Blaues Licht im Dienste der Natur
Dies ist definitiv keine Erfindung von Australiern, die früher das größte Forschungsfeld für Drogen hergaben: Ein ganzer Kontinent zum Erproben von Drogen. Sogar Heroin soll dort getestet worden sein. Es geht um Schlimmeres: Eine böse (wirklich böse) Kröte vernichtet Tiere, die man als böse ansah: Große Krokodile oder Giftschlangen, z.B. Die Kröte - Aga-Kröte - war nicht freiwillig zu diesem einsamen Kontinent gekommen. Sie sollte Schädlinge in den Zuckerrohrfeldern von Queensland vertilgen. Das fremde Wesen lässt sich auch selbst vertilgen, mit fatalen Folgen für den Vertilger allerdings. Die Aga-Kröte ist selber durch und durch giftig und kann ihr Gift auch bis zwei Meter durch die Luft spritzen. Dass die Australier ziemlich high waren, als sie die Einführung der Kröte beschlossen, ist hingegen Gift, das man gerne gegen die verspritzt. Letztlich haben sie dem niedlichen europäischen Kaninchen eine neue Heimat gegeben, wo es sich vermehrt wie Menschen in Südamerika - nach der Meinung des Papstes. Warum nicht einer Kröte, die anderswo kein Mensch haben will?

Wer rettet die Krokodile vor der fiesen Kröte? Die Front ist mächtig und ebenso vielfältig. Die Universität von Queensland hat auf Staatskosten ein millionenschweres Forschungsprogramm aufgelegt, um dem Treiben der Kröten ein Ende zu bereiten. Pheromone, also Botenstoffe, werden erforscht, um den Tieren die Lust am Sex zu verleiden. Nach für Kröten attraktiven Stoffen und Geräuschen suchen die Wissenschaftler, um die arglosen (?) Tiere in Fallen zu locken. Lebende Krötenkiller werden gezüchtet - etwa ein Frosch namens Litoria dahlii, der die Kaulquappen der Kröte verspeisen kann, ohne davon Bauchschmerzen oder Durchfall zu bekommen. Genetiker arbeiten daran, das Krötenerbgut für immer unbrauchbar zu machen.


Die australische Regierung, nicht zu faul, lobte einen Preis von 15.000 australischen Dollar für die beste Krötenfalle aus. Der Gewinner war eine Plattform mit Falltüren darin. Wirklich geholfen hat aber auch diese Sieger-Idee nicht. Es sind einfach zu viele Kröten, und sie sind zu weit verteilt. Jetzt aber haben die Forscher aus Queensland möglicherweise die Achillesferse ihres Feindes gefunden - eine Vorliebe für coole Clubbeleuchtung. "Wir haben festgestellt, dass die guten alten Kröten definitiv Discotiere sind", sagte Graham Sawyer von der Initiative "Frogwatch".
Nachdem Versuche gescheitert waren, die Tiere mit beweglichen roten und grünen Leuchten anzulocken, verlegten sich die Mitglieder des Projekts "Toad Busters" auf UV-Licht. Das Licht, das in Diskotheken als "Schwarzlicht" für bläulich schimmernde Kleidung - und dabei leider auch für deutlich sichtbare Schuppen auf Schultern sorgt -, zieht die Aga-Kröte offenbar magisch an. Ich denke mal, dass die Kröte human denkt (Anm.: human bedeutet menschlich). Warum soll ich, sagt die Kröte zu sich, nicht zu den Lichtern gehen, die zuweilen Millionen an die Berliner Fanmeile locken? Zudem passt die Farbe irgendwie zu meinem Gift, das nicht wenige Menschen zu sich nehmen, wenn sie high sein wollen.


Da wir Menschen, wie der Name sagt, „human“ sind, werden die Kröten, die in Freilichtdiscos eindringen, nicht einfach vergast oder irgendwie malträtiert. Nein! Geht es nach den wenigen Verteidigern von Bufo marinus, wird die humane Krötenvernichtung der Zukunft so ablaufen: Eine Kröte hüpft liebestrunken ins blaue Licht, wird verständnisvoll aber flott aufgehoben - und für ihre letzten Minuten ins Gefrierfach gesteckt. Ob sich ein japanischer Koch bereit findet, die Gift-Kröte analog zu dem nicht weniger giftigen Fugu-Fisch aufzubereiten, hat die kluge Regierung von Downunder leider nicht feststellen können. Vielleicht redet man Chinesen ein, der Verzehr der Kröte würde die Manneskraft gewaltig erhöhen. Damit hätten wir den dreifachen ökologischen Salchow: Tiger und Nashorn gerettet, und die Kröte perdu´. Die Sache mit der chinesischen Manneskraft regelt die dortige Regierung mit der Ein-Kind-Politik.
Frei Bahn für die Vermehrung der Krokodile! Wer hätte je gedacht, dass die Lichttechnik der Biologie auf die Sprünge helfen würde?


55, 65, 200, 500 - Wo ist die Magie?
Dass Zahlen magische Eigenschaften haben, wusste man noch vor unserer Zeitrechnung. Sieben bringt Glück, 13 hingegen eher das Gegenteil, insbesondere am Freitag. Dass Techniker ihr Glück in Zahlen suchen, ist hingegen eher verwerflich. In dem beschriebenen Fall besonders hinderlich für Mensch und Technik. Die Rede ist von 55º und 200 cd/m2, die magische Leuchtdichte, die ein bildschirmgerechte Leuchte unter diesem Winkel erreichen sollte. Moderne LED-Leuchten bringen es auf 4000 cd/m2 und sind damit nicht bildschirmgerecht? Lassen wir es lieber sein. Die Zahl steht dem "biologisch-dynamischen" Licht im Wege. Dem LED eh.
Wie ist es zu dieser Zahl gekommen? Wer hat sie ermittelt? Und was hat das mit der Leuchtdichte der LED zu tun? Eine lange Geschichte, deren Anfang im österreichischen Voralpenland liegt. Dort residierte ein Lichtguru und erklärte allen, die es nicht wissen wollten, was eine stabile Wahrnehmung ist. Seine Wahrnehmung blieb über Jahrzehnte bemerkenswert stabil: Beleuchtung muss mit tiefstrahlenden Leuchten erstellt werden. So erfand er in grauer Vorzeit die Evolventenleuchte, deren Licht so gebündelt war, dass man bei seitlichem Einblick die - unbeleuchtete - Decke heller sah als die Leuchte selbst. Dass die Leute, die darunter saßen, das Gefühl hatten, dass ihnen dieselbe - die Decke - auf den Kopf fiele, störte ihn nicht. Er hatte ja eine stabile Wahrnehmung.
Diese Wahrnehmung verbreitet er so vehement, dass auch Leute, die nichts von Lichttechnik verstehen, davon fasziniert sind. So wollte er in Rattenberg Spiegel installieren, die ein ganzes Dorf seinem bösen Schicksal - sehr kurzer Tag Dank der Tallage - entziehen sollten. Selbst seriöse Journalisten pilgerten hin. Angeblich hat ihn eine Gemeinde verklagt, weil er mit einem Heliostaten eine ganzen unterirdische Einkaufspassage hat beleuchten wollen. Hilft nix - sein Tempel im Alpenvorland oder Voralpenland ist immer noch Pilgerstätte für Leute, die Erleuchtung suchen.


Unweit davon in Deutschland hatte sich ein ehemals Berliner Unternehmen niedergelassen, deren Mitarbeiter unablässig Blech zu Leuchten bogen. Dieses fühlte sich in seinem Bestand bedroht, weil böse Leute Normen schreiben wollten, mit deren Hilfe die Bildschirmarbeit menschengerecht werden sollte. Das Unternehmen, gar nicht so unmächtig, trommelte seine Obleute zusammen, die die Normen machen sollten und stellte ihnen die Gretchenfrage: "Wir sind a) Hersteller von Computern, b) von Bildschirmen und c) von Leuchten. Arbeitgeber sind wir auch. Wie sorgen wir dafür, dass die Normen die beste Füllung unserer Kassen garantieren.?" Natürlich haben sie den letzten Satz vornehmer formuliert.
Man stellte die Normungsarbeiten für ein Jahr ein, bis der Chef der Leuchtenbieger Vollzug meldete: Wir erfinden eine neues Wort, die Leuchte haben wir eh da. So wurde die Bildschirmarbeitsplatzleuchte (wieder)geboren. Da Techniker von Marketing nix halten, musste man das Produkt mit Zahlen unterfüttern. So kamen die 65º und die 200 ins Spiel. 200 was? Eigentlich steht an dieser Stelle cd/m2. Die damit bezeichnete Größe, die Leuchtdichte, soll relevant für die Blendung sein. Stimmt irgendwie. Angeblich ist sie für die "psychologische" Blendung relevant. Im vorliegenden Fall jedoch nicht, weil schon eine einigermaßen hell beleuchtete Wand die hat. So hat man stolz verkündet, man habe die psychologische Blendung endgültig abgeschafft. Die 200 dienen insbesondere der Begrenzung der Reflexblendung auf Bildschirmen. Wenn man die einhält, fühlen sich alle Bildschirmarbeiter pudelwohl.



Könnte klappen! wären die 200 bloß das, was die Zahl aussagt, eine sehr geringe Leuchtdichte. Leider, leider, ist sie das nicht. Sie ist eine sehr geringe mittlere Leuchtdichte, weil man diese sehr schlecht direkt messen kann. So hatte die Evolventenleuchte diese über die ganze Breite, und gleichmäßig, während andere aus einem Patchwork von Helligkeitsmustern bestanden, die halt im Mittel 200 ergaben. Wenn sie das nicht taten, frisierte man - mal das Blech mal die Zahlen. Bei denen, die weder das Blech noch die Zahlen frisieren konnten, hat man sich auf 65º geeinigt, aber die 200 blieb!
Alles bildschirmgerecht! Leider nur, wenn alle brav nach unten guckten und ihre Bildschirme nur 15º neigten - auch eine Erfindung der Leuchtenindustrie zum Wohle von …? Es kümmerte niemanden, auch nicht den Arbeitsschutz, dass dies nur zu einer Zwangshaltung führen würde und somit eher als Körperverletzung angesehen werden müsste. Zum Wohle von Menschen am Arbeitsplatz war es jedenfalls nicht. Das Ergebnis sah aber gut aus und man lobte die ruhige Atmosphäre, die entstand. Die Leuchten verkauften sich wie geschnitten Brot.


Dumm nur die Sache mit den 500. 500 was? Die ist die wahre Glückszahl der lichttechnischen Industrie und heißt Lux mit dem Familiennamen. Es gibt Lichtexperten, die nie eine Stunde reden können, ohne weniger als 100 Mal 500 lx zu sagen. Die 500 gehört also zum Glück des Experten. Diese bezeichnete die Stärke des Lichteinfalls. Da man mit Beleuchtung die Ausleuchtung der Sehaufgabe versteht, müsste 500 lx die Zielgröße für die Stelle sein, wo man im Büro sehen will. So hat es der staatliche Arbeitsschutz gehalten, und die Gewerbeaufsicht hat an Arbeitsplätzen immer die Stelle vor dem Arbeitnehmer bewertet.
Sehr dumm, vom Vater Staat. Wenn man 500 lx vor einem Büromenschen produzieren will, und die Leuchten darüber hängt, gibt es Reflexblendung. Die müssen also seitlich aufgehängt werden. Dann sitzt der dumme Mensch im Luxtal und nicht auf dem Gipfel, wenn man die voralpenländische Philosophie des Lichts realisiert. Um auf die 500 zu kommen, muss man halt das Licht hinzu addieren, das rechts und links fällt. Das nennt man nach einer Bewohnerin des Alpenlandes, nicht nach Heidi, sondern nach dem Milchmädchen. (Anm.: Wer sich durch diese Bezeichnung beleidigt fühlen darf, ist das Milchmädchen.) Da diese Art Beleuchtung mit dem über Jahrzehnte gepflegten Konzept der Allgemeinbeleuchtung - wenn 500 lx, dann überall 500 lx bzw. Gleiches Licht für alle Volksgenossen - sagte man halt, an Bildschirmarbeitplätzen gelte das Konzept nicht. Und produzierte halt eine neue Norm.


Jetzt kommen neue Unterteufel aus der Lichttechnik und propagieren das bio-dynamische Licht. Nicht ganz so nebenbei, propagieren sie auch noch LED. Warum nicht? Schlicht und einfach: Passt nicht zusammen! Will man "biologische" Wirkungen auslösen, muss Licht mit einem gewissen Blauanteil ins Auge gehen. Beleuchtung wurde aber (siehe oben) so getrimmt, damit möglichst wenig ins Auge geht, und möglichst viel auf die zu beleuchtenden Objekte fällt. Legt man Bilder von der "bildschirmgerechten" Beleuchtung mit der zusammen, die in Experimenten angeblich oder wirklich positive Wirkungen ausgelöst haben sollen, sieht man, dass sie sich unterscheiden - wie Tag und Nacht , zumindest etwa.
Den konzeptionellen Unterschied erkennt man am besten, wenn man eine nach der alten Vorstellung erstellte Beleuchtung mit den neuen Vorstellungen vergleicht.


Wo liegt das Problem mit LED? Erstens sind 200 cd/m2 gar 1.000 cd/m2 weit weit von deren Leuchtdichte entfernt. Wäre die Höhe der Leuchtdichte der Grund der Blendung, müssten LED-Leuchten wie der Teufel blenden. Tun sie aber nicht, bestenfalls theoretisch, wenn ich die Werte messe und daraus Blendung ableite - rein theoretisch. Mit der Reflexblendung verhält es sich genauso. Nicht dass die Leuchtdichte so unwichtig wäre … Es gibt aber Wichtigeres. So blenden Helligkeitsmuster mehr als gleichmäßige Leuchtdichte. Und ob Reflexe stören oder nicht, hängt von der Größe des Reflexbildes ab.
Man wird noch lange Zeit brauchen, bis die Trümmer der Vergangenheit beseitigt sind. Wer Zahlen in die Welt setzt, sollte sich den Titel dieses Blogs merken: Zahlen entfalten magische Kräfte. Ich weiß es aus eigener Arbeit - tippen Sie "33.000 Blickbewegungen" in einen Browser und gucken, was kommt. Die Zahlen sind von mir - aber von 1976! 40 Jahre später geistern sie durch die Landschaft, in der die Arbeit, die damals untersucht wurde, ausgestorben ist - glücklicherweise.


Was hätten Sie lieber? Blind werden oder dick?

Das hier ist leider keine Satire über den Herrscher von Lampukistan, mit der sich unsere hochgeschätzte Bundeskanzlerin beschäftigen muss. Auch keine Nachrichten aus Nieder Slobbowien. Es geht um eine Lesehilfe für das, was Wissenschaftler ermittelt und zu Papier gebracht haben. Das blaue Licht hat es mittlerweile zur globalen Berühmtheit geschafft und zu mindestens einer Blaulicht-Gesellschaft. Die hier gemeinte hat Glanz und Elend in einem Bild zusammengeführt.
Also: Man kann unter Blaulichteinfluss besser schlafen (haben Schlafforscher entdeckt). Man wird weniger dick (d.h. im Winter wo der Dachs fett ansetzt). Die Gefahr, dass man Krebs bekommt, wird geringer (so manche Schlussfolgerungen aus langjährigen Studien). Geistig wird man angeregt (so man mancher gefälschten Studie glaubt). Dafür kann man eher Augenermüdung erleben, und, dummerweise, im Alter eine sogenannte Makuladegeneration (Blaulichtschäden).


Die Blue Light Society hat mit ihren Schlussfolgerungen den Deutschen Gewerkschaftsbund weit hinter sich gelassen. Dieser, der DGB, hatte vor 40 Jahren gefordert, die Arbeit am Bildschirm täglich auf vier Stunden zu begrenzen und Bildschirmpausen einzuführen. Grund: Eine Studie aus Österreich hatte gezeigt, dass Menschen (also Österreicher) nach intensiver Bildschirmarbeit den Schnee nicht so makellos weiß sehen würden, wie es sich in Österreich gehört. Eher rosa. Stimmt! Das ist aber kein Schaden, hatte der Arbeitgeberverband subsumiert, weil ein Wissenschaftler dem gesteckt hatte, dass der Grund eine harmlose Umadaptation des Auges sei. Guckt man lange in grüne Schrift, sieht man nicht nur den Schnee in Rosa. Der böse DGB wollte den Arbeitnehmern diesen optimistischeren Blick auf die Arbeitswelt nicht gönnen.f
Die Sache mit den Pausen ist noch akut. Der Kanzleramtsminister hat die Arbeitsstättenverordnung der Arbeitsministerinnen (Nahles und Vorgängerin) kassiert, weil angeblich dort Tageslicht für Toiletten gefordert würde, und vor allem Sichtkontakt nach Außen. Herr Kanzleramtsminister möchte natürlich nicht, dass deutsche Arbeitnehmer bei einer lebenswichtigen Beschäftigung, die allerdings ebenso anrüchig ist, der Sonne und den Blicken der Flanierer ausgesetzt werden. In Wirklichkeit geht es um Pausenregelungen. Die Sache könnte jetzt eine neue Wendung bekommen: Der japanische Minister für Gesundheit, Arbeit und Sozialordnung soll Richtlinien erlassen haben, dass die Arbeit an Bildschirmen spätestens nach einer Stunde unterbrochen werden muss und erst nach 15 Minuten Pause weitergehen darf. (hier steht es) Das allerdümmste kommt aber jetzt:


Das Bild zeigt, dass die einst geschmähten Bildschirme (hier CRT) genannt, mit ihrem Blaulicht nicht der Rede wert sind. Schon der PC schlägt sie um Längen. Die schlimmsten Objekte sind Smartphones. Natürlich nicht, wenn man sie wirklich zum Telefonieren benutzt. Dummerweise gucken in aller Welt Studenten stundenlang da rein, weil sie ihre Vorlesungen ablesen oder Spiele spielen. Seit Jahren alarmieren Meldungen von Augenärzten über die Myopisierung von Kindern und Jugendlichen alle, die es angehen sollte. Vielleicht findet sich jemand, der sich der Sache annimmt.

Man kann die Sache natürlich auch positiv sehen wie deutsche Wissenschaftler. Die haben sich einen Bildschirm, der gezielt die circadiane Rhythmik ändert, sogar patentieren lassen. Wie ein renommiertes Institut nachgewiesen hat, wird man davon auch wacher. Andere sagen weniger zurückhaltend "Blau macht schlau!
Dumm nur, dass es einen Arbeitsschutz gibt. Der steht vorerst wirklich dumm da, weil man die liebe Wissenschaft nicht ignorieren darf. Die vorläufige Lösung: Die Kommission Arbeitsschutz und Normung lehnt den Blaulichteinsatz in deutschen Arbeitsstätten derzeit ab (Original zu lesen hier, meine Blogbemerkungen hier mit dem Positionspapier der KAN). "Wo viel (blaues) Licht ist, ist auch starker Schatten" heißt es in KAN Brief 1/14.
Wer mehr lesen will, hat freie Wahl, und es gibt immer mehr, seit die Industrie entdeckt hat, wie gesund Blaulicht ist, ... für die Kasse. Was die Blue Light Society zusammengetragen hat, ist hier erreichbar.

Zukunft des Lichts à la Philips
Was der Derwisch singt ist, was er denkt.
Orientalische Weisheit
Die Firma ist zu bewundern! Seit meinen Studententagen forscht sie über die Wirkung des Lichts auf den Menschen. So sah ich bereits als Lichtanfänger (was für eine Bezeichnung!) den seligen Gerd Söllner - ein Lichttechniker - an Raumklima forschen, weil man seinerzeit der Meinung war, die integrierte Decke, die alle Technik aufnimmt, wäre die Zukunft des Bürobaus. Was liegt da näher als, dass man Licht und Klima integriert? Die so entstandenen Klimaleuchten existieren zwar immer noch, werden aber eher für den eigenen Zweck, Lichterzeugung, klimatisiert. Für den Raum nimmt man doch die Luftdüsen, weil das Vorbeiziehen von verdreckter Raumluft an Lampen und Spiegeloptiken vorbei doch nicht der Weisheit letzter Schluss war. Auch das Einsatzgebiet hat sich nicht so entwickelt wie erhofft. Die Großraumbüros wollten sich nicht vermehren wie Karnickel. Anstelle der von Lichttechnikern für Ende 1970er Jahre erhofften 100% der Arbeitsplätze in Deutschland waren es gerade mal 5 %. Und der integrierten Decke machte der Computer den Garaus. Computerkabel von der Decke baumeln lassen, kann man in Laborumgebungen. Für Büros musste man sich was Neues einfallen lassen.
Etwas ähnlich Geniales wie die integrierte Decke mit eingebauten Leuchten, die deswegen so heißen, könnte die Idee mit den biologischen Wirkungen von Licht werden. Die ganze Branche ist beseelt davon, weil man erstens ein Verkaufsargument hat ("blau macht schlau") und zweitens den größten Mangel von LED-Licht (Blaustich) sogar als Vorteil verkaufen kann. Auf wie vielen Augen blind man dabei vorgeht, möge man an den beiden nachfolgenden Bildern sehen.


Nach Philips Mitteilungen arbeiten Forscher von der Universität Eindhoven an der Zukunft der Beleuchtung und verbesserten so die oben gezeigte Beleuchtung (Originalmitteilung hier). Und so sieht die verbesserte Beleuchtung aus (Anm.: Diese Straße ist die Hochburg des Nachtlebens in Eindhoven.)

Dass grell-blaues Licht nicht zum Nachtleben passt, wussten schon unsere Vorfahren (nicht umsonst heißt einer der berühmtesten Tempel der Sünde Moulin Rouge), daher heißen die entsprechenden Distrikte Rotlichtviertel. Also: Weg mit der grellen Laterne! Und die Lösung? LED-Bonbon als Farbe …
Offenbar haben die Forscher einer der besten Forschungsuniversitäten von Europa noch Lernbedarf bezüglich ihres Berufes: Ingenieurmäßiges Arbeiten heißt gesetzte Ziele erreichen (Effektivität), möglichst wenig dafür Aufwenden (Effizienz) und hierbei möglichst wenige Nebenwirkungen verursachen (minimum footprint). Und was macht die zukunftsträchtige Lösung der Straßenbeleuchtung der Kollegen? Beleuchtet vornehmlich eine Häuserfassade, hinter der man ohne dichte Vorhänge nicht schlafen kann. Blendet die Leute auf der anderen Straßenseite (Standort der Kamera!) und erzeugt sogar Reflexblendung über die Fenster des unfreiwillig in Bonbonlicht getauchten Hauses.
Ich denke, nach den Immissionsschutzgesetzen in Deutschland wäre diese Laterne verboten worden. Dass es früher solche Objekte gegeben hat, war dem Umstand zu verdanken, dass ein Lampe-Reflektor-System halt schwer zu berechnen war und nicht für jede Straße individuell herstellbar. Mit einem Leuchtenkopf, LED bestückt, kann ich das Licht präzise an der Stelle enden lassen, wo das Haus beginnt. LEDs sind Laser zum einen und sehr klein zum anderen. Eine Lichtspritze, die wie ein Schrotgewehr funktioniert, und bei gut Glück auch mal das Ziel trifft, und daneben alles mögliche beeinträchtigt, kann nicht Zukunft sein. Oder jemand hat den Studikern eine alte Lampe in deren Projekt eingeschmuggelt.


Braucht jemand noch eine Erklärung über das Entstehen von Lichtsmog über unseren Städten? Was hier stolz als zukunftsträchtiges Projekt dargestellt wird, ist ein erstklassiges Beispiel für Lichtverschmutzung. Dass man so etwas publik macht, ist ein formidables Beispiel für Blendung. Wer Sehen fördern will, sollte nicht aus so vielen Augen blind sein.

Wochenend und Sonnenschein, weiter brauch' ich nichts zum Glücklichsein
3.4.2016
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Wochenend und Sonnenschein, weiter brauch' ich nichts zum Glücklichsein, so haben die Commedian Harmonists 1930 gesungen. Heute würden viele das Wochenend auch gerne genießen, aber mit reichlich Alkohol. Macht auch irgendwie glücklich! In Mitteleuropa oder nördlicher findet der Genuss leider wetterbedingt hinter Glas statt. Und es hat es in sich. Lässt Helligkeit durch, aber die gesunden Sonnenstrahlen draußen. Und es fällt niemandem auf, dass Tageslicht (drinnen) nicht Tageslicht (draußen) ist, seit man in der Lichttechnik den Begriff Licht auf das sichtbare beschränkt hat. Dass war so etwa 1923. Mediziner wissen dass: Luftkurräume in manchem Kurhaus hat keine Fenster - d.h. keine Fenster mit Glas. Sie bestehen aus einem einfachen Loch an der Hausfassade.
Was wir davon haben hat der schwedische Mediziner Pelle Lindqvist am 21. März 2016 veröffentlicht: Die Sonne zu vermeiden ist gefährlich wie Rauchen. Da normale Sterbliche nicht so leicht an den Artikel kommen, kopiere ich einen Teil davon (unten). Das ist ein Auszug aus einem Interview mit ihm in Medscape. Es gibt aus meiner Sicht ein ganz speziellen Grund, seinen Studie zu lesen: Er ist Gynäkologe, und nach anderen Studien hängt die Gefahr von Brustkrebs recht eindeutig mit der Lichtexposition zusammen. Ich nehme an, er beantwortet Fragen auch persönlich (pelle.lindqvist@ki.se).


Was man davon lernen sollte, hat Dr. Wewetzer vom Berliner Tagesspiegel zusammen gefasst, die ich anhänge. Seine Bemerkung, dass die Ergebnisse nicht endgültig gesichert seien, muss man verstehen, wie es gemeint ist: Da jede Studie gewisse Mängel hat, wird ein gewissenhafter Autor niemals behaupten, das Endgültige ermittelt zu haben. Falls er es dennoch tut, wird kein gewissenhafter wissenschaftlicher Redakteur die Behauptung veröffentlichen. Ergo: Bei angenommenen und begründeten Gefahren verfährt man nach dem ALARA-Prinzip: Man versucht, mit hinreichend einfachen Mitteln und vernünftigem Aufwand der Gefahr auszuweichen. Im vorliegenden Fall ist die Gefahrenabwehr sogar super angenehm. Man gehe einfach in die Sonne und lebe 2,1 Jahre länger!
Ein Schelm, der sich da Böses ausdenkt, dass diese Studie an einem Märztag veröffentlicht wurde. Es ist bald Saison für Warnungen vor der Sonne. Die kommen regelmäßig um diese Jahreszeit zuverlässig "gesponsort" von Herstellern von Sonnencremes. Die bösen, bösen Sonnenstrahlen erzeugen Hautkrebs! Die Studie sagt dazu, stimmt. Die Wahrscheinlichkeit, dass man Hautkrebs entwickelt, ist etwas höher bei mehr Sonnenlicht.

Dass sich daraus der böse Hautkrebs (malignes melanom = schwarzer Hautkrebs) entwickelt, ist bei den Sonnenflüchtern wahrscheinlicher.
Was tun außer über die bösen Cremehersteller zu schimpfen? Man kann sich auch sachlich informieren. Die gesamte Studie ist hier zu lesen: "Avoidance of sun exposure as a risk factor for major causes of death: a competing risk analysis of the Melanoma in Southern Sweden cohort". Quintessenz in English: "Women with active sunlight exposure habits experience a lower mortality rate than women who avoid sun exposure; however, they are at an increased risk of skin cancer. We aimed to explore the differences in main causes of death according to sun exposure." Auf Deutsch: (von mir übersetzt) Bei Frauen, die mehr dem Sonnenlicht exponiert sind, ist die Mortalitätsrate niedriger als bei denen, die die Sonne meiden. Allerdings ist bei ihnen die Wahrscheinlichkeit einer Hautkrebsentstehung höher. (veröffentlicht am 16. März 2016) (Anm.: … die allerdings seltener zum schwarzen Hautkrebs mutiert, wenn man sich mehr Sonnenschein gönnt.)

Nonsmokers who stayed out of the sun had a life expectancy similar to smokers who soaked up the most rays, according to researchers who studied nearly 30,000 Swedish women over 20 years.
This indicates that avoiding the sun "is a risk factor for death of a similar magnitude as smoking," write the authors of the article, published March 21 in the Journal of Internal Medicine. Compared with those with the highest sun exposure, life expectancy for those who avoided sun dropped by 0.6 to 2.1 years.
Pelle Lindqvist, MD, of Karolinska University Hospital in Huddinge, Sweden, and colleagues found that women who seek out the sun were generally at lower risk for cardiovascular disease (CVD) and noncancer/non-CVD diseases such as diabetes, multiple sclerosis, and pulmonary diseases, than those who avoided sun exposure.
And one of the strengths of the study was that results were dose-specific — sunshine benefits went up with amount of exposure.
The researchers acknowledge that longer life expectancy for sunbathers seems paradoxical to the common thinking that sun exposure increases risk for skin cancer.
"We did find an increased risk of...skin cancer. However, the skin cancers that occurred in those exposing themselves to the sun had better prognosis," Dr Lindqvist said.
Some Daily Exposure Important for Health
Given these findings, he told Medscape Medical News, women should not overexpose themselves to sun, but underexposure may be even more dangerous than people think.
"We know in our population, there are three big lifestyle factors [that endanger health]: smoking, being overweight, and inactivity," he said. "Now we know there is a fourth — avoiding sun exposure."
Sweden's restrictive guidance against sun exposure over the past 4 decades may be particularly ill-advised, the study finds, in a country where the maximum UV index is low (< 3) for up to 9 months out of the year.
Use of sunscreen is also widely misunderstood in the country and elsewhere, Dr Lindqvist said.
"If you're using it to be out longer in the sun, you're using it in the wrong manner," he said. However, "If you are stuck on a boat and have to be out, it's probably better to have sunscreen than not to have it."
Women with more pigmentation would be particularly well-served to stop avoiding sunshine, he said, adding that many people in India, for instance, follow guidelines like those in Sweden to avoid sun year round.
And because melanomas are rare among women with darker skin, benefit goes up in those populations when weighing sun exposure's risk against benefits, Dr Lindqvist said.
Age and Smoking Habits
The researchers studied sun exposure as a risk factor for all-cause mortality for 29,518 women with no history of malignancy in a prospective 20-year follow-up of the Melanoma in Southern Sweden cohort.
The women were recruited from 1990 to 1992 when they were 25 to 64 years old. Detailed information was available at baseline on sun-exposure habits and potential confounders such as marital status, education level, smoking, alcohol consumption, and number of births.
When smoking was factored in, even smokers at approximately 60 years of age with the most active sun-exposure habits had a 2-year longer life expectancy during the study period compared with smokers who avoided sun exposure, the researchers note.
The authors do, however, acknowledge some major limitations. Among them, it was impossible to differentiate between active sun-exposure habits and a healthy lifestyle, and they did not have access to exercise data.
Role of Vitamin D Still in Question
The results add to the longstanding debate on the role of vitamin D in health and the amount of it people need, but this study doesn't resolve the question.
"Whether the positive effect of sun exposure demonstrated in this observational study is mediated by vitamin D, another mechanism related to ultraviolet radiation, or by unmeasured bias cannot be determined. Therefore, additional research is warranted," the authors write.
"From Irish studies we know that vitamin D deficiency makes melanomas more malignant," Dr Lindqvist said.
"This is in agreement with our results; melanomas of [those not exposed] to the sun had a worse prognosis."
This study was supported by the Clintec at the Karolinska Institute; ALF (Faculty of Medicine, Lund University, Region Skane); the Swedish Cancer Society; and the Swedish Medical Research Council. Funding was also received from Lund University Hospital; the Gustav V Jubilee Fund; the Gunnar Nilsson Foundation; the Kamprad Foundation; and the European Research Council. The authors declared no relevant financial relationships.
pelle.lindqvist@ki.se
