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Lichtverschmutzung den Giftzahn gezogen

18.08.2025
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Die International Dark-Sky Association IDA hat in 2021 folgende Empfehlungen zur Anwendung von Richtlinien bei der Außenbeleuchtung erlassen, die auf fünf Prinzipien aufbauen. Hier sind die fünf Prinzipien im Detail:

  • Zweckmäßig:
    Beleuchtung sollte nur dort eingesetzt werden, wo sie tatsächlich gebraucht wird. Es ist wichtig, den Zweck der Beleuchtung zu hinterfragen und unnötige Beleuchtung zu vermeiden.
    Zielgerichtet:
    Licht sollte nur auf den Bereich gerichtet sein, der beleuchtet werden muss. Vermeidung von Streulicht und Blendung ist entscheidend, um Lichtverschmutzung zu reduzieren.
    Geringe Lichtstärke:
    Die Beleuchtung sollte nicht heller sein als nötig. Niedrigere Lichtstärken reduzieren den Energieverbrauch und minimieren die Auswirkungen auf die Umwelt.
    Gesteuert:
    Beleuchtung sollte nur dann eingeschaltet sein, wenn sie benötigt wird. Der Einsatz von Bewegungsmeldern und Zeitschaltuhren kann dazu beitragen, die Beleuchtungsdauer zu reduzieren.
    Farbe:
    Die Verwendung von warmen Lichtfarben (weniger Blauanteil) ist empfehlenswert, da blaues Licht stärker zur Streuung in der Atmosphäre beiträgt und die Sichtbarkeit des Nachthimmels beeinträchtigt. 

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Eine nachhaltige Außenbeleuchtung muss alle fünf Prinzipien bei der Planung und Installation berücksichtigen. Nur durch die Beachtung aller fünf Prinzipien kann die Lichtverschmutzung auf ein sinnvolles Maß reduziert werden.

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Wo vorhandene Leuchten ersetzt werden, ist dabei so vorzugehen, dass die Lichtverschmutzung reduziert oder zumindest nicht verstärkt wird.

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Bei der Planung von Neuinstallationen oder Umrüstungen von Beleuchtungsanlagen sind diese einem Bewertungsverfahren zu unterziehen, um zu überprüfen, ob Art und Ausmaß der Beleuchtung notwendig und nachhaltig sind.

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Horizontal und oberhalb der Horizontalen ausgestrahltes Licht kann erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt haben. Um eine weitere Aufhellung des Nachthimmels, Blendung, Streulicht und Überbeleuchtung zu vermeiden bzw. zu reduzieren, sind die Lichtemissionen bei der Innen- und Außenbeleuchtung daher so gering wie möglich zu halten und an Untergrenzen auszurichten.

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Um Überbeleuchtungen zu vermeiden, sollten die tatsächlichen Beleuchtungsstärken der jeweiligen Beleuchtungsaufgabe und Umgebung angepasst sein und sich möglichst im unteren Bereich der von anerkannten Fachverbänden (wie IES und CIE) empfohlenen Richtwerte bewegen. Die IDA wird mit den Berufsverbänden zusammenarbeiten, um sicherzustellen, dass die empfohlenen Beleuchtungsrichtwerte wissenschaftlich fundiert sind.

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Neue Installationen sollten über automatische Steuerungen verfügen, um die Beleuchtungsstärke bedarfsentsprechend zu verringern oder die Beleuchtung je nach Tages- und Nachtzeit oder Nutzungsfrequenz ganz abzuschalten. Obwohl solche Steuerungen in der Lage sind, die Lichtverschmutzung erheblich zu reduzieren und Energie einzusparen, werden sie derzeit in der Außenbeleuchtung noch zu wenig genutzt. Auch die Richtlinien zur Energieeinsparung verlangen zunehmend nach automatischen Steuerungen.

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Der Spektralgehalt, bzw. die Farbe, des Lichts sollte dem jeweiligen Beleuchtungszweck angepasst sein. Wegen der unverhältnismäßigen Auswirkung von kurzwelligem Licht oder Licht mit hohen Blauanteilen auf die nächtliche Umgebung ist besonderes Augenmerk darauf zu legen, die Gesamtemissionen in diesem Wellenlängenbereich zu reduzieren (für die Zwecke dieser Beschlussfassung definiert als ein Bereich zwischen 380 nm und 520 nm). Die Umsetzung ist durch ein entsprechendes Bewertungsverfahren zu gewährleisten.

a)

Die IDA empfiehlt, bei der Mehrzahl der Beleuchtungsanlagen Lampen mit einer Farbtemperatur (cct) von 2200 K1 , phosphorkonvertierte (orangefarbene) LEDs bzw. LEDs mit entsprechender Filterung zu verwenden, da diese Farben nachweislich geringere Auswirkungen auf die Umwelt haben.

b)

Wenn eine höhere Farbtemperatur als 2200 K gewählt wird, ist die Gesamtemission von blauen Lichtanteilen in die Umwelt durch niedrige Intensitäten, gezielte Ausrichtung und reduzierte Betriebszeiten so gering wie möglich zu halten.

c)

In der Nähe sensibler Standorte – wie z. B. Naturschutzgebiete, empfindliche Lebensräume von Wildtieren, Naturparks und Sternwarten – empfiehlt die IDA die Verwendung von Beleuchtungsanlagen, deren Licht keine (0%) Blauanteile emittiert und ein schmalbandiges Emissionsspektrum aufweist. d) In besonders sensiblen Naturräumen ist die natürliche Dunkelheit während der Nacht zu bewahren.

Wer sich dafür interessiert, wie der Stand der Wissenschaft - von der Lichtverschmutzung? - heute liegt, kann sich  bei der Dark Sky Association informieren. Dort ist der Stand von 2022 dokumentiert (hier). Die Dokumentation erklärt so einiges. Leider kann sie nicht helfen, nachts die Sterne am Berliner Himmel zu sehen. Was auf einer tropischen Insel ohne elektrisches Licht wie ein Haufen Smaragde wirkt, und sich im Wasser spiegelt, besteht über Berlin aus ein paar blassen Punkten. 

Licht in der Nacht, auf Englisch Light at Night oder Artificial Light at Night (ALAN), ist von einem lustigen Segen (Lunaparks) zu einer Pest geworden. Wissenschaftler haben mindestens 160 Arten auf Auswirkungen der Lichtexposition untersucht. Sie haben Schäden auf allen Ebenen beobachtet, von einzelnen Pflanzen und Tieren bis hin zu ganzen Beständen. Licht in der Nacht verschiebt das Spektrum des Umgebungslichts weg vom natürlichen Zustand hin zu kürzeren Wellenlängen, auf die viele nachtaktive Arten besonders empfindlich reagieren. Lichtexposition zur falschen Zeit unterbricht verschiedene biologische Aktivitäten bei Pflanzen und Tieren. Diese Aktivitäten hängen von den täglichen und saisonalen Rhythmen der Lichtexposition in der Umwelt ab. Beispiele beinhalten die Nahrungssuche, den Zeitpunkt zu dem bestimmte Tiere erstmals aus ihren Verstecken auftauchen, die Fortpflanzung von Pflanzen und Tieren und Tierwanderungen und -kommunikation. All diese Auswirkungen können das Überleben und die Fortpflanzung von Organismen erschweren – sie können sogar die Entwicklung der Arten beeinflussen.

International Day of Light

16.05.2025
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Die UNESCO feiert wie jedes Jahr Day of Light, den Jahrestag er ersten medizinischen Operation mit einem Laser. Die LiTG hat sich zu diesem Anlass etwas Interessantes einfallen lassen. Sie hat Day of Light in Tag des Tageslichts umbenannt.

Aus diesem Anlass stellt die LiTG am 16.05.2025 alle Publikationen, die „Tageslicht“ beinhalten, kostenfrei zur Verfügung:

  • Tageslicht kompakt - Tageslichttechnik und Tageslichtplanung in Gebäuden
  • Hinweise zur europäischen Tageslichtnorm DIN EN 17037
  • Zur farbmetrischen und nicht-visuellen Wirkung von Verglasungen auf das Tageslicht in Räumen
  • Stellungnahme zur tageslichttechnischen Qualität des Sonnenschutzes nach DIN 4108-2
  • Über die nicht-visuelle Wirkung des Lichts auf den Menschen

Mehr zu lesen hier.

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Licht als Umweltvermutzung - Eine Studie der LiTG

16.05.2025
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Die UNESCO feiert wie jedes Jahr Day of Light in Erinnerung an die erste medizinische Operation mit einem Laserstrahl. Was kaum jemand feiert bzw, betrauert ist der Verlust der Nacht. Ich habe den Weg des Lichts von einer göttlichen Gabe in der Mythologie und in der Bibel hin zum Wohlstandmüll des 21. Jahrhiunderts in dem Buch Genesis 2.0 - Schöpfung der elektrischen Sonne ausführlich dargestellt (hier oder da) Der Verlust der Nacht war des öfteren Thema in diesem Blog (hier und da). Dennoch hat mich eine Studie veröffentlicht durch die LiTG (Deutsche Lichttechnische Gesellschaft e.V.) richtig umgehauen.

Die Studie trägt den Titel "Außenbeleuchtung und Umweltaspekte" und endete meine Vorstellungen zur nächtlichen Beleuchtung mit dem folgenden Satz : "Die Ergebnisse der vorliegenden Studien lassen den Schluss zu, dass es kein »insektenfreundliches« Licht gibt." (LiTG Publikation 49). Bis ich den Satz gelesen habe, war ich der Meinung, dass manches Licht doch unschuldig daran wäre, dass in Deutschland fast 90% der Fluginsekten das Zeitliche gesegnet haben. Ihnen folgten die Vögel, die von Fluginsekten leben. 

Doch bei Insekten und deren Fressfeinden bleibt es nicht. Das nächtliche Licht hat ökologische Auswirkungen auf Fauna wie Flora. In der Studie werden Ergebnisse zu dem Auswirkungen des Licht auf Spinnen, Fische und sonstige aquatische Organismen, Amphibien, Vögel, Säugetiere, Fledermäuse und Pflanzen gesichtet und kommentiert. 

Zunächst wird die Nacht als "biologischer" Lebensraum betrachtet (Chronotop), was man in dem Buch Genesis etwas anders, aber kaum anders deutbar darstellt: "Und Gott sah, dass das Licht gut war. Da schied Gott das Licht von der Finsternis und nannte das Licht Tag und die Finsternis NachtGott machte die beiden großen Lichter, das größere, das über den Tag herrscht, das kleinere, das über die Nacht herrscht, auch die Sterne." Gen 1,16

Danach wird eine wahrlich fatale Wirkung der Definition des Lichts vor 101 Jahren kommentiert. Die größte Vereinigung lichttechnischer Gesellschaften der Welt, die CIE, behauptet seit 1924, Licht sei durch die Empfindlichkeitskurve des menschlichen Auges definiert. Das so definierte Licht macht uns blind gegenüber den Problemen des restlichen Lebens auf dem Planeten, dessen Augen mitnichten das sehen, was wir sehen. Den meisten Menschen wird nicht einmal durch das sie umgebende Grün der Natur bewusst, dass fast alle Pflanzen fundamental anders sehen als Menschen (zum Fehlempfindungen bei Experten z.B. hier). 

Nicht-visuelle Wirkungen ... häufig kommentiert in diesem Blog , kommen zur neuen Geltung, weil auch Pflanzen wie Tiere ihre circadianen wie circannualen Rhytmen pflegen. Das Licht bringt nicht nur den Tagesrhythmus durcheinander, sondern auch den Jahresrhythmus. So kommen ganze Ökosysteme durch das nächtliche Licht durcheinander.

Für mehr empfehle ich, die Studie selbst zu lesen. Erfreulicherweise stellt die LiTG die Studie kostenlos zur Verfügung (hier

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Ende der Träume vom gesunden Licht der elektrischen Sonne 

01.02.2025
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Ich hatte es noch für unsinnig gehalten, was ein berühmter Professor, immerhin der Leiter der LCR /Lighting Research Center) in New York, von mir verlangte. Ich wollte seinen Artikel "Mehr als Sehen" in Cyberlux veröffentlichen (mehr hier und dort). Er hatte nichts dagegen, aber verlangte, ich müsse den Artikel mit einem Verfallsdatum versehen. 

Artikel schreibt man manchmal für den Tag, und dann hat er am nächsten Tag schon ausgedient. Fast immer findet man so etwas in Tageszeitungen. Manche Artikel sollen hingegen so lange halten, bis man Neues erfindet. So etwas gehört in der Technik zum Geschäft. Niemand erwartet, dass eine als wunderbar beschriebene Maschine, auch so bleibt. Darüberhinaus gibt es Artikel, die für die Ewigkeit geschrieben sind- Wissenschaftliche Artikel gehören dazu. So ein Artikel bekommt ein DOI, eine Kennung, die ein Unikat ist. Keine zwei Artikel teilen eine Kennung. Und wenn derselbe Autor dieselbe Idee 100 Mal wiederholt veröffentlichen will, gibt es 100 DOI. Aber die gibt es i.d.R. nicht, denn eine Erkenntnis darf nur einmal veröffentlicht werden. Was wollte der Professor eigentlich von mir? 
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Jahre später habe ich begriffen. Er war sich der Sache nicht sicher. Als ich die Literatur fünf Jahre später absuchte, fand ich unter derselben Überschrift einen anderen Inhalt. Allerdings war der Tenor geblieben: Es braucht eine neue Lichttechnik, weil man eine neue Wirkung des Lichts entdeckt hatte, die Beeinflussung circadianer Rhythmen des menschlichen Körpers. Man müsse selbst die Messtechnik für das Licht neu erfinden. Denn man könne ja die Wirkung auf die Gesundheit doch nicht in Lux messen.

Dumm nur, dass ein Vierteljahrhundert danach das Licht immer noch in Lux gemessen wird, aber halt auch in melanopischen. Dadurch ist die frühere Größe Lux aber nicht obsolet geworden, weil die meisten Menschen das künstliche Licht doch zum Sehen brauchen. Und das vermutlich seit der Eiszeit. Die älteste Öllampe ist etwa 17.000 Jahre alt. Die neue Lichttechnik muss also zweierlei Wirkungen des Lichts auf einen Nenner bringen, das Sehen und die Gesundheit. 

Solange die Sache nur diskutiert wurde, ohne sie bei der Beleuchtungsplanung zu berücksichtigen, hörten sich die Probleme theoretisch an. Und das allergrößte davon wurde in wissenschaftlichenh Zirkeln nie diskutiert: das menscliche Verhalten. Dieses war in der Eiszeit bestimmt durch den Gang derJahres- und Tageszeiten bestimmt gewesen. Seit wann dem nicht mehr so ist, kann man etwa ahnen. Lassen wir es mit der Erfindung der Glühlampe beginnen. Sie machte die Nacht zum Tage. Allerdings nicht so perfekt. Aber spätestens die Leuchtstofflampe hat den 24/7 Arbeitstag möglich gemacht. Das ist etwa 75 Jahre her. 
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An einem verhängnisvollen Tag des Jahres 2021 haben sich die führenden Köpfe der Forschung der sog. "nichtvisuellen Wirkungen" beschlossen, Nägel mit Köpfen zu machen. Sie gaben an, wie viel Licht ein Mensch um welche Uhrzeit braucht (hier). Und welche Qualität (dort). Die Qualität wird in M-EDI angegeben, Melanopic Equivalent Daylight Illuminance. Sagen wir der Einfachheit halber, melanopische Lux mLux. 

Das hört sich erst einmal gut an. In Innenräumen soll es am Tage 250 melanopische Lux geben, also zwischen 06:00 Uhr und 19:00 Uhr. Danach kommt die Vorbereitung auf den Schlaf. Da darf es nicht mehr als 10 mLux geben. Ab 22:00 Uhr ist Licht taboo. Es darf nicht mit mehr als 1 mLux leuchten. 

Was machen wir mit den Leuten, deren Schicht um 22:00 beginnt? Was müssen Leute tun, die nachts ihren Computer benutzen? Denn ein Bildschirm macht den Forschern nach 70 M-EDI, also 70 x zu viel für die Nacht.
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Ist das alles irgendwie gesichert? Wer zu viele dumme Fragen stellt, steht dem Fortschritt der Wissenschaft im Wege. Diese Rolle hat nunmehr die CIE übernommen, die Weltorganisation der Lichttechnischen Gesellschaften. Sie hatte im Jahre 2015 proklamiert: "Richtiges Licht zum richtigen Zeitpunkt", gefolgt vom Versprechen baldiger Aktionen, damit die elektrische Sonne zur richtigen Zeit glänzt. Die Deklaration wurde 2019 und 2024 wiederholt (hier). 

Nunmehr findet die CIE fast nur Fragen statt Antworten. So z.B.
Die Empfehlung für den Abend, drei Stunden lang nicht mehr als 10 lx melanopisches EDI am Auge zu haben, lässt sich möglicherweise nur schwer mit den individuellen Anforderungen an die Sichtbarkeit bei der Arbeit vereinbaren, insbesondere bei Personen mit eingeschränkten Sehfähigkeiten.
Ich denke, nicht nur die Sehbehinderten hätten Probleme damit. Zudem kommt nach den drei Stunden die Nacht mit 1 lx M-EDI. 

Die einzige Antwort, die ich in der Deklaration der CIE von 2024 finde, könnte verheerender nicht sein. Sie erklärt: "Ein hoher melanopischer EDI (eine sehr hohe Lichtexposition) während des Tages ist förderlich für die Wachsamkeit, den zirkadianen Rhythmus und einen guten Nachtschlaf". Und die Konsequenz? "Die CIE erkennt an, dass der Aufenthalt im Freien während des Tages mit einer besseren Gesundheit und einem höheren Wohlbefinden in Verbindung gebracht wird und dass die Exposition gegenüber Tageslicht eine wichtige kausale Komponente für diese Effekte darstellt."

So kamen wir genau 100 Jahre nach der Geburt der elektrischen Sonne (hier), die die Natur mit Lampen in Wohnungen und Büros ersetzen wollte, wieder zurück zur Natur. Schönen Dank an den Weltverband der lichttechnischen Gesellschaften. 

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Das richtige Licht zum richtigen Zeitpunkt …, der nie kommen wird?

26.09.2024
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Vorgestern berichtete ich über die dritte Verlautbarung der CIE zum Thema "Richtiges Licht zum richtigen Zeitpunkt". Der Bericht wurde von manchen wohl als Kritik an der CIE aufgefasst. Der Eindruck trügt. Die Kritik ging an eine andere Adresse. Daher möchte ich die Aussage vertiefen.

Vor drei Jahren hatten die führenden Chronobiologen der Welt ein Memorandum veröffentlicht und darin - übrigens ohne Begründung - angegeben, wie eine der Gesundheit zuträgliche Beleuchtung ausschaut, die auf wissenschaftlichen Erkenntnissen basiert. Das war überfällig, nachdem man seit 2001 Tausende Veröffentlichungen dazu produziert hatte.

Wohl auf keinem Fachgebiet klaffen so große Unterschiede zwischen Wissenschaft und Technik wie in der Beleuchtung. Dies habe ich in dem Buch "Genesis 2.0 - Die Schöpfung der elektrischen Sonne" dargelegt. Warum ist das aber so? Ignorieren die Techniker wissenschaftliche Erkenntnisse? Manchmal schon. Aber der Grund liegt woanders. Das Produkt der Lichttechnik, die künstliche Beleuchtung, ist nur Mittel zum Zweck. Es entwickelte sich viele tausend Jahre, bevor die Technik einen Namen bekam. Die Menschen brauchten es, um die Dunkelheit zu vertreiben. Zum einen aus den Höhlen, in die die Sonne nicht hinein gucken konnte. Aber die wesentliche Aufgabe des künstlichen Lichtes war, den natürlichen Tag zu verlängern. So nebenbei schuf die Lichttechnik die 24/7- Gesellschaft im Privaten wie in der Arbeitswelt.
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Der Rat der Wissenschaftler besagte, in Innenräumen muss das Lichtniveau viel höher sein als heute üblich. Es besagt aber nicht, in welchen Räumen das gelten soll. Aber der Zeitraum wird angegeben: Zwischen 06:00 Uhr und 19:00 Uhr, also an einem fiktiven Tag während des Tages. Danach soll das Licht auf maximal 1/25 des Tageswertes abgesenkt werden. Also können nicht Arbeitsräume gemeint sein. Nach 19 Uhr sind die entweder unbesetzt oder mit arbeitenden Menschen belegt. Diese können im Halbdunklen nicht arbeiten. Ich denke, es ist nicht einmal möglich, dass sie sich sicher bewegen.

Was wird wohl ein Lichtplaner von seinem Auftraggeber hören, wenn er diesem erklärt, er würde die neue Anlage mindestens um den Faktor drei größer planen, damit es am Tage heller wird? Dafür müsste das Licht abends heruntergedimmt werden, bis es flackert. Lassen wir das Spekulieren sein und denken weiter, dass der Auftraggeber den Plan akzeptiert. wo findet man an der Decke so viel Platz, dass alle neuen Leuchten installiert werden können? Alternativ könnte man hellere Lampen nehmen. So oder so wird das neue Licht blenden, weil die Empfehlung lautet, eine hohe vertikale Beleuchtungsstärke zu erzielen.

Und diese Blendung gilt doppelt, denn der Benutzer wird nicht nur direkt geblendet, sondern auch über seinen Bildschirm. So ist zu verstehen, warum die Antwort der CIE auf diese Empfehlung entsprechend ausgefallen ist: "Ein hoher melanopischer EDI (eine sehr hohe Lichtexposition) während des Tages ist förderlich für die Wachsamkeit, den zirkadianen Rhythmus und einen guten Nachtschlaf.“ Die CIE antwortete darauf "Die CIE erkennt an, dass der Aufenthalt im Freien während des Tages mit einer besseren Gesundheit und einem höheren Wohlbefinden in Verbindung gebracht wird und dass die Exposition gegenüber Tageslicht eine wichtige kausale Komponente für diese Effekte darstellt."

Das ist keine Satire, sondern vermutlich die einzig mögliche Realisierung der Empfehlung für Arbeitsstätten. Warum dem so ist, hatte ich bereits einige Male erklärt, so z.B. hier oder da oder dort.
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Ich hoffe, dass es klar wird, warum die CIE alle Hoffnungen aufgegeben zu haben scheint. Interessant in diesem Zusammenhang ist, wie eigentlich 18 führende Köpfe der Chronobiologie mit solch einem Vorschlag kommen konnten, den kein Lichtplaner realisieren kann, was es auch nicht dessen Aufgabe ist. Und wieso sie auf Daten zurückgegriffen haben, die von jungen Menschen bzw. von solchen mit mittlerem Alter stammen.

Eigentlich ist es in der Wissenschaft keine Seltenheit, das man junge und gesunde Probanden beschäftigt. Dass dies ein Fehler ist, wird jeder Wissenschaftler bestätigen. Warum tut man es dennoch? Aus methodischen Gründen! Viele Untersuchungen, die etwas mit der Physiologie zu tun haben, werden mit gesunden Probanden ausgeführt, weil man nicht genau spezifizieren kann, was krank ist. Diese sind häufig auch männlich, weil sich die Physiologie der Frau im Rhythmus des Mondes ändern kann, aber nicht unbedingt muss. Daher wird in der Pharmazie meist mit männlichen Probanden gearbeitet.

Wie kommt es aber bei der Chronobiologie dazu, dass man Licht mit Daten on jungen Menschen bzw. von solchen mit mittlerem Alter bestimmt? Die CIE sagt dazu, die Forschenden hätten 19 Veröffentlichungen aus den Jahren 2000 bis 2019 einer Meta-Analyse unterzogen. Da schwant mir etwas: Der Forschende mit dem größten Einfluss aus dieser Zeit war Prof George Brainard, und der forschte u.a. für die NASA (NASA, Lighting design of space vehicle and space craft interiors: space shuttle, space station and space laboratory) seit 1987). Das größte Interesse an der Chronobiologie besteht in der Raumfahrt, weil der Tag für die jetzigen Raumfahrer (ISS-Besatzung) etwa 90 Minuten beträgt und nicht 24 Stunden. Zudem würden diese bei einer Mars-Mission einem unbestimmten Rhythmus unterworfen werden bzw. keinem Rhythmus. Böse Zungen behaupten, die Daten, aus denen eine gesunde Beleuchtung für Irdische abgeleitet worden ist, würden von Brainards Studien mit Raumfahrern stammen. Und diese sind in dem kritisierten Alter.

Während die Sache mit den Probanden noch irgendwie akzeptiert werden kann, beanstandet die CIE das Wesentliche an der Empfehlung, die Angabe eines Wertes für die Beleuchtungsstärke ohne Zeitangabe. Die 250 lx (EDI) gelten für die gesamte Zeit von 06:00 Uhr bis 18:00 Uhr. Eine solche Angabe ist üblich für die Beleuchtung für das Sehen, weil man nichts mehr sehen kann, sobald das Licht erlischt. Bei den circadianen Wirkungen wurde hingegen fast immer von einer Lichtdosis gesprochen, die sich aus Beleuchtungsstärke und Zeit errechnet, so wie bei der Fotografie. Während das Auge kein Gedächtnis hat, von einem Kurzzeitgedächtnis für Sekunden abgesehen, haben circadiane Wirkungen ein Gedächtnis, das etwa 24 h beträgt. Wenn man alle physiologischen Wirkungen des Lichts berücksichtigen will, reicht auch ein Jahr nicht als Gedächtnis aus. Wie die Erfahrung zeigt, gibt es von Licht gesteuerte Vorgänge, die noch länger dauern. Aber die untersucht ja keiner, weil das lange dauern kann.

Summa summarum bedeutet die Deklaration der CIE ein Verschieben der richtigen Zeit für das richtige Licht auf Sankt Nimmerlein. Die Revolution fällt erst einmal aus. Übrigens … das ist nicht die erste Pleite des Anspruchs, mit gutem Licht eine gesunde Umgebung zu schaffen. Der erste Versuch wurde in 1925 von Matthew Luckiesh eingeleitet. Damals wollte die Lichttechnik die Sonne im Innern der Gebäude nachbilden, damit die Menschen keinen Vitamin D Mangel erleiden sollten. Das sollte das Dual Purpose Light besorgen. Am Ende gab es Milch mit Vitamin D Zusatz. Heute will man den Melatoninhaushalt des Menschen in Ordnung bringen. Das könnte mit Melatoninpillen enden.
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