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Ein neues Gütezeichen, das nie einer gebraucht hat! Bis heute

 
Haben Sie schon mal gehört, dass jemand die Rundheit von Autoreifen zertifiziert? Ich denke, nein. Autoreifen sind ziemlich rund, bis sie einen Platten bekommen. Zertifizieren tut man höchstens die Pflaster, die das Loch wieder abdichten, denn nicht alle kleben gut genug. Niemand denkt auch daran, die Löcher im Schweizer Käse zu zertifizieren, obwohl sie immer kleiner werden. Die Löcher waren schon immer da und man findet sie auch ohne Zertifikat. Zertifizieren tut man Dinge, bei denen es nicht immer so rund läuft. So gibt es TCO-Zeichen für Computerbildschirme, TÜV-Zeichen für Bürodrehstühle, Blauen Engel für Drucker, die nicht so viel Krach machen wie andere. Sogar ein NABU-Zeichen für Streuobst kann man erwerben.

Wer zum Teufel braucht ein "Verified Low Optical Flicker Mark" von UL? Ganz langsam zum Mitschreiben: UL oder Underwriters Laboratories ist nach eigenen Angaben "ein führendes, unabhängiges und weltweit tätiges Unternehmen für Produktsicherheit und Zertifizierung, das seit mehr als 120 Jahren die Entwicklung von Normen und innovativen Sicherheitslösungen für den Schutz der Lebens- und Arbeitswelt begleitet." Und das fragliche Zeichen heißt in (ziemlichen gutem) Deutsch "geprüftes geringes optisches Flimmern" Zeichen. Was flimmert denn da?

 
Eigentlich flimmerte in der Beleuchtung nichts. So lernte man schon vor 50 Jahren in der Lichttechnik, es gäbe Menschen, die behaupteten, Leuchtstofflampen würden flimmern. Das wäre aber nicht möglich, weil die Nervenleitungen der Menschen so schnelle Änderungen nicht durchlassen würden. Ja, irgendwie lag das schon an den Nerven, wenn die Beleuchtung nervte. Mit der Einführung von elektronischen Vorschaltgeräten war es Schluss mit der Nerverei. Übrig blieben die Computermonitore, bei denen Ergonomen nervten, dass sich die Benutzer genervt fühlen würden. Auch die sind technisch erledigt. Die Grafikkarten sind so schnell, dass man schlecht ein Flimmern sehen kann. Was zertifiziert denn da die Firma UL?

Irgend jemand hat auf der Light + Building eine Presseerklärung verbreitet, die Aufklärung bietet: "Geringes Lichtflimmern als Produktvorteil
„Das Ziel von UL ist es, Hersteller bei ihren Plänen für Produktinnovationen zu unterstützen“, sagt Roberto Inclinati, Business Development Manager in der Lighting Division von UL. So steht es geschrieben. Geringes Flimmern? Warum denn kein Flimmern? Wir lesen weiter: "„Hersteller, deren Produkte Vorteile wie geringes Lichtflimmern bieten, sollten auch die  Möglichkeit haben, ihre Angebote im Ladenregal hervorzuheben. Auch Planer und Einkäufer profitieren davon – nicht nur, weil sie für ihre Beleuchtungsprojekte jetzt leicht die Produkte mit geringem Lichtflimmern identifizieren können, sondern auch, weil das Verifizierungszeichen von unabhängiger, dritter Stelle ihnen Sicherheit gibt und sie so ihren professionellen Ruf schützen, qualitätsbewusst zu sein.“ Stimmt. Allerdings bescheinigt die unabhängige dritte Stelle nicht, dass die Beleuchtung flimmerfrei wäre. Sie sagt nur, dass das Flimmern gering sei. gering gemessen an was? Seit mindestens 30 Jahren gibt es eine bezahlbare Technik, die flimmerfreies Licht ohne Prüfzeichen schafft. Sollen wir etwa flimmerarmes Licht von Herstellern kaufen, die zertifiziert sind? Was für eine Technik ist denn das?

 
Mir schwant es: "Die Evolution der Leuchtmittel hat heute zu einem neuen Konzept von Lichtqualität geführt, das auch die Auswirkungen auf die Gesundheit und den visuellen Komfort einbeziehen muss. Das Lichtflimmern kann beide Faktoren beeinflussen, und darum investieren wir in die Forschung und die Entwicklung von Produkten, deren Flimmern unterhalb der Risikoschwelle bleibt." Ich gucke auf den Kalender. Es ist 2016 … Dass man Lichtqualität prüfen muss, weiß ich seit langem. Dass Flimmern die Gesundheit beeinträchtigt, wurde so etwa 1985 endgültig nachgewiesen. Vorher redete man in der Lichttechnik von Lichtwelligkeit und deren Problematik. Dass es ein Problem damit gab, wurde nie in Frage gestellt.

Jetzt wird die Sache auch nicht in Frage gestellt. Aber wieso gibt es eine neue Norm zur Bewertung von Flimmern? (IEEE 1789: siehe da http://grouper.ieee.org/groups/1789/ : "Recommending practices for modulating current in High Brightness LEDs for mitigating health risks to viewers" ). Vielleicht kann es einer ergründen, nachdem er $$ 134 bezahlt und die Norm kauft. Wer einfach download rückt, zahlt nur $ 89 und findet auch Erleuchtung: "At light&building 2016 it was clear that already many manufacturers have a basic awareness of the problem of flicker in lighting." Für Leute, die des Denglischen nicht mächtig sind: Bei Light & Building hat man gelernt, dass bereits mehrere Hersteller ein Mindestverständnis aufbringen, dass Flimmern von Beleuchtung ein Problem darstellt. Ääää? War da nicht etwas? (Originalbestimmung von DIN 5035 in 1935)

Ruhe-der-Beleuchtung

Was mag wohl die Evolution der Leuchtmittel sein? Hiermit schreiben wir einen Wettbewerb aus. Der Einsender der ersten richtigen Antwort bekommt eine LED-Birne von Osram, den zweiten Preis stiftet Philips, die weiteren kommen aus Südostasien.

Wie sicher ist LED-Licht im Straßenverkehr?

 
Dieser Beitrag handelt nicht von LED - Tagfahrlichtern, die bereits bei Sonnenschein blenden. Es geht eher um etwas Tiefergreifendes. Darf man eine Lichtquelle, die dauernd an- und ausgeht, an Autos bauen, die unbegrenzt schnell fahren dürfen? Derzeit tut man es.

Die Sache mit dem An- und Ausgehen ist natürlich bildhaft gemeint. LED sind sehr schnelle Bauelemente, die man für Signalübertagung in Glasfasernetzen benutzt. Dort müssen sie sogar an- und ausgehen, und das viele Milliarden Mal in jeder Sekunde. Dumm nur, wenn dies in etwa den Frequenzen erfolgt, bei denen das menschliche Auge Leuchtdichteänderungen deutlich oder weniger deutlich wahrnimmt. Betreibt man eine Lichtquelle mit einer höheren Frequenz, als diejenige, bei der eine Wahrnehmung des Auges möglich ist, sagt man, die sei flimmerfrei. Jedenfalls nimmt man die Flackerei nicht mehr bewusst wahr. Man redet auch nicht mehr von Flackerei, sondern von Flimmerfreiheit.

So weit, so gut. In den Zeiten, als die LED noch ihr Dasein als Anzeigelämpchen fristete, fühlten sich viele vom Flimmern von Leuchtstofflampen gestört. Und Techniker sagten, das sei nicht möglich, weil die Lampen mit 100 Hz betrieben würden und die FVF, so nennt man die Frequenz, ab der das menschliche Auges kein Flimmern mehr empfindet, Flimmerverschmelzungfrequenz, läge so bei 47 Hz. Einem gewissen Wissenschaftler (Wilkins) ist es doch mit einer geschickten Untersuchungsstrategie gelungen, die Techniker zu überführen. Nach seiner Studie aus den 1980er Jahren kann man etwa die Hälfte der Kopfschmerzen, die die Menschen beider Arbeit erleiden, mit einer höheren Frequenz der Lampen beseitigen. Oder mit gar keiner Frequenz - die Lampen werden mit Gleichstrom betrieben. Von 47 Hz redet heute keiner mehr, eher von einem Mehrfachen davon. Monitore mit 47 Hz wären der Tod der Game-Industrie.

 
Dumm nur, dass die höhere Frequenz Geld kostet. Daher hat sich die Erkenntnis nur langsam durchgesetzt. Das ist bei LED nicht anders. Muss man was tun? Oder sind die LED jenseits von Gut und Böse auf der sicheren Seite? Damit beschäftigt sich die Autoindustrie, von der u.a. folgende Studie kommt: "Physiologische Effekte bei PWM-gesteuerter LED-Beleuchtung im Automobil" (ausgeführt von Forschungsstelle: Technische Universität Darmstadt Fachgebiet Lichttechnik). Die Studie wird hier nicht kommentiert, weil sie aus vielen Literaturkommentaren und drei Experimenten besteht, sodass eine kurze Kommentierung irreführend sein kann. Unten ist das Inhaltsverzeichnis wieder gegeben. Der Volltext ist hier zu finden.

Die Studien befassen sich hauptsächlich mit dem sog. Perlschnureffekt, der den meisten neu sein dürfte. Im Internet ziehen aber viele seit etwa 10 Jahren dagegen zu Felde. Diesen Effekt beschreibt das Institut für Elektromechanische Konstruktionen so: "Als Perlschnureffekt bezeichnet man eine optische Täuschung verursacht durch eine rasche Augenbewegungen auf eine gepulst betriebene Lichtquelle hin bzw. von dieser weg. Aufgrund der Trägheit der Rezeptoren im Auge führt es zum mehrfachen Erscheinen der Lichtquelle, zum Beispiel PWM-gedimmte LED-Verkehrstafel oder LED-Autorückleuchten. Je nach Pulsfrequenz kann dieser Effekt auch dann auftreten, wenn beim direkten Betrachten kein Flimmern wahrnehmbar ist, was zu Irritationen führen kann."

 
Das Entscheidende hier ist die Bezeichnung "optische Täuschung", womit man fast immer Dinge bezeichnet, die jeder so und nicht anders sieht. Wieso denn Täuschung? In Wirklichkeit geht es um eine Störung der Wahrnehmung. Wie man damit umgeht, weiß man nicht wirklich, was man daran erkennen kann, dass fast alle Menschen glauben, beim Kinofilm würde man Bewegungen sehen, wenn Einzelbilder so schnell dargeboten werden, dass das Auge dem nicht folgen kann. Ehe man ein Bild sieht, ist schon das nächste da. Das ist eine plausible Erklärung, die stimmen könnte, wenn die Physiologie alles wäre. Ein Zauberer hingegen wird einen eines Besseren belehren. Es geht eher um Psychologie. Sieht man ein Objekt zuerst hier, und dann einige Zentimeter weiter, denkt man automatisch, es hätte sich bewegt. So machen es die Zauberer und alle Menschen sehen, was sie nicht sehen. Nur mit Kleinkindern funktioniert es nicht, weil sie noch nicht gelernt haben. (Anm.: Während die Kinoindustrie länger als ein Jahrhundert prächtig mit dem Irrtum gelebt und verdient hat, ist den 3D-Fernsehmachern kein Erfolg beschieden. Die irren sich nämlich so, dass jeder den Fehler spürt.)

Was hinsichtlich des Perlschnureffekts als optische Täuschung bezeichnet wird, ist eine Störung eines Teils der Mechanismen, mit denen das Gehirn eine "Konstanz" herstellt. So kann es z.B. Fernsehbilder aufrichten, wenn man liegend fernsieht. Bei kleinen Bewegungen in der Umgebung wird die Wahrnehmung auch auf "Konstanz" geschaltet. Kaum jemand sieht z.B. im Zug, dass alles um ihn herum vibriert. Bei dem Lokführer sieht es hingegen anders aus, wenn die Vibrationen stärker werden. Er kann seine Instrumente nicht mehr einwandfrei lesen. Man kann nachweisen, bei welchen Frequenzen und Amplituden ein Instrument nicht mehr fehlerfrei wahrgenommen wird.

Die Konstanzmechanismen funktionieren gut und zuverlässig mit Sehobjekten, die physikalisch existieren, und die mit konstantem Licht, z.B. von Glühlampen beleuchtet sind. Physikalisch existierende Instrumente in Fahrzeugen, die vom Tageslicht beleuchtet sind, wird kaum jemand als schlecht ablesbar empfunden haben, es sei denn, er/sie fährt in der Prärie mit einem Holzschemel als Sitz. 

 
Wesentlich anders mit Instrumenten, die getaktet sind. Das sind z.B. Monitore, aktive Anzeigen u.ä. Diese werden je nach Bewegung anders und verzerrt wahrgenommen. Bei alten Fernsehern kann man z.B. durch essen oder Zähne putzen wunderbare Verzerrungen des gesamten Bildes produzieren. In älteren Airbusmodellen wackelten bei der Landung alle Anzeigen im Cockpit, ohne dass auch nur eine sich aus dem Rahmen bewegte. Es waren die Vibrationen der Sehobjekte und der Augen. Solche physikalischen Änderungen kann der Konstanzmechanismus des Gehirns nicht ausgleichen.

Beim Auto haben wir "Vibrationen" in mehrfacher Ausführung. So bewegen sich die Augen, wenn jemand spricht. Diese Bewegungen werden aufmoduliert durch die Bewegungen des Sitzes. Die Scheinwerfer sind selbst in Bewegung, und zwar waagrecht in Fahrtrichtung, aber vibrierend in mehreren. In der Außenwelt gibt es die Rückscheinwerfer des Vordermannes zu sehen, die auch vibrieren, und dazu die Straßenbeleuchtung in LED, die getaktet sein kann. Auch Verkehrsschilder werden ja mit getaktetem LED betrieben. Und das alles in Fahrsituationen mit unbegrenzter Geschwindigkeit.

Eigentlich dürfte man weder die LED-Straßenbeleuchtung noch die Kfz-Beleuchtung zulassen, bevor man die möglichen Gefährdungen geklärt hat. Wenn man aber abwarten würde, bis man alle Gefährdungen geklärt hat, würde es vermutlich keine Autos geben. Man müsste sich eher überlegen, ob die Postkutschen abgeschafft werden sollten, weil zu gefährlich. Ob man nach Kenntnis aller Gefährdungen durch das Auto - in den meisten Ländern mehr Tote als durch Kriege, Umweltverschmutzung, verheerende Bilanz in der Tierwelt, Lärm, Millionen Kilometer versiegeltes Land -  dieses zulassen würde, wäre ich mir nicht so sicher.

 
Warten wir ab, was noch alles kommt. Eines ist sicher: Das ganze Theater ist nur bedingt durch Kosten, denn technisch kann man LED-Beleuchtung so realisieren, dass weder Flicker noch Vibrationen eine Bedeutung haben. Das analoge Ereignis, Flimmern von Computermonitoren, kenne ich sehr gut. Vor etwas mehr als 40 Jahren hatte ich es als Problem für Menschen dargestellt. Eine kleine Armee von Hersteller-besoldeten Ergonomen arbeitete fleißig daran, die Sache kleinzureden. Am Ende lösten Techniker das Problem mit schnellen Grafikkarten. Aus der Spuk! Hoch lebe der Gamer, der das Ganze bezahlt hat!

  

Darmstadt-LED-Flicker

Können Zahlen lügen?

 
Eigentlich nicht. Statistiken lügen sogar nie. Warum glauben aber fast alle, Statistiken würden lügen? Einfach: Eine Statistik zeigt eine Aufstellung eines Zahlenwerks, häufig in Form einer Grafik. Der Autor sucht sich vorher diejenigen Zahlen aus, die er zum Vorzeigen auswählt, und bildet sie mehr oder weniger geschickt in einer Grafik ab. Die Lüge, ich meine die vermeintliche, beginnt bei der Auswahl. Bei der grafischen Abbildung existiert eine Kunst der geschickten Lüge präzise seit 1785, als eine britische Zeitung der Regierung etwas unterstellt hatte, nämlich Verschwendung, ohne zu erwähnen, dass das Land gerade ihre größte Kolonie verloren hatte. So kommen drei Protagonisten der Story zur Lüge zusammen: fehlerhafte Herkunft der Daten, Auswahl falscher Daten und Wahl der falschen bzw. irreführenden Darstellung. Das letztere gehört zum Instrumentarium der sog. Wirtschaftspresse seit eben 1785. Und die lügt wirklich und häufig absichtlich. Aber auch eine ehrlich vorgenommene Abbildung, die überzeugend wirken soll, kann gerade deswegen lügen. Es kommt nicht auf den Inhalt, sondern nur auf die Absicht an.

Was ist mit dem Lügenlicht? Den Begriff hatte jemand öffentlich benutzt, der garantiert nicht zu Boshaftigkeiten gegen Licht neigt - Vout vam Bommel - u.a. weil er bei Philips Licht eine sehr hohe Stelle bekleidet hatte und noch dazu CIE Präsident war. Warum dann diese Bezeichnung? Weil beim LED alles zusammen kommt, was ich oben erwähnt habe. Unsichere Herkunft der Daten, falsche Auswahl und "kreative" Abbildung der Daten, um eine Wirkung hervorzurufen. Wer sich in Sachen LED sauber informieren will, möge sich den DBZ Leitfaden LED ansehen. Den hat zwar DIAL geschrieben, also eine Einrichtung der Leuchtenindustrie, sachlich unzutreffende, gar verfälschende Aussagen fand ich darin nicht. Eher Ernüchterndes, was manchem Marketingmenschen die Haare zu Bergen auftürmen dürfte. So z.B. über die Lebensdauer. Hatte ich bislang behauptet, die könnte 50 Stunden anstelle der behaupteten 50.000 h liegen, sagt der Bericht, sie könnte auch Sekunden betragen. Sekunden und 50.000 h - lügt da einer? Hier nicht. Auch eine Glühlampe kann diese Lebensdauern haben. Aber das ist der Stoff, aus dem Lügen gemacht werden. Wer nicht belogen werden will, muss sich halt gut informieren. Der Bericht ist mit 65 Seiten (Werbung eingeschlossen) zwar keine Lektüre für eine U-Bahn-Fahrt. Es lohnt sich, hier Zeit zu investieren.

LED-Wirtschaftlichkeit

Den Leitfaden gibt es hier kostenlos. Falls die Adresse nicht antwortet, kann ich ein Exemplar besorgen. Leider können wir nicht das ganze Heft anbieten, weil der Verlag die Rechte besitzt. Aber etwas aus dem Inhaltsverzeichnis.

Ich würde mir die Punkte "Absurdes aus Brüssel", "Sind LEDs nachts effizienter" und "Kaltes Licht ist effizienter" ansehen. Interessantes zu Farbe gibt es auch. So z.B. zum Farbwiedergabeindex einer gedimmten Glühlampe. Alles Zahlen, die lügen, ohne die Unwahrheit zu sagen. Mein Gefühl sagt, LED ist nicht nur der Tod konventioneller Leuchtmittel, sondern auch der herkömmlichen Lichttechnik.

Fazit: Wer heute in LED investieren will, egal ob Architekt, Bauherr oder Lichttechniker, muss auf viele Aspekte achten, die er bislang nicht beachten musste, weil das andere für ihn gemacht hatten - so z.B. Normer oder Leute, die Industriestandards kreieren. Den Politikern in Berlin oder Brüssel muss man noch häufiger den Narrenspiegel vorhalten, als ich bislang gemacht habe (z.B. hier und da und dort). Sie mögen uns besser vor Schwafeldioxyd schützen.

Zu einem Amen werden wir leider nicht kommen. Die Einführung einer neuen Technologie ist immer mit Verwerfungen verbunden, zuweilen auch mit moralischen.

Blaues Licht im Dienste der Natur

 
Dies ist definitiv keine Erfindung von Australiern, die früher das größte Forschungsfeld für Drogen hergaben: Ein ganzer Kontinent zum Erproben von Drogen. Sogar Heroin soll dort getestet worden sein. Es geht um Schlimmeres: Eine böse (wirklich böse) Kröte vernichtet Tiere, die man als böse ansah: Große Krokodile oder Giftschlangen, z.B. Die Kröte - Aga-Kröte - war nicht freiwillig zu diesem einsamen Kontinent gekommen. Sie sollte Schädlinge in den Zuckerrohrfeldern von Queensland vertilgen. Das fremde Wesen lässt sich auch selbst vertilgen, mit fatalen Folgen für den Vertilger allerdings. Die Aga-Kröte ist selber durch und durch giftig und kann ihr Gift auch bis zwei Meter durch die Luft spritzen. Dass die Australier ziemlich high waren, als sie die Einführung der Kröte beschlossen, ist hingegen Gift, das man gerne gegen die verspritzt. Letztlich haben sie dem niedlichen europäischen Kaninchen eine neue Heimat gegeben, wo es sich vermehrt wie Menschen in Südamerika - nach der Meinung des Papstes. Warum nicht einer Kröte, die anderswo kein Mensch haben will?

 
Wer rettet die Krokodile vor der fiesen Kröte? Die Front ist mächtig und ebenso vielfältig. Die Universität von Queensland hat auf Staatskosten ein millionenschweres Forschungsprogramm aufgelegt, um dem Treiben der Kröten ein Ende zu bereiten. Pheromone, also Botenstoffe, werden erforscht, um den Tieren die Lust am Sex zu verleiden. Nach für Kröten attraktiven Stoffen und Geräuschen suchen die Wissenschaftler, um die arglosen (?) Tiere in Fallen zu locken. Lebende Krötenkiller werden gezüchtet - etwa ein Frosch namens Litoria dahlii, der die Kaulquappen der Kröte verspeisen kann, ohne davon Bauchschmerzen oder Durchfall zu bekommen. Genetiker arbeiten daran, das Krötenerbgut für immer unbrauchbar zu machen.

Croc-follows-me

Die australische Regierung, nicht zu faul, lobte einen Preis von 15.000 australischen Dollar für die beste Krötenfalle aus. Der Gewinner war eine Plattform mit Falltüren darin. Wirklich geholfen hat aber auch diese Sieger-Idee nicht. Es sind einfach zu viele Kröten, und sie sind zu weit verteilt. Jetzt aber haben die Forscher aus Queensland möglicherweise die Achillesferse ihres Feindes gefunden - eine Vorliebe für coole Clubbeleuchtung. "Wir haben festgestellt, dass die guten alten Kröten definitiv Discotiere sind", sagte Graham Sawyer von der Initiative "Frogwatch".

Nachdem Versuche gescheitert waren, die Tiere mit beweglichen roten und grünen Leuchten anzulocken, verlegten sich die Mitglieder des Projekts "Toad Busters" auf UV-Licht. Das Licht, das in Diskotheken als "Schwarzlicht" für bläulich schimmernde Kleidung - und dabei leider auch für deutlich sichtbare Schuppen auf Schultern sorgt -, zieht die Aga-Kröte offenbar magisch an. Ich denke mal, dass die Kröte human denkt (Anm.: human bedeutet menschlich). Warum soll ich, sagt die Kröte zu sich, nicht zu den Lichtern gehen, die zuweilen Millionen an die Berliner Fanmeile locken? Zudem passt die Farbe irgendwie zu meinem Gift, das nicht wenige Menschen zu sich nehmen, wenn sie high sein wollen.

  
Da wir Menschen, wie der Name sagt, „human“ sind, werden die Kröten, die in Freilichtdiscos eindringen, nicht einfach vergast oder irgendwie malträtiert. Nein! Geht es nach den wenigen Verteidigern von Bufo marinus, wird die humane Krötenvernichtung der Zukunft so ablaufen: Eine Kröte hüpft liebestrunken ins blaue Licht, wird verständnisvoll aber flott aufgehoben - und für ihre letzten Minuten ins Gefrierfach gesteckt. Ob sich ein japanischer Koch bereit findet, die Gift-Kröte analog zu dem nicht weniger giftigen Fugu-Fisch aufzubereiten, hat die kluge Regierung von Downunder leider nicht feststellen können. Vielleicht redet man Chinesen ein, der Verzehr der Kröte würde die Manneskraft gewaltig erhöhen. Damit hätten wir den dreifachen ökologischen Salchow: Tiger und Nashorn gerettet, und die Kröte perdu´. Die Sache mit der chinesischen Manneskraft regelt die dortige Regierung mit der Ein-Kind-Politik.

Frei Bahn für die Vermehrung der Krokodile! Wer hätte je gedacht, dass die Lichttechnik der Biologie auf die Sprünge helfen würde?

Zukunft des Lichts à la Philips

Was der Derwisch singt ist, was er denkt.
Orientalische Weisheit

Die Firma ist zu bewundern! Seit meinen Studententagen forscht sie über die Wirkung des Lichts auf den Menschen. So sah ich bereits als Lichtanfänger (was für eine Bezeichnung!) den seligen Gerd Söllner - ein Lichttechniker - an Raumklima forschen, weil man seinerzeit der Meinung war, die integrierte Decke, die alle Technik aufnimmt, wäre die Zukunft des Bürobaus. Was liegt da näher als, dass man Licht und Klima integriert? Die so entstandenen Klimaleuchten existieren zwar immer noch, werden aber eher für den eigenen Zweck, Lichterzeugung, klimatisiert. Für den Raum nimmt man doch die Luftdüsen, weil das Vorbeiziehen von verdreckter Raumluft an Lampen und Spiegeloptiken vorbei doch nicht der Weisheit letzter Schluss war. Auch das Einsatzgebiet hat sich nicht so entwickelt wie erhofft. Die Großraumbüros wollten sich nicht vermehren wie Karnickel. Anstelle der von Lichttechnikern für Ende 1970er Jahre erhofften 100% der Arbeitsplätze in Deutschland waren es gerade mal 5 %. Und der integrierten Decke machte der Computer den Garaus. Computerkabel von der Decke baumeln lassen, kann man in Laborumgebungen. Für Büros musste man sich was Neues einfallen lassen.

Etwas ähnlich Geniales wie die integrierte Decke mit eingebauten Leuchten, die deswegen so heißen, könnte die Idee mit den biologischen Wirkungen von Licht werden. Die ganze Branche ist beseelt davon, weil man erstens ein Verkaufsargument hat ("blau macht schlau") und zweitens den größten Mangel von LED-Licht (Blaustich) sogar als Vorteil verkaufen kann. Auf wie vielen Augen blind man dabei vorgeht, möge man an den beiden nachfolgenden Bildern sehen.

Philips Blau

 
Nach Philips Mitteilungen arbeiten Forscher von der Universität Eindhoven an der Zukunft der Beleuchtung und verbesserten so die oben gezeigte Beleuchtung (Originalmitteilung hier). Und so sieht die verbesserte Beleuchtung aus (Anm.: Diese Straße ist die Hochburg des Nachtlebens in Eindhoven.)

Philips Bonbon1

 

Dass grell-blaues Licht nicht zum Nachtleben passt, wussten schon unsere Vorfahren (nicht umsonst heißt einer der berühmtesten Tempel der Sünde Moulin Rouge), daher heißen die entsprechenden Distrikte Rotlichtviertel. Also: Weg mit der grellen Laterne! Und die Lösung? LED-Bonbon als Farbe …

Offenbar haben die Forscher einer der besten Forschungsuniversitäten von Europa noch Lernbedarf bezüglich ihres Berufes: Ingenieurmäßiges Arbeiten heißt gesetzte Ziele erreichen (Effektivität), möglichst wenig dafür Aufwenden (Effizienz) und hierbei möglichst wenige Nebenwirkungen verursachen (minimum footprint). Und was macht die zukunftsträchtige Lösung der Straßenbeleuchtung der Kollegen? Beleuchtet vornehmlich eine Häuserfassade, hinter der man ohne dichte Vorhänge nicht schlafen kann. Blendet die Leute auf der anderen Straßenseite (Standort der Kamera!) und erzeugt sogar Reflexblendung über die Fenster des unfreiwillig in Bonbonlicht getauchten Hauses.

Ich denke, nach den Immissionsschutzgesetzen in Deutschland wäre diese Laterne verboten worden. Dass es früher solche Objekte gegeben hat, war dem Umstand zu verdanken, dass ein Lampe-Reflektor-System halt schwer zu berechnen war und nicht für jede Straße individuell herstellbar. Mit einem Leuchtenkopf, LED bestückt, kann ich das Licht präzise an der Stelle enden lassen, wo das Haus beginnt. LEDs sind Laser zum einen und sehr klein zum anderen. Eine Lichtspritze, die wie ein Schrotgewehr funktioniert, und bei gut Glück auch mal das Ziel trifft, und daneben alles mögliche beeinträchtigt, kann nicht Zukunft sein. Oder jemand hat den Studikern eine alte Lampe in deren Projekt eingeschmuggelt.

 
Braucht jemand noch eine Erklärung über das Entstehen von Lichtsmog über unseren Städten? Was hier stolz als zukunftsträchtiges Projekt dargestellt wird, ist ein erstklassiges Beispiel für Lichtverschmutzung. Dass man so etwas publik macht, ist ein formidables Beispiel für Blendung. Wer Sehen fördern will, sollte nicht aus so vielen Augen blind sein.