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Bonus-Malus-System für die Beleuchtungsstärke
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Sie stand wie ein Fels in der Brandung: die gute alte Beleuchtungsstärke. Zwar wissen viele Menschen nicht so genau, was sie bedeutet (s. z.B. hier), aber immer folgend der Zahl 500 in Lux ist sie eine einsame Größe, übertroffen vielleicht von der Angabe "1 kg" für Mehl oder so. Die neueste Ausgabe der Beleuchtungsnorm DIN EN 12464-1 enthält in 54 Tabellen Hunderte, vielleicht Tausende von Angaben dazu. So z.B. Anforderung Nummer 6.52.1 "Ankunfts- und Abflughallen Gepäckausgabe" - Ēm,r = 200 lx; Ēm,u  = 300 lx; Ēz = 75 lx; Ēm,Wand = 75 lx; Ēm,Decke = 30 lx. Dabei bedeutet Ēm,Decke dass der Mittelwert der Beleuchtungsstärke (erkennbar an dem Strich über dem "E") als Wartungswert (erkennbar an dem Index "m" hinter dem "E") 30 lx betragen muss. Wie man diesen Mittelwert misst, wird in der Norm beschrieben. Allerdings nicht wirklich. Denn man muss dazu einen Messkopf an die Decke der Ankunfts- und Abflughalle kleben. Und die Messwerte in sinnvollen Abständen, z.B. 1 m, entnehmen. Leute, die solche Hallen kennen, wissen, dass es ein Klacks ist, solch eine Messung durchzuführen. Dass die Messung überhaupt Sinn täte, ist nicht sicher. Denn an solchen Decken findet man viele Leuchten. Leuchten, die beleuchtet werden! Muss man die mitmessen?

Dass man solche Angaben in einer Norm macht, muss einen Sinn ergeben. Denn die Norm sagt, dass die 54 Tabellen nur dann Angaben enthalten, wo sie sinnvoll sind. Ich nehme daher an, dass die Autoren der Norm wissen, warum Ēm,Decke, also die mittlere Wartungsbeleuchtungsstärke an der Decke einer Abflughalle, so wichtig ist. Da man sich neuerdings auf eine wissenschaftliche Begründung der Anforderungen beruft, muss der Ausschuß auch wissen, wie die Anforderung 30 lx entstanden ist.

Bitte nehmen Sie davon Abstand, zu behaupten, dass sich die Lichttechnik nur mit der wissenschaftlichen Festlegung von Beleuchtungsstärken an den unmöglichsten Stellen von Gebäuden beschäftigt haben muss, um 54 Tabellen mit Tausenden von Anforderungen auszufüllen. Anders als von Ihnen angenommen, liegt es nicht daran, dass sich die Lichttechniker vieles Sinnvolle haben liegen lassen. Sie haben sich eines Jahrhundertwerks angenommen, das unten beschrieben wird. Sie haben dazu sogar ihr Lieblingsobjekt, eben die besagte Beleuchtungsstärke, geopfert. Sie ist nicht mehr eine physikalische Größe, wie sie 1924 definiert wurde.

Ist die Beleuchtungsstärke jemals eine physikalische Größe gewesen? Sagen wir mal - ein Zwischending. Wenn man in dem gezeichneten Strahlengang ganz rechts einen Strahlungsempfänger hängt, misst dieser die Bestrahlungsstärke. Hängt dort ein Topf Milch, entspricht deren Erwärmung der Höhe der Bestrahlungsstärke. Man könnte auch ein Bündel Spinat dort hinhängen und messen, wie der in Abhängigkeit von der Bestrahlungsstärke gedeiht. Es gibt also viele Wege, die Stärke eines Strahleneinfalls zu messen. Ist der Strahlungsempfänger ein lichttechnischer Messkopf, nennt sich der Messwert Beleuchtungsstärke. Dieser muss die Strahlung aber entsprechend der Augenempfindlichkeit bewerten. So geben blaue Strahlen nur wenig Licht her, dafür grüne umso sehr. Die roten kann man ganz vergessen. Uninteressant.

Kennt man die spektrale Verteilung der einfallenden Strahlung, kann man daraus exakt berechnen, was als Beleuchtungsstärke angezeigt werden muss. Daher ist sie eine quasi-physikalische Größe. Wollte man die Wirkung des Lichts auf das menschliche Auge und auf Spinat gleichzeitig angeben wollen, hätten wir ein gewaltiges Problem, das Auge hat dort seine größte Empfindlichkeit, wo der Spinat kaum noch weiß, was er mit der Strahlung anfangen soll. Deswegen reflektiert der Spinat alles Grüne von sich. Sollen doch die Spinatbauern selber was überlegen!

Gut, aber wir haben ein ähnliches Problem mit dem Auge. Wie Pandits der Lichtwissenschaft sagen, muss man unbedingt die melanopische Wirkung von Licht berücksichtigen. Nur berücksichtigen? Ach, was, es steht ganz hoch auf der Prioritätenliste. Man muss lichttechnischen Größen einen melanopischen Partner hinzu addieren, allen. Erkennbar an dem Index -mel wie Emel. Damit keiner da durcheinander kommt, muss man konsequenterweise jeder lichttechnischen Angabe das Wort "visuell" anhängen, erkennbar an …? Z.B. an "v". Manche schreiben mit dem Index "v" wie Ev. Dummerweise ist dieser Buchstabe als Index schon für V wie vertikal vergeben, z.B. Ev. Da die melanopische Beleuchtungsstärke aber von der Vertikalbeleuchtungsstärke abhängen soll (hier), hat man da gewisse Probleme. Deswegen schreiben manche gleich Evis. Soll man Ev,vis schreiben oder Evis,v? Aber halten wir uns nicht mit Kleinigkeiten wie einer richtigen Bezeichnung einer Größe auf. Unsere Vorfahren sind mit noch größeren Problemen fertiggeworden. So hat man einst heilige Tempel in heiligen Ellen gemessen, wovon jede sieben Handbreit oder 28 Finger lang war. Wer Fuß statt Elle verwenden wollte, konnte sich eine Anleihe bei den Alten Ägyptern machen. Den Fuß haben die Alten Griechen und die Alten Römer von den Alten Ägyptern abgeguckt. Aber immerhin weiter entwickelt. Der römische Fuß wurde sowohl in zwölf unciae (Zoll) als auch in sechzehn Finger unterteilt. Die Römer führten auch die Meile zu je tausend Doppelschritten ein, wobei jeder Doppelschritt fünf römischen Fuß entsprach.

Dass das Tanztheater pas de deux, also den Doppelschritt, übernommen hat, hat mit dieser Sache nichts zu tun. Es geht um ein anderes  Theater. Ich wollte nur zeigen, dass man mit krummen Maßen sogar Weltmacht werden und bleiben kann. Denn die USA leben bestens mit Maßen, die sie im Alten Ägypten aufgestöbert haben, Zoll, Fuß und Meile … Warum soll die Lichttechnik sich auch nicht in dieser Kunst tummeln?

Bevor die Antwort kommt, erst ein Wort zu dem System von Bonus und Malus. Auch wenn es schwer zu verstehen ist, kennt jeder erwachsene Deutsche das System. Es ist eine Erfindung aus der Versicherungsmathematik. Auch wenn zwei deutsche Autofahrer die gleichen Rechte vor dem Gesetz haben, teilen sie eine Pflicht unterschiedlich, die Zahlung von Versicherungsbeiträgen. Wohnt z.B. eine schicke blonde deutsche Kommissarin in der Weltstadt Hengasch (in der Eifel), deren Bevölkerungswachstum etwas gehemmt verlaufen ist, sagt die Versicherung, sie müsse weniger Versicherung für ihr schickes Cabriolet zahlen, als wenn sie in Posemuckel am Rhein wohnen würde, aka Köln. Denn Posemuckelaner bauen laut Statistik mehr Unfälle als Hengascher. Also Bonus für Hengasch, Malus für Posemuckel. Wenn sie ihr Cabrio auch noch in einer schönen Garage unterbringt, zahlt sie noch weniger im Vergleich zu einer Schlampe aus dem Bahnhofsviertel. (Pardon, musste aber gesagt werden.) Die Krönung kommt, wenn sie ihre Fahrweise der Versicherung offenbart, die über GPS immer prüfen kann, ob die Kiste standesgemäß bewegt wird. Super bonus für Hengasch + Garage + Satellitenüberwachung. Sie muss allerdings den Nobelhobel in Köln immer in die Garage stellen, weil sonst die Versicherung feststellen kann, dass sie doch nicht vorwiegend  in Hengasch wohnt.

So ähnlich werden künftig Beleuchtungsplanungen "belohnt". Damit es jeder Planer begreift, hier einige Erklärungsversuche. Es macht nix, wenn einer nichts versteht. Ich habe auch nicht verstanden, warum zum Teufel vorgeschrieben werden muss, dass die Decke einer Abflughalle beleuchtet werden muss, z.B. wenn sie selbst leuchtet.

Während man bei einer - visuellen - Beleuchtungsstärke nicht darum kümmern muss, wer (also welche Lampe) sie erzeugt und wer seine Sehleistung damit erreicht (z.B. der angehende Pensionär im Büro), kann man bei dem melanopischen Pendant das nicht mehr tun. Denn melanopische Wirkungen können z.B. die Unterstützung des Wachheitsgrades sein oder die mentale Leistung. Da beides zwar Gott gegeben ist, aber mit dem Alter langsam schwindet, wird die Beleuchtungsstärke, jetzt aber melanopisch, auf einen 32-Jährigen bezogen definiert. Also, wenn es 11,5 lx melanopisch bzw. Emel= 11,5 lx, heißt, gilt das für Männer zwischen 31,5 und 32,5 Jahren. Für alle anderen muss gerechnet werden. Und zwar wirklich kompliziert.

Wie jeder weiß, ändert sich das Sehen zusehend. Zuerst werden die Arme kürzer, wenn man seine Zeitung lesen will. Danach geht es kaum noch ohne Brille. Die Welt vergilbt, und die Äuglein ziehen sich langsam zurück in ihre Höhlen. Der Mensch im hohen Alter sieht die Welt im gelblichen (Nostalgie) Tunnelblick (Konservativismus). Das lässt sich ganz gut theoretisch berechnen. Also bleiben von unseren 11,5 lx für 32 Jahre alte Männer sagen wir mal nur noch 5,25 lx übrig, wenn das Publikum im hohen Seniorenalter seinem Ende entgegen dämmert. Aber bitte melanopisch. Für jüngere Beobachter kann man keine melanopischen Berechnungen anstellen, man muss halt mindestens 25 Jahre alt sein.

Alles klar? Nein gar nicht. Jetzt kommt das Spektrum dran. Rotes Licht ist nicht bekannt dafür, mentale Leistungen, gar Intelligenz, zu fördern. Wäre dem so, müssten die Etablissements, die vornehmlich mit solchem Licht arbeiten, um ihre Umsätze bangen. Die Wissenschaft hat ermittelt, dass eine solche Wirkung nur durch blaues Licht vermittelt werden kann. Ergo werden die Lichtquellen melanopisch sortiert. Kommt da aus einer Lampe nur grell blau, grenzt ihre melanopische Wirkung an Wunder. Anders mit der Glühlampe. Egal wie viel Licht eine solche Lampe in die Gegend pumpt, melanopisch ist das Ganze nicht viel Wert. Am schlimmsten ist, wenn die Glühlampe auch noch dimmt.

Damit man eine Referenz hat, werden alle melanopischen Beleuchtungsstärken auf das Tageslicht bezogen. Was das ist? Leider kann man das so nicht sagen. Vormittags hat man ein anderes Tageslicht, nachmittags ein noch anderes. Guckt man sich den blauen Himmel an, sieht man was anderes als wenn man in die Abendsonne guckt. Ergo? Das Tageslicht, wovon man redet, muss definiert werden. Leichter gesagt als getan. Wenn sich einer farblich passend für die Abendpromenade kleidet, könnte er in der Mittagssonne ziemlich unpassend aussehen. An einem trüben Novembertag auch. Da muss man ein Tageslicht für jeden Bedarf getrennt definieren. So gibt es z.B. D55 als Normlicht etwa der Sonne entsprechend, aber gen Abend. Die Druckindustrie nimmt lieber D50. Das Normlicht D75 ist ganz schön blau, daher bevorzugt die CIE, das ist die Dachorganisation aller Lichttechniker der Welt, D65. Es soll "mittleres Tageslicht entsprechend einem Mittagshimmel am Nordfenster" darstellen. Und wo liegt dieser Mittagshimmel? In Wien, dem Sitz der CIE.

Endlich mal was Eurozentriertes! Jetzt geht die ganze Berechnung noch einmal los. Man rechnet dem Blaugehalt des Spektrums entsprechend die Beleuchtungsstärke erneut. Eine Lampe, die D65 entspricht, bekommt den Faktor 1. Lampen, die in den meisten deutschen Büros hängen, werden unterschiedlich abgestraft. So sind die 11,5 lx einer warmweißen Lampe nur noch 4,6056 Lux wert, allerdings melanopisch. Etwas besser fährt man mit der neutralweißen Lampe, auch kaltes Neonlicht genannt, da ergeben sich aus denn 11,5 lx visuell 6,463 lx melanopisch.

In den kommenden Jahren braucht man sich nicht vor neuen Ideen aus der Lichtwissenschaft zu fürchten. Die müssen erst einmal Wege suchen, ihre Größen richtig zu tippen. Da ich das nicht kann (vielmehr will ich es nicht), benutze ich Screenshots. Die kann man nicht falsch schreiben. So vermeide ich Unsinn wie dieses. Als ich die "α-opic equivalent daylight (D65) luminance" (also die schlichte Leuchtdichte) schreiben wollte, sah das Ergebnis wie hier aus:

Die linke Seite zeigt, wie der Begriff in der Norm der CIE geschrieben steht, die rechte, was mein Computer mit Word sieht. Wenn einer blind ist, wird sein Lesegerät dasselbe vermitteln wie rechts. Wer irgendwo nach diesem Begriff sucht, muss sich überlegen, wie er sucht. Mir ist bislang kein Weg eingefallen. Daher muß ich mühsam auf dem Papier suchen.

Wer sich gar dafür interessiert, welcher Faktor für seine Lampe gilt, müsste ihn nach dieser Formel ( unten, links) berechnen können. Kopiert er die Formel für eine e-Mail, z.B. um einem den Auftrag zu geben, die Berechnung vorzunehmen, steht in seiner Mail was rechts steht. Wenn er entnervt die Formel abtippen will, muss er sich paar Wochen Beruhigungspause einkalkulieren, die er anschließend nimmt. Allerdings kann ich nicht garantieren, ob er jemals so weit kommt. Wenn jemand sich gar erdreistet, eine Veröffentlichung zum Thema zu machen, steckt am Ende mehr Hirnschmalz in der Tipperei als im Inhalt.

Nur noch ein Wort zu D65. Wo kann man die kaufen? Nirgendwo. Man muss sich darauf verlassen, dass manche LED-Hersteller die Formeln richtig ansetzen und einem die nächst bessere Lampe verkaufen. Referenzlampen wurden früher in den Schrank gestellt. Heute existieren sie nur noch im Computer.

Horizontal, vertikal, ..eißegal!

Grundgröße oder Irreführung? Diese Überschrift trug ein Artikel zur Beleuchtungsstärke (hier). Dessen Inhalt will ich hier nicht wiederholen, obwohl es angesichts der Irrtümer – auch unter Experten – angeraten wäre. Heute geht es um eine besondere Beleuchtungsstärke, um die Vertikalbeleuchtungsstärke. (Vorsicht: Es ist nicht die vertikale Beleuchtungsstärke, wie mancher Autor so von sich gibt. Vertikal ist nur die Ebene, in der man sie misst. Das Licht fliegt horizontal. Auch wenn sogar der Arbeitsminister anders schreibt.) Jetzt darf das Licht nicht mehr horizontal fliegen, sondern vertikal.

Die Grundgröße, die man in der Lichttechnik benutzt, ist die Lichtstärke. Diese ist ein Vektor, d.h. sie hat einen Betrag und eine Richtung. Dort wo die Lichtstärke auftrifft, entsteht die Beleuchtungsstärke. Dummerweise – oder wie beabsichtigt – hat die Beleuchtungsstärke keine Richtung. Just das irritiert alle. So auch die führenden Chronobiologen der Welt. Die haben nämlich jüngst die Vertikalbeleuchtungsstärke zu ihrer heilbringenden Größe des Lichteinfalls gemacht. Nicht zufällig. Auch nicht fälschlicherweise. Die sog. „melanopische“ Wirkung entsteht nunmal durch das Licht, das ins Auge eindringt.

Die übliche Beleuchtung von oben nach unten, richtet da keinen Nutzen an. Die nennt sich Horizontalbeleuchtungsstärke und wird eben in einer horizontal gedachten Ebene gemessen. Davon gibt es nur eine im Raum, weil unsere Räume Quader sind – Decke horizontal, Boden horizontal, Arbeitsebene auch horizontal. Das Licht fliegt am Auge vorbei. Und fällt zum größten Teil auf den Fußboden. Und richtet dort nichts an. Denn Fußböden sind relativ dunkel und meist einfarbig.

Will man in einem Raum eine Vertikalbeleuchtungsstärke erzeugen, muss man Leuchten an der (Gegen)Wand in Augenhöhe anbringen. So wie bei Autos, deren Scheinwerfer den Gegenverkehr anstrahlen. Man kann naturgemäß auch Fenster an der Gegenwand anbringen, auf die einer guckt. Das ist aber auf Dauer nicht viel angenehmer als in Autoscheinwerfer zu gucken. Deswegen sollen bzw. dürfen Menschen nicht mit dem Gesicht zum Fenster sitzen, auch wenn sie das Tageslicht anhimmeln.

Da das Anbringen der Beleuchtung an der Wand wirklich nicht der Weisheit letzter Schluss ist, hängen praktisch bei allen Gebäuden mit Arbeitsplätzen die Leuchten an der Decke. Da das Licht aber seit dem Big Bang geradeaus fliegt, kann man so keine Vertikalbeleuchtungsstärke erzeugen. Die wird berechnet wie in der Physik im Kräftediagramm.

Ob die so berechnete Größe ein Maß für irgendwas ist, sei dahingestellt. Denn Beleuchtungsstärken werden mit dem Cosinus des Einfallswinkels berechnet. Ob sich das Auge an den Cosinus hält, weiß man nicht so genau. Das ist aber nicht das wichtigere Problem. Dieses besteht darin, dass zwar eine Beleuchtungsstärke keine Richtung hat, aber in einer Richtung gemessen wird. Wirklich dumm. Denn die ASR A3.4 schreibt vor „Die mittlere vertikale Beleuchtungsstärke muss der Seh- und Arbeitsaufgabe angemessen sein.“ Und ASR sind nicht irgendwelche Papierchen, sondern „Die Technischen Regeln für Arbeitsstätten (ASR) geben den Stand der Technik, Arbeitsmedizin und Arbeitshygiene sowie sonstige gesicherte arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse für das Einrichten und Betreiben von Arbeitsstätten wieder.“  Sagt der Arbeitsminister.

Was tun? Misst man Nu die Vertikalbeleuchtungsstärke an einer Stelle in allen Richtungen und mittelt sie dann? Oder misst man die Werte immer in einer Richtung an verschiedenen Stellen und nimmt den Mittelwert davon? Wer Zeit hat, kann an allen Stellen des Raums und in allen Richtungen messen. Irgendwie muss man danach noch Zeit finden, alles zu mitteln.  Das nennt man klare Vorschriften.

Wir sind aber lange noch nicht am Ende. Denn was wir da gemittelt haben, hat mit der Vertikalbeleuchtungsstärke, die die Chronobiologen uns verschrieben haben, nichts zu tun, auch wenn der Name gleich ist. Deren Vertikalbeleuchtungsstärke läuft der der Vorschrift entgegen. Denn seit etwa 17.000 Jahren – so alt ist die älteste gefundene Öllampe – erzeugt man Beleuchtungsstärke, um Dinge zu sehen. Das was die Chronobiologie verschreibt, ist was ins Auge geht. Man muss alles nur umgekehrt sehen. Also gehen die Lichtstrahlen seit 17.000 Jahren von einer Lampe aus, treffen z.B. eine Blume und wir sehen die Blume. Jetzt ist das nicht mehr so wichtig. Man hält die Lampe auf das Auge zu und wird gesund.

Damit man nicht durcheinander kommt, heißt die eine Beleuchtungsstärke Ev wie vertikal, während die andere so geschrieben wird, wie niemand es nachmachen kann, z.B. so: Die Vertikalbeleuchtungsstärke von 128 lx berechnet für den CIE Illuminanten D65, melanopisch und auf einen 32-jährigen Mann  bezogen.  Wenn der gute Mann 65 wäre, würde hier eine viel kleinere Zahl stehen. Für Jüngere (unter 25) gibt es leider keine melanopische Lux. Man kann sie nicht berechnen. Kindern bleibt die Erleuchtung ganz erspart. Rechts steht die Formel für die Berechnung.

Und wenn einer seinen Stuhl um 90º dreht, ist die gesamte biologische Wirkung der Beleuchtung womöglich futsch. Denn in der neuen Richtung gibt es wahrscheinlich eine andere oder gar keine Vertikalbeleuchtungsstärke. Wie gesagt, für Menschen unter 25 Jahren gibt es eh keine melanopische Vertikalbeleuchtungsstärke in keiner Himmelsrichtung. Dafür dürfen demnächst alle Menschen im Büro in der gleichen Richtung sitzen, damit sie die höchste Heilwirkung der Bürobeleuchtung abbekommen. (Bitte niemandem verraten, dass dies aus physikalischen Gründen Richtung Fenster ist. So darf aber niemand gemäß DIN 5034 sitzen. Die Norm muss ganz schön ungesund sein.)

HCL wird NL

Good Light Group fordert eine vollkommen neue Vorstellung von Licht. Soweit, so gut. Es ist tatsächlich Zeit, über Licht grundsätzlich neu nachzudenken. Was man von dem neuen Titel halten kann - Nutritional Light -, hatte ich neulich kommentiert. Nicht viel! Aber Reisende soll man nicht aufhalten.

Inzwischen habe ich mir das Video in voller Länge angeschaut. Es lohnt sich, sich wirklich Gedanken zu machen - darüber, ob alle Dachlatten fest verschraubt sind. Denn die Leute wollen künstliches Licht verkaufen, fangen die Vorstellung aber damit an.

Leute am Strand, im Park, beim Skilaufen u.ä. Kann dem jemand widersprechen, dass das gutes Licht ist? Beleuchtung indes ist es nicht. Es sind wunderbare natürliche Umgebungen. Was bitte soll die Good Light Group im Auftrag der Lichtindustrie damit erreichen?

Egal, wie es draußen ausschaut, 90% der Menschen leben und arbeiten in Umgebungen mit 10 lx bis 500 lx. Das soll neuerdings ungesund sein. Früher hat sogar die BG behauptet, 500 lx seien sehr gesund. Die hatten aber noch nicht von Nutritional Light gehört. Nicht nur die BG, sondern alle, alle haben die Wahrheit nicht gesehen.

Fünf Milliarden Menschen haben Jobs in Gebäuden, verbringen 90% ihrer Zeit da drinnen und schlafen schlecht, können sich nicht konzentrieren und sind depressiv. Aber keine Sorge Good Light hilft, aber wie!

Das wie habe ich noch nicht gehört. Kommt es noch? Aber lässig. Hier ist erstmal der Missetäter: das elektrische Licht. Es ist einfach zu statisch! Das hatte zwar bereits 1954 ein berühmter Augenarzt gesagt, Weston, dessen Artikel zu einem der besten 10 aus vier Jahrzehnten gekürt wurde. Aber der hatte noch keine Ahnung vom biologischen Licht.

Wir müssen statt der 10 lx bis 500 lx gleich auf 2000 lx bis 5000 lx gehen! Und dynamisch. Damit die Umsätze der Lichtindustrie dynamisch steigen. Man muss mindestens 500 lx vertikal und melanopisch erreichen. Für Ahnungslose: 500 lx vertikal bedeutet etwa 1500 lx horizontal, und melanopic heißt etwa Faktor 2,5. Also liegen wir bei 5000 lx in Innenräumen. (Bleiben Sie lieber ahnungslos.)

Warum um Gottes Willen? Weil Gutes Licht das Tageslicht mimt. Es ist hell und dynamisch. Und wunderbar farbenfroh. Nur ein Sache erzählt Good Light Group nicht ganz. In welcher Richtung kommen denn die melanopisch vertikalen Lichtwellen? Man mache es den abgebildeten Blumen nach. Die drehen sich den ganzen Tag nach der Sonne. Man muss halt diese Dynamik irgendwie auch mimen. Fragt sich wie. So jedenfalls nicht.

Egal wie! Man muss es realisieren. Good Light ist attraktiv, dynamisch, optimiert und vor allem - individuell. Man stelle sich vor, die Sonne scheint nur für mich! Was will man mehr? Vor allem optimal! Schluss mit dem Grauen des elektrischen Lichts. Da die Sonne draußen aber für alle scheint, scheint es sinnvoll, dass man ihr Licht drinnen nachbildet.

Die Geschichte wiederholt sich nicht? Nicht exakt. Nur die Dimension der Katastrophe schießt durch die Decke. In den 1920ern gab es schon mal Leute, die im Innenraum die Natur nachbilden wollten. Und heute noch bekannte Namen trugen die Protagonisten, Matthew Luckiesh z.B. Er wollte gesundes Licht im Innenraum realisieren. Er ist unvergessen, aber der Unsinn, den er angestellt hat, kennt keiner mehr. Offenbar. Nun haben wir Good Light - bedeutet übrigens Gutes Licht wie die Marketingorganisation der deutschen Lichttechnischen Industrie für Jahrzehnte, bis sie licht.de wurde. Deren Broschüren waren so gut gemacht, dass sogar die Gewerkschaften sie kopiert haben. Die denglishe Version des Namens muss sich daran messen lassen. Ran an die Buletten. Die Zahl der Nutzer von 50+ Millionen auf 5+ Milliarden steigern. Die Beleuchtungsstärke von 50 -500 lx auf 2000 - 5000 lx steigern und das Wohlbefinden der 5+ Milliarden sichern!

Ob jemand sich das antut, 5000 lx in den Räumen zu installieren, damit Licht gesund wird? Versuchen Sie mal in so einer Umgebung Ihr Handy zu lesen oder ernsthaftere Arbeiten wie Konstruieren oder Retuschieren am Bildschirm auszuführen. Dann sieht der Raum aus wie nebenan. Jedes Licht stört bei der Arbeit. Wer wird denn an Arbeit denken, wenn es um gesundes Licht geht? Im Übrigen, die Idee, das Tageslicht nachzubilden, hatte schon der Vorsitzende des Normenausschusses Licht vor rund 30 Jahren wieder aus der Mottenkiste geholt. Auch nicht gerade erfolgreich. Mal sehen, was Good Light daraus macht.

 

 

 

 

 

 

 

Wie man eine Notlösung zum Maßstab macht
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Dieser Tage fiel mir die Diss aus 2001 in die Hände. Das war die Hochzeit der Tageslichtprojekte, weil die EU damals das Füllhorn der Forschung über die Lichttechnik und Architektur geöffnet hatte. Beim besagten Projekt ging es um die tageslichtabhängige Lichtsteuerung, von der man wahre Wunder erwartete. Dass sie nicht eingetreten sind, liegt nicht an dieser Diss, aber auch an dieser. Die wahre Ursache ist, dass man die Festlegungen für die künstliche Beleuchtung als Maßstab für die Tageslichtbeleuchtung gemacht hatte. Kann doch nicht falsch sein, wenn man die Tageslichtbeleuchtung an die künstliche anpasst? Stimmt. Es ist genauso richtig als wenn der Schwanz mit dem Hund wedelt. Was das bedeutet, macht ein Bild aus der Diss besonders deutlich.

Hier sehen wir die Lichtkegel zweier Leuchten, die an der Decke hängen, wie alle Leuchten. Fast alle. Die rote Linie soll nicht unterschritten werden. Denn sie ist die "Soll"Beleuchtungsstärke. Die punktierte Linie zeigt den Verlauf der Beleuchtungsstärke des Tageslichts an, wie ihn jeder kennt. Das einzig Dumme ist, dass die nicht stimmt. Das hängt mit dem Cosinus-Gesetz zusammen, wonach man Beleuchtungsstärken berechnet oder auch misst. Betrachtet man nur die Energie, die an einem Punkt ankommt, ist das Gesetz auch richtig. Deswegen ist es auf dem Äquator wärmer als nördlich des Polarkreises.

Die rote Linie zeigt die Horizontalbeleuchtungsstärke, die gemäß einer Norm für eine bestimmte Arbeit vorgegeben ist. Niemand hat aber je behauptet, dass sie über den gesamten Raum gleich bleiben muss. Für das Sehen ist sie ggf. relevant, wenn das Sehobjekt flach auf dem Tisch liegt und matt ist. Da man die Beleuchtungsstärke in Ebenen misst, fällt sie mit dem Cosinus des Einfallwinkels ab. Daher scheint das Tageslicht, das seitlich einfällt, immer kleiner als es der Wirkung entspricht. Dreidimensionale Objekte wie Gesichter erscheinen nicht dunkler, wenn das Licht nicht von oben fällt, sondern schräg. Die werden sogar besser modelliert. Bei einem Ball, der unter verschiedenen Winkeln beleuchtet wird, wandert der hellste Fleck, aber die erzeugte Leuchtdichte nimmt nicht mit dem Cosinus des Einfallswinkels ab.

Wer mit Beleuchtungsstärken rechnet, sieht in realen Anwendungen eh sehr lustig aus wie dieser Experte bei einer Telekonferenz. (Der ist übrigens Experte für Beleuchtung.) Zudem ist die gesamte Lichttechnik auf dem Trip nach Vertikalbeleuchtungsstärke, woran man die gesundheitliche Wirkung misst. Wenn man nicht die Gesundheit, sondern die schlichte Aufgabe nimmt, dass die Gesichter ordentlich beleuchtet werden - nennt sich visuelle Kommunikation - , hat die eingezeichnete Kurve eh keine Bedeutung.

So wird aus einer Sonderlösung (Leuchten an der Decke, Lichteinfall von oben), die man für große Räume auch noch über den ganzen Raum gleich machen muss, damit alle Arbeitsplätze etwa gleich beleuchtet sind, die maßgebliche. Welchen Maßstab man dazu anlegt (z.B. 500 lx) bestimmen Industrievertreter, die niemandem verraten, wie sie dazu kommen. Einer, dem man das Geheimnis doch offenbaren muss, weil er Chefredakteur einer der wichtigsten lichttechnischen Publikation war (Lighting Research and Technology), hat es treffend beschrieben (hier). Übersetzt heißt der Titel "Von der Festlegung von Beleuchtungsstärken auf der Basis der Sehleistung und andere Märchen".

Er führt aus, dass man 1993 für die Lesbarkeit von kleiner Schrift eine Beleuchtungsstärke von maximal 100 lx hätte festlegen dürfen. Allerdings war er, Prof. Peter Boyce, damit fast ein Vierteljahrhundert zu spät. Ein anderer Professor für Lichttechnik, Bodmann, hatte schon zu Beginn der 1960er Jahre experimentell festgestellt, dass schon 50 lx zum Lesen ausreichen würden. Warum er nicht dabei geblieben ist? Das versteht man, wenn man versucht mit handelsüblichen Leuchtstofflampen einen Großraum mit 50 lx zu beleuchten. Freiwillig wird keiner dort sitzen wollen. Falls einer es doch wollte, wird er nicht sehr lange arbeiten können. Dann übermannt ihn der Schlaf (die gendergerechte Ausdrucksweise für übermannen kann ich im Augenblick nicht finden.)

Heute hätten wir schon die Möglichkeit, mit LEDs 50 lx in einem großen Saal und sehr gleichmäßig zu erzielen. Der Versuch lohnt sich … nicht!

Büroschlaf ist gesund

Warum Menschen Schlafstörungen erleiden

Das Problem beschäftigt mich seit 1976, als mir Leute berichteten, dass sie nach der Spätschicht schlecht schliefen (hier). Nun kann man mit ziemlicher Genauigkeit sagen, wer wie davon betroffen sein wird. Das kann man aus einem Papier sehen, das führende Chronobiologen gerade veröffentlichen. Dazu hatte ich bereits mehrfach berichtet (z.B. hier).

Der Schlüssel zu der Erscheinung ist dieses Bild, das Prof. Kevin Hauser, der Chefeditor der amerikanischen Journals LEUKOS, gezeichnet hat. Dieses Journal ist nicht eines von vielen, sondern das Organ der IES und IES ist die mächtigste der lichttechnischen Gesellschaften.

Das Bild illustriert, was die Chronobiologen sagen. Während des Tages (hier 6:00 bis 19:00) bekommt der Mensch zu wenig Licht. Ab 19:00 sieht er zu viel Licht. Wenn es danach geht, was die jüngste lichttechnische Norm zur Beleuchtung von Arbeitsstätten geht, kann es sogar verdoppelt werden. Für Beleuchtungsnormen gibt es keinen Tag und keine Nacht. Und mehr Licht immer besser. Deswegen wird nur ein Mindestwert vorgeschrieben. Gesund ist ein Niveau von maximal 4% der Tagesbeleuchtung in den Abendstunden. Und ein Zehntel davon, wenn man schläft.

Was tun die vielen modernen Geräte, iPhones, Tabletts, Monitore etc., in den Abendstunden? Sie strahlen munter Licht ab, das den Schlafhormon besser stört als jede Lampe. Und zwar mindestens 7 Mal so viel, wie das gesunde Maximum. Und anders als Lampen, denen man den Garaus machen (abschalten) kann, wenn man sie nicht haben will, oder aus dem Blickfeld verbannen, stehen diese Strahler stets im Zentrum des Gesichtsfelds.

Wenn ein Mensch nicht natürlich lebt (wer lebt denn schon natürlich?), ist er dreifach Umständen ausgesetzt, die bei ihm Schlafstörungen verursachen können:

  • Zu wenig Licht am Morgen - Melatonin wird schlecht abgebaut, wenn es verschwinden soll
  • Zu viel Licht am Abend - Melatonin wird nicht oder zu spät aufgebaut, wenn der Körper es braucht
  • Ständig eine circadiane Wirkung durch Bildschirme, nützlich morgens, schädlich abends

Wenn die Folgen davon "nur" Schlafstörungen wären, wären wir noch gut bedient. Den falsches Licht zur falschen Zeit steht im Verdacht, Krebs zu fördern. Das Thema stand übrigens noch vor 1976 auf der Agenda. Dazu ein andermal.