bei fensterlosen Arbeitsräumen", und stellte die glanzvolle Zukunft so dar: "… richtige Dosierung folgender Reize: Eine Luftbewegung durch die Klimaanlage, akustische Reize durch die Maschinen, stärkere optische Gestaltung durch die Farbgestaltung sowie letztlich durch die Tätigkeit am Arbeitsplatz selbst." Was braucht der Mensch noch? Rösslers Idee (mehr dazu hier) kam 1975 in die Arbeitsstättenverordnung und ist im Jahr 2024 immer noch dort. Vom Herrn Weber mit dem Ideenreichtum ohnegleichen fehlt bis auf die zitierte jede Spur. .
Eine Luftbewegung durch die Klimaanlage, um ein Frühlingslüftchen ins Büro zu holen? Mindestens zwei Generationen von deutschen Büromenschen, die das besondere Los gezogen hatten, in einem Großraumbüro zu arbeiten, würden dem Herrn Weber nichts Gutes wünschen. Er dürfte sich in einem Großraumbüro auch nicht als Autor dieser Weisheiten outen, ohne sich Sorgen um seine Sicherheit zu machen. Aber Hentschel und ähnlich Denkende kamen ungeschoren davon, weil sie nur in Fachkreisen auftraten. Ihr wichtigstes Problem bildeten ein Prof. Hollwich und dessen Anhänger. Dieser behauptete, Leuchtstofflampenlicht erzeuge Stress und stünde im Verdacht, die Stoffwechselprozesse im Körper zu stören. Sie hätten ein falsches Spektrum. Seine diesbezüglichen Arbeiten füllen eine lange Liste.
In den Jahren ist auch irgendwie der Verdacht entstanden, Leuchtstofflampen könnten Krebs erzeugen. Da musste die Lichttechnische Gesellschaft dagegen halten. Das ganze Gutachten von Hartmann und Müller-Limmroth von 1981 kann kostenlos im Internet abgerufen werden. Ich will nur einige Passagen anführen und kommentieren. Hollwich wird da nicht etwa als ein irregeleiteter Ahnungloser hingestellt, sondern so: "Hollwich hat, und das ist zweifellos verdienstvoll, immer wieder darauf hingewiesen, daß Licht, das vom Auge aufgenommen wird, nicht nur der visuellen Information dient, sondern auch indirekt über den Hypothalamus und die Hypophyse das vegetative Nervensystem und das Endokrinum beeinflussen kann. Damit steht heute zweifellos fest, daß Licht eine stimulierende Wirkung besitzt."
Über 40 Jahre später verändert die hier subsumierte Erkenntnis von Hollwich die Lichtwelt. Allzuweit kann er also nicht daneben gelegen haben. Dennoch wird mit großen Aufwand erläutert, warum seine Vorstellung vom falschen Spektrum grundsätzlich falsch sei: "Das Farbensehen des Menschen basiert also darauf, daß der Lichtreiz, wie immer er auch spektral zusammengesetzt sein mag, von den drei Zapfenpigmenten entsprechend ihren Absorptionskurven absorbiert wird und daraus drei entsprechende Rezeptorsignale resultieren. Aus den Rezeptorsignalen kann nicht mehr eindeutig auf die spektrale Zusammensetzung der erregenden Strahlen zurückgeschlossen werden. Es ist seit langem bekannt, daß das Auge nicht in der Lage ist, die spektrale Zusammensetzung des Lichtes zu erkennen."
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Wie dumm, dass etwa zwei Jahrzehnte später die Chronobiologie nachweist, dass das menschliche Auge so gut mit dem Spektrum umgehen kann, dass alle lichttechnischen Größen eine vom Spektrum der Beleuchtung abhängige Variante bekommen haben. "Bei gleicher Hellempfindung und Lichtfarbe ist es daher nicht vorstellbar, daß biologische Funktionen unmittelbar von der spektralen Zusammensetzung des Lichtes abhängig sind." hieß es 1981 in dem Gutachten. Das Unvorstellbare ist wahr. Kann das wahr sein?
Es geht noch weiter: "Ein Zusammenhang biologischer Funktionen mit der spektralen Zusammensetzung des Lichtes ist aber bei gleicher Hellempfindung und Lichtfarbe nach heutigen Erkenntnissen nicht gegeben." Aber ja, doch! Manche Aussage lässt sich später doch als ziemlich dummes Geschwätz vorführen. So z.B. dieses Statement: "Nachdem es heute wohl kaum noch einen Wissenschaftler gibt, der im Ernst behauptet, daß durch Licht über das Auge, den Hypothalamus und die Hypophyse Krebs entsteht, bleibt aber immer noch die Frage nach der „Streßwirkung durch Licht” zu klären." Erstens gibt es nicht nur einige Wissenschaftler, die das Licht in der Nacht (light at night bzw. LAN) als ernsthafte Forschung betreiben, weil es bis heute nicht aufgeklärte Wirkungen des Lichts gibt, die die Entstehung mehrerer Krebsarten begünstigen. LAN = light at night hat sich zu einem Dauerthema in der Medizin entwickelt. Allerdings zu keinem erfreulichen. Es gibt einen Wirkungspfad, der realistisch erscheint: Licht in der Nacht ist mit einer Unterdrückung des Melatonin im Blut verbunden. Da Melatonin u.a. als Jäger von Krebszellen gilt, bedeutet weniger Melatonin im Blut länger am Tag freie Fahrt für Krebserreger. Bei bestimmten Berufen ist die WHO davon überzeugt, dass Nacht- und Schichtarbeit Krebs fördert. Und als ein möglicher Faktor gilt Licht. (mehr z.B. hier)
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Lassen wir die großen Krankmacher und reden wir vom Stress. Hartmann und Müller Limmroth haben dazu etwas geschrieben, was heute ebenso bedeutsam ist wie damals. Die Herren wollten eigentlich einen Persilschein für das künstliche Licht ausstellen und fingen die Sache mit dem Stress so an: "Leider ist es heute Mode geworden, bei jeder möglichen und unmöglichen Gelegenheit von Streß zu sprechen …" Sie schreiben weiterhin, dass man Stress am Arbeitsplatz nicht einem einzelnen Faktor anlasten kann. Auch heute würde niemand etwas anderes behaupten als damals: "Infolgedessen ist bei der Bewertung irgendeines Umweltfaktors am Arbeitsplatz immer die Gesamtheit aller Stressoren zu berücksichtigen. Das sind physische Stressoren wie Lärm, Klima, Beleuchtung, Geruch, Arbeitsposition usw., psychomentale Stressoren wie nervliche Beanspruchung, Aufmerksamkeitsanforderungen, Wachsamkeitsprobleme, Schichtarbeit usw. sowie soziale Stressoren …" Wie wahr! Was hat aber die Lichttechnik von dieser von ihr selbst veröffentlichten Weisheit gemacht?
Es gibt einen einzigen Faktor, den man bei der Beleuchtungstechnik in dieser Hinsicht systematisch berücksichtigt hat: Blendung. (Den zweiten Faktor nenne ich weiter unten). Die Art und Weise, wie dies geschehen ist, ist zum junge Hunde kriegen. In zwei Laboren von Lichtherstellern (GE und Philips) hat man 1947 bzw. 1960 Versuche gemacht. In deren Folge wurden zwei Verfahren zur Blendungsbewertung (Luckiesh und Guth bei GE, Söllner bei Philips) aufgestellt. Schlappe 50 Jahre später wurde daraus - auf dem Papier - ein drittes Verfahren errechnet. Das nennt sich UGR wie unified glare rating. Jede Leuchte, die man kaufen kann, erhält zwei Werte, einen für Blick in Querrichtung, einen für 90º gedrehten. Im Lampenkatalog stehen die Werte dreistellig, z.B. UGR l = 16.2, UGR q = 16.3 (l = längs, q = quer). Die Verfahren erlauben aber nicht einmal eine einstellige Angabe, weil keines der drei Verfahren validiert werden konnte.
Nicht nur das. Validieren heißt, dass ein angegebener Wert eine nachweisbare Bedeutung hat. Dafür muss das Verfahren reliabel sein, d.h. für eine bestimmte Lichtsituation muss es immer den gleichen Wert ergeben. Dazu heißt es, die Versuche seien nicht wiederholbar. Aber auch die Ergebnisse, die Angaben zu Leuchten, sind kaum wiederholbar, denn es heißt:"Ein einzelner UGR-Datenblattwert ist nur dann eine Eigenschaft der Leuchte, wenn diese sich in dessen speziellem Standardraum mit definierten Eigenschaften befindet. In der Praxis kann der UGR-Wert wesentlich anders aussehen, er dient lediglich als eine Art grobe Orientierung für den Planer." (aus ZVEI Positionspapier - UGR-Verfahren Anwendung und Grenzen - Unified Glare Rating", Oktober 2021). In diesem Positionspapier werden insgesamt 12 Grenzen der UGR-Verfahrens aufgezeigt, die von den Grenzen der Basis (UGR-Formel) bis Grenzen durch Alterung der Anlage reichen. Fragt sich, wozu sich das Verfahren überhaupt eignet. Der ZVEI meint genau dazu: "Der einzelne UGR-Datenblattwert für den überschlägigen Leuchtenvergleich". Und das nach 110 Jahren Forschung zu Blendung. Alao mea culpa. Wir haben unser Bestes gegeben. War aber nicht gut genug.
Immerhin besteht Hoffnung, denn die LiTG hat sich nach 111 Jahren umbenannt in "Deutsche Gesellschaft für LichtTechnik und LichtGestaltung". Es kann also nicht mehr sehr lange dauern, bis man von Blendungsvermeidung zu einer menschengerechten Gestaltung kommt. Das Ziel ist bereits ausgemacht: "Beleuchtung dient der Schönheit und Gesundheit", so nach DIN 5035 Innenraumbeleuchtung mit künstlichem Licht von 1935. Die Umsetzung folgt auf dem Fuß!
Dass die Verfahren von Luckiesh und Guth sowie Söllner nicht reliabel waren, wussten die Leute, die das UGR-Verfahren ausgearbeitet haben. Und Versuche, UGR zu validieren, sind fehlgeschlagen. Kein Wunder, denn alle Versuche waren ohne irgendwelche zusätzliche Belastung durchgeführt worden. Nach Hartmann und Müller-Limmroth hätten sie daher nie zu einem validen Ergebnis führen können: "… bei der Bewertung irgendeines Umweltfaktors am Arbeitsplatz immer die Gesamtheit aller Stressoren zu berücksichtigen." Da den beiden Herren aber die Situation bekannt war, hätten sie durchaus den Umstand nennen müssen. So etwa könnte es lauten "Trotz der bereits von Thomas Edison erkannten herausragenden Bedeutung der Blendung wurden bislang keine adäquaten Studien angestellt, um die Beleuchtung von Arbeitsstätten stressfrei zu gestalten." Stress durch einen systematischen Mangel an der Beleuchtung war durchaus gegeben. Und dies war direkt mit der Leuchtstofflampe verbunden, weil alle Versuche mit der Blendung einer geräuschlosen Einführung dieser Lampe dienten.
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Es gab mindestens einen weiteren Stressfaktor, das war Flimmern. Der Effekt war bereits bei der Einführung der Leuchtstofflampe bekannt. Man argumentierte aber, dass das menschliche Auge das Flimmern nicht sehen könne, weil dies mit hinreichend hoher Frequenz geschah (100 Hz und Europa, 120 Hz in den USA). Tatsächlich kann das ruhende menschliche Auge Schwankungen mit dieser Frequenz nicht auflösen. Warum beschwerten sich aber so viele Menschen? Erstens, weil das menschliche Auge bei der Arbeit nicht ruht. Und zweitens die Ermittlung der FVF (Flimmerverschmelzungfrequenz) fehlerhaft war. Diese wurde mit kleinen Lichtquellen im Zentrum des Auges ermittelt. Beleuchtungsanlagen erstrecken sich aber über den ganzen Himmel von Arbeitsräumen. Der Faktor Flimmern wurde so lange geleugnet, bis es eine richtige Lösung gab: Elektronisches Vorschaltgerät. Dass die Beschwerden einen realen Hintergrund hatten, wurde in einem EU-Projekt experimentell nachgewiesen (Wilkins, A.J.; Nimmo-Smith, I.; Slater, A.I.; Bedocs, L.: Fluorescent lighting, headaches and eyestrain, Lighting Research and Technology, 1989, S. 11-18). In einem Bürohaus verschwanden die Hälfte der Kopfschmerzen durch flimmerfreies Licht.
Übrigens, Flimmern ist wieder zurück, als flicker. In Brüssel ringt die Lobby der Lichttechnik mit der EU-Kommission darum, wie hoch LEDs flimmern dürfen. Dabei war es bereits vor der Einführung der LED als Beleuchtung bekannt, wie man sie flimmerfrei betreibt. Wer keine persönliche Begegnung mit Flimmern hatte, möge zu einer belebten Straße in einer deutschen Stadt gehen oder zu einem Bahnhof. Dort flimmern die Fahrradlichter, wenn einer langsam fährt oder schiebt. Gestern kamen mir bei Sonnenschein Dutzende Fahrräder einer Öko-Gruppe an einem Berg entgegen. Die Lahmen flimmerten, die Schnellen machten eine Weiterfahrt unmöglich. Sie blendeten schlimmer als die viel beschimpften SUVs. Langsam wird mir klar, warum die "Fachleute" der EU, die die neue Richtlinie bearbeiten, nicht vom Fach sind, aber mindestens einer aus der Walachei.
Wie man sieht, hatten unsere Väter gar keinen Grund, sich über das Licht der Leuchtstofflampe zu beschweren. Die Pandits von damals, Schober, Hartmann und Müller-Limmroth, haben sich echt Gedanken darüber gemacht. Sie sagten abschließend: "Es gilt auch heute noch die alte Feststellung [von 1961], daß Sehstörungen bei Leuchtstofflampenlicht auf nicht einwandfrei korrigierte Refraktionsanomalien, auf unzweckmäßige Installation der Beleuchtungsanlage oder auf Sehanforderungen zurückzuführen sind, denen der betreffende Mitarbeiter auch bei einwandfreier Korrektur nicht gerecht werden kann." Wir müssen nur noch auf eine zweckmäßige Installation der Beleuchtunganlage warten! Ansonsten eine andere Brille kaufen oder die Arbeit wechseln.
Alternativ kann man darauf warten, dass die Wissenschaft der Technik hilft, das Phänomen Blendung zu verstehen und ihre Produkte danach zu bauen. Es besteht berechtigte Hoffnung darauf, wie der Beitrag von Prof. Völker, TU Berlin, zum 100, Jubiläum der Deutschen Gesellschaft für Lichttechnik (LichtGestaltung fehlte noch für weitere 11 Jahre) zeigt. Er führt aus: "Der vorliegende Beitrag zeigt, dass es möglich scheint, die vorhandenen Blendungsbewertungsmodelle auf ein Modell zurückzuführen. Zurzeit fehlen noch einige Einflussgrößen, welche aber bereits in Kürze vorliegen dürften. Diese müssen anschließend für alle Anwendungsfälle (Innen-, Außen-, Kfz-, Sportstättenbeleuchtung, etc.) validiert werden.“ Die Entwicklung eines Blendungsmodells würde nach Meinung von Völker gar noch mehrere Dissertationen erfordern. Will sagen, wir wissen nicht, was Blendung ist. Welche dieser Dissertationen heute nach 10 Jahren entstanden sind, steht nicht in der Literatur. Man wird aber hoffen dürfen.
Im Jahre 2021 veröffentlichte eine erlauchte Medizinergruppe, die erste Garde der internationalen Forschenden zu nichtvisuellen Wirkungen der Beleuchtung, ein Memorandum, das zu diesem Schluss kommt: "Ocular light exposure has important influences on human health and well-being through modulation of circadian rhythms and sleep, as well as neuroendocrine and cognitive functions. Current patterns of light exposure do not optimally engage these actions for many individuals, but advances in our understanding of the underpinning mechanisms and emerging lighting technologies now present opportunities to adjust lighting to promote optimal physical and mental health and performance." (In Klartext : Die Lichtexposition des Auges hat einen wichtigen Einfluss auf die Gesundheit und das Wohlbefinden des Menschen, indem sie den zirkadianen Rhythmus und den Schlaf sowie die neuroendokrinen und kognitiven Funktionen moduliert. Die derzeitigen Lichtexpositionsmuster wirken sich bei vielen Menschen nicht optimal auf diese Funktionen aus. Fortschritte im Verständnis der zugrundeliegenden Mechanismen und neue Beleuchtungstechnologien bieten nun jedoch die Möglichkeit, die Beleuchtung so anzupassen, dass eine optimale körperliche und geistige Gesundheit und Leistungsfähigkeit gefördert wird." Vorerst gelten die Empfehlungen nur, wenn die Sonne scheint. Zwischen 19:00 Uhr und 06:00 morgens darf man nur wenig Licht machen. Für die Arbeitnehmer, die nachts arbeiten und alle Leute, die auf ihrem Handy rumfummeln, wird man sich was überlegen. Echt! Versprochen.
Es besteht also Hoffnung!
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