Posts Tagged: Farbwiedergabe

2 Shades of Grey

2015
 

In den 1990er Jahren hatte ich eine wissenschaftliche Studie erstellt, deren Ergebnis niemand lesen wollte. So etwas soll es öfter geben. Z.B. dann, wenn eine Studie nicht nur eine Misere aufdeckt, sondern auch noch die Täter entlarvt. Dummerweise gehörten die Täter zu meinen Auftraggebern im entferntesten Sinne. Anlass war die ganz große Studie "Licht und Gesundheit", die wir im Jahre 1990 veröffentlicht hatten. Eine Sache darin will mich bis heute nicht in Ruhe lassen: Frauen in deutschen Büros fühlten (und fühlen) sich mehr gesundheitlich beeinträchtigt durch mangelnde Farbe als Männer. Aber warum? Kann Farbe überhaupt Gesundheit beeinträchtigen?

Durch viele Messungen in mehr als eintausend Arbeitsräumen hatte ich festgestellt, dass fast alle Gegenstände in den Büroräumen grau waren, Computer, Bürotische, Kopierer, Telefone und und und. Na, ja, man braucht dazu keine einzige Messung, man sieht es auch so. Ich wollte aber die Mechanismen entdecken, die zu diesem Grau geführt hatten. Dazu muss man wissen, um welche Schattierungen von Grau es sich handelt. Und welche Schattierungen der institutionellen Entscheidungsfindung dazu geführt hätten.

Der erste Verdächtige, die Verantwortlichen für die Beleuchtung, schied ziemlich schnell aus, weil nicht zuständig. Die Lichttechnik fühlt sich zwar für die Farbwiedergabe zuständig, aber nicht für die Farbgebung. Daran ändert sich relativ wenig, dass die Festlegungen in den Normen (Ra > 80) Grenzwerte angeben, die grenzwertig sind. Zudem gibt es international führende Lichttechniker, die weitaus schlechteres (Ra = 70) toll finden. Wer war es dann?

Vier Haupttäter habe ich dann ausfindig gemacht, davon war einer der Konzernchef höchstpersönlich. Bei zwei handelte es sich um Vorstandsgremien, während der letzte Haupttäter gar keine Person war, sondern "die Gepflogenheiten der Branche". Unabhängig davon gab es zwei Versionen von Grau, warm oder kalt. Da kann man noch so gute Farbwiedergabe für die Lampen vorsehen, die Bude sieht triste aus.

Eine Kurzfassung der Studie sollte unter dem Titel "Wie kommt das Grauen in deutsche Büros" veröffentlicht werden. Die Zeitschrift Licht schloss ich erst einmal aus, weil deren Leser mit dem Ergebnis relativ wenig anfangen konnten. So erschien der Beitrag in einer Bürozeitschrift, deren hauptsächliche Leser bei Bürofachhändlern zu finden waren bzw. in deren Räumlichkeiten ein- und ausgingen. Eine Herzensangelegenheit war das allerdings nicht, weil die Bürofachhändler diese grauen Möbel verkaufen mussten bzw. gerade wegen ihrer Verkaufspolitik zu den Haupttätern zugezählt werden müssten. Und die, die Verkaufspolitik lässt sich leider nicht ändern. Denn diese wird hauptsächlich durch die Wünsche des Kunden bestimmt. Ist etwa der Kunde die Quelle des Grauens?

Gewissermaßen, ja. Er weiß es aber meistens nicht. Alle Haupttäter, die ich identifiziert hatte, hatten mit Rücksicht auf den Kunden gehandelt, obwohl ihre Aktionen nicht abgestimmt waren. Die zwei größten, IBM und Siemens, waren mit Maschinen und Computern auf allen fünf Kontinenten unterwegs, und wussten, dass die Völker der Welt unterschiedliche Farben lieben. Ergo? Man macht die Geräte schwarz, und die sehen chic aus! Dann kam die Ergonomie und sagte, schwarz ist zu dunkel. Und dann? Den Produktgestaltern von Siemens wurde aufgegeben, schwarz-grau zu wählen, z.B. schwarz die Tastatur, grau das Gehäuse. Bei der nächsten Gerätegeneration dann umgekehrt. Toll! IBM war noch schlauer und ordnete an, dass kein IBM-Gerät in keinem Land den dortigen Vorschriften widersprechen möge - das Ziel verfolgt die Firma mindestens schon seit dem Krieg - Ergo: Grau mit einem Reflexionsgrad von fast genau 0,42. Kieselgrau, um sehr genau zu sein. Die besagte Bürozeitschrift machte daraus Computerschmuddelgrau, weil mittlerweile auch viele andere Computermacher auf den Zug aufgesprungen waren. Etwas völlig anderes verfolgte indes die Firma Nixdorf. Deren Gründer des gleichen Namens war überzeugt davon, dass Menschen Computer nicht hell begeistert aufnehmen würden. Deswegen mussten die sichtbaren Geräte grau sein. Und vor allem so klein wie es geht.

Der letzte Haupttäter, "die Gepflogenheiten der Branche", hatte erlebt, wie Büroorganisatoren, die Ende der 1960er Jahre angeregt durch die Schockfarben, die damals Kleidung, Autos und auch noch Köpfe der Menschen zierten, im Büro durchgefallen waren. Wer neue Möbel kaufen wollte als Erweiterung der alten Beschaffung, bekam seine Möbel häufig in anderer Farbe oder in Melamin ohne Aufpreis. Damit war das Farbkonzept futsch, so es überhaupt existiert hat. Die Käufer, meist Büroorganisatoren, sind Menschen mit bestimmten Eigenschaften: Männer. Fast alle Farbenblinden der Welt gehören diesem Geschlecht an. Zudem sind sie in vielen Berufen seit Jahrzehnten sozialisiert und konditioniert durch die farblichen Anforderungen an ihre Kleidung, nämlich keine. Während Frauen das "kleine Schwarze" nur für bestimmte Anlässe anziehen mussten, zum Tanztee z.B., waren Angehörige bestimmter Berufe gezwungen, sich grau zu kleiden, so auch Elektriker, Fernmeldetechniker, Vorstandsfahrer u.v.a.m. Andere waren aus rein praktischen Gründen von der Mama so ausstaffiert worden. Zu denen kamen viele, viele hinzu, die dasselbe wollten wie Nixdorfs Computer: Nur nicht auffallen.

Jetzt schreiben wir das Jahr 2015, und IBM stellt keine sichtbare Computerhardware mehr her. Siemens hat die Sache mit der Computerei gar ganz an den Nagel gehängt, Nixdorf ist in den ewigen Jagdgründen eines Computermuseums angekommen, und Büroorganisatoren mit dem Erfahrungsbackground der Schockfarben sind nicht mehr aktiv. Apple hatte ab 1998 die Computerwelt mit Farben (iMac) in einen Schockzustand versetzt und die Pleite abgewendet, aber kurz darauf sogar die Farben des Regenbogens aus dem Firmenlogo entfernt.  Und wie sieht das Büro von Heute aus? Noch grauer als einst! Jetzt ist das Graue nicht weit entfernt vom Menschen, sondern direkt vor´m Kopp: Der Akustiker macht es! Die Büros werden mit allerlei Brettern ausgestattet, die den Schall dämmen oder dämpfen sollen. Und die sind fast alle grau. Warum? Aus dem gleichen Grunde wie bei den Büromöbeln (außer Bürostühlen).

Und das macht der Lichtqualität den Garaus, so sie überhaupt vorhanden war.

Graues Büro
Graues Büro
Graues Büro
Graues Büro
Graues Büro
Graues Büro
Graues Büro
Graues Büro

Philips auf der Suche nach dem Licht

 

… oder "Philips im Rotlichtbereich" lauteten die Überschriften in den heutigen Börsennachrichten. Philips trennt sich nach Ewigkeiten vom Bereich Licht. Dabei denkt jeder, der in Deutschland an Licht denkt, an Philips, Osram, Siemens, AEG … Die Reihenfolge könnte von Person zu Person etwas anders ausfallen.  Ich denke an Philips + AEG, da die letztere Firma in Sachen Licht gut bei Philips untergekommen war.

In den 1960er Jahren hatte Philips die Führerschaft in Sachen Lichtanwendung und Normung beanspruchen dürfen. Als OSRAM Anfang 1970 schwächelte, sah sich Philips oben. In Sachen Anwendungsforschung für Beleuchtung fällt mir immer wieder Philips ein. Beim Lesen der Börsennachrichten leuchteten bei mir rote Alarmlampen auf, oder soll ich lieber von Alarmglocken sprechen. Unser Berufsbild ist in Gefahr, auch wenn Philips beteuert, die neue eigenständige Lichttochter werde Philips heißen, also nicht (völlig) enterbt werden. Man will sie abtrennen, damit sich auch andere Investoren daran beteiligen können.

Erst mal soll die Amputation 400 Mio Euro kosten, was nicht gerade für ein lukratives Geschäft spricht. Siemens hatte OSRAM immerhin nur verschenkt. Ich denke, dass die Ursache wieder bei dem Wort LED zu suchen ist. Die Revolution frisst ihre Eltern. Mal sehen, wie die Sache weitergeht. Gut?

Die Gefahr für den Lichttechniker liegt schlicht darin, dass andere das Sagen haben werden, und am Ende des Jahres des Lichts dessen Techniker ein Stück ärmer dastehen. Es ist bestimmt nicht das letzte Drama seiner Art. Ich denke da an die Szene mit den Kameras. Die einstige Domäne der Deutschen hatte Japan im Sturm erobert, bis nur noch Liebhaberstücke als Produkt übrig geblieben waren, Leicas. Noch vor drei Jahren machten sie ein gutes Geschäft mit Consumer-Kameras. Jetzt nicht mehr, alles im Handy. Videokameras? Im Handy! Meine Stereoanlage? Im Handy, ich brauche nur noch den Verstärker und die Boxen. Videorecorder? Im Fernseher! Fernseher? Ich brauche nur noch ein Display, den Rest macht mein Apple TV und eventuell ein Receiver. Eigentlich habe ich mein Display am Computer, den Receiver drin, die Boxen unter dem Display. Wer nur Bum Bummm-Musik hören will und sich im Dschungelcamp wohl fühlt, braucht keine Consumer-Elektronik mehr. It´s a Sony? Es war eine Sony!

Weiß einer noch, wie Büromaschinen aussahen? Nicht mal in den historischen Ausstellungen ihrer Hersteller kann man sie bewundern, weil die Hersteller auch die ewigen Jagdgründe aufgesucht haben. Die üblichen Verdächtigen der Computerszene des letzten Jahrhunderts sind fast alle tot, oder sie haben sich neu erfunden, siehe IBM. Das Sagen haben andere, über die man Ende 1980er Jahre noch lachen konnte. Wohin der Weg der Lichttechnik mit LED gehen wird, ist relativ gut vorgezeichnet. In Halbleiterbuden, die natürlich nicht mehr Buden heißen werden. Wie man den Weg bis dahin zurücklegen will, ist mir hingegen nicht klar. Bereits heute kann man allenthalben sehen, wie die guten Sitten den Bach runter gehen. Lebensdauer? 50.000! 50.000 was? Manchmal Stunden, kann aber auch Minuten sein, wenn man die Module falsch einbaut. Lichtfarbe? Ähemm! Müssen wir neu definieren. Farbwiedergabe? Die alten Vorstellungen passen nicht mehr. Am besten neue entwickeln. Leuchtdichte? Schwierig zu messen. War schon mit der alten Technik schwierig genug, sodass die Angaben aussagefähig etwa wie Hausnummern waren. Jetzt ist es etwas schlimmer geworden. Lichtstrom? Messen können wir schon. Bloß weiß ich nicht, was die Nummer auf dem Messgerät besagt. 

Was wir jedenfalls garantiert erleben werden, ist das Verständnis für das Wort Technologie. Technik ist, wenn eine Lampe leuchtet. Technologie ist, wenn man aus Glas, Metall, seltenen Erden, viel Papier (Normen, Kataloge ...), viel Software und viel ungeschriebenem Wissen eine angenehme Beleuchtung zaubert. Die wird aber künftig von anderen gemacht werden.

Korea

2015

 

Gibt es Tageslicht in Gebäuden?

2014

Was bleibt vom „Stoff des Lebens“, wenn es durch das Fenster geht?

Was erzählt man Leuten, die mit Stoffen umgehen, mit Stoffen, aus denen man Möbel macht, oder Kleider, mit Stoffen, mit denen man seine Räume wohnlich macht? Als ich ein Kind war, ging meine Mutter mit mir einkaufen. Häufig kaufte sie Stoffe, Knöpfe oder Nähseide ein, aus denen später Anzüge, Röcke oder Blusen wurden. Sie kaufte zunächst den Stoff ein, danach erst die "Zutaten". Diese legte sie im Laden auf den Stoff und beobachtete alle zusammen. Dann ging sie damit vor die Tür. Sie stellte sich mal in die Sonne mal in den Schatten. Warum sie so handelte, lernte ich nach vielen Jahren Studium. Es handelt sich um eine Geschichte der Lichtqualität.

Seit dem Ende der 1960er Jahre, einer Ära, in der man sich auf einen endgültigen Abschied vom Tageslicht in der Architektur geeinigt zu haben schien, vollzieht sich eine phänomenale Kehrtwende. Experten des Lichts erkennen, was der Laie schon immer wusste: Das Sonnenlicht ist der Stoff, aus dem Leben gemacht wird. So weit, so gut!

Die Techniker des künstlichen Lichts haben sich viele Jahrzehnte bemüht, das Tageslicht zu simulieren. Tageslichtersatz wurde aber nie mehr als nur Ersatz. Kein Wunder, man wusste ja nicht, was man da simulieren wollte. Genau genommen wissen wir auch heute nicht, welche Eigenschaften des Tageslichts es zum „Stoff des Lebens“ machen. Was macht die Qualität des Tageslichts aus?

Während man auf eine allgemeine Antwort auf diese Frage vermutlich noch lange warten wird, gibt es Antworten bezüglich spezifischer Qualitätsmerkmale des Lichts, die jeden interessieren, der mit Textilien umgeht, sei es als Macher, sei es als Verbraucher. Sie hängen eng zusammen mit Farbe, Farbwiedergabe, Farbkonstanz u.ä.; kurz gesagt mit dem Spektrum des Lichts.

Anders die Sichtweise der Lichttechnik, die sich vornehmlich mit Helligkeiten beschäftigt. Ihre Grundgrößen (z.B. Beleuchtungsstärke und Lichtstrom) sind vom Spektrum des Lichts „befreit“. In der Beleuchtungstechnik wird sogar häufig die Einfallsrichtung des Lichts ignoriert. „Lux“, die Einheit der Beleuchtungsstärke, enthält keine Auskunft über die Einfallsrichtung des Lichts. Sogar etwas weiter geht die Energieeffizienz, bei der nur die Menge der Energie eine Rolle spielt, die in dem Licht enthalten ist. Wo sie her kommt und wie sie beschaffen ist, spielt kaum eine Rolle.

Bereits bei der Definition des Begriffs „Licht“ sind zwei lebenswichtige Teile des Tageslichts außer Acht gelassen worden: Ultraviolett und Infrarot. Durch das Bemühen um Energieeffizienz der Gebäude wird auch der sichtbare Teil des Spektrums durch die modernen Fenstergläser beschnitten und zuweilen zusätzlich insgesamt um die Hälfte oder mehr herabgesetzt. Während ein einscheibiges Fensterglas ca. 90 % des einfallenden Lichts farbneutral durchlässt, weisen manche modernen Fassaden nur noch 30% Transmissionsgrad auf und verfälschen zudem das sichtbare Spektrum.

Das Tageslicht im Innenraum ist nicht nur in seiner Intensität um ca. 2 Zehnerpotenzen gegenüber dem im Freien geschwächt, sondern wichtigen Bestandteilen beraubt und häufig spektral verfälscht. Während der Intensitätsverlust nach unserer Lebenserfahrung noch erträglich scheint, weil wir uns auch mal draußen aufhalten, fallen die Veränderungen des Spektrums durch Verfälschen von Farben stärker ins Gewicht. Keine gut klingenden Erkenntnisse für eine Branche, die wie kaum eine andere von Farbe lebt.

Tod den Insektenkillern

2014

 

Als ich die Nachricht über die LED-Lampen in Hannover schrieb, fiel mir ein, wie sich die LED auf nachtaktive Insekten auswirken würden. 

Beim Studium der Veröffentlichungen fiel mir der Kinnladen runter, weil meine Lieblingslampe, Halogenmetalldampflampe, wohl der Insektenkiller #1 ist. Ich liebte die, weil ich meine Dissertation über Sportstätten geschrieben hatte, die man am besten mit solchen Lampen beleuchtet. Sie hat eine sehr gute Farbwiedergabe. Attraktiv! Leider auch für die Insekten.

Wie sieht es für die LED aus. Hier sind mehrere Artikel/Studien von einer unverdächtigen Stelle (NABU) zusammengestellt: 
INSEKTENVERTRÄGLICHKEIT UND NATURSCHUTZ

Wie so eine Studie aussieht, hat Prof. Eisenbeis in 24 Folien zusammengestellt (ganz unten auf der Seite abrufbar. Hier leider aus Copyrightgründen nicht möglich): Hier sein Fazit:

  • Die getesteten LED's erwiesen sich am Fleher Deich als insektenfreundlich – sie müssen jedoch hinsichtlich möglicher anderer Nebenwirkungen auf Natur und Mensch weiter sorgfältig beobachtet werden
  • Die Halogenmetalldampflampen verdienen das Prädikat 'Insektenkiller' wie die Quecksilberdampflampen
Mein AMpelmann