Gestern erreichte mich eine Nachricht, über die ich mich freue. Zu nicht-visuellen Wirkungen des Lichts wird ein Verbundprojekt durchgeführt, an dem viele wichtige Forschungseinrichtungen in Deutschland mitarbeiten werden. Die Leitung liegt zudem bei meinem früheren Institut. Wie schön es zu hören.
Beim Lesen der Details fiel mir aber das Wort 'Geburtsfehler' ein. Das ist ein Fachbegriff, der sich aus einem alltäglichen ableitet. Wenn ein Kind mit einer Behinderung geboren wird, muss es sein Leben lang mit dieser auseinandersetzen. Schlimmstenfalls kann es sogar sein, dass diese Auseinandersetzung alle Kräfte dieses Menschen absorbiert. Oder den Misserfolg seines Lebens programmiert.
Der wahrscheinlich folgenschwerste Geburtsfehler ist der des Computers. Er muss immer programmiert werden, und es gibt keinen anderen Weg, einen Computer zu benutzen. Deswegen wird in Kernkraftwerken der Computer bei Katastrophen nicht benutzt. (Zum Glück hatten wir keine Katastrophen bislang, denn ich wüsste nicht, wie die Jungs ohne Computer aus dem Schlamassel kämen.)
Was soll bei Licht denn ein Geburtsfehler sein, wenn man die Wirkungen von Licht untersuchen will? Ja, er heißt Licht. Denn das Forschungsprojekt will sich auf Licht beschränken, obwohl man seit langem weiß, dass dessen Wirkungen ohne die Strahlung nicht sinnvoll betrachtet werden können, die als Infrarot und Ultraviolett bezeichnet werden. Sofern man nur Sehvorgänge betrachtet, und die nur in ihren kurzfristigen Wirkungen, kann bzw, darf man sich auf das sichtbare Spektrum beschränken. Jedoch nicht bei Vorgängen, die eben "nicht-visueller" Art sind oder sein sollen. Das eine schließt das andere aus. Nicht etwa, sondern basta.
Daher haben die US-Forscher beschlossen, bei Sehvorgängen von Licht zu sprechen, bei allgemeinen Wirkungen von optischer Strahlung - natürlich alles in Englisch ... Sie haben aber in ihrer Expertise das Tageslicht "vergessen". Ich denke, dass ist so, als würde man seinen verlorenen Groschen nachts unter derä Laterne suchen, weil man dort besser suchen kann. Deren Expertise hatte ich bereits vor Langem in diesem Blog kritisiert (hier).
Offenbar ist der Lichtmensch nicht in der Lage, über die Grenzen seines Themas zu denken. Bei Leuten, deren Sachgebiet nur Sachverhalte mit einfacher Auswirkung umfasst, auch wenn diese lebenswichtig ist, z.B. Luftqualität, mag das gut gehen. Hat ein Lüftungsingenieur saubere Luft generiert, muss er nicht unbedingt wissen, was noch mit der Luft so zusammen hängt. Wann darf aber ein Lichtingenieur behaupten, er habe gutes Licht geschaffen?
Ich denke, man wird noch lange grübeln müssen, bevor man Heureka rufen darf. Das Licht allein ist mit seinen Wirkungen kompliziert genug, die von UV und IR kommen dazu. Wer sie auseinander dividiert, um sie zu verstehen, könnte eines Tages mit der Feststellung aufwachen, am falschen Faden gezogen zu haben.
Ein Trost: Nicht jeder Geburtsfehler ist schlimm. Albert Einstein hat damit gut gelebt, überintelligent geboren zu sein. Hoffnung stirbt zuletzt.
Lügen kommen aus Bagdad zurück.
Orientalische Weisheit
Hier sind zwei Geschichten, die wahr sein können, oder aber auch unwahr, allerdings eher unwahrscheinlich. Was hätten Sie geantwortet, wenn in einer Quizshow die Frage gestellt wird, ob die Geschichte wahr ist oder Unsinn?
Die erste: Die Anordnung der Tasten auf einer Computertastatur wurde auf der Basis der Häufigkeit der Buchstaben in der Sprache bestimmt. (… weswegen die Tastaturen in jedem Land anders sind …)
Die zweite: Die Beleuchtung von Arbeitsplätzen wird nach der Sehaufgabe bestimmt. (So hieß es in der Arbeitsstättenverordnung: "Die Beleuchtung muß sich nach der Art der Sehaufgabe richten." Und in DIN 5035-1: “In Arbeitsräumen muß die Beleuchtung ein müheloses Erkennen der Sehobjekte ermöglichen.” Und in DIN EN 12464-1: "Um es Menschen zu ermöglichen, Sehaufgaben effektiv und genau durchzuführen, muss eine geeignete und angemessene Beleuchtung vorgesehen werden. … Diese Europäische Norm legt die Anforderungen an die Beleuchtung von Arbeitsstätten in Innenräumen im Hinblick auf Sehleistung und Komfort fest. Alle üblichen Sehaufgaben, einschließlich der an Bildschirmarbeitsplätzen, sind berücksichtigt."
Bei welcher Aufgabe ist es wohl wahrscheinlich, dass alle Kandidaten durchfallen, weil sie die falsche Antwort geben?
Lösung: Bei beiden. Die erste Geschichte ist rein erfunden aufgrund der Plausibilität. Beim Anblick einer Tastatur denkt man unweigerlich, dass diese komische Verteilung einen Sinn haben müsse. Stimmt, die hatte einen Sinn, aber nicht bei Computern sondern bei Schreibmaschinen und das nur vor der Erfindung des Kugelkopfes in den 1940er Jahren. Und nur in Ländern mit englischer Sprache.
Die zweite Geschichte klingt noch viel glaubhafter, weil sie seit Jahrzehnten von Normenausschüssen verbreitet wird, und mehrfach in neuen Normen behauptet wurde. Zudem wird doch der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung, der Ahnherr der Arbeitsstättenverordnung, sich nicht fundamental geirrt haben? Außerdem braucht kein Mensch eine Erklärung dafür, warum man Licht macht. Wozu auch? Man macht Licht, um was zu sehen! Und bei Arbeitsstätten will soll oder muss man das Arbeitsgut sehen, so gut wie möglich! Oder?
Auch wenn heute der 1. April ist, an dem man viele unwahre Stories unbestraft verbreiten darf, ist die Geschichte nicht nur unwahr, sondern sie wurde sogar in einer Veröffentlichung von dem Initiator der Norm DIN 5035-1 (Entwurf 1971) erläutert und begründet. Bis heute straffrei geblieben …
Langsam zum Mitschreiben: Die Verfasser der Norm wussten nicht, welcher Sehaufgabe sie denn dienen sollten. So haben sie diverse Versuche zusammen getragen, bei denen man ein optimales Niveau an Beleuchtung aus dem Erscheinungsbild eines Raums ableiten wollte. Dann haben sie versucht, diese mit anderen ähnlich fundierten Erkenntnissen (kennt jemand die physiologisch-optische oder arbeitsphysiologische Betrachtungsweise?) in Einklang zu bringen. Und so sieht das endgültige Ergebnis aus (Ableitung der Beleuchtungsstärken für Arbeitsstätten in DIN EN 12464-1:2011:
"Die Werte (Anm.: für Wartungswerte für Beleuchtungsstärken, die nie unterschritten werden dürfen) gelten für übliche Sehbedingungen und berücksichtigen die folgenden Faktoren: ⎯ psycho-physiologische Aspekte wie Sehkomfort und Wohlbefinden; ⎯ Anforderungen für Sehaufgaben; ⎯ visuelle Ergonomie; ⎯ praktische Erfahrung; ⎯ Betriebssicherheit; ⎯ Wirtschaftlichkeit."
Wieso dann genau 78 Mal 500 lx herauskommt, so z.B. für "Telex- (sic!) und Posträume" bis "Leder Sortieren" oder "Spinnen, Zwirnen, Spulen" wird uns der zuständige Ausschuss sicherlich schlüssig erklären.
Wer möchte im Alter nur noch Schatten sehen? Dumme Frage, wer will das schon! Es will bestimmt auch niemand, dass er nach einer Session an seinem Computer nicht mehr richtig einschlafen kann. Warum benutzen sie dann Monitore, deren Licht in die Physiologie des Körpers eingreift?
Seit einige Zeit weiß man, dass blaues Licht den Grad an Wachheit erhöht. Zur falschen Zeit verabreicht, tut es noch Schlimmeres. Es gibt Firmen, die ihren Mitarbeitern eine Dusche in Blau morgens vor der Arbeit verabreichen. Schulkinder will man mit blauem Licht intelligenter machen, mit rötlichem eher ruihigstellen. Ein Fraunhofer Institut hat ein Display patentieren lassen, das einem die Körperzeit ein oder zwei Stunden verstellt. Z.B. heute Nacht, wenn die Sommerzeit beginnt.
Super Idee! Der Hersteller des Monitors, auf dem ich gerade diesen Text schreibe, meint aber, er müsse mich schützen. Er hat eiine "Low Blue Light"-Technologie implementiert.
Ernst beiseite: Die Sache mit dem Schattensehen heißt bei Fachleuten AMD (altersbedingte Makuladegeneration) bzw. neuerdings nur noch MD, weil auch jüngere Leute davon betroffen sein können. Sie wird von blauem Licht gefördert. Man vermutet, dass die Generation "Neonlicht", also die Menschengeneration, die ihr gesamtes Arbeitsleben unter Leuchtstofflampenlicht verbracht hat, viel häufiger von AMD betroffen ist.
Nicht minder schlimm ist der Eingriff in das Tagesgeschehen des Körpers: Die Ausschüttung des Hormons Melatonin wird nachweislich durch blaues Licht verringert bzw. verhindert. Die denkbaren Auswirkungen reichen vom schlechteren Schlaf bis hin zur Bildung von Krebsgeschwüren auf lange Sicht.
Was hat das mit der Technologie von Computermonitoren zu tun? Viel. Diese werden sehr häufig mit einer Farbtemperatur von 9300 K betrieben. Gegenüber eine Glühlampe (ca. 2900 K) und Lampen, die man in Experimenten benutzt hat (ca. 5500 K, 8000 K), um Blaulichteffekte zu erzeugen, bedeutet das eine Potenzierung des Blauanteils im Licht. Während die Alten durch die Vergilbung ihrer Augenmedien etwas geschützt sind, sind jüngere Menschen mit klareren Augenmedien voll offen für das Blau.
Wallenhorst - eine deutsche Gemeinde, die sich einen Namen macht. Mit fünf Gullydeckeln, die nachts einen Kreisverkehr verkehrssicher machen sollen.
Nicht, dass man 10.000 € buchstäblich versenkt hat. Man hat unfreiwillig auch die Satire mit schönen Stoff gefüttert. Die heute show muss sich nicht mehr beim Bundestag anstellen, damit Dr. Lammert, Präsident des hohen Hauses, sie wieder einlässt. Spiegel Online berichtet: "Der Fall sei ein "heißer Kandidat" für das Schwarzbuch 2015, sagte Gerhard Lippert vom Bund der Steuerzahler Niedersachsen und Bremen: "Das ist aus unserer Sicht eine Steuergeldverschwendung."
Mit der Haltbarkeit der LEDs ist wohl auch nicht weit her. An dem einen Deckel waren 3 der 16 Lampen (oder Leuchten?) kaputt. Wie schnell doch 50.000 Stunden vergehen können. Bislang bestand mein Wissen über lebensdauerverkürzende Aspekte aus Wärmestau im Retrofitbereich, so etwa, wenn man eine bestehende Leuchte nimmt, ein LED-Modul ungeschickt darin platziert und keine 50.000 Stunden wartet, bis die LED sich in die ewigen Jagdgründe begeben.
Nicht nur bei der Lebensdauer hat man sich getäuscht, sondern auch in der "Leuchtkraft", denn die Gullydeckel mit LED sollten Lichtsäulen in den Himmel schicken, die die Autofahrer weiträumig leiten. Sie sind leider kümmerlich ausgefallen. Na, ja. Man muss rechnen können. Was einem das Marketing vorrechnet, ist das Blaue vom Himmel. Vorbild war eine Installation in Bad Rothenfelde. Die allerdings hätte man sich näher ansehen müssen. Dort ist die Installation Teil eines Kunstprojekts "Lichtsicht-Biennale"(hier oder dort). Ein Gradierter wirkt als überdimensionale Projektionsfläche, Teil einer 11.000 qm Bildfläche. Was sind dagegen 5 Gullydeckel?
Mir ist nicht klar, wo der Künstler die Idee mit dem Gullydeckel hatte. Vielleicht diente dieses Kunstobjekt als Vorbild?
Vor geraumer Zeit hat Wout van Bommel* in seinem Vortrag „Lighting tomorrow: What’s hot and what’s not hot“ gesagt: LED ist Lügenlicht, glauben Sie keiner Angabe von Zahlen. Das war 2009. Prof. Wout van Bommel war u.a. Leiter von Philips' International Lighting Design and Application Centre (LiDAC) und hatte bestimmt kein Interesse daran, die Technologie anzuschwärzen. Was hat er aber bloß sagen wollen?
Dies erleben Praktiker, Lieferanten, Planer wie Kunden täglich, leider nicht auf eine allzu angenehme Weise. Z.B. als Folge einer eigentlich sehr netten Eigenschaft der LED: Das abgestrahlte Licht enthält wenig Wärme. Sie geht nach hinten weg und stört den Beobachter nicht. Diese Eigenschaft musste man früher den Projektionslampen auf eine teuere Art beibringen, damit sie nicht die Dias ins Jenseits beförderten (Kaltlichtspiegel). Bei der LED ist die gute Eigenschaft sozusagen eingebaut. Baut man sie z.B. in einen Aufzug, in dem das Licht dauernd brennen muss, bleibt es darin angenehm kühl. Und selbst wenn man vom Strahl erfasst wird, ist es noch erträglich. Leider nicht so, wenn man LED nachträglich in Downlights einbaut. Nicht nur, weil der Elektriker durch den eventuell erforderlichen Umbau zum neuen Hersteller wird und für das "Produkt" haftet. Die LED bedankt sich für die Unannehmlichkeiten (Wärmestau) mit schnellem Ableben. Ob da Brandgefahr besteht, darüber streiten sich die Auguren.
Was fehlt eigentlich der LED? Das kann man in einem sehr kurzen Satz sagen: Standards! Wer sich nur als Kunde mit Licht beschäftigt, nimmt die Standards allenfalls am Rande wahr, viele überhaupt nicht mehr. So z.B. stammen die physikalischen Größen, mit denen wir hantieren, aus einer Norm, die bestimmt älter ist als die meisten noch lebenden Menschen. Es gibt noch andere Normen aus der ersteh Hälfte des letzten Jahrhunderts, die heute noch bestimmen, wie Leuchten aussehen oder benannt werden. Zur Messung von Eigenschaften von Lampen, Leuchten und sonstigen Produkten gibt es viele weitere Normen. Doch nicht nur Normen allein, sondern die Beziehungen zwischen dem Hersteller, dem Großhandel, dem Elektriker u.ä. bestimmen mit, wie wir mit Lichtprodukten umgehen. Man kann das Ganze Kultur oder Technologie nennen.
Das Ganze ist vielen "Kreativen" lästig, im Alltag aber unerlässlich. In Bezug auf die Leuchtstofflampe hat es sich über fast 8 Jahrzehnte entwickelt. Nun muss man das Ganze für LED wiederholen. Leider klappt es nicht so gut, weil LED kein übliches Leuchtmittel ist. Das Lügenlicht ist also kein lügendes Licht, sondern ein Licht, für dessen Verwendung uns "die Worte" fehlen, sprich Standards. An sich nichts Ungewöhnliches, wenn man an Computer denkt. Diese waren noch vor 20 Jahren für die meisten Menschen ein Buch mit sieben Siegeln, heute spielen Kleinkinder damit, allerdings virtuos und nicht als Kinderkram.
Jammern hilft da nicht. Man muss durch!