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Mea culpa – Asche von Gestern über mein Haupt

17.07.2025
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Man lästert gerne über Leute, die wichtige Entwicklungen nicht vorhersehen konnten. So z.B. die historische Leistung, aus der einst nur so glimmenden LED ein Leuchtmittel geschafft zu haben, dessen Größe von mikroskopischen Elementen zwischen Badfliesen bis ein fast kilometerlanges Display reicht, das eine Straße überdacht (kein Scherz - hier oder vor allem da). Kein Leuchtmittel der Vergangenheit war zudem effizienter.

Mir ist das Lästern über andere Leute zu mühsam, da ich sichergehen muss, dass sie sich wirklich geirrt haben. Da ist es einfacher, sich an die eigene Nase zu fassen. Mir fällt da gerade eine Anfrage der Zeitschrift Form ein, die im Jahr 2000 von mir wissen wollte, welche neuen Entwicklungen in der Lichttechnik eine große Zukunft hätten.

So schrieb ich einen Artikel über zwei Neuigkeiten aus dem vorhergehenden Jahrzehnt. Die eine war die Schwefellampe, die ein volles Tageslichtspektrum versprach. Die andere war ein Schlauch, der das Licht von einem Ort zum anderen leiten konnte. Hätten die Schildaer den Schlauch besessen, hätte man ihr Rathaus nicht mit Säcken voll Licht beliefern müssen.
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Die Schwefellampe, besser gesagt Schwefelkugellampe, würde die große Schwachstelle der Leuchtstofflampe beseitigen, das Spektrum. Zwar schaffte auch die Leuchtstofflampe u.U. ein recht volles Spektrum, sie brauchte dazu rund 60% mehr Energie per Lux als ihre Schwestern mit einem mageren Spektrum. Deren schlechte Farbwiedergabe wurde nur durch die Bemühungen des Marketings erträglich erklärt: Damit die Farbwiedergabe nicht drittklassig schien, erfand man eine Farbwiedergabe der Stufe 2b. Die Schwefel-Lampe würde diese Krücke nicht brauchen.

Dann war da noch was. Das Leuchtmittel war eine Kugel ohne Elektroden. Also kein Elektrodenverschleiss, die die Lampe frühzeitig sterben lässt, wenn man sie zu häufig schaltet. Da musste man den verdutzten Benutzern nicht erklären, dass sie ihr Licht auch dann nicht ausschalten sollen, wenn sie es nicht brauchen. Die Lampen waren zudem gut dimmbar und änderten dabei ihr Spektrum überhaupt nicht. Wer hingegen eine Glühlampe dimmt, erhält einen wärmenden Ofen. Bei der Leuchtstofflampe bleibt man eventuell durch das Flimmern wach.
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Nun zu dem Schlauch, einem Lichtleiter. Er ließ mich seinen Vorgänger aus den 1970ern vergessen, der die Welt der Architektur in Aufruhr versetzt hatte. Mit Lichtleitern würde man die Sonne in unterirdische Städte leiten. Adieu Energiekrise, unterirdische Städte brauchen keine Heizung. Kein Regenschirm, kein Schlamm, kein Schneefall. Rundherum glücklich.

Im Institut für Lichttechnik der TU Berlin wurde in den 1990ern eine Anlage installiert, die die Sonne vom Dach in den Keller durch vier Etagen leitete. Da man in Häusern Licht auch braucht, wenn die Sonne woanders weilt, konnte der Lichtleiter umgeschaltet werden auf eine künstliche Quelle.

Die hätte ich mir angucken sollen. Dann hätte ich den besagten Artikel nie geschrieben. Denn ihre Leistung betrug ganze 2 kW. Warum aber gerade 2 kW? Wer hat sie festgelegt? Kann man sie nicht ändern, wo man in der Technik alles Mögliche nahezu beliebig ändern kann? Diese lässt sich leider nicht ändern, sie beruht auf einer Naturkonstanten. 
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Um die Frage zu verstehen, muss man wieder zurück in die 1970er. Der Protagonist der damaligen Idee vom Lichtschlauch, ein russischer Professor, erzählt an der Uni vor staunendem Publikum von dem neuen Wunder. Am Ende großer Applaus! Nur mein Doktorvater hat eine Frage, eine schön dumme. Er fragt den Professor, ob er gerechnet hätte, wieviel Tageslicht in die unterirdische Stadt müsste. Dieser fragt verdutzt zurück, was die Rechnerei sein soll. Genau da kamen die ominösen 2 kW ins Spiel. Man kann Sonnenlicht nur mit Spiegeln einfangen. Und diese können pro Quadratmeter Fläche senkrecht zur Sonne maximal nur etwa 1 kW Leistung einfangen. Wenn die denn zu scheinen beliebt.

Ergo muss der Spiegel groß sein und ständig nach der Sonne gedreht werden. So ein Ding heißt Heliostat und funktioniert leider nur, wenn Helios ohne Wolken scheint. Soll es in der unterirdischen Stadt sonnig hell sein, muss der Spiegel vergleichbar groß wie die Fläche der Stadt sein. Ansonsten kann man mit vernünftig großen Spiegeln halt nur 2 kW einfangen. Den sachlichen Hintergrund kann man hier ausfühlicher lesen. Den hatte ein Österreicher, der sich als den Gottvater des Lichts feiern lässt, auch nicht verstanden. Er wollte den Tiroler Ort Rattenberg, der im Schatten des Bergs gebaut war, mit Spiegeln auf dem gegenüberliegenden Hügel mit Tageslicht beleuchten. Aus dem Nachbarort Kramsach sollten 30 gewaltige Spiegel, Heliostaten in der Fachsprache, aufgestellt werden. Da deren Licht womöglich über Rattenberg hinweg fliegen würde, statt das Örtchen zu beleuchten, sollte auf den Ausläufern des Schlossberges eine zweite Spiegelwand aufgestellt werden. Damit sollten die Bewohner von Rattenberg von ihrer Winterdepression befreit werden. (mehr hier oder da oder dort). Von Schattendorf zu Sonnenau - im Märchen geht es anders. Man baut das Dorf einfach auf der Sonnenseite auf.
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Die Sache in den 1970ern war mit dem Diskussionsbeitrag meines Doktorvaters gegessen. Sie kam wieder, als die EU das Tageslicht zum Energiesparen entdeckte und massenweise mit Geld warf. So kam es zu der Installation an der TU. Als ich mich auch an einem solchen Tageslichtprojekt beteiligen wollte, sagte ein erfahrener Kollege aus der TU Berlin lapidar „Bevor du was glaubst, prüfe nach, ob die rechnen können.“ Dem Rat folgte ich. Und siehe, einer meiner beiden Partner, ein Architekt, konnte bestens rechnen, der andere, ein Physiker, überhaupt nicht. In der Theorie ist es andersherum.

Wir rechneten den Beitrag des Tageslichts zum Energieeinsparen wunderbar schön. Doch ein Fachmann aus dem Facility Management eines großen Konzerns rechnete uns auf ein Zehntelcent pro kW, dass sich Tageslicht nicht rechnet, wenn man nur an Lux denkt. Es hat andere Meriten. Nicht weniger enttäuschend las sich ein Angebot einer renommierten Lichtfirma an einen Konzern, das die Einsparung von Energie mithilfe des Tageslicht vorrechnete. Die Investition würde sich lohnen. Allerdings in 42 Jahren.

Und der Lichtschlauch? Wie intelligent ist es, einen Schlauch mit ca. 30 cm Durchmesser durch ein Gebäude zu ziehen, um eine Leistung von 2 kW zu transportieren? Das entspricht ca. 8 Ampere, die man notfalls über einen Klingeldraht übertragen kann. Dieser überträgt den Strom 24 h, während der Schlauch mindestens die Hälfte des Jahres leer bleibt.

Leider sieht die Bilanz des Nutzens der Schwefellampe auch nicht besser aus. Erfunden wurde die Schwefelkugellampe 1990 von Wissenschaftlern, die für Fusion Systems Corporation in Rockville, Maryland, arbeiteten. Eigentlich durch einen Unfall. Ein Mitarbeiter hatte eine Glaskugel mit Schwefelfüllung in die Mikrowelle gelegt, die dort schön strahlte. Die Erfindung weckte so große Hoffnungen, dass man gleich ein Unternehmen gründete (Fusion Lighting).
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Dumm nur, dass man die Schwefellampe nicht in kleinen Einheiten bauen kann. Deswegen hatte Fusion Lighting 1997 ein System entwickelt, das das reichlich vorhandene Licht über lange Strecken verteilte. Das war ein Lichtleitertunnel (Lightpipe) aus reflektierendem Polykarbonat von 3M, von mir respektlos Lichtschlauch genannt. Mich tröstet es, dass ein Prototyp im Smithsonian-Nationalmuseum in Washington neben der Glühbirne von Thomas Edison ausgestellt wurde. So groß war mein Irrtum wieder nicht. 

Die ersten „Lampen“ waren 80 m bzw. 31 m lang. Sie sparten Unmengen Energie. Übrigens, Lichtschläuche, die Licht über große Entfernungen leiten, gibt es. Es wird geschätzt, dass die ausgerollte Länge der Glasfaserkabel weltweit mehr als 5 Milliarden Kilometer überschritten hat. Dies entspricht in etwa dem 57-fachen der Entfernung von der Erde zum Mars oder der ungefähren Entfernung zum Planeten Pluto am Rande des Sonnensystems. Beleuchten tun die Kabel allerdings nichts. Sie leiten Information weiter. 

Im Jahr 2000 verschwanden die Internetseiten von Fusion Lighting. Es wurde bekannt, dass die Lichttunnel nicht den Erwartungen entsprachen, da sie vergilbten. Dann wurde es still um das Wunder. Wenn sie nicht vergilbt wären? Hat jemand berechnet, mit welchen Kosten man einen dicken Schlauch, der sich durch alle Räume zieht, staubfrei hält?

(Näheres hier und da, aber leider sonst nirgendwo) Ich vermute, nicht allzu viele Leute wollten 80 m Licht an- oder ausschalten. Jedenfalls nicht gleich auf einmal. 

Integratives Licht vertagt bis auf Weiteres

04.02.2025
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Es war einmal … So fangen orientalische Märchen an. Es wird einmal … kann man zu Beginn der Reise jeder Technologie lesen. Man fängt klein an und steigert sich mit zunehmender Geschwindigkeit. Es endet in Infinity. Marketingleute hören es nicht gerne, aber die Erfolgskurve ist der Drachenschnur abgeguckt. 

Nach etwa 80 Jahren V(λ)-Kurve war es so weit. Man hörte auf zu behaupten, man könne die Lichtwirkungen alle irgendwie auf die Beleuchtungsstärke zurück führen und diese mit einem Messgerät präzise bestimmen. Diesen Unsinn glaubt nur noch der Arbeitsschutz. Andere die schlauer sein wollten, haben eben die integrative Beleuchtung erfunden. Sie soll neben der Wirkung auf das Sehen auch die auf die Gesundheit berücksichtigen. Vor allem soll sie nur positive Wirkungen auf den Körper und die Psyche ausüben. 
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Eine Meldung, die ich gerade auf den Tisch bekam, sagt nunmehr, dass es eine solche Beleuchtung sobald nicht geben wird. Sie besagt, dass
ISO/CIE 8995-1, Light and lighting - Lighting of work places - Part 1: Indoor 
am 31, Januar 2025 erschienen ist. 

ISO/CIE 8995-1 war zuletzt im Jahr 2001 aus der einstigen Norm zur Ergonomie der Beleuchtung ISO 8995-1 entstanden. Sie hatte mit der Vorgängernorm nur die Nummer gemein. Immerhin! Ergonomisch wurde sie nie. Angewendet auch nie. Die CIE hatte in ihren über 100 Jahren seit ihrer Gründung auch nie eine Beleuchtungsnorm gemacht. Warum, erkläre ich ein andermal. Aber warum man eine solche Norm überhaupt schreiben musste, wo es doch eine europäische dazu gibt (EN 12464-1), die in allen EU-Ländern gilt, werde ich nie wissen. In welchem Land sie angewendet werden soll, ist unbekannt. Die mir bekannte Zahl geht gegen Null. Das entspricht vermutlich der Wahrheit.

Wie dem auch sei, die Norm wurde vor vier Tagen veröffentlicht. Bei dem Tempo, in dem sie entstanden ist, ist ein Nachfolger in ca. einem Vierteljahrhundert zu erwarten. Daher ist wichtig zu wissen, dass die Norm zur Planung einer integrative Beleuchtung keine Vorgaben enthält. Aber viel BlaBlaBla zum Thema. Aber der Rest der Norm lässt unschwer erkennen, worum es sich dreht: Um Beleuchtungsstärken in allen Lebenslagen. Die müssen mittlerweile auch für die Helligkeit herhalten. So wird eine neue "Beleuchtungsstärke" eingeführt, mean ambient illuminance, auf Deutsch mittlere Umgebungsbeleuchtungsstärke (oder ähnlich, Übersetzung steht noch aus). Sie errechnet sich aus

Ēamb = (Ēv wall1 + Ēv wall2 + Ēv wall3 + Ēv wall4 + Ēceiling) / 5

den mittleren Vertikalbeleuchtungsstärken auf den vier Wänden eines Raum zuzüglich der in Richtung Decke, geteilt durch 5. Die Beleuchtungsstärke, die den meisten Planungen zugrunde gelegen hat, die Horizontalbeleuchtungsstärke wird ausgeklammert, weil der Fussboden meistens dunkel sei und somit wenig zur Helligkeit beitägt. Sehr interessant, weil alles was die Beleuchtung so angeht, z.B. Blendung oder eben die integrative Wirkung auf die Gesundheit, davon ausgehend bestimmt wird, dass ein Mensch bei der Arbeit etwa 40º nach unten guckt. Nach der Meinung der neuen Norm sieht er dort nur dunkel. Ebenso interessant die Frage, wo sich die Wände in einem Großraumbüro befinden.  

Ich denke, die neue Norm wird eine heilsame wikrung haben. Da kaum jemand in der Lage ist, die zu lesen, werden die Bauherren hoffentlich in Fragen zur Beleuchtung einen Lichtplaner engagieren. Der wird zwar die Norm auch nicht lesen. Aber das ist gut so. 
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Ende der Träume vom gesunden Licht der elektrischen Sonne 

01.02.2025
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Ich hatte es noch für unsinnig gehalten, was ein berühmter Professor, immerhin der Leiter der LCR /Lighting Research Center) in New York, von mir verlangte. Ich wollte seinen Artikel "Mehr als Sehen" in Cyberlux veröffentlichen (mehr hier und dort). Er hatte nichts dagegen, aber verlangte, ich müsse den Artikel mit einem Verfallsdatum versehen. 

Artikel schreibt man manchmal für den Tag, und dann hat er am nächsten Tag schon ausgedient. Fast immer findet man so etwas in Tageszeitungen. Manche Artikel sollen hingegen so lange halten, bis man Neues erfindet. So etwas gehört in der Technik zum Geschäft. Niemand erwartet, dass eine als wunderbar beschriebene Maschine, auch so bleibt. Darüberhinaus gibt es Artikel, die für die Ewigkeit geschrieben sind- Wissenschaftliche Artikel gehören dazu. So ein Artikel bekommt ein DOI, eine Kennung, die ein Unikat ist. Keine zwei Artikel teilen eine Kennung. Und wenn derselbe Autor dieselbe Idee 100 Mal wiederholt veröffentlichen will, gibt es 100 DOI. Aber die gibt es i.d.R. nicht, denn eine Erkenntnis darf nur einmal veröffentlicht werden. Was wollte der Professor eigentlich von mir? 
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Jahre später habe ich begriffen. Er war sich der Sache nicht sicher. Als ich die Literatur fünf Jahre später absuchte, fand ich unter derselben Überschrift einen anderen Inhalt. Allerdings war der Tenor geblieben: Es braucht eine neue Lichttechnik, weil man eine neue Wirkung des Lichts entdeckt hatte, die Beeinflussung circadianer Rhythmen des menschlichen Körpers. Man müsse selbst die Messtechnik für das Licht neu erfinden. Denn man könne ja die Wirkung auf die Gesundheit doch nicht in Lux messen.

Dumm nur, dass ein Vierteljahrhundert danach das Licht immer noch in Lux gemessen wird, aber halt auch in melanopischen. Dadurch ist die frühere Größe Lux aber nicht obsolet geworden, weil die meisten Menschen das künstliche Licht doch zum Sehen brauchen. Und das vermutlich seit der Eiszeit. Die älteste Öllampe ist etwa 17.000 Jahre alt. Die neue Lichttechnik muss also zweierlei Wirkungen des Lichts auf einen Nenner bringen, das Sehen und die Gesundheit. 

Solange die Sache nur diskutiert wurde, ohne sie bei der Beleuchtungsplanung zu berücksichtigen, hörten sich die Probleme theoretisch an. Und das allergrößte davon wurde in wissenschaftlichenh Zirkeln nie diskutiert: das menscliche Verhalten. Dieses war in der Eiszeit bestimmt durch den Gang derJahres- und Tageszeiten bestimmt gewesen. Seit wann dem nicht mehr so ist, kann man etwa ahnen. Lassen wir es mit der Erfindung der Glühlampe beginnen. Sie machte die Nacht zum Tage. Allerdings nicht so perfekt. Aber spätestens die Leuchtstofflampe hat den 24/7 Arbeitstag möglich gemacht. Das ist etwa 75 Jahre her. 
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An einem verhängnisvollen Tag des Jahres 2021 haben sich die führenden Köpfe der Forschung der sog. "nichtvisuellen Wirkungen" beschlossen, Nägel mit Köpfen zu machen. Sie gaben an, wie viel Licht ein Mensch um welche Uhrzeit braucht (hier). Und welche Qualität (dort). Die Qualität wird in M-EDI angegeben, Melanopic Equivalent Daylight Illuminance. Sagen wir der Einfachheit halber, melanopische Lux mLux. 

Das hört sich erst einmal gut an. In Innenräumen soll es am Tage 250 melanopische Lux geben, also zwischen 06:00 Uhr und 19:00 Uhr. Danach kommt die Vorbereitung auf den Schlaf. Da darf es nicht mehr als 10 mLux geben. Ab 22:00 Uhr ist Licht taboo. Es darf nicht mit mehr als 1 mLux leuchten. 

Was machen wir mit den Leuten, deren Schicht um 22:00 beginnt? Was müssen Leute tun, die nachts ihren Computer benutzen? Denn ein Bildschirm macht den Forschern nach 70 M-EDI, also 70 x zu viel für die Nacht.
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Ist das alles irgendwie gesichert? Wer zu viele dumme Fragen stellt, steht dem Fortschritt der Wissenschaft im Wege. Diese Rolle hat nunmehr die CIE übernommen, die Weltorganisation der Lichttechnischen Gesellschaften. Sie hatte im Jahre 2015 proklamiert: "Richtiges Licht zum richtigen Zeitpunkt", gefolgt vom Versprechen baldiger Aktionen, damit die elektrische Sonne zur richtigen Zeit glänzt. Die Deklaration wurde 2019 und 2024 wiederholt (hier). 

Nunmehr findet die CIE fast nur Fragen statt Antworten. So z.B.
Die Empfehlung für den Abend, drei Stunden lang nicht mehr als 10 lx melanopisches EDI am Auge zu haben, lässt sich möglicherweise nur schwer mit den individuellen Anforderungen an die Sichtbarkeit bei der Arbeit vereinbaren, insbesondere bei Personen mit eingeschränkten Sehfähigkeiten.
Ich denke, nicht nur die Sehbehinderten hätten Probleme damit. Zudem kommt nach den drei Stunden die Nacht mit 1 lx M-EDI. 

Die einzige Antwort, die ich in der Deklaration der CIE von 2024 finde, könnte verheerender nicht sein. Sie erklärt: "Ein hoher melanopischer EDI (eine sehr hohe Lichtexposition) während des Tages ist förderlich für die Wachsamkeit, den zirkadianen Rhythmus und einen guten Nachtschlaf". Und die Konsequenz? "Die CIE erkennt an, dass der Aufenthalt im Freien während des Tages mit einer besseren Gesundheit und einem höheren Wohlbefinden in Verbindung gebracht wird und dass die Exposition gegenüber Tageslicht eine wichtige kausale Komponente für diese Effekte darstellt."

So kamen wir genau 100 Jahre nach der Geburt der elektrischen Sonne (hier), die die Natur mit Lampen in Wohnungen und Büros ersetzen wollte, wieder zurück zur Natur. Schönen Dank an den Weltverband der lichttechnischen Gesellschaften. 

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Berliner Autobahnen wieder ohne Beleuchtung

13.01.2025
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Schon wieder eine Errungenschaft der Lichttechnik sang- und klanglos weg. Die Beleuchtung habe keinen EInfluss auf das Unfallgeschehen, so lautet die Begründung für die Abschaltung der Autobahnbeleuchtung in Berlin, die gestern im Berliner Tagesspiegel erschienen ist. Heute wurde das Verdikt zwar etwas relativiert, aber es wird bestehen bleiben. 

Wie man sich so sicher sein kann? Weil es schon einmal so gekommen war. Lang, lang ist es her. Die "älteste" Autobahn, der Welt, die AVUS, hatte eine schlaue Firma beleuchten lassen, obwohl in Deutschland Autobahnen i.d.R. nicht beleuchtet werden dürfen. Die Entscheidung gegen eine flächendeckende Autobahnbeleuchtung in Deutschland basiert auf einer Abwägung von Sicherheitsaspekten, Kosten, Umweltschutz und Wirtschaftlichkeit. Studien haben gezeigt, dass die Vorteile einer solchen Beleuchtung die Nachteile in den meisten Fällen nicht aufwiegen.

Wie hat man es dennoch geschafft, die AVUS zu beleuchten? Das verdankte man einem Geschäftsgeheimnis der Firma Siemens. Sie ist einst in Berlin gegründet worden. Obwohl sie später fast komplett gen Bayern gezogen ist, blieb sie in Berlin eng vernetzt. So hatte sie enge Beziehungen zum städtischen Elektrizitätsversorger BEWAG und zu den Verkehrsplanern. Deswegen ist Berlin übermäßig mit Verkehrsampeln gesegnet, die früher ausschließlich von dieser Firma installiert und vor allem, betreut wurden. Das ist so etwas wie ein Rentengeschäft. Oder Treuedividende. Zwar stimmt es nicht ganz, weil Siemens Berlin untreu geworden ist. Aber was soll*s!

Vieles was in Westdeutschland nicht üblich oder gar zulässig war, wurde in Berlin "erprobt". Das hieß etwa so, dass die Stadt beim Bund eine Subvention beantragte, um eine technische Errungenschaft zu erproben. So steht in Berlin seit September 1970 eine ziemlich unnütze Spurensignalanlage auf der Heerstraße. Die war nach der StVO nicht zulässig. Aber erproben wird man doch dürfen? Danach sollte das Gesetz entsprechend geändert werden, damit die Berliner zu den Spielen von Hertha BSC in vier Spuren hinfahren konnten. Nach dem Spiel wollte man die vier Spuren umschalten, damit alle möglichste schnell wieder zu Hause sind. 

Probehalber beschloss der Senat, die Heerstraße, auf der die Straßenbahn gerade abgeschafft worden war, zur Schnellstraße zu deklarieren. Das nahmen die Berliner derart ernst, dass sie sofort nach dem System G + 20 (zulässige Höchstgeschwindigkeit + 20 km/h) fuhren. Die etwas flotteren kamen auf etwa 100 km/h in der Stadt. Nach vielen Toten wurde die Schnellstraße schnell begraben. Aber die Spurensignalanlage steht noch 55 Jahre danach und wird ständig gewartet. 
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Wie sinnvoll das Ganze gewesen ist, kann man daran ermessen, was später daraus geworden ist. Zum einen macht es keinen Sinn, in vier Spuren schnell zum Stadion zu düsen, wenn man dort keine Parkplätze findet. Aber die ließen sich doch bauen? Nicht nötig, denn direkt an diesem Stadion betreibt die Stadt einen S-Bahnhof, an dem bis 8 Züge gleichzeitig gefüllt werden können und mit einer Minute Abstand abfahren. Da jeder Zug ohne Quetschen 480 Fahrgäste befördern kann, besteigen also 3840 Berliner gleichzeitig die Bahn und fahren in 8 Minuten ab. Wenn diese in Autos abfahren, macht es 1920 PKW bei zwei Personen je Auto oder 768 bei maximaler Beladung mit 5 Personen. Die 74.475 Gäste eines ausverkauften Stadions bräuchten nach dieser Berechnung 14895 bis 37237.5 Autos um nach Hause zu kommen.

Die intelligentere Lösung hatten unsere Vorfahren 1936 realisiert. Zudem kann man auf der anderen Seite praktisch vor dem Stadiontor in die U-Bahn. Ach, ja. Acht Busspuren sind auch noch da. Aber wer wird doch auf solchen Kram reflektieren?

So ähnlich war die Beleuchtung der Autobahn entstanden. Erprobt wurde, ob ein gewisser Prof. de Boer aus Belgien recht hatte. Nach seinen Plänen sind die Autobahnen von Belgien taghell aber mit gelbem Licht beleuchtet. Der Herr war ein Philips Direktor, und Philips in Sachen Licht ein anderes Pol aus dem Oligopol. Von diesem stammt auch die magische Zahl zur Helligkeit der Autobahnbeleuchtung aus etwa 1968. Sie muss 2 cd/m2 betragen. Diese Zahl wurde seinerzeit mit einem Bus voll Lichttechnikern erprobt, die nachts die Straßenbeleuchtung beurteilten. Bei exakt 2 cd/m2 waren die der Meinung, dass die Helligkeit optimal wäre. Dass man im Bus fahrend die Fahrbahn nicht sehen kann. Und vor allem nicht geblendet werden kann? Geschenkt. 

Zur Ehrenrettung des Professors muss ich allerdings sagen, dass sein Wert für Stadtstraßen recht gut zutraf. Allerdings gab es damals nur wenig Reklame. Wer heute Hauptstraßen entlang fährt, braucht die Fahrzeugbeleuchtung nur um bemerkt zu werden. Was der Herr nie bedacht hat, war die Lichtverschmutzung. Als Philips-Direktor dachte er nur an das Gute im Licht. Wildgänse, die über Belgien fliegen wollten, sollten sich halt andere Wege suchen. Deutschland ist etwaa größer. Deswegen hätten die Nachtvögel größere Schwierigkeiten, Deutschland zu umfliegen.
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Ungeachtet der noch kommenden Probleme der Nachtgänse schaffte es Siemens, dass die AVUS probeweise beleuchtet wurde. Das war, falls ich mich nicht irre, im Jahr 1966. Seitdem standen sich 278 Lichtmasten zusätzlich zu den 9 Millionen auf den restlichen deutschen Straßen sich den Mastfuß in den Bauch. Ein schlappes Vierteljahrhundert später im August 1992, es gab mittlerweile die bösen Grünen, die bei Licht an Umweltverschmutzung dachten, sollte die Beleuchtung auf deren Antrag hin nicht nur abgeschaltet, sondern auch verschrottet werden.  

Doch der Bausenator der Zeit, Wolfgang Nagel, wollte nicht. Die seit 1966 installierte Beleuchtung diene der Erhöhung der Verkehrssicherheit und führte durch eine Unfallreduzierung zu volkswirtschaftlichen Einsparungen an Schadens- und Schadensfolgekosten, argumentierte Nagel. Den Demontagekosten von zwei Millionen Mark stehen Nagel zufolge 70.000 Mark Energiekosten 1991 gegenüber. Insgesamt verbrauchten die 408 Lampen im vergangenen Jahr 250.945,9 Kilowattstunden. Damit würde sich der Abbau der Lichtanlagen — gemessen an der Energieeinsparung — erst nach 26,7 Jahren amortisieren. (schräger Text geklaut bei taz). 

Die Abschaltung kam dennoch. Das schaffte ein Bausenator Jürgen Klemann (CDU) nach 1997. Er ließ auch das Licht auf den Straßen dämmen bzw. dimmen. Immerhin 180.000 dieser Dinger sollen damals in Berlin gestanden haben. Klemans Vorbild war die Avus, wo seit März 1997 die Beleuchtung ganz abgeschaltet war. Dennoch hatte es dort nicht mehr Unfälle gegeben.

Politikern aller Denkrichtungen ist gemein, dass sie lügen - sagt der Volkmund. Herrn Klemann der Lüge zu überführen, hat es wohl keiner geschafft. Denn die AVUS ist bis heute dunkel geblieben. Kaum ein Anlass wäre geeigneter gewesen, um die erhöhte Sicherheit der Autobahnen durch eine gute Beleuchtung hieb- und stichfest nachzuweisen. Man hat es unterlassen. Warum wohl?
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Die Sache ist bitter für jeden, der sich mit Licht beschäftigt. Die einen glauben an die Errungenschaften, die unübersehbar sind. Wir sind raus aus dem Takt, den die Sonne vorgibt. Wenn ich nachts doch irgendwohin will, ohne den Tag abzuwarten, kann ich jetzt. Aber wie man dazu kommt, alle Straßen mit 2,0 cd/m2 zu beleuchten statt mit 1,9, möchte ich gerne wissen. Die Sache hat mir Prof. de Boer seinerzeit erklärt. WIe kommt aber ein Berliner Bausenator dazu, zu behaupten, die Sache sei wegen der Verkehrssicherheit so geregelt worden? Wie kommt dann ein anderer Verkehrssenator dazu, paar Jahre später das Gegenteil zu behaupten? 

Um solche Fragen zu beantworten, gibt es die Wissenschaft. Die des Lichtes hatte in Berlin einen Hauptsitz an der TU Berlin. Mit der Straßenbeleuchtung hatten sich aber eher die Kollegen aus Karlsruhe beschäftigt. Haben die beiden Senatoren dort angeklopft? Wenn nicht, warum ist man nicht selber bei der Politik vorstellig geworden?

Darf man der Kosten wegen die Verkehrssicherheit beeinträchtigen? 

Geschichte werden statt Geschichte schreiben

14.11.2024
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Wer Geschichte schreiben will, muss sich warm anziehen. Das hatte sich ein gewisser Napoleon Bonaparte sagen lassen, als er gen Moskau zog. Doch seine Mannen kamen geschlagen zurück, wenn überhaupt. Deren traurige Geschichte ist nicht nur bei Leo Tolstoj zu lesen, sondern auch in einer der berühmtesten Grafiken der Geschichte. Später wolle ein gewisser Adolf H. dasselbe, ohne es aber Napoleon nachmachen zu wollen. Dieser war der Erfinder des schnellen Kriegs. Durch ihn wurde ein deutsches Wort ein Lehnwort in Englisch: Blitz wie Blitzkrieg. Er zog auch gen Moskau, so überzeugt vom Blitz, dass er seine Mannen in Sommeruniformen losschickte. Von insgesamt 18 Millionen Soldaten, die der GRÖFAZ - Größter Feldherr Aller Zeiten - in den Krieg warf, kamen 6 Millionen nie wieder heim. Napoleon war da schlechter. Er war mit 422.000 Mann Ende Juni 1812 losgezogen. Gen Weihnachten kam er mit 4.000 Mann heim. Nur 1 % seiner Krieger hatte den Feldzug überlebt. 

Ein Feldzug mit zivilen Mitteln, aber viel mehr Menschen betreffend, sollte die Nacht- und Schichtarbeit revolutionieren. Dazu sollte das neue bzw. neu aufgewärmte Wissen über die circadianen Rhythmen des Menschen als Vehikel dienen. Dieses besagte, dass man mit Licht die Rhythmik der menschlichen Hormone steuern könne. Erwiesen durch die Arbeit von Rosenthal et al 1984 (hier). Ergo: Man mache mit viel Licht die Nacht zum Tage, nicht die in Bars oder sonstigen schrägen Etablissements, sondern in der Physiologie des Arbeiters. Zwar hatten die Autoren der Originalarbeit die Therapie einer Krankheit im Sinn, die die Menschen dieser Tage im November alljährlich befällt, aber in der Lichttechnik ist science faction eine legitime Methode. Das ist, wenn man eine wahre wissenschaftliche Erkenntnis mit einer Marketingidee kreuzt. So sollten Mitarbeiter eines Autowerks, Volkswagen, mit einer Methode nachts sicherer arbeiten, die sonst dazu dient, die Winterdepression zu heilen, die durch Lichtmangel entsteht. 
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So wollte auch der deutsche Volkswagen Konzern die neue Erkenntnis nutzen und führte ein Großprojekt durch, bei dem die Nachtschicht mit 2000 lx beleuchtet wurde, um die Mannschaften wach zu halten. Die Betriebsärztin Angelika Guth war begeistert: „Es gibt Hinweise, dass sich die innere Uhr von Schichtarbeitern mit Licht umstellen lässt.“, berichtete das Hamburger Abendblatt am 3. Januar 2004 (hier). "Wenn wir die Nacht zum Tag machen, müssen wir den Tag zur Nacht machen", sagte Guth. Auch wenn Frau Dr. Guth bereits ein Jahr danach nicht mehr auf diese Studie angesprochen werden wollte, blieb es bei der Motivation des Lichtmarketing bis heute: Schichtarbeit mit viel Licht ändern. Wie man den Tag zur Nacht macht? 

Der Initiator der Idee war ein anderer großer deutscher Konzern: Siemens. Dieser hatte damals noch etwas Interesse an Licht, durch das er groß geworden war. Aber noch mehr an dem Stromverbrauch durch Licht, an dem er viel verdient hatte. Denn der Firmengründer war, wie auch sein größter Konkurrent Edison, ein Systemmensch und verdiente nicht etwa an Lampen allein, sondern an Leitungen und Kraftwerken, die man dazu brauchte. 

Gegen diese Studie gab es mindestens einen Widersacher, der die Beteiligung an dem Projekt unmittelbar abgelehnt hatte. Das war der Professor für Arbeitspsychologie Nachreiner. Nicht dass er etwas dagegen hätte, dass die physiologische Wirkung der Nacharbeit gemildert werden sollte. Als Experte für die Nacht- und Schichtarbeit wusste er, dass diese immer den Körper belastet. Aber ebenso schlimm oder schlimmer sind die sozialen Auswirkungen auf Familie, Freunde u.ä. So hatte Professor Nachreiner u.a. Optimierungsprogramme für Schichtpläne entwickelt, die die sozialen Wirkungen minimieren.
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Neben Nachreiner hatte auch ich meine Bedenken. Aber nicht wegen der Physiologie, da ich eine Eigenschaft habe wie nur wenige Menschen: von Geburt an war mir die circadiane Wirkung egal. Ich kann schlafen, wann es geht, aber auch tagelang wach bleiben. Das können rechnerisch maximal 20% aller Menschen vom Chronotyp Eule, davon bin ich die extremste. Der größte Teil der Menschen gehört zu den Lerchen. Diese und auch die "Normaltypen" stehen zur gleichen Zeit auf, egal was sie in der Nacht davor getan haben. Daher findet man in Warten und Leitständen fast nur Eulen. Aber so viele Eulen, wie die Gesellschaft braucht, gib es aber nicht. Außerdem weiß ich nicht recht, ob man etwa die Polizei oder die Gewerbeaufsicht nur mit Eulen bestücken sollte. 

Meine Bedenken waren daher eher technischer Art. Ich mag keine Studien, die auf Beleuchtungsstärken beruhen, weil dieser Begriff eine künstliche Größe bezeichnet. Die Beleuchtungsstärke ist erfunden worden, um alles Licht, das sich in einem Punkt auswirkt, ungeachtet seiner Quellen und deren Eigenschaften in eine Messgröße zu fassen. Nur wer gelernt hat, was dabei alles unberücksichtigt bleibt, Blendung, Richtung des Lichteinfalls, Modellierung von Gesichtern, Lichtfarbe, Farbwiedergabe, Leuchtdichte und und und, kann damit umgehen. Dass ausgerechnet die physiologischen Auswirkungen auf die Körperhormone an der Beleuchtungsstärke des Arbeitsplatzes gemessen werden sollten, wollte mir nicht in den Kopf.
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Es gibt einen eindeutigen Nachweis dafür, dass die lichttechnische Industrie den Versuch im Volkswagenwerk als Vehikel benutzen wollte, helles Licht allgemein zu propagieren, als Heilmittel, vielleicht sogar als Allheilmittel. Das Projekt wurde der deutschen Öffentlichkeit nicht etwa durch eine Fachzeitschrift für Produktionstechnik präsentiert, sondern durch die Bürozeitschrift Mensch und Büro. Wer nicht gutgläubig alles abnimmt, was ihm vorgesetzt wird, fragt sich, was eine Bürozeitschrift wohl mit Schichtarbeit zu tun hat. Zu der Präsentation war Nachreiner nicht eingeladen. Er wäre vermutlich auch nicht gekommen, weil er den Versuch bereits methodisch unterirdisch gefunden hatte. Als Moderator hatte Mensch und Büro mich vorgesehen. Das war der Industrie aber nicht genehm. Sie argumentierte, ein prominenter Fernsehmoderator von Wissenschaftssendungen wäre angemessen für das historische  Event. So wurde Karsten Schwanke zum Moderator gewählt. Immerhin der Moderator von "Abenteuer Wissen", einer Sendung, die zuvor von Wolf von Lojewski präsentiert worden war, und Schwanke eine Goldene Kamera für "Beste Information Wissensmagazine" einbrachte. Dieser verdiente viel später eine "Medaille für naturwissenschaftliche Publizistik" der Deutschen Physikalischen Gesellschaft. 

Die Wahl von Karsten Schwanke zeigt den Stellenwert, den die Industrie dem Projekt beigemessen hat. Nur kurz danach wurde das großartige Werk begraben. Was war der Grund? Jedenfalls nicht meine Bedenken bezüglich der Beleuchtungsstärke. Diese haben die Lichtplaner wohl so hinbekommen. dass in keiner Publikation von Blendung die Rede war. Die circadiane Rhythmik der Arbeiter wurde auch um Stunden verschoben. So gesehen ein Erfolg. Das einzig Dumme war, was Nachreiner beanstandet hatte. Die Arbeiter mussten nach der Nachtschicht im Dunkeln nach Hause fahren, damit die Verschiebung durch die dumme Sonne nicht wieder zurück verschoben wurde. Dann war da noch eine Kleinigkeit: Es mussten Nachtschichten drei Wochen in Folge durchgehalten werden. Und zwischendurch musste der Arbeiter tagsüber nur mit einer lichtdichten Sonnenbrille herumlaufen. Die Helden der circadian verschobenen Industriearbeit würden zwar nicht dezimiert wie weiland Napoleons Mannen. Aber das soziale Leben in Wolfsburg wäre wohl vor die Hunde gegangen. Ein Wunder ist … nicht geschehen! Der Tag ließ sich nicht zur Nacht machen. 

Die Idee war zu praktisch, um in die Geschichte einzugehen!