Hinter Formeln stecken immer kluge Köpfe. Der hinter dieser Formel hat sogar Donald Trump um die Längen geschlagen. So alternativ sind seine Fakten.
Der Reihe nach: Erhitzt man einen Gegenstand, fängt dieser an, zu glühen. Natürlich nur, wenn der aus Metall ist. Hölzerne Dinge brennen. Je heißer ein Ding glüht, desto heller scheint es. Ursächlich für seine Helligkeit ist die Leuchtdichte. das ist eine physikalische Realität. Da die Technik riesige Probleme mit der Messung der Leuchtdichte hat - jedes Objekt scheint aus jeder Richtung anders hell - misst die die Lichtstärke. Wenn tatsächlich jemand nach der Leuchtdichte fragt, muss er rückwärts aus der Lichtstärke und der Größe der leuchtenden Fläche die Leuchtdichte berechnen.
Ist das irgendwie von Relevanz für einen, der Lampen kauft? Nicht nur für den. Die Sache steht für einen der größten Irrtümer der Geschichte der Beleuchtungstechnik und der Zahl 200. Und das ging so: Jemand wollte aus der Aufregung um die Einführung von Computern in den 1970ern Kapital schlagen (hier ausführlicher dargestellt) und erfand eine Leuchte, die garantiert nicht auf dem Bildschirm reflektiert wird. Da dies nicht ganz geht, denn die Leuchte muss doch irgendwie Licht ausstrahlen, sagte man, ihre Leuchtdichte, von der Seite aus gesehen, darf 200 cd/m2 nicht übersteigen. Und wie misst man das? Über die Lichtstärke.
Da übliche Leuchten ein Vielfaches davon einem auf den Bildschirm warfen, wurden Fabriken aufgebaut, um die neue Leuchte möglichst schnell zu produzieren. Denn sie brachte viel Geld. Noch mehr Geld brachte sie, als man sie normte. Nicht als Leuchte, sondern als Beleuchtung. Damit war sie Stand der Technik und wurde für viel Geld in deutsche Verwaltungen gebracht. Etwa 20 Jahre nach der Einführung haben wir nachgewiesen, dass sie dem Arbeitsschutz widersprach (Veröffentlichtung hier). Und sie blendete, obwohl ihre physikalischen Daten sagten, sie könne gar nicht blenden - wg. der 200 cd/m2. Und beleuchten tat sie eher den Tisch und den Teppich darunter.
Heute gibt es LED-Leuchten, die auch bei 2000 cd/m2 nicht blenden.Wie geht sowas? Da sind wir wieder bei den alternativen Fakten. Die 200 cd/m2 sind eine fiktive Größe, die jemand als real hält, der die obige Formel gelernt hat. Der Mensch sieht unter so einer Leuchte viele Lichtfetzen mit bis zu 40.000 cd/m2 . Halt nicht durchgehend.
Jetzt muss die Lichttechnik aus der selbst gestellten Falle. Die nächste wartet auf dem Fuße - ein Missverständnis der ersten Güte. Warum blendet der Himmel mit 8000 cd/m2 nicht, aber ein Vorhang mit 2000 cd/m2? Die erzähle ich ein andermal.
Die Lichttechnik ist etwas, was zwischen sehr speziellem Fachgebiet und Allgemeinwissen liegt. Was sie genau ist, habe ich bislang nicht begriffen, obwohl meine Doktorarbeit auf dem Gebiet fast 50 Jahre alt wird. Das mag an meiner Dummheit liegen oder aber an der Sache selbst. Denn zum Begreifen von Etwas muss Etwas existieren. Beispielsweise können Menschen Computer nicht begreifen, weil der so nicht existiert. Früher gab es ihn wirklich als große Kiste im Schaufenster, damit die Betreiber zeigen konnten, dass sie modern arbeiten. Heute kann jeder Autoschlüssel den Computer von anno tobak um Längen schlagen. Ähnlich geht es mit der Lichttechnik.
Der oberste "Feldherr" aller Lichttechniker, die CIE, nimmt für sich in Anspruch, alles was Licht, Sehen, Anzeigen u.ä. angeht, exklusiv betrachten zu dürfen: "an international forum for the discussion of all matters relating to the science, technology and art in the fields of light and lighting …" Das schließt so alles ein, was Licht, Strahlung Sehen usw. angeht: "note that in these objectives light and lighting embraces such fundamental subjects as vision, photometry and colorimetry, involving natural and man-made radiations over the UV, the visible and IR regions of the spectrum, and application subjects covering all usage of light, indoors and out, including environmental and aesthetic effects …" Während mir beim Aufzählen die Puste ausging, erzählt die CIE weiter "From 1999 onwards also the optical, visual and metrological aspects of the communication, processing and reproduction of images, using all types of analogous and digital imaging devices, storage media and imaging media are covered by CIE."
Geht es eine Nummer kleiner? Müsste eigentlich. Z.B. auf dem Gebiet der nichtvisuellen Wirkungen des Lichts. Die heißen abgekürzt NIF (non-image-forming) und wurden von der CIE etwas zu spät entdeckt. Zuerst waren die Mediziner dran. Eigentlich hat es die CIE gewusst, aber nicht gemerkt. Denn ein gewisser Rikard Küller (hier) hatte schon in den 1980er Jahren jede Menge Literatur dazu gesammelt und geschrieben. Dass viel von der Weisheit vor mindestens 50 Jahren veröffentlicht worden war, habe ich gestern kommentiert (hier). Nun hat die CIE schnell die Definition von Beleuchtung geändert. Allerdings niemanden darüber informiert. Warum denn informieren, wenn man alles selber macht? Sie produziert mit ISO zusammen auch einen internationalen Standard dazu. Warum nicht?
Darum: Im Heft Licht 2/2020 diskutieren Lichttechniker aus der TU Berlin das:
Was sagt uns dass? Dass ausnahmslos alle vorhandenen Studien potenziell mit einem mehr oder weniger großen Fehler behaftet sind, weil man die Lichtbedingungen nicht korrekt hat messen können. Nun sind theoretisch alle Messungen mit einem Fehler behaftet, es kommt daher darauf an, wie groß der Fehler ist. Hier die Meinung der Autoren: " …Dennoch werden die Lichtverhältnisse oft nur mit der vertikalen Beleuchtungsstärke am Auge und … beschrieben. Beide Werte sind integrale Größen und somit nicht geeignet, …"
Wenn es nur das wäre! Ich hatte vor einiger Zeit dargestellt, dass es die Vertikalbeleuchtungsstärke in künstlich beleuchteten Umgebungen gar nicht gibt: Vertikalbeleuchtungsstärke - Ein modernes Märchen zu gesundem Licht (hier). Das Licht kommt fast immer von oben. Jede Beleuchtungsstärke wird nach einer räumlichen Verteilung gemessen, die für das Aufwärmen von Milch in einem Topf angemessen wäre. Bei jedem Objekt, das nicht flach ist, gilt die Beleuchtungsstärke bedingt oder gar nicht. Bei den nichtvisuellen Wirkungen weiß man nicht, wie sich die räumliche Verteilung von Lichtquellen sie beeinflusst. Darum forschen die Kollegen aus Berlin (hier die Version veröffentlicht in LEUKOS The Journal of the Illuminating Engineering Society, Vol. 15, 2019, die Version in Licht hier bestellbar).
Licht muss in mehrerer Hinsicht anders gemessen werden, um die nichtvisuellen Wirkungen studieren zu können. Ein Vorschlag als Beispiel ist die Lichteinfallsstärke zu messen. Bei der steht der Mensch im Mittelpunkt und nicht die Lichtquelle. Mal andersherum denken. Doch damit ist nicht Schluss. Ein gewisser Mark S. Rea, seines Zeichens der Editor des größten lichttechnischen Handbuchs der Welt, hatte vor mehr als 15 Jahren gezeigt, dass die Lichttechnik neu erfunden werden muss, um mit NIF umzugehen. Das beginnt bei der V(λ)-Kurve von 1924. Die Arbeit der Berliner Forscher, veröffentlicht 2020, zeigt, dass noch nicht viel geschehen ist.
Die KAN (Kommission Arbeitsschutz und Normung) hat ihre Stellungnahme zu nichtvisuellen Wirkungen künstlicher Beleuchtung überarbeitet und in Oktober 2019 veröffentlicht.
Es ist so weit! Ich wartete jahrelang, dass einer eine Besonderheit des deutschen Normenwesens entdeckt. Der betreffende Satz schlummerte viele Jahrzehnte unentdeckt in einer DIN-Norm. Jetzt macht eine Behörde in Köln ernst. Ein Wohnungseigentümer besitzt in bester Innenstadtlage eine Wohnung, die er gerne recht günstig an Studenten vermietet. Bis er einen Brief vom Amt wegen mangelnder "Besonnung" bekam. Den Rest zeigt der Film vom NDR. Der könnte jedem blühen, der eine Wohnung besitzt, die zum Norden guckt. Da kommt bekanntlich keine Sonne hin - jedenfalls nicht außer Hochsommer. Besonnung heißt gemäß DIN 5034-1 (hier Ausgabe 1999-10): "Ein Raum gilt als besonnt, wenn Sonnenstrahlen bei einer Sonnenhöhe von mindestens 6º in den Raum einfallen können." Das "können" bedeutet, auch bei verhangenem Himmel gilt der Wohnraum als besonnt. Die Strahlen müssen sich halt einen anderen Weg suchen als durch die Wolken (das hier ist damit garantiert nicht gemeint.).
Ist doch schön? Von wegen! "Ein Wohnraum gilt als ausreichend besonnt, wenn seine Besonnungsdauer am 17. Januar mindestens 1 h beträgt." heißt es dort. Und "Eine Wohnung gilt als ausreichend besonnt, wenn in ihr mindestens ein Wohnraum ausreichend besonnt wird." Auch ohne Rechenschieber kann man feststellen, ob eine Wohnung ausreichend besonnt wird. Und die Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (Landesbauordnung 2018 – BauO NRW 2018) vom 21.07.2018 sagt in § 47 Abs. (2) deutlich: "Eine reine Nordlage aller Wohn- und Schlafräume ist unzulässig". Seit wann die das sagt, kann ich nicht zuverlässig sagen. Bei der Suche danach habe ich zwar Erhellendes über 1. MWurzBohrVÄndV vom 19.12.2008 gefunden (mehr hier). Den Ursprung konnte ich leider nicht finden. Im Jahr 2000 war die Vorschrift in § 49 untergebracht. Im Jahre 1970 in § 60, aber deftiger denn je: "Jede Wohnung muß eine ihrer Größe entsprechende Zahl besonnter Wohnräume haben. Reine Nordlage aller Wohn- und Schlafräume ist unzulässig."
Jetzt weiß ich nicht einmal, worüber ich lachen soll! Die Sendung im NDR lief letzten Donnerstag. Der Moderator war zur Zeit der Veröffentlichung der Vorschrift noch nicht einmal in der Planung. Er kam 1972 in einer hoffentlich reichlich besonnten Wohnung in NRW auf die Welt. Wohnt auch in NRW. Deswegen Vorsicht. Er will vermutlich irgendwie das Nest beschmutzen. Oder?
Ich halte die Vorschrift nicht nur wegen des Satiregehalts sehr nützlich. Menschen in Löcher zu stopfen, in die keine Sonne kommt, muss endlich aufhören. Wohnungen in Nordlage sind ab sofort - ach was, seit mindestens 1970 - einfach verboten. Sehen Sie doch selbst:
Der Arbeitsschutz ist ein diffiziles Handwerk. Er muss zuweilen sehr trickreich den zu Schützenden vor dem sicheren eigenen Untergang bewahren. Die diversen Schutzvorrichtungen an gefährlichen Maschinen und auch die z.T. skurilen Unfälle, die beim Ungehen entstehen, liefern wunderbare Beispiele dafür, dass der Mensch zuweilen einfach zu dumm ist.
In Sachen Licht und Strahlung muss man aber anders denken. So versuchen Arbeitschützer seit Jahrzehnten, die Arbeitnehmer mit Beleuchtungsnormen zu schützen, die in Deutschland auch das Gegenteil bewirkt haben (hier). Da sitzt der dumme anderswo. Weniger spaßig wird es mit Strahlung, insbesondere UV. Sie hat das Leben auf Erden mitgeschaffen. Allerdings hatte sie zuvor das Leben unmöglich gemacht. Deswegen hat sich Leben auf Erden im Wasser entwickelt, geschützt vor der UV. Erst die Ozon-Schicht hat ein Leben auf Land ermöglicht. Allgemein müssen Menschen vor Strahlung jedweder Art geschützt werden. Sie brauchen aber Strahlung zum Leben. (Keine Besonderheit, es gibt kein Leben ohne Wasser, zu viel Wasser ist tödlich.). Anders als bei der "bösen" radioaktiven Strahlung, deren Beitrag zum Leben nicht positiv ist, wirken sich Licht, UV und IR - optische Strahlung - je nach Intensität oder Dosis unterschiedlich aus.
Gegen die negativen Wirkungen gibt es den Schutz durch die Verordnung OStrV (hier). Das Bundeamt für Strahlenschutz (BfS) wacht über diese. Und es sagt: "Die einzig bekannte positive biologische Wirkung von UV-Strahlung ist die Anregung der Bildung des körpereigenen Vitamin D durch UV-B-Strahlung". Darüber hatte ich mich schon gestern aufgeregt. Aber: Was ist, wenn das wahr wäre? Die einzig bekannte positive Wirkung …
Vitamin D hält nicht nur unser Knochengerüst zusammen, das unseren Körper aufrecht hält. Alle Kommunikation zwischen den Körperzellen benötigt Vitamin D. Es ist nämlich gar kein Vitamin, sondern ein Hormon. "Es konnte nachgewiesen werden, dass Menschen mit höheren Vitamin-D-Werten langsamer Altern […] und dass Vitamin D bei mit der Alterung zusammenhängenden Krankheiten (z.B. Krebs) einen schützenden Effekt hat“, kommentiert der leitende Wissenschaftler Brent Richards die Ergebnisse seiner Studie aus dem Jahr 2007 (hier).
Vitamin D ist genaugenommen eher ein Hormon als ein Vitamin. Rezeptoren für Vitamin D wurden mittlerweile in praktisch allen menschlichen Geweben gefunden. Deshalb ist es auch nicht überraschend, dass Vitamin D auch an nahezu allen Geweben und Organen Wirkungen hat. Die Wirkungs- und Funktionsweise von Vitamin D im Körper ist entsprechend vielfältig.
Wissenschaftler der Universität Kopenhagen haben herausgefunden, dass Vitamin D wesentlich für das Immunsystem ist. Fehlt das Vitamin im Körper, können die Killerzellen des Immunsystems – die T-Zellen – nicht reagieren und sind nicht imstande, Krankheitserreger im Körper zu bekämpfen.
Damit die T-Zellen eindringende Erreger, etwa Bakterien oder Viren, ausfindig machen und beseitigen können, müssen sie erst eine Wandlung durchmachen von harmlosen Immunzellen zu den aktiven Killerzellen, die in der Lage sind, Angreifer unschädlich zu machen. Für diese Verwandlung benötigen sie Vitamin D. Fehlt das Vitamin, bleiben die T-Zellen inaktiv.(hier).
Wer vor der optischen Strahlung schützen will, sollte sich etwas meh Mühe geben, als zu sagen, die einzig bekannte positive Wirkung sei ... Diese (angeblich) einzige positive Wirkung ist der Schlüssel zum Leben. Von Amts wegen …