Die Suche nach Artikeln über Flimmern von LED hat mich schnurstracks in die Vergangenheit geführt, die eigentlich als glorreich bezeichnet werden müsste. Man stelle sich vor, Olympia kommt nach Deutschland zurück, d.h. nach München, und man darf als Student bei der Planung mitmischen. Es gab nicht nur ein Sack voll Geld (leider kein Olympiagold) und die Bekanntschaft eines der besten Architekten der Welt (Behnisch). Dazu durfte ich den Mann kennenlernen, der Maracana beleuchtet hatte (Estádio do Maracanã). Und Osram machte ihr Bestes - sie entwickelte eine Super-Lampe, die den Schmach von Mexico-Stadt 1968 tilgen sollte. Dort hatte die Journaille geklagt, die Läufer wären immer rot angelaufen, wie sie in den Schatten des Tribünendachs gelaufen waren. Also: Erst einmal weg mit dem Tribünendach. Was von ihm noch übrig blieb, um Schatten zu werfen, wurde aufgehellt. Und das auch mitten am Tag. Das mit dem Tribünendach hatte Udo Fischer ausgedacht, der unablässig nach Absatzmärkten für Plexiglas - in seinen Worten Acrylglas - suchte. Leider warf das transparente Dach immer noch Schatten. Daher die Aufhellung. (Böse Anmerkung: Transparent ist immer relativ.)
Da das Geld sehr locker saß - beim Dach war am Ende das Honorar des Architekten höher als die geplanten Baukosten insgesamt - wurde auch die Beleuchtung sonst reichlich geplant. Während die üblichen Stadien ziemlich duster aussahen mit ein paar hundert Lux, sollten hier gleich 1.500 und das vertikal geplant werden. Am Ende - so glaube ich - hatte man lässig 3.800 lx horizontal. Da konnte das Fernsehen nicht klagen, dass die Aufnahmen wegen der Beleuchtung daneben gegangen sein sollen. Bei der Herstellerfirma ging das Gerücht herum, dass man sich die Luxe da aus dem Stadion holen möge, so einem welche fehlen. Und wie, bitte schön, hatten viele Pressefotografen bei so viel Licht z.T. schwarze Aufnahmen auf ihren Filmen? "flicker became patently obvious during the 1972 Olympic Games when photographers discovered that many of their pictures were pitch black" (mehr dazu hier)
Flimmern bei Olympia 1972? Was war da los? Wer außer den Fotografen hat was gemerkt? Mir hat es der Sepp Meyer erzählt, den ich später befragen sollte. Doch vorher merkten es andere. Bei Testspielen flog der Ball sehr komisch, als wäre er mal hier mal etwas weiter, aber zwischendurch in Nirwana. Man sah ihn kaum. Für Sepp Meyer war das die Potenzierung der Bogenlampe - das ist der blödeste Ball, den ein Torwart abbekommen kann. Meistens muss er anschließend hinter sich greifen. Durch falsches Licht wird er noch blöder. (mehr dazu hier) War vorher die Flugbahn schlecht abzuschätzen, wird er durch das Licht teilweise auch unsichtbar.
Was macht das Licht dabei? Es kommt aus Hunderten von Scheinwerfern, die allesamt mit Wechselspannung betrieben werden. D.h., das Licht ist zeitlich nicht konstant. Das merkt man nicht, wenn man sich ein Stück Rasen anschaut. Anders wenn ein Ball quer zu den Strahlen fliegt. Da kommt er auch durch Stellen, an denen das Licht gerade aus ist. Zwar nur für kurze Zeit, aber immerhin. Auch die Super-Lampe in dem Scheinwerfer macht kein homogenes Licht. Sie ist eine Entladungslampe, deren Licht nicht überall und immer gleich ist. Die Bogenlampe fliegt also durch ein inhomogenes und zeitlich veränderliches Lichtfeld, das von einem Lichtbogen in der Lampe erzeugt wird.
Wenn also Sportfotografen extrem schnelle Kameras eingesetzt hatten, trafen sie auch mal die Dunkelphase des Scheinwerfers, der genau das Objekt beleuchtete. So ähnlich geht es mit LED, die mit Wechselstrom betrieben werden. Es hilft nix, auf Dauer müssen alle Hersteller entweder auf Gleichstrom umsteigen oder auf sehr hohe Frequenzen gehen. Tolle Idee? Sie ist älter als der Durchschnitt der heute lebenden Lichtplaner.
Dieses Bild vom letzten Blog hat mir angetan. Denn nicht alles darauf sieht aus wie in Natura. (Was die Gewerbeaufsicht zu dem Fluchtweg sagt, der durch einen bewaffneten Ritter versperrt ist, kann ich leider in gutem Deutsch schlecht schreiben.) Die Farben auf der Ritterrüstung sahen tatsächlich so aus, und die Leuchtflecke sind auch scharf (z.B. am Armgelenk). Hingegen wird niemand verstehen wollen, dass jemand seinen Raum mit Lila-Schmiere schmückt (Wand oberhalb der Täfelung). Tut auch niemand. An der oberen Kante der Täfelung ist unsichtbar eine LED-Kette installiert, die so ziemlich pink leuchtet. Im Bild fängt die beleuchtete Fläche weiß an, in Natura ist die pink. Die Schmiere in lila gibt es überhaupt nicht. Wo kommt die eigentlich her?
Die entsteht durch das Zusammenwirken zweier zeitabhängiger Techniken (Kamera und Lichtquelle) in Tateinheit, d.h. man beleuchtet ein Objekt mit einer zeitlich veränderlichen Beleuchtung und das Objekt wird mit einer anderen zeitlich veränderlichen Technik aufgenommen. Ergebnis: Mal lila, mal nicht. Kann jeder Physiker mit Hilfe der Wellentheorie erklären. Ähhhhm! Von wem werden eigentlich neue Leuchtmittel erfunden oder entwickelt? Nicht mehr von Edison - i.d.R. sind es Physiker. Wissen die denn nichts von Flimmern und Welligkeit? (s. hier über die Entstehung einer Beleuchtung, die niemand mag) Natürlich wissen die das. Nur: Physiker machen keine Beleuchtung.
Wer die macht? Das kann man kurzweilig hier lesen oder leidvoll selbst erleben, wenn man in einem Betrieb eine Beleuchtung in Auftrag geben will. Ist man gesetzestreu, guckt man erst in den Vorschriften nach und wird fündig: ASR 3.4 "Beleuchtung". Wenn man die dem Lichtplaner in die Hand drückt, schüttelt er ungläubig den Kopf. Danach kann man nicht planen. Wieso? Das haben die Leute selbst festgestellt, die die "Vorschrift" geschrieben haben. Also? Während man sein Hirn martert, um eine neue Quelle der Weisheit zu erschließen, kommt der Energiesparer daher. Der hat die Oberhand, seit die EU die Energieeffizienz von Gebäuden ganz oben auf der Agenda platziert hat. Ob man nach dessen Vorstellungen planen kann, weiß ich nicht, aber das interessiert hier nicht. Es geht um den lila-Saum, den die LED fabriziert. Auf jeden Fall wird der Energieeffizienzbeauftragte sagen, man müsse eine Regelung vorsehen, die nach Verlauf des Tageslichts die Beleuchtung regelt. Hört sich gut an.
So ne Regelung kostet Geld. Wenn sie gut sein soll, richtig Geld. Da Arbeitgeber in der Regel oder häufig Wirtschaftsunternehmen führen, machen sie eine Wirtschaftlichkeitsberechnung auf. Die Hersteller von Leuchten - selber welche - wissen das natürlich und versuchen, wirtschaftliche Leuchten zu bauen. Also: Der Effizienzexperte sagt, LED ist effizient, der Energiesparer sagt, Regeln und Sparen, und der Beschaffer des Unternehmens sagt, preiswert, meint aber billig.
So kommen LED mit Eigenschaften, die Kameras wie Augen irritieren, in Büros aber auch an Autos (s. hier). Wen ich noch nicht hinreichend irritieren konnte, möge hier lesen, z.B. um die neue Geisel - Flimmern - kennenzulernen. Wer es lustiger mag, kann sich auf der Facebookseite des Autors tummeln (Flimmernd statt prickelnd). weniger lustig indes ist das, was die LED mit der Fluchtwegbeschilderung macht. Denn seit Ewigkeiten wird ähnlich wie hier angeführt (aus ASR 3.4) verlangt, dass "Durch Auswahl der Lampen und Leuchten ist sicherzustellen, dass Sicherheitszeichen und Sicherheitsfarben als solche erkennbar sind".
(Wen die Flimmerei auf dieser Seite stört, möge mir verzeihen. Die Absicht ist, fühlbar zu machen, was Flimmern aus einem macht. Tipp für den, der dennoch lesen will: Nach einer Studie unterzeichnet von zwei Professoren stört das Flimmern von LED bei Tageslicht nicht so stark. Wozu man LED bei Tageslicht benötigt, werden die Herren bei ihrem nächsten Forschungsbericht erklären.
Gestern Nacht guckte ich PlusMinus im Fernsehen. Das Thema hatte ich in diesem Blog mehrfach angeführt: LED an Fahrzeugen, blendet bereits bei Sonnenschein. Die Sendung beschäftigte sich aber mit dem Nachtsehen. Drei Professoren, die sich mit dem Thema beschäftigen, gaben ihre Meinung zum Besten, warum die LED blenden.
Dabei ist das Thema beileibe nicht neu und wurde einst einwandfrei beurteilt. Bereits in meinen Schulbüchern stand, dass die Autoscheinwerfer nicht stark sein dürfen, weil sie den Gegenverkehr blenden. Man könnte mit polarisiertem Licht arbeiten und so die Lichtstärke verdoppeln. Dazu müssten alle anderen Autofahrer mit Polarisationsbrillen ausgestattet werden. Ein Fest für die Firma Polaroid, das zu deren Bedauern ausblieb.
Warum redet man jetzt wieder darüber, wenn alles so schön geklärt war? Weil LED kein übliches Leuchtmittel ist. Normalerweise hat man ein Leuchtmittel (z.B. eine Halogenlampe), das sein Licht in die Welt streut. Dann baut man einen Reflektor drumherum, der das Licht dorthin lenkt, wo es hin soll. Ist das Ergebnis eng gebündelt, spricht man von einem Scheinwerfer. Leider gibt es unbotmäßige Strahlen, die nicht verstehen wollen, wo sie hin sollen. Das ist das Streulicht, das jeder Scheinwerfer außerhalb seines Lichtkegels wirft. Man nennt ihre Wirkung Blendung. Und die ist nach der StVO begrenzt. Übrigens in Europa strenger als in den USA. Jeder Lieferant von Autoscheinwerfern betreibt eine mehr oder weniger aufwändige Messeinrichtung, die entsprechenden Daten zu messen. Heißt Gonio-Photometer. Und ist sehr teuer.
Leider stimmen die Daten nicht mehr, weil sie bewusst oder unbewusst auf übliche Leuchtmittel zugeschnitten waren. Und das nicht erst seit dem Erscheinen der LED auf dem Markt, sondern bereits bei den Entladungslampen (Dränglerlicht). Sie blendeten allerdings nur nachts. Welche Daten sind es, die nicht mehr stimmen? Dummerweise sind es nicht Lampendaten, sondern die Basis der Bewertung. Sie beruht nämlich auf der Lichtstärke, das ist die Größe, die das teure Goniophotometer misst. Egal wie teuer und präzise das Messinstrument - das Ergebnis ist für die Tonne, wenn das Gemessene das zu Messende nicht trifft.
Uff! Was soll das wieder heißen? Das: Licht soll nachts dazu dienen, die Sicherheit des Straßenverkehrs im Allgemeinen, und die der beiden Fahrer, die sich entgegen kommen, zu gewährleisten. Die Lichtstärke des Scheinwerfers des entgegenkommenden Fahrzeugs zu begrenzen heißt, die direkte Blendung des Gegenverkehrs zu mindern. Damit wird aber der Nutzen für den Fahrer des Fahrzeugs ebenso beschränkt, der den Scheinwerfer betreibt. Es ist also ein Kompromiss - und der wurde zu Lasten des Gegenverkehrs aufgekündigt. Allerdings nicht illegal, denn man misst immer noch die zulässige Lichtstärke.Die Messung ist präzise, gesetzmäßig und die Messeinrichtung imponierend. Leider misst sie nicht die Ursache der Blendung und der damit verbundenen Gefährdung. Die Messung erfolgt am stehenden Auto, die Blendung wird durch die Nickbewegungen dessen erzeugt. Zudem ist nicht ganz Deutschland so eben wie Berlin. Die Autos, die einem entgegen kommen, kommen einem nicht im gleichen Winkel entgegen.
Dummerweise sagt die Messung nicht nur deswegen immer weniger aus. Denn man kann eine bestimmte Lichtstärke durch eine große Fläche erzeugen, die relativ schwach leuchtet, oder durch eine kleine und sehr helle. Eben das sind die neuen Scheinwerfer, kleiner und viel, viel heller. Die Blendung, die stört, heißt psychologische Blendung, und wird bei der Kfz-Beleuchtung überhaupt nicht erfasst. Was erfasst wird, ist die "physiologische", so genannt, weil man sie auch an toten Augen messen kann (Anm.: Kein Scherz, der Nachweis wurde mit Augen von Ochsen geführt, die täglich frisch vom Schlachthof abgeholt wurden.) Nun weiß man mittlerweile, dass diese Trennung zwischen psychologisch und physiologisch auch in die Tonne gehört. Die hatte man einst eingeführt, weil man das eine begründen konnte (mittels Augen toter Ochsen) und das andere nicht (tote Ochsen kann man nicht stören). Zum 100. Geburtstag der Lichttechnischen Gesellschaft von Deutschland hatte einer der in PlusMinus auftretenden Professoren dargelegt, dass man nach 100 Jahren Forschung eigentlich recht wenig weiß.
Man muss dazu berücksichtigen, dass die Kunst der künstlichen Beleuchtung in diesen 100 Jahren das Leben auf dem Planeten grundlegend verändert hat - vom Schlafzimmer bis zum Arbeitsplatz, vom Bergwerk bis in die Disco. Was weiß man denn wenig?
Recht wenig wissen betrifft die Blendung. Hingegen weiß man, dass Blendung eigentlich eine Beschönigung der Sache ist. Fährt mir jemand mit starken Scheinwerfern entgegen, werde ich nicht nur geblendet. Die Wirkung meiner eigenen Scheinwerfer wird herabgesetzt, weil die anderen das Helligkeitsniveu hochsetzen. Ist der Störer endlich vorbei, falle ich ins dunkle Loch und muss mich eine Weile erholen. Das hat nichts mit der Blendung zu tun, jedenfalls nicht mit dem, was man Blendung nennt. Fachleute kennen dies und haben auch diverse Artikel veröffentlicht und Vorstöße gemacht. Der Gesetzgeber blieb aber recht stur, was man ihm nicht verübeln sollte. Denn das Thema heißt Kompromiss - und jeder Zweite ist Kandidat für Geblendet-Werden, während die anderen die Blender sind. Und die Rollen werden bei jeder Fahrt mehrfach getauscht.
Was sich mit LED geändert hat, hängt mit ihren Eigenschaften zu tun: Kleine Abmessungen, wenig Streulicht = weiter reichende Scheinwerfer bei Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben. Gleichzeitig: Drastisch mehr psychologische Blendung, die aber niemand erfasst. Wenig beachtet wird auch der Wettstreit der Lichter: Ein Gegenstand, den mir meine Scheinwerfer zeigen, kann plötzlich verschwinden, wenn ein starkes Licht von der Gegenseite kommt. Beim Wettstreit zwischen der Straßenbeleuchtung und der Kfz-Beleuchtung, sind die Verhältnisse bekannt und entsprechend berücksichtigt worden. Nicht bei ungleichen Kfz-Lichtern.
Noch viel schlimmer, weil schlechter zu regeln, sieht die Sache mit den Rück- und Bremslichtern aus. Die sind mittlerweile so stark, dass sie nachfolgende Autos fast wegbeamen können. In der guten alten Zeit hat man die Helligkeit der Rücklichter begrenzt, und man durfte die starken nur bei Nebel und außerhalb geschlossener Ortschaften einsetzen. Heute kann man mit den Schlussleuchten fast schlafende Nachbarn wecken.
Richtig dumm sieht die Sache mit den Bremslichtern aus. Denn deren Aufgabe ist zu blenden, damit der schlafende Nachfahrer geweckt wird. Und zwar notfalls unsanft. Wie unsanft? Weiß man nicht. Was man weiß, ist dass sie rot sein müssen. Weil ein Autohersteller einst das nicht glaubte, Volkswagen, ließ er erforschen, ob nicht grün besser wäre. Tatsache: grün ist heller bei gleicher Lampenleistung. Ergo: Ab in die Tonne mit der Forschungsarbeit. Denn es kommt nicht auf die Helligkeit an sondern auf die Erregung der Aufmerksamkeit. Also rot! Die Helligkeit, die einst fehlte, bringt die LED. Mein Auto! Pflügt vorne die Dunkelheit weg und bremst hinten alle Nachfolger ab!
Summa summarum: Wir haben mit einer schweren Gefährdung des Verkehrs zu tun, deren Ursachen die derzeitige gesetzliche Praxis nicht erfasst. Die erfasst nicht einmal die wahre Ursache der Störung des Sehens. Die Gefährdung ist asymmetrisch gelagert, d.h. diejenigen, die die recht teuren Scheinwerfer leisten, blenden andere, und gefährden sich selbst höchstens mittelbar. Daher meine Bezeichnung Egoistenlicht.
Dieser Beitrag handelt nicht von LED - Tagfahrlichtern, die bereits bei Sonnenschein blenden. Es geht eher um etwas Tiefergreifendes. Darf man eine Lichtquelle, die dauernd an- und ausgeht, an Autos bauen, die unbegrenzt schnell fahren dürfen? Derzeit tut man es.
Die Sache mit dem An- und Ausgehen ist natürlich bildhaft gemeint. LED sind sehr schnelle Bauelemente, die man für Signalübertagung in Glasfasernetzen benutzt. Dort müssen sie sogar an- und ausgehen, und das viele Milliarden Mal in jeder Sekunde. Dumm nur, wenn dies in etwa den Frequenzen erfolgt, bei denen das menschliche Auge Leuchtdichteänderungen deutlich oder weniger deutlich wahrnimmt. Betreibt man eine Lichtquelle mit einer höheren Frequenz, als diejenige, bei der eine Wahrnehmung des Auges möglich ist, sagt man, die sei flimmerfrei. Jedenfalls nimmt man die Flackerei nicht mehr bewusst wahr. Man redet auch nicht mehr von Flackerei, sondern von Flimmerfreiheit.
So weit, so gut. In den Zeiten, als die LED noch ihr Dasein als Anzeigelämpchen fristete, fühlten sich viele vom Flimmern von Leuchtstofflampen gestört. Und Techniker sagten, das sei nicht möglich, weil die Lampen mit 100 Hz betrieben würden und die FVF, so nennt man die Frequenz, ab der das menschliche Auges kein Flimmern mehr empfindet, Flimmerverschmelzungfrequenz, läge so bei 47 Hz. Einem gewissen Wissenschaftler (Wilkins) ist es doch mit einer geschickten Untersuchungsstrategie gelungen, die Techniker zu überführen. Nach seiner Studie aus den 1980er Jahren kann man etwa die Hälfte der Kopfschmerzen, die die Menschen beider Arbeit erleiden, mit einer höheren Frequenz der Lampen beseitigen. Oder mit gar keiner Frequenz - die Lampen werden mit Gleichstrom betrieben. Von 47 Hz redet heute keiner mehr, eher von einem Mehrfachen davon. Monitore mit 47 Hz wären der Tod der Game-Industrie.
Dumm nur, dass die höhere Frequenz Geld kostet. Daher hat sich die Erkenntnis nur langsam durchgesetzt. Das ist bei LED nicht anders. Muss man was tun? Oder sind die LED jenseits von Gut und Böse auf der sicheren Seite? Damit beschäftigt sich die Autoindustrie, von der u.a. folgende Studie kommt: "Physiologische Effekte bei PWM-gesteuerter LED-Beleuchtung im Automobil" (ausgeführt von Forschungsstelle: Technische Universität Darmstadt Fachgebiet Lichttechnik). Die Studie wird hier nicht kommentiert, weil sie aus vielen Literaturkommentaren und drei Experimenten besteht, sodass eine kurze Kommentierung irreführend sein kann. Unten ist das Inhaltsverzeichnis wieder gegeben. Der Volltext ist hier zu finden.
Die Studien befassen sich hauptsächlich mit dem sog. Perlschnureffekt, der den meisten neu sein dürfte. Im Internet ziehen aber viele seit etwa 10 Jahren dagegen zu Felde. Diesen Effekt beschreibt das Institut für Elektromechanische Konstruktionen so: "Als Perlschnureffekt bezeichnet man eine optische Täuschung verursacht durch eine rasche Augenbewegungen auf eine gepulst betriebene Lichtquelle hin bzw. von dieser weg. Aufgrund der Trägheit der Rezeptoren im Auge führt es zum mehrfachen Erscheinen der Lichtquelle, zum Beispiel PWM-gedimmte LED-Verkehrstafel oder LED-Autorückleuchten. Je nach Pulsfrequenz kann dieser Effekt auch dann auftreten, wenn beim direkten Betrachten kein Flimmern wahrnehmbar ist, was zu Irritationen führen kann."
Das Entscheidende hier ist die Bezeichnung "optische Täuschung", womit man fast immer Dinge bezeichnet, die jeder so und nicht anders sieht. Wieso denn Täuschung? In Wirklichkeit geht es um eine Störung der Wahrnehmung. Wie man damit umgeht, weiß man nicht wirklich, was man daran erkennen kann, dass fast alle Menschen glauben, beim Kinofilm würde man Bewegungen sehen, wenn Einzelbilder so schnell dargeboten werden, dass das Auge dem nicht folgen kann. Ehe man ein Bild sieht, ist schon das nächste da. Das ist eine plausible Erklärung, die stimmen könnte, wenn die Physiologie alles wäre. Ein Zauberer hingegen wird einen eines Besseren belehren. Es geht eher um Psychologie. Sieht man ein Objekt zuerst hier, und dann einige Zentimeter weiter, denkt man automatisch, es hätte sich bewegt. So machen es die Zauberer und alle Menschen sehen, was sie nicht sehen. Nur mit Kleinkindern funktioniert es nicht, weil sie noch nicht gelernt haben. (Anm.: Während die Kinoindustrie länger als ein Jahrhundert prächtig mit dem Irrtum gelebt und verdient hat, ist den 3D-Fernsehmachern kein Erfolg beschieden. Die irren sich nämlich so, dass jeder den Fehler spürt.)
Was hinsichtlich des Perlschnureffekts als optische Täuschung bezeichnet wird, ist eine Störung eines Teils der Mechanismen, mit denen das Gehirn eine "Konstanz" herstellt. So kann es z.B. Fernsehbilder aufrichten, wenn man liegend fernsieht. Bei kleinen Bewegungen in der Umgebung wird die Wahrnehmung auch auf "Konstanz" geschaltet. Kaum jemand sieht z.B. im Zug, dass alles um ihn herum vibriert. Bei dem Lokführer sieht es hingegen anders aus, wenn die Vibrationen stärker werden. Er kann seine Instrumente nicht mehr einwandfrei lesen. Man kann nachweisen, bei welchen Frequenzen und Amplituden ein Instrument nicht mehr fehlerfrei wahrgenommen wird.
Die Konstanzmechanismen funktionieren gut und zuverlässig mit Sehobjekten, die physikalisch existieren, und die mit konstantem Licht, z.B. von Glühlampen beleuchtet sind. Physikalisch existierende Instrumente in Fahrzeugen, die vom Tageslicht beleuchtet sind, wird kaum jemand als schlecht ablesbar empfunden haben, es sei denn, er/sie fährt in der Prärie mit einem Holzschemel als Sitz.
Wesentlich anders mit Instrumenten, die getaktet sind. Das sind z.B. Monitore, aktive Anzeigen u.ä. Diese werden je nach Bewegung anders und verzerrt wahrgenommen. Bei alten Fernsehern kann man z.B. durch essen oder Zähne putzen wunderbare Verzerrungen des gesamten Bildes produzieren. In älteren Airbusmodellen wackelten bei der Landung alle Anzeigen im Cockpit, ohne dass auch nur eine sich aus dem Rahmen bewegte. Es waren die Vibrationen der Sehobjekte und der Augen. Solche physikalischen Änderungen kann der Konstanzmechanismus des Gehirns nicht ausgleichen.
Beim Auto haben wir "Vibrationen" in mehrfacher Ausführung. So bewegen sich die Augen, wenn jemand spricht. Diese Bewegungen werden aufmoduliert durch die Bewegungen des Sitzes. Die Scheinwerfer sind selbst in Bewegung, und zwar waagrecht in Fahrtrichtung, aber vibrierend in mehreren. In der Außenwelt gibt es die Rückscheinwerfer des Vordermannes zu sehen, die auch vibrieren, und dazu die Straßenbeleuchtung in LED, die getaktet sein kann. Auch Verkehrsschilder werden ja mit getaktetem LED betrieben. Und das alles in Fahrsituationen mit unbegrenzter Geschwindigkeit.
Eigentlich dürfte man weder die LED-Straßenbeleuchtung noch die Kfz-Beleuchtung zulassen, bevor man die möglichen Gefährdungen geklärt hat. Wenn man aber abwarten würde, bis man alle Gefährdungen geklärt hat, würde es vermutlich keine Autos geben. Man müsste sich eher überlegen, ob die Postkutschen abgeschafft werden sollten, weil zu gefährlich. Ob man nach Kenntnis aller Gefährdungen durch das Auto - in den meisten Ländern mehr Tote als durch Kriege, Umweltverschmutzung, verheerende Bilanz in der Tierwelt, Lärm, Millionen Kilometer versiegeltes Land - dieses zulassen würde, wäre ich mir nicht so sicher.
Warten wir ab, was noch alles kommt. Eines ist sicher: Das ganze Theater ist nur bedingt durch Kosten, denn technisch kann man LED-Beleuchtung so realisieren, dass weder Flicker noch Vibrationen eine Bedeutung haben. Das analoge Ereignis, Flimmern von Computermonitoren, kenne ich sehr gut. Vor etwas mehr als 40 Jahren hatte ich es als Problem für Menschen dargestellt. Eine kleine Armee von Hersteller-besoldeten Ergonomen arbeitete fleißig daran, die Sache kleinzureden. Am Ende lösten Techniker das Problem mit schnellen Grafikkarten. Aus der Spuk! Hoch lebe der Gamer, der das Ganze bezahlt hat!
3.4.2016
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Wochenend und Sonnenschein, weiter brauch' ich nichts zum Glücklichsein, so haben die Commedian Harmonists 1930 gesungen. Heute würden viele das Wochenend auch gerne genießen, aber mit reichlich Alkohol. Macht auch irgendwie glücklich! In Mitteleuropa oder nördlicher findet der Genuss leider wetterbedingt hinter Glas statt. Und es hat es in sich. Lässt Helligkeit durch, aber die gesunden Sonnenstrahlen draußen. Und es fällt niemandem auf, dass Tageslicht (drinnen) nicht Tageslicht (draußen) ist, seit man in der Lichttechnik den Begriff Licht auf das sichtbare beschränkt hat. Dass war so etwa 1923. Mediziner wissen dass: Luftkurräume in manchem Kurhaus hat keine Fenster - d.h. keine Fenster mit Glas. Sie bestehen aus einem einfachen Loch an der Hausfassade.
Was wir davon haben hat der schwedische Mediziner Pelle Lindqvist am 21. März 2016 veröffentlicht: Die Sonne zu vermeiden ist gefährlich wie Rauchen. Da normale Sterbliche nicht so leicht an den Artikel kommen, kopiere ich einen Teil davon (unten). Das ist ein Auszug aus einem Interview mit ihm in Medscape. Es gibt aus meiner Sicht ein ganz speziellen Grund, seinen Studie zu lesen: Er ist Gynäkologe, und nach anderen Studien hängt die Gefahr von Brustkrebs recht eindeutig mit der Lichtexposition zusammen. Ich nehme an, er beantwortet Fragen auch persönlich (pelle.lindqvist@ki.se).
Was man davon lernen sollte, hat Dr. Wewetzer vom Berliner Tagesspiegel zusammen gefasst, die ich anhänge. Seine Bemerkung, dass die Ergebnisse nicht endgültig gesichert seien, muss man verstehen, wie es gemeint ist: Da jede Studie gewisse Mängel hat, wird ein gewissenhafter Autor niemals behaupten, das Endgültige ermittelt zu haben. Falls er es dennoch tut, wird kein gewissenhafter wissenschaftlicher Redakteur die Behauptung veröffentlichen. Ergo: Bei angenommenen und begründeten Gefahren verfährt man nach dem ALARA-Prinzip: Man versucht, mit hinreichend einfachen Mitteln und vernünftigem Aufwand der Gefahr auszuweichen. Im vorliegenden Fall ist die Gefahrenabwehr sogar super angenehm. Man gehe einfach in die Sonne und lebe 2,1 Jahre länger!
Ein Schelm, der sich da Böses ausdenkt, dass diese Studie an einem Märztag veröffentlicht wurde. Es ist bald Saison für Warnungen vor der Sonne. Die kommen regelmäßig um diese Jahreszeit zuverlässig "gesponsort" von Herstellern von Sonnencremes. Die bösen, bösen Sonnenstrahlen erzeugen Hautkrebs! Die Studie sagt dazu, stimmt. Die Wahrscheinlichkeit, dass man Hautkrebs entwickelt, ist etwas höher bei mehr Sonnenlicht.
Dass sich daraus der böse Hautkrebs (malignes melanom = schwarzer Hautkrebs) entwickelt, ist bei den Sonnenflüchtern wahrscheinlicher.
Was tun außer über die bösen Cremehersteller zu schimpfen? Man kann sich auch sachlich informieren. Die gesamte Studie ist hier zu lesen: "Avoidance of sun exposure as a risk factor for major causes of death: a competing risk analysis of the Melanoma in Southern Sweden cohort". Quintessenz in English: "Women with active sunlight exposure habits experience a lower mortality rate than women who avoid sun exposure; however, they are at an increased risk of skin cancer. We aimed to explore the differences in main causes of death according to sun exposure." Auf Deutsch: (von mir übersetzt) Bei Frauen, die mehr dem Sonnenlicht exponiert sind, ist die Mortalitätsrate niedriger als bei denen, die die Sonne meiden. Allerdings ist bei ihnen die Wahrscheinlichkeit einer Hautkrebsentstehung höher. (veröffentlicht am 16. März 2016) (Anm.: … die allerdings seltener zum schwarzen Hautkrebs mutiert, wenn man sich mehr Sonnenschein gönnt.)
Nonsmokers who stayed out of the sun had a life expectancy similar to smokers who soaked up the most rays, according to researchers who studied nearly 30,000 Swedish women over 20 years.
This indicates that avoiding the sun "is a risk factor for death of a similar magnitude as smoking," write the authors of the article, published March 21 in the Journal of Internal Medicine. Compared with those with the highest sun exposure, life expectancy for those who avoided sun dropped by 0.6 to 2.1 years.
Pelle Lindqvist, MD, of Karolinska University Hospital in Huddinge, Sweden, and colleagues found that women who seek out the sun were generally at lower risk for cardiovascular disease (CVD) and noncancer/non-CVD diseases such as diabetes, multiple sclerosis, and pulmonary diseases, than those who avoided sun exposure.
And one of the strengths of the study was that results were dose-specific — sunshine benefits went up with amount of exposure.
The researchers acknowledge that longer life expectancy for sunbathers seems paradoxical to the common thinking that sun exposure increases risk for skin cancer.
"We did find an increased risk of...skin cancer. However, the skin cancers that occurred in those exposing themselves to the sun had better prognosis," Dr Lindqvist said.
Some Daily Exposure Important for Health
Given these findings, he told Medscape Medical News, women should not overexpose themselves to sun, but underexposure may be even more dangerous than people think.
"We know in our population, there are three big lifestyle factors [that endanger health]: smoking, being overweight, and inactivity," he said. "Now we know there is a fourth — avoiding sun exposure."
Sweden's restrictive guidance against sun exposure over the past 4 decades may be particularly ill-advised, the study finds, in a country where the maximum UV index is low (< 3) for up to 9 months out of the year.
Use of sunscreen is also widely misunderstood in the country and elsewhere, Dr Lindqvist said.
"If you're using it to be out longer in the sun, you're using it in the wrong manner," he said. However, "If you are stuck on a boat and have to be out, it's probably better to have sunscreen than not to have it."
Women with more pigmentation would be particularly well-served to stop avoiding sunshine, he said, adding that many people in India, for instance, follow guidelines like those in Sweden to avoid sun year round.
And because melanomas are rare among women with darker skin, benefit goes up in those populations when weighing sun exposure's risk against benefits, Dr Lindqvist said.
Age and Smoking Habits
The researchers studied sun exposure as a risk factor for all-cause mortality for 29,518 women with no history of malignancy in a prospective 20-year follow-up of the Melanoma in Southern Sweden cohort.
The women were recruited from 1990 to 1992 when they were 25 to 64 years old. Detailed information was available at baseline on sun-exposure habits and potential confounders such as marital status, education level, smoking, alcohol consumption, and number of births.
When smoking was factored in, even smokers at approximately 60 years of age with the most active sun-exposure habits had a 2-year longer life expectancy during the study period compared with smokers who avoided sun exposure, the researchers note.
The authors do, however, acknowledge some major limitations. Among them, it was impossible to differentiate between active sun-exposure habits and a healthy lifestyle, and they did not have access to exercise data.
Role of Vitamin D Still in Question
The results add to the longstanding debate on the role of vitamin D in health and the amount of it people need, but this study doesn't resolve the question.
"Whether the positive effect of sun exposure demonstrated in this observational study is mediated by vitamin D, another mechanism related to ultraviolet radiation, or by unmeasured bias cannot be determined. Therefore, additional research is warranted," the authors write.
"From Irish studies we know that vitamin D deficiency makes melanomas more malignant," Dr Lindqvist said.
"This is in agreement with our results; melanomas of [those not exposed] to the sun had a worse prognosis."
This study was supported by the Clintec at the Karolinska Institute; ALF (Faculty of Medicine, Lund University, Region Skane); the Swedish Cancer Society; and the Swedish Medical Research Council. Funding was also received from Lund University Hospital; the Gustav V Jubilee Fund; the Gunnar Nilsson Foundation; the Kamprad Foundation; and the European Research Council. The authors declared no relevant financial relationships.
pelle.lindqvist@ki.se