Davon hätten die Väter der Zahl 500 + Lux nie zu träumen gewagt. Deren Entstehung liest sich zwar um Längen verschrobener an als die Berechnungen von Größen in Pyramidologie - so etwa Höhe mal Breite einer Pyramide geteilt durch die Körbchengröße von Kleopatra = Kragenweite des darin begrabenen Pharao in assyrischen Millimeilen - , die Jünger der einst verschwiegenen wie verschworenen Sekte werden immer mehr. Heute hat die DPA eine Horrormeldung in die Welt gesetzt, als wäre die durch die alternativen Fakten des neuen amerikanischen Präsidenten nicht genug in den Wahnsinn getrieben worden: 500 lx oder Deine Zimmerlinde stirbt!
Wie es scheint, hat der Fachverband Raumbegrünung und Hydrokultur in Berlin, vertreten durch sein Vorstandsmitglied Jürgen Hermannsdörfer einen Pakt mit den Normern unter den Lichttechnikern geschlossen: "Laut Herrmannsdörfer ist immer ein Wert von 500 Lux erforderlich, um eine Pflanze am Leben zu halten. Das ist die übliche Größe, mit der zum Beispiel im Büro Schreibtische erhellt werden." sagt die DPA. Der Vorstand vom Fachverband Raumbegrünung und Hydrokultur wird es schon wissen, wie die Erhellung von Bürotischen mit der Lebenskraft von Pflanzen zusammen hängt. Vielleicht ernährt sich der deutsche Bürohengst von den Blättern der Beamtenpalme?
Häufig sorgen Rollos und Stores am Fenster für den Lichtmangel Darüber hinaus schlucken natürlich auch die Glasscheiben schon Licht, und mit dem Abstand zum Fenster nimmt sowieso die Lichtstärke, die in Lux gemessen wird, ab, sagt Herrmannsdörfer. Der kennt ein modernes Blumenfenster nicht.
Da man eine solche wichtige Geschichte nicht einem einfachen Gärtnermeister, Herrmannsdörfer, überlassen kann, kommt ein leibhaftiger Professor zu Wort. Der befasst sich mit dem Zierpflanzenbau an der Hochschule Osnabrück. Er meint "es gibt durchaus Pflanzen, die mit Werten zwischen 800 und 500 Lux klarkommen. Meist stammen diese Pflanzen aus dichten Wäldern in tropischen und subtropischen Klimazonen". Offenbar hat sich lichttechnisches Wissen bis in die dichten Wälder der Tropen und Subtropen verbreiten können und erhellt deren Unterholz.
"Wer aber tatsächlich nach einer Palme für einen eher dunklen Standort sucht, dem empfiehlt Herrmannsdörfer die Kentia-Palme (Howea). Die Art wurde Ende des 18. Jahrhunderts auf einer Insel östlich von Australien entdeckt. "Selbst bei nur 600 Lux kann diese Palme überleben", sagt der Gärtnermeister. Der optimale Bereich liegt aber bei 800 bis 1200 Lux." Das ist toll zu wissen. Wie macht man aber 800 oder 1200 lx? Vor allem, wann? Ich denke mal, nicht nachts, auch nicht abends. Im Blumenfenster die Beleuchtungsstärke zu messen, ist auch nicht so einfach. Kann es sein, dass die Blumenliebhaber es dabei belassen, mit den Lieblingen zu reden und deren Wünsche ihnen vom Blatt ablesen?
Wie auch immer. Man muss auch noch auf die Schutzbedürfnisse seines Gemüses achten. Dazu gehört auch das Lüften: ""Die meisten Pflanzen fühlen sich bei Temperaturen zwischen 18 und 22 Grad wohl", sagt Herrmannsdörfer. Das Lüften im Winter kann daher den Pflanzen zusetzen. Er empfiehlt das Stoßlüften, rät aber zugleich, die Pflanzen für die Zeit an einen geschützten Platz zu rücken. "Man muss sich vorstellen, dass die Pflanze quasi nackt im Raum steht." Quasi nackter Spargel mitten in der Zugluft - ein Horror!
Spaß beiseite: Büropflanzen gehen in Räumen mit modernen Isolierglasfenstern häufig ein. Das liegt an der spektralen Filterung dieser Gläser, die das Tageslicht auch noch stark reduzieren. (zum Lachen hier). Deswegen gibt es eine VDI-Richtlinie, die man lesen sollte, ehe sich die Metzgerpalme einen traurig anschaut (VDI-Richtlinie: VDI 6011 Blatt 3 Optimierung von Tageslichtnutzung und künstlicher Beleuchtung - Anforderungen der Innenraumbegrünung) (mehr hier) Und die Insel, von der alle Kentia-Palmen abstammen, heißt Lord Howe Island. Dort dürfen gleichzeitig nur 400 Touristen drauf, damit Paradies Paradies bleibt. Die Insulaner wollen nicht ihren Palmen nachziehen.
… hilft LED. Diese Produkt spricht die Damen an, und zwar solche, deren Göttergatten es mit dem Zielen nicht so genau hinkriegen. Das Wunder der Technik ist die Toilettensitzbeleuchtung Panasonic DL-GWN. Der Hersteller sagt dazu: "Das Licht schafft zudem ein Ziel auf das die männlichen Mitglieder des Haushalts zielen können." Das eigentliche Angebot möchte die Damen davor bewahren, sich in "den John", auf Englisch in die Schüssel, zu setzen, wenn zuvor ein eben männliches Mitglied den Deckel hochgeklappt und so hinterlassen hatte. Zudem wärmt das Licht den Sitz. Sagt Panasonic, natürlich alles auf Englisch (hier). Da sehen frühere Kreationen alt aus, richtig alt (rechts).
Wenn man das DL-GWN in Arbeitsstätten installiert, ich meine, in die entsprechenden Zellen, braucht man keine 200 lx mehr auf der task area, weil nunmehr diese, die task area, selbst leuchtet. Zudem erinnert sie an laue Sommertage am Meer. Ein wunderschönes Beispiel für die Energieeffizienz. Orte, die man nicht einmal eine halbe Stunde am Tag sucht, leuchten 24/7, will sagen dauernd, immer und ewig. Wie die Berliner Flughafenruine, auf der man seit Jahren das Licht nicht ausschalten kann. Oder 9 Millionen Straßenlaternen in Deutschland, die die ganze Nacht auf Fußgänger warten, die in einem der 40 Millionen PKW unterwegs sind. LED macht´s möglich. Ist ja energieeffizient.
Das Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) beschäftigt sich neuerdings mit der Zukunft des Büros bzw. mit dem Büro der Zukunft. So schrieb der Berliner Tagesspiegel. Ihr Labor heißt "Living Lab smart office space". Dort soll es so zugehen wie auf dem Bild - also vollkommen praxiswidrig. Anstelle von künstlichen Intelligenzen sitzen darin allerdings ziemlich echt aussehende Figuren. Vermutlich Menschen.
Als ich das Bild das erste Mal sah, rätselte ich, wo wohl die Beleuchtung versteckt wäre. Zuerst dachte ich, die wäre vergessen worden. Schließlich will ja 37% deutscher Führungskräfte einen Arbeitsplatz ohne künstliche Beleuchtung (unglaublich aber hier zu lesen). Das Vergessen musste ich gleich vergessen, denn in der ersten Reihe sitzt nur einer, und der tut nix. Oder denkt, was dasselbe bedeuten kann. Für die dahinter würde bei der besten Befensterung nicht sehr viel Licht auf den Tisch kommen, zumal die Decke bestimmt nicht den erforderlichen Reflexionsgrad aufweist. Sie ist eher so ´ne Art Licht-Schluck-Decke.
Dann las ich, in der Hoffnung, dass der Text dazu was hergibt, weiter. Unsere KI-Kämpfer denken natürlich zuerst an die Stelle, auf der jeder sitzt, wenn er sitzt. Und der (Entschuldigung) Hintern erfährt eine besondere Behandlung: er wird gekühlt. Heizung und Lüftung im Stuhl für schlappe 987 Euro! Der ist durch Einsatz von echt künstlicher Intelligenz optimiert worden, weil früher die Ventilatoren zu laut waren. Gott verhüt´s - mit welchem Körperteil sitzt man denn im Büro der Zukunft? Man sagt man lege sich auf´s Ohr, wenn man einen erfrischenden Büroschlaf einlegt. Aber auf´s Ohr setzen? Die Soundfunktion des Stuhls, womit nicht das Quietschen gemeint ist, wären wir losgeworden, steht in dem Artikel drin. Die Rolle soll nämlich einem anderen technischen Produkt zukommen.
Der wahre Geniestreich sollte sich mir aber erst später erschließen, weil die die Randnotiz zu dem oben angegebenen Bürodesign überlesen hatte: Es gibt tatsächlich eine Beleuchtung - und zwar mit integrierter Soundfunktion, Antilärmlampe genannt. Wow! Auf die Idee muss man erst kommen! Mir fiel da ein, wie die altmodisch-doofen Lichttechniker seit Jahrzehnten versuchen, den Lärm aus den Leuchten zu bekommen. Und zwar so, dass niemand an Lärm denkt, wenn von einer Leuchte die Rede ist. Nun untersucht DFKI, wie man den mühsam aus den Leuchten herausgetriebenen Lärm da wieder hinein bekommt: "In einer weiteren Studie wird untersucht, wie eine Arbeitsplatzleuchte mit integrierter Soundfunktion im Großraumbüro ankommt. Das mannshohe Gerät kann über dem Schreibtisch ein monotones Lüftungsgeräusch produzieren, das wie ein "Rausch-Schleier" störende Stimmen von Kollegen im Büro überdecken soll."
HGaaanz langsam zum Mitschreiben: Man stellt ein mannshohes Gestell auf den Arbeitsplahtz, der als lokaler Lärmsender funktioniert. Da das Ding ja als Leuchte gilt, muss vorher der Lichtingenieur dessen Lärmentwicklung bremsen. Danach emittiert die Kiste Licht und Lärm. Fehlt nur noch Luft, die kommt aber aus dem Stuhl, dessen Lärm ja beseitigt worden ist. Ganz im Sinne des Menschen: "Die Dämpfung soll lokal erfolgen und nicht zentral über ein Lautsprechersystem - das störe die Menschen, sagt Hoffmann - die leitende Professorin - mit Verweis auf Versuche. "Die Leute wollen ihre Umgebungsbedingungen kontrollieren können." Recht so!
Wie, bitte schön, sorgt man dafür, dass mein Lärm nicht den Nachbarn erreicht? Der will nämlich seine Umgebungsbedingungen auch kontrollieren. Wenn ich mir die abgebildete Leuchte angucke, kann der Nachbar sich nicht einmal gegen mein Licht wehren.
Und jetzt stelle man sich vor, man wäre nicht im Wolkenkuckucksheim wie hier abgebildet mit 30 - 40 Quadratmeter Bürofläche wie hier, sondern mit 7, wie es den Facility-Managern lieb ist! Den Quatsch, jedem seine Umgebung zu kontrollieren zu ermöglichen, hatte die längst verblichene Dresdner Bank in ihrem Bürotower 1978 realisiert. Am Ende kontrollierte keiner mehr irgend etwas. Chaos war Alltag. Leider nicht das creative, das das Büro der Zukunft auszeichnen soll. So war denn das Ende der Dresdner Bank besiegelt, bevor die Zukunft des Büros begonnen hatte.
Mir ist rätselhaft, wieso ich seit Jahren Satire und Kritik über Licht und Beleuchtung schreibe. Es gibt offenbar viel ergiebigere Bereiche, wo Satire ausgiebig gelebt wird. Soll ich diesen Blog etwa schließen? Vielleicht warte ich, bis die Lichttechniker sich auch mit künstlicher Intelligenz statt mit künstlicher Bestrahlung befassen. Oder sollte ich lieber eine Theorie aufstellen, dass Menschen, die weitgehend unter künstlicher Beleuchtung aufgewachsen sind, manche ihrer geistigen Fähigkeiten einbüßen? Genügend Beweise hätte ich ja. Einmal die Forscher, und dazu noch der Journalist, der offensichtlich an die künstliche Zukunft glaubt.
Lieber so: In der KI-Forschung gilt der Tag, an dem die künstliche Intelligenz der Maschine die natürliche des Menschen einholt, als "Singularity", der Tag, an dem der Mensch seine Einzigartigkeit verliert. Die ganz Doofen arbeiten an der Verbesserung der künstlichen Intelligenz. Wer sagt aber, dass das Ziel nur so erreicht werden kann? Wie wäre es mit der Reduzierung der natürlichen Intelligenz? Ist um Längen einfacher. Vielleicht haben wir Singularity erreicht und wissen es noch nicht.
Anm.: Unser Akustik Professor hatte uns mit Prügel gedroht, sollte einer von uns versuchen, Lärm mit Lärm zu bekämpfen. Er meinte, dass man Dreck nicht mit Dreck bekämpfen kann. Schade, dass er nicht mehr lebt. Als unterdurchschnittlich begabter Akustiker hatte er so minderwertige Arbeiten abgeliefert wie die Akustik der Berliner Philharmonie. (Dass die nach einem halben Jahrhundert noch berühmt ist, wird dem Glück zu verdanken sein.). Und der doofe Lichtingenieur, das waren einige Kollegen, die ganze Arbeit ganz ohne künstliche Intelligenz geliefert haben. Deswegen macht keine deutsche Leute piep, wenn sie nicht soll. Nicht zu vergessen, die unbekannten Ingenieure, die das deutsche Normenwerk für Bauakustik geschaffen haben. Und daaaan kommt einer mit einer Lärmlaterne ...
Der Laie flucht, der Experte sucht den Bösewicht: Warum blenden die neuen Scheinwerfer mit LED so schlimm? Selbst Kinderfahrräder blenden am Tage. Mancher Radfahrer fährt ohnehin als Weihnachtsbaum blinkend durch die Gegend. Früher blendeten nur die "Drängler", die sich die teuren Xenonscheinwerfer leisteten. Heute womöglich alle. Der Verband der Augenmediziner hat die Oldies als Ursache ausgemacht: Dass sich viele Leute im Straßenverkehr geblendet fühlen, liegt demnach am Alter der Verkehrsteilnehmer. Richtig so. Sollen wir alle über 60 aus dem Verkehr ziehen, damit die freien Bürger freies Schussfeld vor ihren Scheinwerfern haben?
Scherz beiseite. Das Thema ist "aktenkundig" und wurde z.B. bei Lux Junior 2013 vorgetragen. Fazit: "Der Beitrag zeigt, dass die aktuelle Bewertung lichttechnischer Komponenten im Automobilbereich nicht die tatsächlich resultierende Blendung erfasst. Die angeführten Literaturquellen in Verbindung mit den Ergebnissen aus durchgeführten Voruntersuchungen verdeutlichen, dass ein Scheinwerfer ein wesentlich höheres Blendpotential aufweisen kann, als durch die gesetzeskonforme Abnahme ermittelt wird." Die armen Autoren! Sie wissen nicht, dass der Verkehrsminister von der CSU ist. Bis der reagiert, gibt es Lux Senior 2033.
Neue Erkenntnis? Nö! Wusste man schon anno tobak. Ich weiß nicht mehr genau, wann die Gesetze und Vorschriften der BRD zum Thema Kfz-Beleuchtung erstellt wurden. Aber bereits 1973, als ich mich genau damit beschäftigen musste, gab es die x-te Änderungsverordnung zur y-ten Fassung des Paragraphen so und so. Die ältesten davon waren wohl in der Weimarer Republik geschrieben worden. Es waren die Chaosjahre der Straßenverkehrordnungen der Welt. Die Deutschen fuhren Autos mit Scheinwerfern von Hella, bestückt mit Zweifadenlampen von Osram, die aber in den USA verboten waren. Deswegen mussten die Autos, die man in den USA verkaufen wollte, auf amerikanische Scheinwerfer umgebaut werden, die mit sealed beam ausgestattet werden mussten. Die haben zwar schlimmer geblendet als die europäischen. Aber Vorschrift ist eben Vorschrift. Am schlimmsten hat es die Franzosen erwischt. Denn ihre Autos mussten gelbes Licht haben. Einem Gerücht zufolge, das man für eine wissenschaftliche Erkenntnis hielt, erhöht gelbes Licht die Sehkraft. Ginseng Wurzeln auch. Der Unterschied ist, dass Frankreich mit Hilfe von derart begründeten Normen die Konkurrenz vom Halse hielt. Und das ist kein Gerücht. Die schlimmste aller elektrischen Verbindungen, das Scart-Kabel, ist Ergebnis solcher Bemühungen. Man sah ihm nicht an, was es verband, man fummelte zuweilen stundenlang hinter dem Fernseher herum, der vor der Wand stand, und hatte am Ende doch die falsche Verbindung hergestellt, wenn überhaupt. Mit dem gelben Licht haben sich die Franzosen aber ein Bein gestellt. Die schöne Große Citrone mit mitlenkenden Scheinwerfern musste für die USA regelrecht verunstaltet werden.
Allen diesen Bemühungen lag zugrunde, dass man die Blendung des Gegenverkehrs verringern wollte, aber für den Besitzer der Scheinwerfer möglichst viel Sehleistung erzeugen. Eine Quadratur des Kreises oder eher Kubatur der Kugel? Egal. Problem ist, wie man so etwas schafft. Da ganz weise Kollegen aus dem Südwesten der Republik ermittelt hatten, dass die Blendung eine Funktion der Lichtstärke sei, begrenzte man die Lichtstärke der Scheinwerfer in Abhängigkeit der Höhe über dem Boden. Damit ist auch die Beleuchtungsstärke in einer bestimmten Entfernung begrenzt. Und die misst man. So heißt es in der StVZO (für Legastheniker Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung) §50: "Die Blendung gilt als behoben (Abblendlicht), wenn die Beleuchtungsstärke in einer Entfernung von 25 m vor jedem einzelnen Scheinwerfer auf einer Ebene senkrecht zur Fahrbahn in Höhe der Scheinwerfermitte und darüber nicht mehr als 1 lx beträgt." Aber davor steht unter (5): "Die Scheinwerfer müssen bei Dunkelheit die Fahrbahn so beleuchten (Fernlicht), dass die Beleuchtungsstärke in einer Entfernung von 100 m in der Längsachse des Fahrzeugs in Höhe der Scheinwerfermitten mindestens beträgt
...
1,00 lx bei anderen Kraftfahrzeugen.
Das ist es. 1 Lux! Und wie erzeugt man das? Dazu braucht man - klar - eine leuchtende Fläche mit einer bestimmten Helligkeit und Größe. Dabei ist es egal, wie groß jeder der beiden ist. Es kommt auf das Produkt an. Bei einer vorgegebenen Helligkeit (z.B. Glühlampenfaden in alten Scheinwerfern) muss die Fläche eine bestimmte Größe erreichen. Ist die Helligkeit viel größer, darf die Fläche viel kleiner werden. In gutem Deutsch: Die Beleuchtungsstärke an einem bestimmten Punkt wird durch das Produkt der Leuchtdichte und der Größe der leuchtenden Fläche bestimmt.
So weit, so gut. Wo liegt das Problem mit der Blendung? Mit Lux oder Lichtstärke kann man nur die sog. "physiologische" Blendung vorhersagen. Die empfundene Störung heißt aber "psychologische" Blendung, und die steigt mit dem Quadrat der Leuchtdichte, während die Lichtstärke nur mit der einfachen Potenz zunimmt. Reduziert man also die Fläche eines Scheinwerfers und erhöht dessen Leuchtdichte im gleichen Maße, steigt die Blendung überproportional an.
So weit die Lichttechnik als Erklärung für die gestiegene Blendung. Dummerweise ist die aber nicht die einzige Erklärung. Dummerweise … sind Autos keine Objekte, die im Regal stehen, sie fahren auf Straßen. Und Straßen sind weder eben noch schön glatt, so dass sich die Scheinwerfer bei einer Bewegung mitbewegen. Da kommt es auf die Bündelung des Lichts an. Ist diese so unvollkommen wie bei alten Scheinwerfern, macht es nicht viel aus, dass das Auto etwas schwingt. Sind die Schweinwerfer aber nahezu perfekt gebündelt, ändert sich die Blendung bereits bei kleineren Bewegungen. Das ist dem Gesetzgeber schon seit langem bewusst gewesen, Deswegen wurde die Verwendung von "Dränglerlicht" an technische Bedingungen geknüpft:
"(10) Kraftfahrzeuge mit Scheinwerfern für Fern- und Abblendlicht, die mit Gasentladungslampen ausgestattet sind, müssen mit
1. einer automatischen Leuchtweiteregelung im Sinne des Absatzes 8,
2. einer Scheinwerferreinigungsanlage und
3. einem System, das das ständige Eingeschaltetsein des Abblendlichtes auch bei Fernlicht sicherstellt,
ausgerüstet sein."
Daraus kann man ablesen, dass allein die Verschmutzung der Scheinwerfer ein Risiko darstellt. Zudem muss man zu den gut gebündelten Scheinwerfern für das Fernlicht das Abblendlicht zuschalten, weil sich sonst ein schwarzes Loch vor dem Auto breit macht. Und wie sieht es mit der Regelung für LED-Scheinwerfern aus? In der StVZO habe ich dazu nichts gefunden. Dabei haben die LED-Scheinwerfer die mit Xenon schon 2005 überholt, jedenfalls, was die Helligkeit angeht. Wenn also einem ein gut begüterter, Pardon beleuchteter, Autofahrer entgegen kommt, hat man es nicht nur mit einem Paar Scheinwerfer zu tun, sondern zwei. Wenn der vorbei ist, fällt man in ein schwarzes Loch. Das ist schlimmer als psychologische Blendung, nicht nur psychologisch gesehen. Man könnte es auch eine Verkehrsgefährdung nennen. Oder man sollte es.
Also gibt es neue Aufgaben für Herrn Dobrindt, denn die LED blenden mittlerweile bereits am Tage. Das haben nicht nur die Laien gemerkt, sondern auch Fachleute. Der Augenarzt hat nicht nur das Problem geschildert, sondern auch gegen welche Vorschriften die Kfz-Laternen verstoßen: "The Convention Concerning the Power of Authority, The Law in Respect of the Protection of Infants (969), The Obligation of Protection, The Principle of Equality, The Declaration of Human Rights (948) Article Three, The Laws of Logic, Public Ethics and Morals." (der gesamte Artikel hier). Allerdings scheint die Politik - bzw. die Bundesregierung - ziemlich unbeleckt von Problembewusstsein. Auf eine Anfrage von Abgeordneten (– Drucksache 17/2042 – ) antwortete die einst so:
"Helle Scheinwerfer führen zwar zu einer verbesserten Sicht des Fahrers, andererseits kann für entgegenkommende Fahrzeughalter, Radfahrer, Motorradfahrer und Fußgänger durch Blendung die Sehfähigkeit vermindert werden. Dies kann zu gefährlichen Situationen und Unfällen führen.
1. Über welche Kenntnisse verfügt die Bundesregierung über verkehrsgefährdende Blendwirkung von Leuchtdioden an Fahrzeugen beim Tagfahrlicht?"
Und unsere Regierung?: "Wissenschaftliche Erkenntnisse oder Forschungsberichte zur Blendung durch Tagfahrleuchten mit Leuchtdioden sind der Bundesregierung nicht bekannt. " Mein Name ist Hase.
Etwas muss ihr schon bekannt sein, denn die nächste Frage hat sie fachmännisch (bzw- frauisch) beantwortet:
"2. Wie bewertet es die Bundesregierung, dass sich zunehmend Verkehrsteilnehmer durch starke Lichteinwirkung von Leuchtdioden geblendet fühlen und dadurch im Straßenverkehr verunsichert werden?" Antwort: "In der Wissenschaft wird unterschieden zwischen physiologischer und psychologischer Blendung. Die physiologische Blendung setzt die Sehleistung des Auges herab. Bei der psychologischen Blendung wird eine Blendungserhöhung empfunden, die nicht messbar und individuell verschieden ist. Verkehrsteilnehmer können sich geblendet fühlen, ohne dass dies zu einer verringerten Sehleistung führt. Die Unannehmlichkeit der psychologischen Blendung für Einzelne führt jedoch zu einem früheren „Gesehen werden“ von Fahrzeugen mit Tagfahrleuchten und damit zur Erhöhung der Verkehrssicherheit. " Langsam zum Mitschreiben: Uns ist es sch..egal, wie sich andere fühlen. Der Autofahrer will früher gesehen werden. Und das erhöht die Verkehrssicherheit. Von wem eigentlich?
Ja, unsere Bundesregierung kann ja nicht alles wissen. Ihr sollte aber bekannt sein, dass die Strahlenschutzkommission (SSK) im Jahre 2006 sie aufgefordert hat, was zu tun (s. Bericht "Blendung durch natürliche und neue künstliche Lichtquellen und ihre Gefahren", im Bundesanzeiger veröffentlicht). Dass die "psychologische" Blendung nicht messbar sei, ist ausgemachter Unsinn. Wahr ist, dass ein Zollstock dazu nicht ausreicht. Ein Luxmeter auch nicht. Und dass man sie außer Acht lassen darf, dürfte sich spätestens mit der Veröffentlichung von CE Regulation 98 "Uniform provisions concerning the approval of motor vehicle headlamps equipped with gas-discharge light sources" in 2012 erledigt haben.
Die Antwort stimmt nicht einmal halb: Die (frühere) Sichtbarkeit des Autos wird mit hellen Scheinwerfern erkauft. Und diese verhindern, dass andere Verkehrsteilnehmer überhaupt gesehen werden. Wer vor sich oder im Rückspiegel die hellen Scheinwerfer sieht, ist anschließend blind. Zwar nicht für immer, sondern nur für einige Zeit, je nach Alter. In der Zeit legt ein alter Porschefahrer etwa 100 Meter zurück. Müssen wir die Alten aus dem Verkehr ziehen, bis die Wirtschaftskommission für Europa ECE eine Lösung findet? Den Alten die Porsche wegnehmen, wäre auch eine Lösung. Leider gibt es keine Enten mehr, und die lahmsten Familienkutschen kommen lässig über 140 km/h.
Wenn die Regierung denn eine Lösung finden will, sollte sie bereits die Basis der Zulassungsvorschriften aus dem Verkehr ziehen. Denn 1 Lux kann je nach Alter ganz unterschiedlich groß ausfallen, vor allem, wenn das Licht jede Menge blau enthält. Denn Licht ist nach der Augenempfindlichkeit bewertete Strahlung, und Kinderaugen haben eine andere als die von Erwachsenen, wovon die jüngeren wiedrum eine andere haben als die älteren. Die Basisfunktion (V-Lambda genannt) ist eine etwa 100 Jahre alte Kurve, die nur für jugendliche Männer gilt. Daher die obigen Bezeichnungen Babylux, Papalux, Opalux. Ob sich Mamalux und Papalux unterscheiden, außer dass der Genderbeauftragte darauf besteht? Ich denke mal ja, weil Frauen Farben anders sehen (s. hier). Das hatten wir in 2015 thematisiert, worauf sich der Autor der Studie meldete und die Unterschiede erklärte (sein Beitrag hier). Danach ist bei Frauen die Anzahl der Stäbchen und Zapfen anders als bei Männer und auch die Verteilung der 3 Arten der Zapfen.
Übrigens, so lustig ist das Ganze nicht immer, wenn man das Problem nicht begriffen hat. Nach Untersuchungen, die mir leider entfallen sind, sollen Babies im Krankenhaus erblindet sein, weil sie auf dem Rücken lagen und der Beleuchtung voll ausgesetzt waren. Und Menschen in der Arbeitswelt haben sehr häufig Probleme mit der Beleuchtung, weil diese nur die jüngeren Menschen berücksichtigt. Besonders krass und gefährlich kann es im Straßenverkehr werden, weil hier das Auge mehr als voll beansprucht wird. Wir fahren in der Nacht ständig weit unterhalb der vollen Leistungsfähigkeit der Augen mit Geschwindigkeiten die zu meiner Jugend nur Formel-1 Wagen vorbehalten waren. Die Leuchtdichten der LED können sich mit der Sonne messen. Und von der weiß man, wie sie blenden kann.
Wem das zu viel wird mit Babylux, Mamalux und Papalux: Es ist zwar wahr, dass wir nur 1 Kfz-Beleuchtung haben können und auch nur 1 Straßenbeleuchtung. Man kann - eher muss - aber immer diejenige Gruppe verstärkt berücksichtigen, die entweder mehr Schaden davon trägt oder mehr Schaden verursachen kann. Gleiches Licht für alle Volksgenossen - das war einst.
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15.12.2016
Der legendäre Ort Schilda, den die bösen Nachbarn eines alpinen Staats im Norden und im Osten gerne dorthin verlegen, damit sie mehr Witze reißen können über Jogger, die vom Gletscher überholt werden, wird bei uns am häufigsten mit dem Bau des Ratshauses erwähnt, bei dem man die Fenster vergessen hatte. Zwar gab es später noch bessere Möglichkeiten, sich über die realen Geschichten lustig zu machen. So etwa über die Hochrheinbrücke, die auf der Schweizer Seite etwas zu hoch geplant wurde (54 cm), so dass in der Flussmitte eine Treppe hätte vorgesehen werden müssen. Das, aber ist eine andere Geschichte. So bleiben wir beim Vergessen der Fenster und den Folgen davon, Licht in Säcken hinein zu tragen.
Natürlich kommt so etwas in der realen Welt der High-Tech Nation nicht vor. Oder? Ach, was, wir schaffen lässig eine Mega-Version davon. Was, berichtet Licht (Heft 11-12, 2016). Über Details kann ich leider nicht berichten, da die wichtigsten Daten nicht lesbar weil gelb auf weiß gedruckt sind, aber den Tenor. Roman Jacobiak hat Gebäude untersucht, deren Hülle thermisch saniert worden war. Ergebnis: Das Tageslichtniveau ist im Schnitt 28% gesunken. In 15 von untersuchten 18 Fällen war eine ausreichende Tageslichtversorgung nach der Fassadensanierung nicht mehr gegeben. Die Abnahme betrug in einem Fall sogar 48%.
Langsam zum Mitschreiben: Eine energetische Sanierung von Gebäuden geschieht, um deren "Energieeffizienz" zu erhöhen. Und Effizienz heißt, dass man das gleiche Ziel mit weniger Aufwand erreicht. Wie viel Heizenergie muss ich einsparen, um 1 W Mehraufwand für die Beleuchtung auszugleichen? Das hängt ganz und gar davon ab, wie man heizt:
Bezieht man seine Heizung aus Nahwärmequellen, muss man für den Betrieb von Beleuchtung (Strom) 24 Mal so viel Primärenergie aufwenden. Bei Holz immer noch 12 Mal. Dabei ist der Strom bei EnEV 2014 noch gnädig weggekommen, weil man in Deutschland mittlerweile die Landschaft so weit verspargelt hat, dass ein erheblich Teil des Stroms aus Windmühlen kommt. Früher betrug der Faktor 3,0, was dem Umwandlungsprozess in einem Kraftwerk entspricht: Mindestens ein Drittel der Primärenergie geht bei der Umwandlung in elektrische zum Schornstein, ein Drittel fressen die Leitungen, die die Landschaft heizen, sowie diverse Prozesse. Und nur das letzte Drittel kommt an der Steckdose an. Die großen Kraftwerksblöcke müssen die Verlustwärme an die Luft oder an Oberflächengewässer abgeben. Deren Wirkungsgrad liegt deswegen bei 30% bis 45%.
Ergo: Man spart Heizenergie ein, und man muss deswegen elektrische Energie zum Beleuchten einsetzen. Anders als bei Schilda kann man über diesen Witz nicht lachen. Vor allem dann nicht, wenn man hinter der verdusterten Fassade arbeiten muss. Ach, ja, gestern wurde die neue Arbeitsstättenverordnung (endlich) veröffentlicht. Die sagt:
(1) Der Arbeitgeber darf als Arbeitsräume nur solche Räume betreiben, die möglichst ausreichend Tageslicht erhalten und die eine Sichtverbindung nach außen haben.
Und in ihrer ASR A3.4 wird die Anforderung so konkretisiert:
(3) Die Anforderung nach ausreichendem Tageslicht wird erfüllt, wenn in Arbeitsräumen
- am Arbeitplatz ein Tageslichtquotient größer als 2 %, bei Dachoberlichtern größer als 4 % erreicht wird oder …
Nach Jacobiak wird es nicht erreicht … oder?