Früher, lang lang ist´s her, sagten die Mütter den Kindern, die unter der Bettdecke zu lesen versuchten, sie sollen schlafen oder das Licht anmachen. Sonst würden sie sich die Augen verderben. Dann kamen die weisen Augenärzte und erzählten, das wäre Unsinn. Durch schlechtes Licht könne man ermüden, aber die Augen nie und nimmer verderben. Worauf deren Weisheit beruhte, versuchte ich in den Jahren 1977 bis 1979 festzustellen, weil es um die sog. Bildschirm-Myopie ging. Kurzsichtigkeit also, nicht eine angeborene, sondern um eine erworbene.
Darunter versteht - der Laie - eine durch die Computernutzung verursachte Kurzsichtigkeit. Behauptet hatte dies zum ersten Mal ein Professor aus Österreich namens Haider. Da er dummerweise noch etwas anderes behauptet hatte, was sich auf natürliche Weise als Unsinn entlarven ließ, wurden seine Behauptungen in den Wind geschlagen. Beides beruhte auf Untersuchungen von ganz frühen Computerbenutzern in Wien, die naturgemäß IBM-Terminals bedienten - was sonst? -, deren Schutzpatron, eben die gleichnamige Firma, sich das nicht gefallen ließ. Sie ließ die Sache von ihren Ergonomen untersuchen, die das Problem in die Märchenwelt verwiesen. (Hier wäre der Witz von Otto über die Verschmutzung des Rheins durch die toten Fische, nachgewiesen durch einen Gutachter einer Firma aus Leverkusen, vollkommen unangemessen.)
Langsam zum Mitschreiben: Wenn man am Bildschirm arbeitet, sieht man anschließend die Welt röter als sie ist. Sagte Prof. Haider. Seine Probanden hatten den Schnee im Alpenland etwas rosa gesehen. Da die Arbeitsumstände zu einer rosanen Sicht der Umwelt kaum beitragen könnten, müsste es, so Prof. Haider, eine Folge der Bildschirmnutzung sein. War es auch. Die Leute guckten sich den ganzen Tag grüne Zeichen auf dem Monitor an und adaptierten so ihren Farbsinn. Klar! Nach einer Viertelstunde Pause sieht die Welt wieder so grau aus, wie sie ist. Die Bürowelt ist immer grau. Da ist kein Platz für Rosa. Der Auftraggeber der Studie, eine österreichische Gewerkschaft, hatte nix gegen Grau, sondern nur gegen Rosa nach einer Bildschirmsession.
Die zweite Behauptung, und um diese geht es heute, war die Kurzsichtigkeit. Ich musste der Sache beruflich nachgehen und ließ mir von jedem als wichtig angesehenen Ophthalmologen in Europa einen Termin geben. Am Ende der Odyssee… Entwarnung! Niemand hatte eine solche Wirkung angenommen. Zwar waren die Leiden der einstigen Weißnäherinnen bekannt. Die wurden aber auf die große Helligkeit des Arbeitsgut, weiße Wäsche, geschoben. Man konnte sich allenfalls darauf einigen, dass lang andauernde Naharbeit die Augen temporär myopisieren täte. Will heißen, tut nicht weh, nach einer Weile Ruhe ist es vorbei.
Ich hatte allerdings eigene Daten, die mir niemand hätte ausreden können. So befand sich unter den Profifußballern der Bundesliga kein einziger, der kurzsichtig wäre. Ich hatte immerhin 70% aller damaligen Spieler erfasst, Kaiser und Meyer Sepp eingeschlossen. Kein Wunder, denn man wird in jungen Jahren als Fußballtalent entdeckt, so man Talent hat. Mit Brille beim Talentschuppen aufgenommen zu werden, wäre eher ein Wunder, vom Arzt Kontaktlinsen verschrieben zu bekommen, wäre wohl ein größeres. In krassem Gegensatz standen die Zahlen von jungen Studenten, die zu etwa 50% kurzsichtig waren. Ich hatte dazu ca. 300 befragt, die zu einem Versuch in die Uni gekommen waren. Hingegen waren von ca. 1.000 Zuschauern im Fußballstadion gerade mal 40% überhaupt Brillenträger, viele mit Altersweitsichtigkeit. Später befragte ich ca. 2.000 Menschen, die am Computer arbeiteten. Je nach Berufsgruppe waren 50% bis 70% Brillenträger, die meisten aber eher weitsichtig.
Also mit der Kurzsichtigkeit war wohl Essig? So kann man es leider nicht sagen. Denn damals hatten die Menschen eine Wahl, falls sie Augenbeschwerden am Bildschirm bekamen. Man konnte sich einen anderen Beruf aussuchen. Heute kann man nicht einmal mehr im Privatleben ohne einen Bildschirm auskommen. Wer es nicht glaubt, gucke sich mal in der U-Bahn oder im Bus rum! Werden wir nu weitsichtig, wie meine Zahlen vermuten ließen? Oder haben meine Zahlen mit den Studenten eine Aussagekraft?
Wie dem auch sei. Die Frage der Kurzsichtigkeit und die Nutzung von elektronischen Monitoren beschäftigt viel mehr Leute als einst. Warum sollen die Kids, die vom Daddeln einen kaputten Daumen holen (echt), so nebenbei auch noch kurzsichtig werden? Damit beschäftigt sich die Zeitschrift LUX vom 26. März. Sie gibt Vorstellungen von dem Forscher Richard Hobday wieder, der behauptet, dass die Beleuchtung von den Schulen die Kinder kurzsichtig macht. (Zu lesen hier.) Die Ärztezeitung hatte das Thema aber schon vor 10 Jahren behandelt (zu lesen hier). Die Überschrift "Der PC ebnet der Kurzsichtigkeit den Weg". Andere folgten später, so z.B. Focus mit "Risiko am Bildschirm - PC macht kurzsichtig". Das waren nur wenige Stunden später, noch im Mai 2005. Da liest man auch, dass fast zwei Drittel der Deutschen Brillenträger seien. Im Jahr 2013 warnte der britische Chirurg David Allamby vor Smartphones, die kurzsichtig machen (hier). Da darf RTL nicht fehlen, so hieß es beim Gesundheitsmagazin vom 19.09.1914: "Kurzsichtigkeit: Wegen Smartphone und Co. immer mehr Menschen betroffen" (da).
Das ist kein kleiner Volksaufstand gegen die einstige Expertenmeinung. eher ein großer … Entweder haben wir eine Volkskrankheit im Anmarsch oder vielleicht schon am Hals oder der Presse muss man neue Brillen verpassen. Was machen aber unsere Politiker? Kurzsichtig durch Simsen?
Die Lichtdesigner nehmen einen weiteren Anlauf, ihren Berufsstand in organisierte Bahnen zu lenken. Zwölf Gründungsmitglieder, bestehend aus Lichtdesignern und Professoren haben in Dezember 2014 FILD gegründet. Zwei der Gründungsmitglieder gehörten zu den Gründungsmitgliedern der ELDA (European Lighting Designers´ Association) in 1994. Diese ging später in Professional Lighting Designers' Association (PLDA) auf.
Den Gerüchten zufolge waren zwei andere Gründungsmitglieder der ELDA in 1994 maßgeblich daran beteiligt, dass die PLDA Anfang Januar 2014 einen Insolvenzantrag stellen musste. (mehr hier oder da). Am Vorabend der Messe Light & Building ließen dann einige Mitglieder Kerzen im Main schwimmen, auf dass eine neue Zukunft anbahne.
Wie sich der neue Verband entwickelt und welche Beziehungen zu dem Internationalen Verbands für Lichtdesigner (International Association of Lighting Designers, IALD) entstehen werden, ist noch abzuwarten. Seinerzeit waren IALD die Verpflechtungen nicht genehm, die letztlich zum Exitus von PLDA geführt haben.
Ein Verband für Lichtdesigner ist kein Verband wie tausend andere, sondern eine Option auf die Zukunft der Beleuchtung. Insbesondere in Deutschland sehen neue Gebäude zu mehr als 90 % keinen qualifizierten Lichtplaner. Selbst bei Gebäuden, deren Erstellungskosten so hoch liegen, dass man sich zum Aufschreiben noch ein paar Nullen extra besorgen muss, kann man erleben, dass der Planer nicht einmal die richtigen Lampen ausgesucht haben kann. Oder Heinzelmännchen bauen absichtlich falsche ein. Die Misere fängt schon beim Kopf an, bei dem des Bauherrn, in dem kein Platz für die Planung von Licht vorhanden ist, ich meine für die Kosten. Dies von Grund auf zu ändern, kann nur ein mächtiger Verband, der das Berufsbild prägt und dessen Fähigkeiten unter Beweis stellt. Die PLDA war dabei. Nun soll es FILD richten.
Viel Glück!
Gutes Timing … ist wichtig, sagt die Chronobiologie und meint den Zeitpunkt der Lichtexposition. Warum ich gerade heute daran denke, muss man nicht mühsam erraten. Heute ist der Tag, an dem die Chronobiologen verzweifeln, weil die Politik die Uhren vordreht. Im Herbst schreiben sie noch einmal, dass sie die Sommerzeit unsinnig finden.
Ich liebe die Sommerzeit, weil die Tage viel länger sind, vor allem die Abende. Während sich die Chronobiologen an den wechselnden Zeiteinstellungen abarbeiten, redet kaum jemand über die noch tiefer gehende Festlegung der Zeiten in Europa. Ich denke, die Sache thematisiert nur ein Chronobiologe. Es geht um die MEZ, mitteleuropäische Zeit. Sie ist ein Geschenk der Eisenbahn. Vor ihrer Erfindung durfte jeder Ort seine Zeit haben. Wenn die Sonne ihren Scheitel am Himmel erreicht, ist Mittag, vielmehr war Mittag. Erst hat man das GMT erfunden, Greenwich Mean Time, danach fügte sich fast ganz Europa in die gleiche Zeitleiste, eben MEZ.
Was soll da falsch sein? Die Sonnenzeit! Sie bestimmt, wann Kühe Milch geben, sich Gräser aufrichten, Hähne krähen … Geht das den Stadtmenschen etwas an? Die Chronobiologie sagt ja. Stadtmenschen sind wie Bauern eben Menschen, sie leben aber gegen den Rhythmus ihres Körpers, den eigentlich die Sonne vorgeben darf. Wenn aber in einem geografischen Raum, in der sich die "echte" Zeit, die Sonnenzeit um drei Stunden unterscheiden kann (vom östlichsten Punkt mit MEZ zum westlichsten), lebt ein Teil von ihnen garantiert mit einer erheblichen Zeitverschiebung. Nennt sich "soziales Jetlag".
Heute fand ich einen schönen Artikel von Elmar Peschke, der sich nicht wie die meisten auf Melatonin stürzt, sondern sich mit der Insulinausschüttung auseinandersetzt. Diese erfolgt antagonistisch zu Melatonin, will heißen, je mehr Melatonin desto weniger Insulin u.u. Wer also versucht, in den Tagesverlauf der Melatoninausschüttung einzugreifen, greift automatisch auch in den Insulinhaushalt. (s. Elmar Pesche Ein jegliches hat seine Zeit.)
Wer möchte im Alter nur noch Schatten sehen? Dumme Frage, wer will das schon! Es will bestimmt auch niemand, dass er nach einer Session an seinem Computer nicht mehr richtig einschlafen kann. Warum benutzen sie dann Monitore, deren Licht in die Physiologie des Körpers eingreift?
Seit einige Zeit weiß man, dass blaues Licht den Grad an Wachheit erhöht. Zur falschen Zeit verabreicht, tut es noch Schlimmeres. Es gibt Firmen, die ihren Mitarbeitern eine Dusche in Blau morgens vor der Arbeit verabreichen. Schulkinder will man mit blauem Licht intelligenter machen, mit rötlichem eher ruihigstellen. Ein Fraunhofer Institut hat ein Display patentieren lassen, das einem die Körperzeit ein oder zwei Stunden verstellt. Z.B. heute Nacht, wenn die Sommerzeit beginnt.
Super Idee! Der Hersteller des Monitors, auf dem ich gerade diesen Text schreibe, meint aber, er müsse mich schützen. Er hat eiine "Low Blue Light"-Technologie implementiert.
Ernst beiseite: Die Sache mit dem Schattensehen heißt bei Fachleuten AMD (altersbedingte Makuladegeneration) bzw. neuerdings nur noch MD, weil auch jüngere Leute davon betroffen sein können. Sie wird von blauem Licht gefördert. Man vermutet, dass die Generation "Neonlicht", also die Menschengeneration, die ihr gesamtes Arbeitsleben unter Leuchtstofflampenlicht verbracht hat, viel häufiger von AMD betroffen ist.
Nicht minder schlimm ist der Eingriff in das Tagesgeschehen des Körpers: Die Ausschüttung des Hormons Melatonin wird nachweislich durch blaues Licht verringert bzw. verhindert. Die denkbaren Auswirkungen reichen vom schlechteren Schlaf bis hin zur Bildung von Krebsgeschwüren auf lange Sicht.
Was hat das mit der Technologie von Computermonitoren zu tun? Viel. Diese werden sehr häufig mit einer Farbtemperatur von 9300 K betrieben. Gegenüber eine Glühlampe (ca. 2900 K) und Lampen, die man in Experimenten benutzt hat (ca. 5500 K, 8000 K), um Blaulichteffekte zu erzeugen, bedeutet das eine Potenzierung des Blauanteils im Licht. Während die Alten durch die Vergilbung ihrer Augenmedien etwas geschützt sind, sind jüngere Menschen mit klareren Augenmedien voll offen für das Blau.
Giftiges Licht ist nicht etwa das Gegenstück zum "frisches" Licht, das man neuerdings sogar nach Norm zu sich nehmen kann, um sich schlagartig wohl zu fühlen. Das frische Licht verabreicht man nach öffentlichen Aussagen eines Professors für Psychiatrie z.B. Schülern wie ein Espresso - und die sind gleich, pronto oder gar prontamente, wieder auf dem Damm. Der Mann muss eine Menge von seinen Patienten gelernt haben. Das "giftige" Licht hingegen ist eine Sorge der Sehphysiologen, eine Lichtexposition könne sich toxisch auf die Sehorgane, z.B. auf die Netzhaut auswirken.
Was macht ein Forscher für den Gegenstand seiner Fürsorgepflicht? Er forscht. Ich denke, über die Schädlichkeit von Leuchtstofflampenlicht so etwa seit der Erfindung dieser Lampe. Da man nicht ewig warten kann, dass eine schädliche Subtanz ihre schädlichen Wirkungen entfaltet, gibt man der Substanz eine kleine Entwicklungshilfe und erhöht die Dosis. Zudem darf man mit Menschen nicht experimentieren, als Forscher jedenfalls nicht, so nimmt man menschenähnliche Geschöpfe, Affen oder Schweine. Die letzteren Tiere werden in der Allgemeinheit nur mit Menschen in Verbindung gebracht, wenn es sich um Gemeinheiten handelt. So nimmt der auf Wirkung bedachte Forscher leider Affen.
Ein solcher Forscher hat diesbezügliche Symptome bei Makaken experimentell erzeugt, Schäden am Auge durch Licht der Leuchtsstofflampe. Der Fachmann spricht, wie gesagt, von toxischen Wirkungen. Der Laie würde sagen, das Auge werde geschädigt. Der Autor behauptet nun, seine Versuchsanordnung wäre entsprechend der Umgebung von üblichen Büromenschen aufgebaut gewesen, um die früheren Behauptungen zur Toxizität des Licht nunmehr unter realistischen Bedingungen zu überprüfen. Denn schädliche Lichtwirkungen produzieren kann man gewiss. Diesbezügliche Methoden haben doch schon die alten Inka gekannt, die ihre Häftlinge bis zum Hals in den Wüstensand gebuddelt haben sollen, damit sie in der prallen Sonne langsam erblindeten. Dass Gift nicht die Substanz ist, sondern die Dosis, hatte bereits Paracelcus gesagt. Dennoch: Droht so etwas jetzt den Schützlingen einer Berufsgenossenschaft, die viel Wert auf viel Licht legt?
Glücklicherweise wohl nicht. Denn die Versuchsanordnung des Forschers hatte mit einem üblichen Büro nur die Art der benutzten Lampen gemein, Leuchtstofflampen. Ansonsten waren die armen Äffchen in einer Art Leuchtkasten eingesperrt, der ihnen, bzw. ihren Augen, als Erholung nur einen Blick auf die dunkle Rückseite des Käfigs bot. Allerdings hieß bei dem Forscher dunkel etwa 300 cd/m2. Die anderen Seiten waren etwas heller, so um 3.000 cd/m2. Die hätte man beinah gehabt, als Ende der 1960er Jahre die Lichttechnik versuchte, den hellen Tag nachzuahmen.
Wir sind wieder mal davongekommen.