Wie alt ist unser Wissen zu Beleuchtung?
15.03.2024
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Dumme Frage. Es kann nicht so alt sein, da wir noch viel zu wissen haben, was die LED angeht. Und was dazu schon bekannt ist, ist nagelneu – meistens. So denkt man überhaupt in der Technik. Man redet und diskutiert das Neueste und vergisst, dass das Gesetz von der Hebelwirkung von Archimedes stammt. So etwa aus dem Jahr 230 v-Chr. und aus einem Land, das wir mit der Mafia in Verbindung sehen. Kulinarisch Gebildete denken eher an die Zitrone, die aus unerfindlichen Gründen nur dort so aromatisch gezüchtet wurde, auf Sizilien.
Ich bin über eine Information im Baunetz zu einer Beleuchtung gestolpert, die ich sehr gut kenne. Zu ihrer Durchsetzung in der Praxis habe ich viel beigetragen. Aber nicht durch Überreden der Benutzer, sie sei ach so schön. Ich habe lediglich das Erlebte von Menschen erfasst und verbreitet. Die Rede ist von der Indirektbeleuchtung, über die ich heute diese Information gefunden habe (illustriert mit dem Bild rechts):
"Ein möglicher Nachteil liegt in der verminderte Schattenbildung, die zu einer verunklärten Raumwahrnehmung führen kann." (sic!)
Bitte das Bild und den Text abgleichen: Verminderte Schattenbildung führt zu einer verunklärten Raumwahrnehmung! Text und Bild passen gut zusammen - wie Faust aufs Auge.
Kommt mir bekannt vor. Ich kramte in meinem Gedächtnis und im Bücherregal. Es dauerte nicht lange, bis die Quelle der Weisheit gefunden wurde:Eine Passage aus dem Buch von Prof. Erwin Hartmann "Optimale Beleuchtung am Arbeitsplatz" erklärt also, warum man nichts mit der Indirekbeleuchtung anfangen kann. Da geht das räumliche Sehen vollkommen verloren.. Das Buch war 1977 erschienen und so erfolgreich, dass die Bayrische Regierung Hartmann beauftragte, eine offizielle Studie dazu anzufertigen. Diese ist 1982 auf amtlichem Papier erschienen (Studie „Beleuchtung am Arbeitsplatz“ des Bayrischen Staatministeriums für Arbeit und Sozialordnung)
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War das wirklich die Quelle? Hat das der selige Professor Hartmann selbst ermittelt? Kann er nicht. Denn die vollkommen indirekte Beleuchtung kann in der Praxis niemand erzeugen. Der einzige Ort der Welt, wo es so etwas gibt, ist eine Ulbrichtsche Kugel. Sie ist komplett weiß angestrichen und wird für eine Messung immer geschlossen. Da das Licht auch dann nicht immer vollkommen gestreut ist, gibt es in jeder Ulbrichtschen Kugel eine Glanzfalle.
Wie kommt aber Hartmann dazu, zu behaupten, dass das räumliche Sehen vollkommen verloren geht? Er meint, weil alles Licht auschließlich durch einfache oder mehrfache Reflexion erzeugt wird. Oh je, das Licht wird durch die Wände erzeugt. Ein Professor für Sehphysiologie erzählt, dass das Licht erstens vollkommen gestreut sei und zweitens durch die Wände erzeugt.
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Warum die Lichttechnik dem Herrn trotzdem immer glauben wollte, erzähle ich ein andermal. Es lag daran, dass man seine Weisheiten scheibchenweise zitiert oder übernommen hat. Die nicht passenden Stellen wurden gefliessentlich übersehen. Das ist aber eine andere Geschichte.
Bleiben wir dabei. Ein Professor schreibt in einem Buch zur optimalen Beleuchtung für Arbeitsplätze, dass eine Beleuchtungsart so unwirtschaftlich sei. Abgesehen davon, dass sich Wissenschaftler besser vom Thema Wirtschaftlichkeit fern halten sollten, muss Hartmann einen Grund dafür haben. Ich kannte ihn gut, und er gehörte nicht gerade zu den Dümmsten. Das Gegenteil war der Fall.
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Bei der Suche fand ich ein Dokument, das die Sache aufklärt. Es steht nicht in der Bibel, die im Kapitel Genesis mit Licht anfängt. Aber nichts geringeres als das. Es steht im CIE Wörterbuch der Lichttechnik. Da liest man, indirekte Beleuchtung mit Leuchten erzeugt wird, deren Licht zu 0% bis maximal 10% die Nutzebene erreicht.(sic!) Da dies wohl kaum jemand glauben wird, habe ich den Passus in Faximile eingefügt. Falsch ist die Definition nicht, nur missverständlich. Alle 100 % des Lichtstroms, der auf der Nutzebene ankommt, stammt aus der Leuchte. Es kommt nur auf Umwegen dort an.Es fehlen hier zwei Dinge. Das eine ist, dass die 0% bis 10% den Anteil meinen, der direkt die Nutzebene trifft. Das zweite ist, dass die Nutzebene nicht der einzige Ort in einem Raum ist, der beleuchtet werden will. Baut einer Scheinwerfer, ist die Definition vollkommen in Ordnung. Alles Licht, das nicht das Ziel trifft, ist verloren. Es kann sogar schädlich sein, weil das Verlorene – Streulicht – dem Feind verrät, wo die Flak sitzt. Also: Alles Licht, was nicht in die Nutzebene fällt, ist verloren! Und das ist unwirtschaftlich. Wenn man sich in einen Raum setzt, wo die Beleuchtung nur die Nutzebene trifft, erkennt man schon nach Minuten, was das für ein Unsinn ist. Die Denke wäre richtig, wenn man für die Sehaufgabe eine andere Beleuchtung hätte als für den Raum. So etwas gibt es, z.B. in Opernhallen oder an Arbeitspätzen mit diffizilen Sehaufgaben. Üblicherweise redet der Lichttechniker bei Arbeitsstätten von einer Sehaufgabe, weil er nur eine Beleuchtung hat.
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Seit wann diese Definition besteht, kann ich nicht mehr feststellen. Mein Exemplar ist von 1987. Mein wichtigstes Standardwerk zu “Licht und Beleuchtung – Theorie und Praxis der Beleuchtungstechnik” von H.-J- Hentschel aus dem Jahre 1972 kennt nicht einmal das Wort indirekt, Beleuchtung schon gar nicht. Dazu muss man wissen, dass Hentschel nicht nur der Leiter des Siemens-Leuchtenwerks war, sondern auch der Obmann vom Fachnormenausschuss Licht, als dieser die Beleuchtungsnormen für Deutschland schrieb. Seine Firma war die Nummer 1 der Branche. Und kannte Indirektbeleuchtung nicht!
Und die Nummer 2? Das war damals die AEG. Sie versuchte, in der Nutzebene 4000 lx zu erreichen. Also geht das nicht mit der Indirektbeleuchtung? Aber nicht doch! In deren Labor in Hameln habe ich die Testanlage gesehen. Da war der Himmel voller Leuchten, und zwar Direktleuchten. Wenn man aber eine Decke voller direktstrahlender Leuchten erstellt, wirkt diese wie eine Indirektbeleuchtung, wenn sie gleichmäßig hell ist. Ihre Leuchtdichte ist - gleichmäßig - gering. Vielleicht deswegen hat die AEG Lichttechnik nicht viel über die Indirektbeleuchtung geschrieben oder hinterlassen. Ich kenne aber leuchtende Decken in alten Kraftwerkwarten, die die AEG erstellt hatte. Sie wirken fast wie Indirektbeleuchtung. Oder ganz. Also kann die AEG nicht die Quelle des Unsinns sein. Ich denke, diese ist schlicht die Leuchtenklassifikation nach der Schwerkraft. Nach einem ungeschriebenen Gesetz fällt alles Licht von der Decke schnurstracks auf den Tisch, bzw. den Teppich daneben. Genau 85 cm über dem Teppich befindet sich die unsichtbare Arbeitsebene. Leuchten, die oben an der Decke angeschraubt sind, schicken alles Licht in diese. Wenn man sie um 180º dreht und irgendwo weiter unten befestigt, heißen sie indirekt und werden plötzlich unwirtschaftlich. Ganz so geheuer ist mir die Erklärung nicht.
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Also weiter zurück kramen in der Geschichte der Lichttechnik, um die Quelle zu finden, wo die Weisheit über den wichtigsten Mangel herkommt. Warum die unwirtschaftlich sein soll, hatte Hartman ja schon erläutert. Wände sind beim Erzeugen von Licht nicht allzu effektiv. Scherz bei Seite, was ist denn wirtschaftlich? Vor allem an dem Faktor Wirtschaftlichkeit erkennt man, dass es sich um eine hohle Phrase handelt. Denn Wirtschaftlichkeit bedeutet im Allgemeinen „Übereinstimmung mit dem Prinzip, mit den gegebenen Mitteln den größtmöglichen Ertrag zu erwirtschaften oder für einen bestimmten Ertrag die geringstmöglichen Mittel einzusetzen”. Das bedeutet, dass man die Wirtschaftlichkeit einer Beleuchtung nur in Verbindung mit der Erfüllung der Aufgaben bestimmen kann.
Da die Pundits der Lichtwissenschaft das Wort Wirtschaftlichkeit nie im Sinne des Begriffs Wirtschaftlichkeit benutzen, kann man alle diesbezüglichen Phrasen in die Tonne treten. Keine einzige Beleuchtung ist wirtschaftlich, wenn man sie für sich betrachtet. Sie ist nicht einmal teuer oder billig. Jeder Pfennig, den man überflüssigerweise ausgibt, ist einer zu viel. Ohne eine Sehaufgabe sind das alles Aufwendungen. Für ein Unternehmen ist etwas wirtschaftlich, wenn der monetäre Nutzen die Kosten in einem angemessenen Zeitraum wieder einbringt. Egal wie teuer es auch sein mag.
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Ich musste sehr weit in der Geschichte zurückblättern, um an die vermutlich wahre, Quelle der Denke über die Indirektbeleuchtung zu gelangen. Sie könnte dies sein: Leffingwell, W.H.: Office Management Principles and Practice, A.W. Shaw Company, Chicago New York, 1927. Darin beschreibt er, dass es drei Arten Beleuchtung gibt:
• Direktbeleuchtung
• Direkt-/Indirektbeleuchtung und
• Indirektbeleuchtung
Leffingwell schreibt, dass die Direktbeleuchtung nicht nur den geringsten Stromverbrauch hätte, sondern auch die höchste Beleuchtungsstärke bei geringstem Stromverbrauch. Sie würde aber Blendung und Reflexionen verursachen. Komplett indirekte Beleuchtung zeichnet sich laut Leffingwell durch eine Blendfreiheit aus. Das Licht wird gut gestreut und entspricht in dieser Hinsicht Tageslicht. Dennoch plädiert Leffingwell für eine "semi-indirect lighting". Sie würde nicht so scharfe Schatten produzieren. Denn die "komplett indirekte" Beleuchtung würde stark an mangelnder Pflege leiden (Verschmutzung). Es wäre aber kein Problem, dies zu bewerkstelligen, weil die nur wenig koste. Dasselbe mit anderen Worten habe ich als Student in der Lichttechnik Vorlesung gehört, später bei der Diskussion des Wartungsfaktors mit Fachleuten, noch später bei der Normung von Beleuchtung …
Nicht nur bei der Indirektbeleuchtung haben wir es mit uralten Erzählungen zu tun, die auch durch seriöse Wissenschaftler am Leben erhalten wurden. Das Erbe der 1920er und der 1930er Jahre bestimmt viel von unserem wissen über Licht von heute.
"Ein möglicher Nachteil liegt in der verminderte Schattenbildung, die zu einer verunklärten Raumwahrnehmung führen kann." (sic!)
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[…] Betrachtungen zum Alter unserer Denke bezüglich der Indirektbeleuchtung (hier) haben zwei Dinge offen gelassen. Die erste Frage wurde nicht gestellt: Ist es ein Problem, wenn […]