Kann Licht frisch sein?
Kann Licht frisch sein? Keine Ahnung. Es steht aber in einem deutschen Standard. Muss also richtig sein. Denn nichts, was in einer Deutschen Norm steht darf falsch sein. Hier sieht man es. Das gesamte Bild zeige ich lieber nicht, gehört nicht zur Sache. Die Frage ist, kann Licht frisch sein?
Wie bei allen Fragen, bei denen man die Antwort nicht kennt, arbeite ich mich voran nach der Ausschlussmethode. Hatte ich neulich gelernt bei „Wer weiß denn sowas?“, wo man Dinge lernt, die niemand braucht. Z.B. dass ein gewisser Abdul Latif Jandali die Welt der Kommunikation revolutioniert hätte. Abkömmling eines Syrers. Weder seine Eltern noch die Eltern der Mutter des Kindes, eine Deutsch-Schweizerin, wollten dass die beiden heiraten. So wuchs Klein Abdul bei einer Familie Jobs auf und hieß deswegen Steve.
Die Methode geht so: man schließt die Optionen aus, die nicht sein können. Also fangen wir an: Kann Licht abgestanden sein? Wäre wahr, wenn Licht nicht frisch sein kann. Kann aber nicht sein, weil Licht so flink ist, dass es keine Zeit hat, abgestanden herumzustehen. Nicht einmal auf schönsten Gesichtern und Körpern darf es weilen und muss ständig fort. Nur Malern und Fotografen gelingt es, das Licht einzufrieren. Dieses Verbrechen gelang am feinsten einer Vater-Sohn-Gang. Vater Lyonel schaffte es mit dem Pinsel. Dem Sohn Andreas Bernhard Lyonel Feininger war dies zu langsam. Er knipste lieber. Von ihm stammen viele Fotos, die das Magazin LIFE zu einer Institution machten. Seine Bilder sind Klassiker, seine Fachbücher auch.
Zurück zur Realität? Was ist frisch am Licht? Weiß ich immer noch nicht. Aber wenn ich mir gut gelungene LED-Beleuchtungen angucke, denke ich immer wieder an das Bild: frisches Licht. Dagegen sehen Beleuchtungen mit Leuchtstofflampen echt von Gestern aus. Mufflig …
Auch die Blendung, über die ich mich häufig aufrege, ist von anderer Qualität. Ich sah neulich Werbung für eine neue Leuchte einer bekannten Firma, die man sofort verbieten müsste, weil die garantiert die „Vorschriften“ zur Begrenzung der Blendung verletzt. An einem Arbeitsplatz mit Bildschirm dürfte sie nie eingesetzt werden. Sie leuchtet mit 3.000 cd/m2 in der Richtung, wo Leuchten nur 200 cd/m2 abgeben dürfen, damit man auf den Bildschirmen Daten und nicht Leuchten leuchten sieht. Und? Ich schätze mal, die Leute werden sie mögen.
Irgendwas ist falsch. Ich denke, am Konzept der Blendung. Als die LiTG 100 wurde, proklamierte ein Professor für Lichttechnik, man müsse Blendung neu überdenken. Das war 2012. Ich selbst hatte vor dem Kongress der CIE dargelegt, was denn falsch sei (*). Das war 1975. Da die Weisheit paar Jahre zuvor erarbeitet worden war, sind es 40 Jahre nichts tun bei einem Grundkonzept – gewesen. Auch heute wüsste ich gerne, wie man Blendung bewerten soll. Die gültigen Vorstellungen sind ca. 80 Jahre alt, das Ziel, künstliche Beleuchtung darf nicht blenden, hatte gar ein Großer proklamiert, bevor er das elektrische Licht erfand. Der große Meister, der als Erfinder gilt, war in Wirklichkeit ein Entwickler, der allerdings seine Ideen auch selber entwickelte. Er hatte sich vorgenommen, ein Licht zu entwickeln, das so billig sein würde, dass sich nur Reiche Kerzenlicht leisten konnten. Das ist erreicht. Und es sollte nicht blenden. Ob das erreicht ist, wissen wir erst, wenn wir wissen, wie man Blendung beurteilt.
Mit der LED ist der Zeitpunkt schon längst da, an dem man wissen müsste, was Blendung eigentlich ist. Vielleicht wissen das manche – und erzählen nicht weiter.
*Çakir, A., (1975). Die Anwendung der Faktorenanalyse auf das Problem der psychologischen Blendung. Proceedings of the CIE Session in London (Session P-75-66) 1975.