Licht macht hell(e) - betrifft die anderen
In einem Jahr gibt es ein Jubiläum, 50jähriges. Ein ungelöstes Problem wird 50. Es betrifft Licht, aber die Protagonisten sind nicht Lichttechniker. Ganz im Gegenteil, beinahe hätte ich es gelöst mit Hilfe eines Lichttechnikers. Er durfte aber nicht, er gehörte zur falschen Fraktion in seiner Firma und arbeitete für die Computernix. Dass das Problem heute noch existiert, hängt mit dem Gebrauch bzw. Missbrauch des Lichts zusammen. Die theoretische - leider halbe - Lösung hat der deutsche Gesetzgeber vorletztes Jahr präsentiert, allerdings nur für mobile Geräte mit Bildschirm. Die Rede ist von einem störungsfreien Bild auf dem Bildschirm. Das kennt jeder, der mal im Freien telefonieren wollte und dabei sich die richtige Adresse suchen musste. Noch besser ergeht es einem, wenn er in einer fremden Stadt sein Handy als Wegfinder benutzen will. Er muss, kann aber nicht, gut sehen.
Von dem Problem erfuhr ich präzise 1969, weil die Firma, zu der ich gehen wollte, den Computer als Zukunftsmarkt entdeckt hatte. Dummerweise meinten manche Benutzer, auf deren Bildschirmen sähe man zuweilen nix, weil sie spiegelten. Ein Kommilitone, der schon fertig war und bei der Firma angestellt, fragte mich, wie man die Spiegelfreiheit deichselt. Ich erzählte was von λ/4-Schichten, die ich gut kannte. Ich hatte sie bei der Firma Balzers in Liechtenstein kennengelernt, und vor allem, dass sie funktionierten.
Ja, die Firma gibt es immer noch. Und λ/4-Schichten kann man vielfach bewundern. Seit 1934 gibt es die Oberflächenvergütung gemäß Smakula, das war ein Ukrainer, der bei Zeiss Jena arbeitete. Später MIT Professor. Seit über 10 Jahren gibt es "Nanocoating" für alles mögliche. Und Bildschirme, die nahezu störungsfrei sind, kann man in jedem Mediashop kaufen. Wo ist das Problem? Übrigens, die Entspiegelung durch Nanostrukturen an der Oberfläche wird auch Mottenaugen-Effekt genannt. Ein gelöstes Problem 50 Jahre diskutieren, könnte man entsprechend Tomaten-auf-den-Augen-Effekt nennen. Ich will aber nicht so böse sein.
Ja. Wo ist das Problem? Es ist das liebe Geld. Denn wie man Bildschirme entspiegelt, war bereits bekannt, bevor die Computer Bildschirme bekamen. Die Sache kostet Geld, mal viel, mal viel mehr. Der normale Mensch wird keine Zweifel daran haben, dass alles irgendwie was kostet. Es kommt lediglich darauf an, ob sich die Ausgabe lohnt. Da sind wir beim richtigen Problem: Man kann einen Bildschirm - relativ - spiegelfrei betreiben a) indem man das Ding einfach entspiegelt oder alternativ b) in einem Raum einsetzt, in dem man die Lichter so einrichtet, dass sie sich nicht auf dem Bildschirm spiegeln. Da spiegelt sich nur noch der Benutzer. das macht aber nix, der kann schwarze Klamotten anziehen. (Kein Scherz: in DIN 5035-7:1988-09 ist unter Anforderungen an die Beleuchtung auch dies zu lesen: "Auch helle Oberbekleidung kann zu störenden Spiegelungen auf dem Bildschirm führen".) Was darf also eine Verbesserung der Sicht auf dem Bildschirm kosten?
Die dumme Frage richtete sich noch nicht an den Arbeitgeber, der die Sache bezahlen müsste, sondern zunächst an die Hersteller. So fragte ich einmal: Wie teuer kommt es, einen Bildschirm so zu bauen, dass er überall die gleiche Bildqualität hat? Ein Gremium von Herstellern hat da lange nachgedacht und kam mit der Antwort: 50% mehr. Das ist schon eine Hausnummer. Fragt sich 50% wovon? Damals kostete eine Tastatur 1.500 DM und das Piepen derselben musste mit einer Monatsmiete von 5,-- DM bezahlt werden. Das teuerste Terminal der Zeit kostete DM 75,000, ein übliches war immer für mehr als 5.000 DM zu haben. Also? 50% vom Terminal? Arbeitsplatz? Arbeitskosten? Oder … nein, es war 50% der Kosten für die Röhre. Und diese kostete den Hersteller schlappe 10,-- DM! Ergo: Der Hersteller kassiert für das ergonomische Piepen der Tastatur im Monat 5,-- DM und will nicht einmal 5,-- Peseten ausgeben für eine gute Lesbarkeit auf eine Lebensdauer von 8 Jahren (Abschreibung damals).
Den Spuk beendete damals ein Funktionär der Arbeitgeber der Versicherungswirtschaft, dem ich die Sache vorlegte und erklärte. Er kündigte die Freundschaft mit den Computerherstellern auf und schrieb deren Verband sinngemäß, er wolle keine sozialpolitischen Probleme in den Betrieben, die wegen Pienuts entstünden. Bis dato glaubten deutsche Arbeitgeber, die Hersteller von Computern wären ihre Freunde, die Gewerkschaften das Gegenteil davon, weil sie den Menschen suggeriert haben sollten, dass ihnen die Augen weh tun, wenn sie auf einem Bildschirm lesen sollten, den man auch zum Rasieren benutzen könnte.
Was macht so einer, wenn die Entspiegelung auch mal mehr als 5,-- DM pro Gerät kostet? Der schiebt die Sache auf einen anderen. Wer ist schuld, wenn sich Gegenstände auf dem Bildschirm spiegeln? Z.B. die Beleuchtung … (echt, ohne Beleuchtung gibt es keine Spiegelungen) oder die Gegenstände selbst (siehe die Sache mit der Kleidung). So schob der gute Computerhersteller die Schuld an den Spiegelungen an die Beleuchtung. Und einer fand die Sache sehr gut, der sowohl Hersteller von Bildschirmen war als auch von Leuchten (hier). Also sparte er sich die Kosten für die Entspiegelung von seinen Computerbildschirmen und verkaufte allen teure Leuchten, die die fehlende Entspiegelung wettmachen sollten. Und alle, alle kauften fleißig ein. Billiger wurden die Bildschirme aber nicht. Dumm nur, dass die Leuchten nicht so leuchteten, wie sie sollten und daher als Gefahr für die Gesundheit der Benutzer ausgewiesen wurden (hier). Und die Jünger, die an die biologische Wirkung von Beleuchtung glauben, haben genau das Gegenteil dieser Beleuchtung im Sinn. Für sie muss die gesamte Decke hell aufleuchten, damit sich ein Mensch gesund und wohl fühlt. (Ein böses Zitat verkneife ich mir. In dem Buch eines renommierten Lichtplaners steht geschrieben, dass die natürliche Lichtverteilung dunkel oben und hell unten sei. Das hat einer in das Buch geschmuggelt.)
Die Computerhersteller produzierten auch Normen mit genauen Angaben, wie einer zu sitzen hätte, um nicht von Spiegelungen betroffen zu sein. Und überhaupt … z.B. wie ein Arbeitgeber sein Büro auszustatten hätte, damit seine Mitarbeiter nicht geblendet würden. Übrigens, dass alles fand im Sinne des Büros statt. Zwar haben Arbeiter auch Probleme mit Bildschirmen. Die kommen aber nicht auf die Idee, einen zum Bundeskanzler zu schicken, wenn sie Augenbeschwerden haben oder nur fürchten. (Auch kein Scherz: 1976 musste der Bundeskanzler Schmidt einen Dauerstreik in der Druckbranche brachial zu Ende bringen, dessen Grund mögliche Augenbeschwerden bei Redakteuren war. Etwa 1994 zogen die Arbeitgeber der Rundfunkanstalten zu Bundeskanzler Kohl, damit er erklären lassen sollte, dass ihre Bildschirmarbeitsplätze keine Bildschirmarbeitsplätze sind. Die Fernsehanstalten wollten die kommende Bildschirmarbeitsverordnung nicht erfüllen (müssen)).
Da unsere Welt mittlerweile internationalisiert und auch globalisiert ist, wurde auch das Problem internationalisiert. Ein Ausschuss bei der International Standards Institution (ISO) schiente 2010 eine Norm auf, die darauf hinauslaufen sollte, dass nicht die spiegelnden Bildschirme schuld sind, sondern die Beleuchtung. Als ich den Entwurf als das bezeichnete, was er war, meschugge, wurde mir destruktive Kritik vorgeworfen. Das Papier wurde später verabschiedet und gilt als internationale Norm. Die Nummer gebe ich nicht an. Da käme womöglich einer auf die Idee, die zu kaufen (kostet nur 242,80 EUR als pdf, CHF 88,00 bei der ISO, zum Glück beides nur in Englisch). Für die 242,80 EUR bekommt man zwar keinen ganzen 4K-Monitor, echt ohne Spiegelungen. Man muss nur 77 EUR hinzutun. Wer auf 4K pfeift, kann 19Zöller ab 67 EUR (Straßenpreis) kaufen, also 3,62 Stück anstelle der Norm, die darlegt, warum die spiegeln müssen. Wer nur 3 Stück kauft, kann sich mit dem Rest Politur kaufen, damit seine Bildschirme endlich normgerecht spiegeln. Muss nur noch einen Tausender hinlegen, damit er eine Beleuchtung bekommt, die die Spiegelungen wegmacht. Nur am Abend … Für tagsüber muss man sich was anderes überlegen. Vielleicht umklappbare Leuchten, die die Sonne daran hindern, auf den Bildschirm zu scheinen?
Asphalt Cowboys und LED
Der kleine gemeine Ichling ist der Oberbegriff für eine Spezies, die auf dem Asphalt wächst und gedeiht. Eine Unterart davon, auch als Unart bezeichnet, ist der allgemein beliebte SUV-Fahrer. Dass der Asphalt eine lebensfeindliche schwarze Welt wäre, wurde oft behauptet. Das stimmt. Dass der Ichling dort prächtig gedeiht, widerlegt die Behauptung nicht. Ist eher eine Bestätigung.
Zu den diversen Gründen für die Beliebtheit des SUV-Fahrers gehört seine Gewohnheit, den knappen Parkraum großzügig für sein fahrbares Unterteil in Anspruch zu nehmen. Schuld daran sind die anderen, vor allem die Bauämter, die nur ungenügend breite Parkplätze markieren, die die Freiheit des SUV-Piloten arg einschränken. So muss sein Besitzer eben eineinhalb davon in Besitz nehmen. Während der SUV-Fahrer eher ein Ärgernis denn eine Gefahr darstellt, entwickelt sich der Ichling zu einer wahren Gefährdung, sobald er mehrere Tausender für sein Autolicht entbehren kann. 
Die Scheinwerfer für 7.500 Emmchen extra werden nicht von dem kleinen gemeinen Ichling eingesetzt. Die sind ihm zu teuer. Zudem sollen sie durch eine teure Kamera nebst Software so geregelt werden, dass sie den Gegner, Pardon, den Gegenverkehr, nicht blenden. Dazu hat der Hersteller so viel Hirnschmalz verarbeitet, dass die Scheinwerfer nicht eine Lichtverteilung haben, wie vom Gesetzgeber gefordert, sondern ein paar mehr:
Wozu man 966 Millionen Lichtverteilungen braucht, verrät der Bericht im Handelsblatt nicht (hier). Ich denke, die Ingenieure sollten bisschen von ihrer Lieblingsbeschäftigung abgelenkt werden, Software für Abgasmanipulation entwickeln. Das macht einen schlechten Ruf. Dann lieber die Kerle mit Zählen von Lichtverteilungen beschäftigen. Wozu braucht man aber so viele? Was soll ich dem kleinen Ichling erzählen, welche der 966 Millionen Lichtverteilungen er braucht? Jede Lichtverteilung kostet immerhin 7,76-6 Euro. 
Die Humanität der Technologie trieb mir dicke Tränen in die Augen. Die Ingenieure haben wirklich an alles gedacht.
Nicht ganz alles. Es fehlt noch eine Einrichtung zum Verbiegen der Lichtstrahlen, etwa hinter den Vordermann zu leuchten. Der kleine gemeine Ichling denkt nicht daran, schlappe 7.500 Euro für so ein Klimbim auszugeben, stammt doch sein Auto mit größter Wahrscheinlichkeit aus einem Bundesland mit einem Bergvolk als Stammpopulation, bei dem die ersten Gläser Weizen nicht gezählt werden. Erst ab drei, so ein einstiger Ministerpräsident. Und ein einstiger Minister hat mit seinem Dienstmercedes einen Rentner in seinem Töfftöff einfach aus der Autobahn weggefegt. Nicht nur das Auto mit den genialen Scheinwerfern, sondern auch der Verkehrsminister von Angela Merkel stammt aus dem Bundesland. Doch wieder zurück zu unserem "geladenen" Minister, der zunächst Generalsekretär seiner Partei war. Minister sollte er noch werden. Und was für einer! Der hatte laut Zeitung 1,99 Promille (hier), als er den Fiat 500 mit einem echten Daimler 380 SE wegbaggerte. Ein Toter, ein Schwerverletzter … was macht unser Staat mit so einem? Resozialisierung ist angesagt. Denn verminderte Schuldfähigkeit gilt erst ab 2,00 Promille. Zuerst plädierte sein Anwalt für eine Bewährungsstrafe: "Zuerst sprach nur Anwalt Stiefenhofer in seinem Plädoyer angesichts des schrottreifen, überladenen, 13 Jahre alten Fiat 500 von „ungeheurem Leichtsinn, einer Rücksichtslosigkeit“." Richtig so, was hat ein Rentner mit einem 13 Jahre alten Fiat 500 auf der Rennb… Pardon Autobahn verloren? Später gab sich auch das Gericht gnädig und sprach eine milde Bewährungsstrafe aus. Aber die Resozialisierung des Gefallenen erforderte weitere Schritte.
Unser - noch nicht - Minister wurde Geschäftsführer einer mit Steuern finanzierten Stiftung. Behielt hohe Parteiämter. Wurde Staatssekretär im Staatsministerium für Unterricht, Kultus, Wissenschaft und Kunst (sic!). Echt Kult, der Kerl. Da all dies zur Demonstration der Milde unseres Staates nicht ausreichte, wurde er schlappe 10 Jahre nach seiner tödlichen Alkoholfahrt … ja was? Staatsminister für Wirtschaft, Verkehr und Technologie! Hätte der noch zwei Weizen eingezogen, wäre er schuldunfähig. Und hätte damit auch Bundesinnenminister werden können wie einst sein Parteifreund Old Schwurhand. (Der hatte allerdings nur einen Meineid geschworen, war aber zum Zeitpunkt des Eides vermindert geistig leistungsfähig aufgrund einer Unterzuckerung. Unser Minister war eher überhopft.)
Was hat der Ichling aus dem Fall gelernt? Richtich, Autobahnen sind voller Idioten, die sich selbst gefährden. Aber nicht nur das. Der Dienst-Daimler war auch beschädigt. Ergo: Scheinwerfer kaufen, die so stark sind, dass sie den Vordermann wegbeamen können. Der Segen der Politik ist ihm sicher. Die Politik - bzw. unsere liebe Bundesregierung - scheint ziemlich unbeleckt von Problembewusstsein. Auf eine Anfrage von Abgeordneten (– Drucksache 17/2042 – ) antwortete die einst so:
Statement "Helle Scheinwerfer führen zwar zu einer verbesserten Sicht des Fahrers, andererseits kann für entgegenkommende Fahrzeughalter, Radfahrer, Motorradfahrer und Fußgänger durch Blendung die Sehfähigkeit vermindert werden. Dies kann zu gefährlichen Situationen und Unfällen führen." (mehr dazu hier). Und unsere Regierung?: "Wissenschaftliche Erkenntnisse oder Forschungsberichte zur Blendung durch Tagfahrleuchten mit Leuchtdioden sind der Bundesregierung nicht bekannt. "
Etwas muss ihr schon bekannt sein, denn die nächste Frage hat sie fachmännisch (bzw- frauisch) beantwortet:
"2. Wie bewertet es die Bundesregierung, dass sich zunehmend Verkehrsteilnehmer durch starke Lichteinwirkung von Leuchtdioden geblendet fühlen und dadurch im Straßenverkehr verunsichert werden?" Antwort: "In der Wissenschaft wird unterschieden zwischen physiologischer und psychologischer Blendung. Die physiologische Blendung setzt die Sehleistung des Auges herab. Bei der psychologischen Blendung wird eine Blendungserhöhung empfunden, die nicht messbar und individuell verschieden ist. Verkehrsteilnehmer können sich geblendet fühlen, ohne dass dies zu einer verringerten Sehleistung führt. Die Unannehmlichkeit der psychologischen Blendung für Einzelne führt jedoch zu einem früheren „Gesehen werden“ von Fahrzeugen mit Tagfahrleuchten und damit zur Erhöhung der Verkehrssicherheit. " Langsam zum Mitschreiben: Uns ist es sch..egal, wie sich andere fühlen. Der Autofahrer will früher gesehen werden. Und das erhöht die Verkehrssicherheit. Von wem eigentlich? Wie man sieht, wird der kleine gemeine Ichling bestens geschützt, damit er auf dem Asphalt gedeihen kann.
Wenn Ihnen also einer entgegen kommt, der Sie blendet, und in unseren Tagen vermehren die Blender schneller als Karnickel, will er nur gesehen werden. Die Technologie ist, wie alle Technologien, völlig unschuldig und steht im Dienste des Nutzers. Im Neusprech: Technologie ist human centric. Ob man den kleinen gemeinen Ichling als human bezeichnen darf?
Wie dem auch sei, human centric heißt auch, dass ein auf eigene Sicherheit achtender Bürger immer einen Putzlappen bei sich führt. Die saubere Windschutzscheibe erhöht die Sicht dramatisch. Je nach Tester mal mehr, mal weniger. Vielleicht hat man in den Tests unterschiedliche Putzlappen benutzt. Man merke: Nicht der Blender ist schuld, sondern der rücksichtslose Fahrer mit der verschmutzten Windschutzscheibe. Obwohl … beim Heckfenster ist Dreck gut, wenn der Blender von hinten kommt.
Bleibende Androhung: Diese Blogbeiträge werden so lange fortgesetzt, bis die Bedrohung des öffentlichen Verkehrs durch unsinnige Autobeleuchtung abgeschafft wird. Ab und an mal werde ich auch über blendende Fahrräder berichten. Der kleine gemeine Ichling fährt nämlich nicht nur teure Autos.
Warum LED-Licht im Stadion UV braucht


Es ist Jahre her, dass eine Zeitung berichtete, Borussia Dortmund plane ein Rasensolarium: "Mit dem UV-Licht aus der Anlage würde der Rasen, der durch die hohen Tribünen und das Stadiondach zu wenig natürliches Licht erhält, im ganzen Jahr wachsen und hätte durchgehend hohe Qualität." Der FC Bayern würde den Rasen so zum rasenden Wachstum animieren.
Die Idee mit dem Solarium hat wohl Kinder gekriegt. Jetzt wird die Allianz-Arena auch während des Spiels in ein Solarium verwandelt. Der Grund: "Zusätzlich zu den 296 neuen LED-Flutlichtstrahlern mussten auf der Westseite weitere 39 UV-Lampen installiert werden. Dies wurde vorgenommen, da in den neuen LED Leuchten, anders wie bei den alten Halogen-Metalldampflampen, keinerlei UV-Licht vorhanden ist. Dieses UV-Licht ist aber für die TV-Übertragung und die Darstellung der LED-Werbebanden von Nöten." (Quelle hier). Bei den Presseinformationen von einst (hier) konnte man zwar tolle Vorstellungen finden, aber nix von UV: "„Mit der neuen Beleuchtung von Philips werden Besucher und Fernsehzuschauer schon beim ersten Außenanblick der Arena die volle Emotion und Dynamik des Spiels erleben“, freut sich Karl-Heinz Rummenigge, Vorstandsvorsitzender des FC Bayern. Vorstandsmitglied Andreas Jung ergänzt: „Der FC Bayern begrüßt mit Philips den Global Player für Stadienbeleuchtung im Team. Gemeinsam spielen wir auf Sieg im Wettbewerb um die attraktivste Arena der Welt“. (Anm.: Die Presseinformation scheint von ewiger Bedeutung zu sein, sie trägt kein Datum.)
Nun, ja! Die Sache mit dem Solarium passt zum Lieferanten, der sich so präsentiert: "Royal Philips (NYSE: PHG, AEX: PHIA), mit Hauptsitz in den Niederlanden, ist ein Unternehmen, das auf Gesundheit und Wohlbefinden ausgerichtet ist." Bekanntlich war Solarium im Römischen Reich eine Heilstätte mit dem Sonnenlicht. Ob man die teuerste Mannschaft von Deutschland zusammen mit der (fast) zahlungskräftigsten Zuschauerschaft mit UV bestrahlen darf, damit die Werbebanden besser funktionieren? Dass die Sache für irgend jemanden gesund ist, kann ich mir gut vorstellen. Leider weniger gut, wer dieser Jemand sein sollte.
Beim Fernsehen bin ich bereit, Zugeständnisse zu machen. Fernsehen ist sehr wichtig, sagen mir alle Fernsehleute. Dummerweise wüsste ich gerne, warum. Denn UV-Licht ist gar kein Licht und wird deswegen Schwarzlicht genannt. Ein Widerspruch in sich. Warum man für das Fernsehen Stadien in Solarien verwandeln muss? Vielleicht brauchen die neuerdings Weißmacher. UV-Licht ist von Nöten. (Ist nicht von mir.)
Weg mit den Traditionen
Soeben verkündete das Fernsehen Unglaubliches: Die LED bläst einer Uralt-Tradition das Licht aus. Sie ist ein schlappes Jahrtausend alt: erstes friedliches Feuerwerk in China. Das Schießpulver aus dem Orient ist Mutter oder Vater aller Kanonen der Welt. Nu ist es aus mit der Herrlichkeit. Das Jahr des Hundes wurde nicht wie jedes chinesische Jahr mit Böllern und Kanonenschlag willkommen geheißen. Wg. der Luftverschmutzung. Dafür gab es herrliche Lichtspiele, mit LED, was denn sonst?
Wer von Lichtverschmutzung redet, muss ab heute den Sieg über die Luftverschmutzung feiern. Kein Scherz, ich liebe Feuerwerk, vor allem das über Berlin. Vom Teufelsberg aus sieht man wie auf etwa 900 km2 Welt Millionen von Raketen pfeifen und ballern. Wunderschön! Danach beseitigt die Stadtreinigung etwa drei Tage lang die sterblichen Reste des Feuerwerks. Wenn Schnee liegt, dauert es auch mal Wochen. Mit der Luftverschmutzung ist es nicht schlimm. Die ist nach nur einem Tag in Sachsen. Danach widmen wir uns wieder dem Feinstaub aus den Diesel-Auspuffen oder sind es Auspüffe?
Übrigens. Nächstes Jahr ist das vom Schwein. Da darf man über die Schweine schimpfen, die uns das Ganze eingebrockt haben. Das Jahr des Hundes hat, wie soeben berichtet, mit einer Rekordjagd der Autoindustrie angefangen. Kann es sein, dass es unser innerer Schweinehund ist, der uns unsere Welt zerstört?
Gelegenheit verpasst - Immer noch mit falschen Werten unterwegs
Wenn wir schon beim Aschermittwoch und versäumten Erkenntnissen für die Lichttechnik sind, hier ein weiteres Beispiel. Der skizzierte Inhalt ist in Licht, dem Organ der Deutschen Lichttechnischen Gesellschaft, erschienen. Und zwar vor mehr als 40 Jahren.
Was zu lernen war: Bei der Beleuchtung eines Fußballstadions wird die Leuchtdichte des Rasens nicht durch die Horizontalbeleuchtungsstärke Eh bestimmt. Ein viel besseres Maß sind die vertikalen.
Was bereits bekannt war: Unter Flutlicht sieht ein Rasen wie ein gestreifter Teppich aus. Die Streifen haben eine unterschiedliche Leuchtdichte. Grund: Schnittrichtung des Rasenmähers. Nach wie vor.
Bedeutung: wie die von der Leuchtdichte: Grundgröße, die die Sehleistung beeinflusst oder bestimmt. Im Falle von Sportstätten auch die Güte der Fernsehaufnahmen (sollte im Rahmen der angeführten Arbeit untersucht werden). Der Kontrast des Balls wird über die Leuchtdichte des Rasens berechnet.
Methode: Die Leuchtdichte, die die Kamera an einem Punkt sieht, wird simultan zur Beleuchtungsstärke von der Kameraposition aus gemessen. Wenn diese die einzig bestimmende Größe für die Leuchtdichte ist, sind die Werte proportional. Dann sind sie vollständig korreliert. Die Güte der Übereinstimmung kann mit R2 (Quadrat des Korrelationskoeffizienten) berechnet werden. Die zur gleichen Zeit gemessenen Vertikalbeleuchtungsstärken werden mit in die Berechnung einbezogen, um zu sehen, ob die zusätzlichen Größen die Güte verbessern.
Die Messung zeigte, was man auch hätte sich angesichts der Gestaltung der Beleuchtungsanlage (vier Masten jenseits der beleuchteten Fläche) und der Reflexionseigenschaften von feuchtem Rasen (nachts ist der Rasen immer etwas feucht) auch so vorstellen können: Die Horizontalbeleuchtungsstärke ist eine fiktive Größe, die die Messwerte der Leuchtdichte nur unwesentlich bestimmt. In anderen Worten: Sie sagt so gut wie nichts aus. Wichtiger sind die vertikal gemessenen Werte, weil der Rasen nie so reflektiert hat wie das Büropapier, das dummerweise jeder im Hinterkopf hat, wenn er von Beleuchtungsstärke spricht.
Und so sehen die Anforderungen anno 2018 aus (hier):
Wenn das keine präzisen Angaben sind! Die U17-EM wie die U19-EM dürfen unter 800 lx abgehalten werden. Bei der U21-EM müssen es schon 1.400 lx sein. Ach ja, ältere Leute brauchen mehr Licht. Frauenfußball darf unterbelichtet ablaufen (EM Frauen 1.000 lx, EM des starken Geschlechts 1.400 lx.). UEFA Pokal braucht weniger Licht als die Champions League. Vermutlich wieder so eine altersabhängige Regelung? Ich denke eher, da spielen die Loser. Recht so - weniger Licht bzw. unterbelichtet.
Und wo bitte schön? In 1,5 Meter Höhe. Horizontal? Vertikal? Sch... egal?
Nicht doch! Es kommt noch besser. Der deutsche Fußballbund hat gelernt. (Dazu muss angemerkt werden, dass der schon vor 1972 ausdrücklich Vertikalbeleuchtungsstärken gefordert hatte, weil das Fernsehen das so wollte. Allerdings halt nur für die Stadien der WM 1974). Nach dem DFB müssen die Stadien ihrer Kategorie entsprechend Beleuchtungsstärken in Richtung der Kamera liefern.
Das ist eine tolle Idee. Denn Kameras wie menschliche Augen "sehen" Leuchtdichten. Die Beleuchtungsstärke an einem Punkt ist ein irgendwie gemittelter Mittelwert des Lichts, das die Flächen im Gesichtsfeld an diesen Punkt schicken. Wie dumm, dass Ev von -90º bis +90º alles erfasst, die Kamera aber nicht. Zum Glück nicht. Denn sie wäre häufig geblendet. Dafür sind es die Zuschauer, deren Augen wie bei der Messung von Ev funktionieren, die Geblendeten. Das macht aber nix.
Für das Spielfeld sind wieder Ev´s gefordert. Das hört sich gut an: "Die Flutlichtanlage der Stadien der Bundesliga und 2. Bundesliga muss eine Mindestbeleuchtungsstärke von 800 Ix (Ev.), gemessen auf einer Höhe von 1,5 m über dem Spielfeld, aufweisen." Fehlt nur die Ebene, in der man misst. Das macht aber auch nix. Haben wir doch eine "Vorschrift" zur Beleuchtung beim Arbeitsschutz, wo die Ebene auch nicht genannt wird. Muss halt nur vertikal sein.
Aber halt. Es muss nicht immer vertikal sein. Es geht auch horizontal. Die Regionalliga darf - oder muss? - unter 400 lx spielen (E-hor). Wenn man zu Geld gekommen ist, dass ein neues Licht aufgehen darf, wird der DFB strenger: Er fordert rigoros "Bei Neuanlagen muss das Stadion mit einer Flutlichtanlage mit einer Beleuchtungsstärke von im Mittelwert E-hor 500 lx, geeignet für den Spielbetrieb und einer Beleuchtungsstärke von im Mittelwert E-Cam 800 lx bei Gleichmäßigkeiten von Min/Mittel 0,6 und Min/Max 0,4 fernsehtauglich mit einer Ersatzstromversorgung bei Live-Übertragungen ausgestattet sein." (Was E-Cam oder Min/Mittel und so bedeuten, geht Sie nichts an. Das muss der Clubchef verstehen, dessen Mannschaft in die Regionalliga aufsteigt. Wenn er nur Bahnhof versteht, ist er doof.)
Wie war das mit der über 40 Jahre alten Erkenntnis? Die horizontale Beleuchtungsstärke Eh sagt nicht viel über das Ergebnis der Beleuchtung aus, die da Leuchtdichte heißt. Auch wenn sie neuerdings E-hor heißt.
Eigentlich ist die Sache viel schlimmer. Denn über einem Spielfeld, in 1,5 Meter Höhe, sieht der Ball gar nicht wie ein Ball aus, wenn eine Beleuchtung nach der - auch sonst nichtssagenden - Horizontalbeleuchtungsstärke optimiert wird. Mit dem ist es wie mit dem Mond, mal ist er voll, mal leer, je nachdem, wo die Sonne steht. Hier zwei Erscheinungen, die man nur am Äquator sehen kann. Die weiteren zeigen den Mond vom Nordpol und Südpol aus gesehen. Leider sieht der Ball nicht so heimelig aus. Ansonsten kann der Ball jede Form annehmen, ist aber immer kleiner als in gut beleuchtetem Zustand. Am schlimmsten sieht er für den Torwart bei einer Bogenlampe aus: nämlich gar nicht. Wenn der Ball in hohem Bogen Richtung Tor eiert, sieht der Torwart nichts, weil er in die Scheinwerfer blickt und der Ball von oben beleuchtet ist. Wenn überhaupt. Denn es ist nicht gesagt, dass in den Höhen, wo der Ball fliegt überhaupt Licht ist, wenn der fliegt. Warum das so ist, kann man hier lesen. Als bei der Olympiade 1972 Sportfotografen im hellsten Stadion der Welt zuweilen schwarze Fotos schossen, fragten sie sich, wie denn das passieren kann. Vielleicht passiert in dem neuen Stadion von Bayern München noch mehr. Denn die dort jetzt installierten LED-Strahler sind viel bessere Kandidaten für Flimmern und Flackern als die alten Halogenmetalldampflampen. Und die funktionieren allein nicht mal richtig, man musste UV-Leuchten installieren, damit die Bandenwerbung prima sichtbar wird. Na, so was! (Mehr später)
Der hier behandelte Sachverhalt ist mir nicht zufällig eingefallen. Dahinter steckt das Problem eines Torwarts, der nach der Erneuerung der Beleuchtung seines Stadions plötzlich nichts mehr sah, obwohl viel mehr Licht installiert wurde. Wenn der wüsste, dass ich seine Empfindungen seit 1971 kenne. Die hatte mir Sepp Maier erklärt, nachdem er das erste Mal im Münchner Olympiastadion gespielt hatte. Das nenne ich nachhaltig. Man muss nicht nur unfähig sein, Probleme zu lösen, deren Lösung klar beschrieben worden ist. Man muss auch jegliche Einsicht vermissen lassen. 