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An ihren Worten soll man sie erkennen

Falsche Freunde sind Wörter, die im Deutschen und Englischen gleich aussehen, aber etwas ganz anderes bedeuten. Sie heißen auch false friends oder faux amis wenn es sich um französische handelt. Jeder (ehemalige) Schüler kennt den Witz mit dem Kellner, den ein Deutscher fragt "When shall I become a steak?". Manchmal ergibt sich was Lustiges daraus, etwa wenn man einem Amerikaner glaubt, dass man das Haus vom first floor verlassen kann. Da hilft nicht mal ein Fallschirm. Wenn man ein Sonntagskind als Sunday child übersetzt, kann man schon Ärger bekommen. Und Jess Bezos klingt viel reicher, wenn man sein Vermögen in Billonen angibt. Der Arme ist nur Milliardär. Und den verflossenen US-Präsidenten durfte man nicht genie nennen. Er war ein genius.

Unsere deutsche Lichttechnik gebar nach langem Kreisen ein tolles Wort, eher ein Konzept: Integrative Lichtplanung (hier). Es wurde als Teil der Weimarer Thesen veröffentlicht. Nicht schlecht - die Idee. "Tageslicht ist Ausgangspunkt und Maß einer integrativen Lichtplanung, welches durch Kunstlicht ergänzt werden muss. »INTEGRATIVE LICHTQUALITÄT« umfasst daher die kombinierte Tages- und Kunstlichtplanung."

Ich freute mich riesig, als ich hörte, dass der Begriff Schule macht. Die CIE wollte "integrative lighting" in ihr internationales Wörterbuch aufnehmen. Hat wohl auch. Dummerweise steht da nichts von Tageslicht drin. Integrative lighting ist "lighting integrating both visual and non-visual effects, and producing physiological and/or psychological benefits upon humans". Sie haben sogar genormt, wie man das misst (hier). Darin findet sich als Tageslicht D65, das ist die eine Simulation des Tageslichts. Und zwar an einem Nachmittag in Mitteleuropa. Simuliert wird auch kein natürliches Licht, sondern nur das, was zum Sehen dient. Und dieses "Licht" hat noch nie ein Mensch gesehen, Pardon, empfunden. Und mit D65 kann man nix beleuchten. Es existiert nur im Labor oder auf Computern. So ähnlich wie die Testfarben zur Bestimmung des Farbwiedergabeindex. Deren Original ist verschwunden.

Die neue Diskrepanz übertrifft sämtlichen falschen Freunde, die man so kennt. Mal sehen, wer auf lange Sicht die Oberhand behält.

 

Wer misst, misst wirklich Mist

Die uralte Weisheit der Messknechte, das sind die, die im Labor stur irgendwelche Daten messen, ist so destruktiv nicht, wie sie klingt. Sie warnt nur davor, den Messwerten blind zu glauben. So wird z.B. Vermögen in DM, Euro oder Lira gemessen. Wer dies aber für ein Maß für Glückseligkeit hält, könnte eine böse Überraschung erleben. Dennoch misst man.

Dass das Messen auch in hoffnungsloser Lage eine Bedeutung haben kann, wusste ein Kollege aus einem anderen Gebiet, Tom Gilb, ein Software-Ingenieur. Seit Rat "Messt alles, was es zu messen gibt!" ist etwa 50 Jahre alt. Dazu muss man wissen, was auf dem Gebiet der Software gemessen wurde: die Zahl der Programmzeilen. Unglaublich aber wahr, man misst die Leistung der Kreativen anhand der Programmzeilen, die er braucht, um eine Aufgabe zu lösen. Ist etwa so intelligent als wenn man eine Rede an deren Länge misst. Die Schlafenden werden danken!

Nun könnte es sein, dass man heute anders vorgeht? Das ist, was heute morgen in Wikipedia steht: "Source lines of code (SLOC), also known as lines of code (LOC), is a software metric used to measure the size of a computer program by counting the number of lines in the text of the program's source code. SLOC is used to predict the amount of effort that will be required to develop a program, as well as to estimate programming productivity or maintainability once the software is produced." Heute wie vor 50 Jahren.

So dumm ist die Messerei also nicht, wenn es dazu noch eine andere Größe gibt, die "mitmisst". Das ist z.B. die Kultur in Software-Engineering. Die ist zwar keine Messgröße, aber dennoch sehr wirksam. Ähnliches gab es früher in der Fotografie. Der Fotograf maß Licht. Wenn man sich allerdings die Messgeräte anschaut, wundert man sich, was der wohl gemessen hat. Denn er maß etwa den Halbraum. Daraus auf die Qualität des zu entstehenden Bildes zu schließen, ist eine Kunst. War auch. Der gute Fotograf zeichnete sich nicht durch teure Kameras aus, sondern durch seine Fähigkeit, die Szene einzuschätzen. Dazu musste seine Kamera nicht exakt messen, sondern zuverlässig wiederholbar.

Was misst man in der Beleuchtung eigentlich? Ich hatte vor ein paar Tagen dargestellt, was man von zylindrischer Beleuchtungsstärke bis zur Gleichmäßigkeit der Beleuchtungsstärke an der Decke alles messen müsste, weil vorgeschrieben (hier). Da diese nicht ihrer selbst wegen vorgeschrieben werden, sondern wegen der Leuchtdichten, die durch sie entstehen, müsste man diese auch noch messen.

Das ist bestimmt schön zu wissen. Z.B. wenn man Messknecht ist. Was glauben Sie, was man an mehr als 40 Millionen Arbeitsplätzen so alles messen kann, um sie lichttechnisch sauber zu charakterisieren? Da kann man bis zur Rente messen - und darüber hinaus. Egal, 40 Millionen sind eine Hausnummer. Zu ihr stellen wir gegenüber die Zahl der vorhandenen Messköpfe für die zylindrische Beleuchtungsstärke Ez. Schon mal welche gesehen? Ich besitze einen. Obwohl ich viele Lichtdesigner, lichttechnische Gutachter u.ä. kenne, kenne ich nur einen zweiten, der aber kaum gebraucht wurde. Denn es ist verdammt aufwändig, zylindrische Beleuchtungsstärken in einem Raum zu messen. Wenn man sie aber gemessen hat, weiß man vor Glück nicht, was man damit anfangen soll. Die Größe ist nämlich eine Kopfgeburt. Der Umgang mit ihr verlangt ebenso viel Gefühl wie der Umgang mit dem Messwert eines Belichtungsmessers von Andreas Feininger, der mit die tollsten Fotos des 20. Jahrhunderts geschossen hat. Und das mit einer 08/15 Kamera.

Zum Glück wird eine Messung der zylindrischen Beleuchtungsstärke nur fällig, wenn ein Gericht dies verlangt. Aber eine andere Größe macht derzeit Karriere. Und was für welche! Die nennt sich Vertikalbeleuchtungsstärke (Ev) und fristete lange ein Leben als Mauerblümchen wie die zylindrische. Nur in der Sportstättenbeleuchtung war sie das große Thema, weil es das Fernsehen so wollte. Mit der üblichen Beleuchtungsstärke kann sie nämlich nicht viel anfangen. Jetzt werden Gebäude mit Büros danach zertifiziert (hier oder da). Und zwar, ob sie gesund sind oder nicht!

Wer nie im Leben gemessen hat, wird sich vielleicht nichts dabei denken. Sollen sie doch! Es gibt demnach Gebäude für die folgende Größen gelten: 150 Emel  (oder 136 melanopic equivalent daylight D65) sind gut. Der Kandidat kriegt einen Punkt. Noch besser sind 240 EML oder 218 melanopic equivalent daylight D65. Drei Punkte für den Kandidaten.

Der Unterschied zu Hokuspokus besteht insbesondere darin, dass man weiß, dass die Amateur-Zauberer es nicht so ernst meinen. Wer ein Gebäude zertifiziert und dafür viel Geld verlangt, muss doch mehr bieten als Hokuspokus? Tut er aber nicht. Denn Beleuchtungen in Arbeitsstätten sind seit Jahrzehnten fast immer auf Horizontalbeleuchtungsstärke getrimmt. Daher fällt Ev immer sehr ungleichmäßig aus, selbst bei Indirektbeleuchtung. Als Messwert ist sie daher faktisch ungeeignet. Dafür wohl hervorragend für Quacksalberei.

Wie intelligent darf eine Leuchte sein?

Zunächst zur Beschwichtigung aller: Ihre Laterne wird garantiert nicht intelligenter werden als ihre Schöpfer. Damit ist erst einmal das obere Ende der Skala der Intelligenz festgelegt. Das untere Ende kennt jeder, weil es jahrzehntelanger Praxis entspricht: doof wie Kommissbrot. Womit ich nichts gegen das Brot sagen will, sondern gegen die Praxis. Man nimmt zwei Leuchten pro Kopf, hängt sie an die Decke und sagt, die Beleuchtung ist aber normgerecht. Und was ist normgerecht? Das ist, was die Hersteller von Leuchten dafür halten. Dies geht seit Edison so.

Nun hat sich die Erde seitdem einige Male gedreht, und man ist seit etwa 20 Jahren begeistert von der Idee, eine neue Beleuchtung zu schaffen. Was die sein will, muss man nicht im Detail wissen. Aber eine Sache sticht besonders hervor, weil sie auch dem Wunsch der Beleuchteten entspricht: individuelles Licht. Hersteller wie die geblendeten Mitarbeiter hätten gerne ein Licht, das dem Bedarf des Menschen entspricht. Nicht etwa dem Bedarf des Manns auf der Straße - Pardon, der Frau auf der Straße bzw. Frau Mustermann - sondern des Einzelnen. Personal Light hieß und heißt eines der Produkte - entspricht dem Personal Computer. Und das ist kein Zufall, denn der Hersteller beschäftigt sich schon immer mit Ideen, die einem das Licht angenehmer machen wollten. Ich kannte dessen Labor in Aachen schon 1968, aus dem z.B. die Blendungskurven stammen. Die Ambilight-Technologie, eine Einrichtung das ein zum Bildinhalt passendes Umgebungslicht an die Wand hinter dem Fernseher wirft, ist weder das erste noch das letzte Produkt aus dem Haus mit einem ähnlichen Anspruch. Ich glaube, dass die in 1947 aufgekommene Idee, den Fernseher nicht im Dunklen reinzuziehen, sondern die Wand dahinter etwas aufzuhellen, könnte auch von dort stammen.

Die Idee war gut, aber die Technologie doof. Sie bestand aus einem Schalter, der das Licht anmachte. Nun soll das Licht nicht etwa etwas intelligenter werden, sondern richtig intelligent. Und natürlich teurer. Ob das intelligent ist, will ich weiter unten beleuchten. Der Verband der Elektriker wie auch der Weltverband der Lichttechniker hat die Losung auf die Fahnen geschrieben: Richtiges Licht zur richtigen Zeit.

Wie intelligent ist das? Als Idee erst mal nicht schlecht. Sie wird, wenn man intelligent beleuchtet, schon immer praktiziert. So empfängt einen z.B. das Opernhaus mit einer festlichen Fassade, die nachts nur dann festlich ausschaut wenn entsprechend beleuchtet. Ansonsten sähe sie zappenduster aus, und gut nur tagsüber. Aber da geht man nicht in die Oper. Wenn man das Foyer betritt, wird es noch festlicher. Lüster über Lüster. Das Licht bricht sich nicht nur in den Lüstern, es holt auch das Feuer aus den Brillanten der Damen, die ohne das Licht aussähen wie jeder Stein. Dann geht man etwas nüchtern beleuchtet in den Saal. Dort wird kaum noch beleuchtet, denn die Musik spielt da vorne. Wenn das Orchester allein spielt, sieht man in dem Graben im Wesentlichen die Instrumente, die Musiker sind ja schwarz gekleidet. Dann geht der Vorhang auf … Jetzt sieht man erst, war es bedeutet, "Richtiges Licht zur Richtigen Zeit" und am richtigen Ort. Hunderte Scheinwerfer, vom Computer gesteuert. Nicht so einfach, sondern nach System:

  • Vorderlicht (ca. 45° zur Objektachse)
  • Oberlicht (ca. 60° zur Objektachse)
  • Kopflicht (ca. 0° zur Objektachse)
  • Gegenlicht (ca. 60° zur Objektachse)
  • Seitenlicht (ab ca. 3 Meter Höhe, ca. 45° zur Objektachse)
  • Gassenlicht (0–3 m Höhe)
  • Fußlicht (Rampenlicht)
  • Horizontlicht/Hintergrundlicht (von unten und von oben)

Das Licht macht einen Großteil der Kunst aus. Mehr noch, es ist eine Kunst für sich. Leute, die so etwas haben schaffen können, werden doch das bisschen Intelligenz in die Beleuchtung einpflanzen können. Oder? Hoffnung stirbt zuletzt. Es gibt "Personal Light" schon, und massenhaft. Dieses befindet sich aber in privaten Bereichen und wird von den Menschen selbst gehegt und gepflegt. Der Lichttechniker redet angewidert von Lichttötungsmaschinen, die die Energie nur so verschleudern. Sein genormtes Licht beruht etwa auf dem geistigen Niveau der 1930er, als jemand behauptet hatte, die Allgemeinbeleuchtung erhöhe die Produktivität. Später wurde daraus "Gleiches Licht für alle Volksgenossen". Der Spruch wurde nach dem Krieg zwar aus den Büchern getilgt, aber der Geist blieb.

Damit dieser, der Geist, nicht das Geschäft mit dem schönen Licht verdarb, erfand man das Wort "stimmungsbetonte Räume", mit deren Beleuchtung sich der Lichttechniker (Gott sei Dank) nicht beschäftigt. Falls er es doch tut, nennt er sich Lichtdesigner. So werden die wunderbarsten Beleuchtungen auch von Lichttechnikern gemacht, die sich anders nennen. Das technische Licht, das unsere Beleuchtung der Arbeitsstätten beherrscht, glänzt durch eine Anmutungsqualität wie ein Gummihammer. Praktisch, preiswert und sehr nützlich, gelegentlich. Bis wir daraus eine Kunst machen, die dem Individuum dient, statt einen Lichtteppich über alle zu legen, müssen wir viel Hirnschmalz zubuttern. Das, das wir etwa vier Jahrzehnte gespart haben, ist leider verdorben. Und so sieht ein Büroraum 140 Jahre nach der Erfindung der Glühlampe aus. Chapeau!

Was sind 50.000 Stunden - zum Teufel noch mal?

Wie lange dauern 50.000 Stunden? Genau 5,70776255 Jahre. Warum haben Sie gefragt? Ach Ihre LED brennen schon nach ein paar Monaten durch? Dann liegt ein Sonderfall vor. Denn eigentlich sind 50.000 Stunden exakt 50.000 h. Aber es sieht anders aus, wenn es sich um die Lebensdauer von Leuchtmitteln handelt. Da muss man zwischen gefühlter und berechneter Lebensdauer unterscheiden. Und berechnet wird mal so mal so.

Den Unterschied erkläre ich am besten mit etwas, was jeder kennt, Dauer einer Minute. Die dauert seit Assyrien, so seit etwa 5.000 Jahren, exakt 60 Sekunden. Physikalisch gesehen. Gefühlt? Kommt darauf an, an welcher Seite einer geschlossenen Klotür Sie stehen.

Jeder Mensch hat so seine persönlichen Vorstellungen von Dingen, die physikalisch einwandfrei definiert sind. So wird ein Mensch auf der Autobahn in Sachsen auf die Uhr gucken, wenn er ein Schild sieht „nächste Toilette 35 km“. (Das Schild gibt es übrigens wirklich.) Kaum auszumalen, wenn einem so ein Schild vor der Semperoper begegnet. Da läuft man gleich zu Dingda (heißt im echten Leben anders) über und protestiert jeden Montag.

Der Mensch, dem die Lampe im Keller nach drei Monaten ausfällt, befindet sich in einem ähnlichen Gemütszustand, muss sich aber anhören, dass dies ganz normal ist. Denn … Denn statistisch gesehen fallen auch bei einer Lebensdauer von 100.000 h Lampen schon nach einer Minute aus. Ist zwar  sehr unwahrscheinlich, aber möglich. Bei wie vielen ausgefallenen Lampen der statistische Grenzwert überschritten ist, geht Sie überhaupt nichts an. Es ist ein Geheimnis der Lampenhersteller. So wie übrigens auch der Lampenlichtstrom. Dass der in Lampenkatalogen seit Jahrzehnten falsch angegeben wird, wird in der Lichttechnik als normal angesehen. Denn fast alle Lichttechniker sind (manchmal auch ehemalige) Mitarbeiter von Herstellerfirmen. Sie werden Ihnen erklären, die Sache mit den früh ausgefallenen Lampen sei sehr subjektiv. Also wie die Länge der Minute, wenn Sie vor der Tür stehen.

Wie es dazu kam, dass ein Wert von 50.000 h propagiert wurde, kann man nur erahnen. Das stelle ich mir so vor: In Schloss Premstätten in der Gemeinde Unterpremstätten vor 25 Jahren schreit der Ingenieur Tim Buktu auf. Er hat was entdeckt. Sein Chef eilt herbei

  • Hallo Tim, böse Geister entdeckt?
  • Nein, Chef. Schlimmer. Osram hat bei uns 1.000 LEDs bestellt …
  • Na und, vielleicht bauen sie neue Messgeräte?
  • Nee, die haben es nicht so mit messen. Die machen doch in Lampen!
  • Tim, jedes Kind weiß, dass aus LEDs kein Licht kommt. Nur ein bisschen. Das reicht als Betriebsanzeige, mehr aber nicht.
  • Nein, Chef. Ich habe neulich berechnet, dass man mit LED auch mehr Licht machen kann. Man muss nur mit höheren Betriebstemperaturen rechnen.
  • Das weiß ich doch. Wenn allerdings auch nur 10 lm/W rausspringen, löst sich die Platine in Luft auf. Wird zu heiß.
  • Eben! Ich habe aber berechnet, dass man dennoch eine Chance hat, wenn man die Diode mit einem großen Kühlkörper umgibt.
  • Na, denn. Dann muss der Kühlkörper größer sein als der Schlossgarten hier.
  • Nein, Chef, guck mal meine Berechnung an. Wenn man die Betriebstemperatur gerade so wählt, dass das Element nicht durchbrennt, hat man eine Lichtquelle. Soll ich die zulässigen Leistungen berechnen?
  • Mach mal! Wie lange soll dann so ein Element leben?
  • Ich denke, Osram kann ich was von 5.000 Stunden erzählen. Soll ich rechnen?
  • Nee, mach mal lieber 50.000. 5.000 hört sich nach besserer Glühlampe an. Die haben schon selber die Story mit den 10.000 h erfunden für die Kompaktleuchtstofflampe, damit man die der Politik als Energiesparlampe andrehen kann.
  • Ach, Chef, das ist zu riskant. Da fällt jedes zweite Lämpchen schon nach Stunden aus, wenn man kleine Fehler in der Fertigung macht.
  • Eben! Wir müssen die Folgen nicht tragen. Die Käufer können eh nix behaupten. Die Lampenhersteller erzählen denen seit Jahrzehnten dieselbe Mär, nachdem sie eine Formel für die Lebensdauer aufgestellt haben.
  • Ja schon, es gibt aber mindestens drei davon.
  • Aber alle drei stammen von Herstellern und niemand, der eine Lampe kauft, kann nachweisen, dass seine Lampe frühzeitig ausgegangen ist. Das ist der Sinn der Sache.
  • Aber Chef, die verlieren aber langsam ihren Ruf.
  • Ja, eben. Lass sie doch! Wenn wir Glück haben, können wir dann den Laden billig übernehmen.

Wer diese Story nicht glauben mag, kann sich auf die Suche nach der wahren Geschichte über die Bestimmung der Lebensdauer der LED machen. Er wird allerdings eine Weile suchen müssen. Alternativ kann er sich zu einem Kurs für 1.190 € plus MWSt plus Reise und Übernachtung anmelden, wo er sich tiefstgehend unterhalten, Pardon, informieren kann. Zum Aufbauen kann man noch einen weiteren Kurs für 890,-- € belegen. Natürlich auch plus MWSt und Kost und Logis. (beschrieben hier, derzeit wg. Corona leider kaum möglich).

Die Problematik von Lebensdauern von Leuchtmitteln wurde in diesem Blog häufig behandelt. Sie bildet eine Schlüsselgröße, weil auch die Bestimmung des Lichtstroms davon abhängt. Nirgendwo ist dies plastischer dargestellt als in der einstigen Bestimmung der Kennwerte von Projektionslampen. Während die Standard-Glühlampe 1.000 h lebte, ihr Cousin für Hotelzimmer aber 2.000 h, gab es Projektionslampen für nur 50 h, dafür war die Lichtausbeute sehr hoch. Das gab eine natürliche Begrenzung für Diavorträge aus dem letzten Urlaub und war daher ungemein nützlich. Wem hingegen schnell sterbende LEDs nützen sollen, ist nicht klar. Hersteller von miserabler Technik können damit nicht ihren eigenen Ruf ruinieren, da nicht vorhanden, sondern vorwiegend den der seriösen Anbieter.

Intelligenz einer Möhre - Wo steckt die?

Die meisten von uns haben sich nie Gedanken darüber gemacht, ob eine Möhre eine Intelligenz besitzt. Wäre ja schön unsinnig. Bekanntlich ist die doof … sagen wir, wie eine Nuss. Wir verbinden mit Intelligenz so etwas wie eine göttliche Gabe. So etwa, wenn sich einer einen Apfelbaum anguckt, der gerade einen Apfel verliert. Und … Heureka! Das Gesetz der Erdanziehung wurde gerade entdeckt. Pardon, nicht gerade, sondern im Jahre 1687. Was wäre, wenn der Apfel intelligent wäre? Würde er sich der Gravitation entziehen? Leider nicht. Egal wie intelligent einer ist, die Gravitation erwischt jeden. Irgendwie steckt das Ding in jedem, egal welcher Intelligenz. Sie ist irgendwie eingebaut.

Es gibt auch andere Dinge, die überall eingebaut sind. So z.B. die Neigung zu Licht. Vermutlich im Urmeer entstand die innere Uhr, damals noch sehr einfach, weil sich die Lebewesen nur eine Zelle leisten konnten. Schon die allerersten Einzeller in den Urmeeren profitierten möglicherweise davon, dass sie den Sonnenaufgang vorhersagen und rechtzeitig in tiefere Wasserschichten abtauchen konnten. So entgingen sie der damals noch weitgehend ungefiltert auf die Erde treffenden UV-Strahlung der Sonne. In der Finsternis der Tiefsee signalisierte die Uhr den Einzellern dann wieder, wann es Zeit zum Auftauchen war. Die Intelligenz war in der Uhr.

Nun haben sich fast alle Lebewesen so eine Uhr beschafft. So betreibt die Möhre ihr Hauptgeschäft - Photosynthese - nur tagsüber. Allerdings könnte man dies auch ohne Uhr. Ein einfacher Lichtsensor reicht, um das Vorhandensein von Licht zu entdecken. Etwas komplexere Wesen, so etwa Häschen, die von der Möhre leben, betreiben nicht nur eine Uhr, sondern ein ganzes Geschäft mit Uhren. Die reagieren nicht nur auf äußere Reize, sondern sind auch ohne diese aktiv. So bereitet das Mamahäschen die Milch für die Kleinen auch im Dunkeln vor. Bei dem Menschen gibt es den Umschwung so gegen drei Uhr in der Nacht. Woher er das weiß?

Das wissen wir leider genausowenig wie die Ursache der Gravitation. Ist halt da. Der Körper hat einen Tagesrhythmus, also einen circadianen, so genannt, weil dieser nicht dem ganzen Tag entspricht, sondern nur etwa.

Die Möhre wäre ganz schön doof, wenn sie nur so in den Tag hinein leben würde. Womöglich wacht die eines Tages auf, und … sie liegt im Schnee begraben. Da ist allerdings Sense mit der Photosynthese. Das Licht ist weg und es ist kalt. Jedes Kind weiß, dass chemische Prozesse bei 10º C oder K Unterschied halb oder doppelt so schnell ablaufen. Woher weiß die Möhre, dass sie besser im Frühling anfängt, zu arbeiten und gegen Herbst aufhört?

Man könnte, wäre man eine Möhre, sich an dem Verlauf der Tage orientieren und das Kommen des Herbstes auch ohne Uhr feststellen. Das würde mit dem Frühling allerdings nicht so klappen. Dazu braucht man doch eine Uhr, die da sagt: Hallo, demnächst kommt der Frühling. Mach Dich bereit! Diese Uhr ist die circannuale, also das Quasi-Jährliche.

Während man die circadianen Prozesse recht gut untersuchen kann, hört die Fähigkeit bei jährlich wiederkehrenden Ereignissen ziemlich auf. Die Forscher, die Menschen Tag für Tag untersuchen, bräuchten für eine entsprechende Untersuchung Jahr für Jahr 365 Mal so viel Zeit.

Dies scheint noch machbar. Aber niemand kann bestimmt die periodische Veränderung des Bambus erforschen. Jede Bambusart blüht nach einer Zeit, die nur diese kennt, und stirbt dann weltweit ab. Die als Gartenbambus bekannte Sorte Fargesia murielae blüht nur einmal in etwa 90 bis 120 Jahren. Und alle Pflanzen dieser Sorte tun dies fast gleichzeitig weltweit, weil sie alle von einem einzigen Bambus abstammen. Kurz danach sind sie tot, egal was der Gärtner veranstaltet, um sie zu retten. Und kein Forscher der Welt hat den Bambus zum zweiten Mal sterben sehen. Der Bambus verständlicherweise auch.

Wo steckt die Information, die dem Bambus erzählt, dass er nu blühen und sterben muss? Und das weltweit ohne SMS und Whatsapp? Das kennen wir genausowenig wie den Ort der Information, die der Möhre erzählt, dass es demnächst Frühling wird. Eine große Heerschar von Forschern ackert fleißig, um die circadiane Rhythmik des Menschen zu erforschen - schieben wir die auf spät oder früh? Was der Körper weiß oder wissen muss, um die gleichen Prozesse jeden Tag ablaufen zu lassen, weiß man indes nicht. Man kann zwar die circadiane Rhythmik verschieben, aber ihre Form ändern geht nicht. Die dumme Rhythmik schwingt übrigens auch am Wochenende gleich, und versteht nicht, dass das Leben dann promillereicher verläuft.

Jeder weiß, dass ein Einzeller, eine Möhre, ein Bambus und ein Mensch ziemlich unterschiedlich intelligent sind. Ob dieser Unterschied gegenüber dem Wissen der inneren Uhr(en) überhaupt ins Gewicht fällt, wissen wir indes nicht.