Hoch, höher. am höchsten - Beleuchtungsstärke

 

Was passiert, wenn man von etwas, was sehr wichtig ist, noch mehr bekommt? Generell kann man dazu nichts sagen, aber im Einzelfall sehr viel. Sagen wir mal beispielsweise von Herzmitteln, die man zum Überleben braucht? Nimmt man doppelt so viel wie nötig, kann man noch weiter denken. Bei der dreifachen Dosis ist der Ofen aber aus. Oder nehmen wir Wasser als Beispiel. Wir können nicht ohne, wie jeder weiß. Was ist, wenn man 10 Liter statt 2 am Tage trinkt? Einfach, man braucht keinen Alkohol mehr. Bei einer noch höheren Dosis droht allerdings der Exitus. Nennt sich Ertrinken. Mehr von dem, was man unbedingt braucht, nützt nicht immer. Wirkt aber zuweilen sogar tödlich, nachweislich.

Das ist aber nicht das Thema dieses Blogs. Hier geht es um Licht. Davon können wir doch nicht genug kriegen?  Oder? Der Himmel liefert doch viel davon, wenn die Sonne hoch genug steht. Warum nicht in der Bude des kleinen Bürokraten? Und zwar immer. Nachdem es der Lichttechnik gelungen ist, die ganze Welt zum Narren zu halten, indem sie in ihren Anforderungen die Zahl - z.B. 500 - gleich gehalten und nur die Berechnung änderte, von Nenn- zum Wartungswert der Beleuchtungsstärke, setzt sie zum nächsten Coup an. Seinerzeit hatte ich berechnet, dass die nach Norm geforderten Werte um 20% bis 400% angestiegen waren (hier). So einfach, ohne Grund. Worum geht es jetzt? Bei dem zitierten Papier handelte es sich damals um eine Studie zur (angeblichen) Begründung der Festlegungen, die man in den Normen gemacht hat. Vielmehr ging es darum, dass es keine Begründung gab und gibt. Jetzt soll es bessere Gründe geben, um mehr Gas zu geben.

Der nächste Coup? Kommt garantiert niemand auf die Idee. Es soll ein neuer oberer unterer Grenzwert eingeführt werden. Also nochmal langsam zum Mitschreiben: Es gibt einen unteren unteren Wert, das ist der Wartungswert. Die Pratogonisten sagen dazu, unter diesen Wert darf die Beleuchtungsstärke nicht sinken. Warum sie das nicht darf, bleibt den Experten überlassen. Laien müssen einfach das tun, was die sagen. Die Sache ist so glasklar formuliert, dass mancher Arbeitgeber die Lichtschalter aus seinen Arbeitsräumen hat entfernen lassen. Oder doch nicht so klar? Ich lese: "Bisher ist der Wartungswert der Beleuchtungsstärke Ēm eine Größe, die vielfach als Zielwert für die Planung einer Beleuchtungsanlage angesehen wird. So war dieser Wert aber nie gemeint, er ist vielmehr der niedrigste Wert, den die Beleuchtungsstärke einnehmen darf, …" Nie soll in einer deutschen Amtsstube die Beleuchtungsstärke unter diesen Wert sinken. Und die ganze deutsche Lichtindustrie kämpft dafür wie ein Mann … Sagen wir mal, auch einige Frauen sollen da mitmischen. Mindestens eine.

Jetzt soll ein noch viel höher liegender Wert eingeführt werden. Der heißt dann "upper maintained illuminance". Das Licht darf dann nicht unter diesen Wert sinken. Die Sache muss noch richtig ins Deutsche übersetzt werden, meint ein wichtiger Experte. Stimmt. Was aus dem alten Wert wird, unter den das Licht auch nicht sinken darf? Für den werden die Experten schon eine Verwendung finden. Man könnte ihn z.B. den Igitt-Faktor nennen oder so ähnlich. Hartz IV für Lichthungrige, wäre auch keine schlechte Bezeichnung.

Warum braucht die Menschheit so etwas? Darum: "Ein Grund, auch höhere Beleuchtungsstärken zu planen, ergibt sich aus dem Abschnitt xxx. Gründe sind z.B. „kritische Sehaufgaben, kostenintensive Fehler, kleine Details und niedriger Kontrast oder längere Bearbeitungszeiten“. Es wird direkt darauf hingewiesen, dass die Beleuchtungsstärken zu erhöhen sind, wenn „Genauigkeit, höhere Produktivität oder stärkere Konzentration von größerer Bedeutung“ sind." (so ein Kenner der Materie, der nicht genannt werden will.)

Wem die Sache bekannt vorkommt, leidet nicht unter einem Déjà vu Effekt, garantiert nicht. Man hat während der 1940er Jahre damit argumentiert. Kritische Sehaufgaben? Damals waren das die Details deutscher Städte, die man bombardieren wollte. Die gibt es immer noch, kritische Sehaufgaben. Brauchen aber keine Beleuchtung mehr, weil die allesamt auf dem Bildschirm abgebildet werden. Beleuchtung schadet da eher. Kostenintensive Fehler? Wer wird das leugnen? Die mangelnde Beleuchtung liefert einem nun ungeahnte Möglichkeiten der Erklärung von Fehlern. Mehr Licht - und du machst keine Fehler mehr. Wäre nicht schlecht gewesen in den 1930ern. Da kämpften Arbeitsmediziner um 5 lx mehr am Arbeitsplatz oder so. Dass man Computerarbeit sicherer macht durch höhere Beleuchtungsstärken anno 2020? Wäre einen Versuch wert, aber nur einen. Es ist nämlich Quatsch. Produktiver? Ganz sicher!  Das versuchte man zwischen 1922 und 1930. Das Ergebnis nennt sich Hawthorne Effekt. Der bedeutet, man kann mit besserem Licht eine höhere Produktivität bewirken. Das geht aber auch ohne, nämlich wenn man einfach behauptet, man hätte das Licht verbessert. Am Licht kann es also nicht liegen.

Also mehr Leistung nicht durch besseres Sehen, dazu dient die Beleuchtung schon lange nicht mehr. Aber durch mehr Aufmerksamkeit durch mehr blaues Licht? Bingo! Ein Schelm, der dabei denkt, dass die LED-Technik auf blauen Laserdioden basiert! Als Begründung für mehr Licht können derzeit wunderbar die nicht-visuellen Wirkungen der Beleuchtung helfen. Die helfen wirklich immer, weil niemand weiß, was die sind. Bzw. wissen unheimlich viele, worin die bestehen. Sagen wir aus zweiter oder dritter Hand. Aber wen juckt es? 

Vorbei die Zeiten, als man sagte "Hell wie der lichte Tag". Demnächst überholen wir das Blaue vom Himmel links. Man muss nur gucken, wo erfolgreiche Anwendungen sind. Ich traue mich nicht zu erzählen, dass man bei der Landwirtschaft nachsehen sollte. Die war schon immer so nachhaltig. Seit 30 Jahren kosten die Eier dasselbe, Schweinesteaks sogar weniger. Warum nicht die menschliche Arbeit?

3 Comments

  1. Antworten
    Pathologe 17. Dezember 2018

    Toller Beitrag zum Energiesparen. Müssen wir ja nicht mehr. Noch ein paar Spargeln in der Landschaft macht ja nichts mehr aus. Verhunzt ist die ohnehin.

  2. Antworten
    ahmetpro 17. Dezember 2018

    Energiesparen sollen andere. Außerdem sind LED derart sparsam, dass alle anderen Leuchtmittel langfristig verboten werden, sofern man sie überhaupt noch benutzen darf. Die paar Lux mehr für die Gesundheit, machen den Kohl auch nicht schlank.

  3. Antworten

    […] einer Steigerung der Beleuchtungsstärke die Leistung der Mitarbeiter:innen zu steigern. (mehr z.B. hier) Das ist so gewaltig in die Hosen gegangen, dass der Begriff Hawthorne Effekt die Sozialforschung […]

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