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Wir haben ihn - den ersten Blaulichtdoktor

Doktor

Wunder gibt es immer wieder! So schaffte das Thema "Blau macht schlau" zu akademischen Ehren, so in Null-Komma-Nichts. Der erste Doktor ist fertig.  Das Forschungsvorhaben, auf dessen Boden der neue Doktor aufgewachsen ist, wurde vom BMWi gefördert und heißt: „Energieeffiziente Schulen“. Ich weiß zwar nicht, wie die Effizienz gemessen wurde, so etwa am Umsatz an Schülern oder am Lernerfolg, Egal.

Ja, über das Ergebnis werden sich die Blaulichtfreunde aus der Industrie nicht allzu laut freuen, schätze ich. Denn in dem Bericht steht zu lesen (Original hier) :

"In einem Hörsaal der Hochschule – entsprechend umgebaut und mit blau angereichertem LED-Licht ausgestattet – führte er - Anm.: der Doktorand - verschiedene Tests und Messungen durch. „Das Kohlenstoffdioxid und die Temperatur im Raum haben Auswirkungen auf die studentische Leistungsfähigkeit. Der Fensteranteil ist ausschlaggebend dafür, ob sich Kunstlicht mit einem höheren Blauanteil auszahlt. Denn die Beleuchtungsstärke von Tageslicht ist bisweilen um 300 Prozent größer als die des Kunstlichts, daher bietet sich dieses Kunstlicht in fensterlosen Räumen an“, fasst Manuel Winkler seine Ergebnisse zusammen. "

Und in diesen darf laut Arbeitsstättenverordnung kein Mensch arbeiten, auch nicht Lehrer und Professoren. Ob Schüler da rein dürfen, ist so´ne Sache …

Immerhin kann man daraus lernen, dass die schlauesten Deutschen - wer wohl, wenn die Studie an einer Müncher Uni durchgeführt wurde - CO2 nicht so einfach wie alle anderen schreiben.

Wir sind alle Zombies - Wer hat uns dazu gemacht?
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Helen-LoomesWas man mit Licht alles machen kann! Selbst den Dinos der Lichtindustrie ist wohl ein Licht aufgegangen. Eine gewisse Hellen Loomes, die auf einer Veranstaltung die Firma Trilux betreten hat, behauptet, dass wir bei der Arbeit eine sehr statische Beleuchtung hätten, die wir aber nicht mögen. Wir sind alle Zombies geworden: Auf gut Deutsch: Lebende Tote. 

Lassen wir die gute Helen recht haben. Wer hat uns denn dazu gemacht? Nicht erst seit gestern, sondern seit Edison´s Zeiten versucht die Lichtindustrie, die Anwendung des Lichts in ihrer Hand zu halten. Schon in 1935 hat sie postuliert, dass die Konstanz des Lichts ein Gütemerkmal sei. Und zwar über den Raum und über die Zeit. Noch heute geben die Arbeitsschützer die Parole aus, dass an Arbeitsplätzen die Beleuchtung nie unter 500 lx sinken darf. Erfunden haben die es nicht selber, sondern die, die das Licht normen. Und so steht es in DIN EN 12665:2002: 
 3.2.15 Wartungswert der Beleuchtungsstärke ( E m )
Wert, unter den die mittlere Beleuchtungsstärke auf einer bestimmten Fläche nicht sinken darf. 

Und diese Norm ist unter der Federführung der Firma von unserer guten Helen Loomes entstanden. Die Idee dahinter ist viel älter als diese Norm und wurde schon 1935 (DIN 5035) unter dem Namen "Ruhe der Beleuchtung" zum Leitsatz. Die Ruhe in der Beleuchtung hatte ein gewisser Ami Argand mit seinem Zylinder um die Gasflamme bereits im 18. Jhdt realisiert. Später hieß es "örtliche und zeitliche Gleichmäßigkeit". Und diente einem guten Zweck: Das Licht sollte nicht flackern und nicht flimmern. Und es sollte überall im beleuchteten Bereich gleich sein. Was denn sonst? 

Lichttechnik ist Ingenieurtechnik, und Ingenieurtechnik lebt von der Beherrschung. Wenn die Aufgabe heißt, das Licht konstant zu halten, wird jeder Ingenieur und Techniker versuchen, es so konstant wie möglich zu halten. Wenn die Aufgabe sagt, an jedem Punkt eines normgerecht beleuchteten Raumes möge das Licht gleich sein (Allgemeinbeleuchtung), wird er für größtmögliche Gleichmäßigkeit sorgen. 

  
Wo liegt nun das Problem? Wieso sind wir Zombies geworden durch das statische Licht? Kann es sein, dass die Schuld nicht bei der Beleuchtung liegt, sondern bei unserer Art zu leben? Millionen Menschen hocken an jedem Arbeitstag 8,5 Stunden in geschlossenen Räumen, die man Büro nennt. Dann steigen sie in ihre Autos oder in Busse und Bahnen, um in einem geschlossenen Raum anzukommen, in dem sie leben. Lichtingenieure haben zwar dies ermöglicht. Zu einem Schuldspruch reicht dies aber nicht. Niemand ist gezwungen, sich dauernd in künstlich beleuchteten Räumen aufzuhalten.

Soll nun die Ingenieurskunst uns zu Zombies gemacht haben, müsste man deren Aufgabe neu definieren. Soll etwa die "Ruhe der Beleuchtung" einer Unruhe weichen? Denkbar ist das schon - nicht nur denkbar, viele Leute wollen seit langem "dynamisches" Licht statt statisches. 

  
Soll man die Aufgabe der Beleuchtung wirklich neu definieren, wenn sich die Menschen "statisch" in statischen Räumen aufhalten wollen? Sollen wir die Definition der Aufgabe denen überlassen, deren jetzt herrschendes Normenwerk uns zu Zombies gemacht hat? Wenn nicht, wer soll es richten? 

Mir hatte vor etwa 25 Jahren ein Lichtplaner vorgeworfen, Unruhe in die Lichttechnik bringen zu wollen. Es macht Spaß zu erleben, dass sie jetzt da ist. Wenn man eine Frage an die Zukunft gut formuliert hat, ist das oft die halbe Lösung. Mal sehen, wie die andere Hälfte aussieht. 

Wie man durch Licht Pharmaka sparen kann

 
Den Vorgang kennt jeder, der zur Unzeit Alkohol getrunken hat. Selbst Leute, die mehrere Schnäpse abends einsacken können, ohne dass ihr aufrechter und gerader Gang allzu sehr leidet, kippen morgens bereits nach einem Bier aus den Latschen. Geschuldet ist dies - oder wir verdanken es - der circadianen Rhythmik. Allerdings nicht der allgemeinen, sondern der speziellen.

Mittlerweile weiß so jedes Kind, dass der Mensch einen Tagesrhythmus hat, den das Licht bestimmt. Das ist die allgemeine Rhythmik, die den ganzen Körper betrifft. Das Licht beeinflusst dessen innere Zeit. Weitaus kniffliger ist indes, dass dieser Rhythmus nicht von jedem Organ getragen wird. Vielmehr hat jede Zelle eine eigene innere Uhr. So arbeiten z.B. die Leberzellen ("Die Leber wächst mit ihren Aufgaben") zwar in dem vorgegebenen Rhythmus, haben aber eine andere Zeit. Auch andere Organe achten sehr selbstbewusst auf ihre eigene Zeitvorstellung.

 
Was lernt uns das? Eigentlich nicht sehr viel. Es sei denn, man guckt sich an, was die Leute daraus machen, die sich mit der Wirkung von Pharmaka auf den Menschen beschäftigen, und zwar in Bezug auf die circadiane Rhythmik. Ihre Kunst nennt sich Chronopharmakologie.  Ihre wichtigste Aufgabe: Bestimmen, wann ein Wirkstoff die günstigste Wirkung entfaltet.

Na, ja. So revolutionär scheint die Sache doch nicht zu sein. Letztlich hat der Onkel Doktor schon immer gesagt, diese Pille bitte morgens nehmen … Wo ist die Neuigkeit? Die liegt auf einem anderen Gebiet. Es sind drei Aspekte, die zwar nicht so revolutionär sind wie die Theorie von Einstein, die vorgestern 100 wurde, ohne alt zu werden. Verstecken müssen sie sich aber nicht:

  • Jeder Körper hat seine eigene Zeit, die nicht unbedingt der äußeren Zeit entspricht.
  • Die Empfänglichkeit für bestimmte Wirkstoffe ist nicht nur zeitabhängig, sondern von Stoff zu Stoff möglicherweise unterschiedlich
  • Man kann die Körperzeit auch verschieben. Und das auch mit Licht, oder erst richtig mit Licht!

  
Das wiederum sind wirklich revolutionäre Erkenntnisse, die wir noch verdauen müssen. Wenn man fragt, wie spät es ist, gucken die meisten auf die Uhr. Die Zeit, die man sieht, ist die politische und von Mazedonien bis Galizien gleich. Die Sonne braucht aber etwa 2,5 Stunden, um von Mazedonien bis Spanien zu gelangen. Deswegen wird es in Spanien später spät und in Mazedonien früher morgen. Dass man dazu auch noch lernen muss, dass in seinem Körper eine andere Zeit herrscht als beim Nachbarn am selben Tisch, ist reichlich ungewöhnlich. Einstein hatte was von der Krümmung des Universums erzählt und fand Zugang zu den Gehirnen auch relativ einfacher Leute, die sich um Physik keinen Kopf machen, erst recht nicht um das gekrümmte Universum. Vielleicht schaffen es Chronopharmakologen auch mal. Dann fressen wir tonnenweise weniger Chemie. Licht lohnt sich !

Kann die Stadtreinigung den neuen Müll beseitigen?

  
Dummerweise nicht. Wir sind zwar vor Immissionen geschützt, aber nicht, wenn Licht einer "guten" Sache dient, nämlich dem Kommerz. Und wenn ein Normalbürger die Fassade seines Hauses mit LED verschönert, greift der Immissionsschutz vermutlich nicht, wenn er nicht übertreibt. Unsere Städte sehen langsam eh aus, als wären wir im Himmel und der Tag ewig.

Ottawa-Church

Licht-aus-Spott-an

Ende-der-NachtLicht-in-der-Nacht-behindert-Brustkrebsbehandlung 
Vielleicht sind wir bald da oben, aber bestimmt nicht im Himmel. Wer so mit natürlichen Ressourcen und Menschen umgeht, fällt bei der Aufnahmeprüfung durch und kommt an einen wärmeren Ort, geheizt mit der Restwärme der unnütz betriebenen Kraftwerke.

Was macht das Licht aus mir?

 
Was erntet man in einem Unternehmen, wenn man diese Frage an die Mitarbeiter stellt? Lassen wir die üblen Antworten aus und gucken uns die üblichen an. Begeisterte Gesichter wird man eher selten sehen. Manche werden eher sagen "Mach das Licht aus, bevor Du gehst!" Wie kommt das eigentlich? 

Ich fange mal mit dem an, was nicht mit dem Licht zusammen hängt. Die Sache kann man am besten verstehen, wenn man sich anschaut, was sich Leute (in diesem Fall waren es die Personen, die eine Beleuchtungsnorm geschrieben haben) unter einem Büroraum so vorstellen. Spaßeshalber habe ich die Darstellung etwas übertrieben. Nicht übertrieben sind aber die Flächen, die sind im Original so eingezeichnet.

BauDirDeinBuero
Wenn man diesen Raum einem guten Lichtplaner gibt, wird er mit einiger Sicherheit eine  Beleuchtung planen, die zufrieden stellt, insbesondere dann, wenn der Raum auch noch über 3 m hoch ist. Warum derselbe Planer bei üblichen Verhältnissen eher eine schlechte Beleuchtung planen wird, kann man leicht verstehen, wenn man ausrechnet, wie viele Menschen in einem üblichen Unternehmen auf dieser Fläche untergebracht werden. Wenn man das obige Bild ausmisst, wird man feststellen, dass der Raum mindestens 45 m2 und maximal 80 m2 groß sein dürfte. Nehmen wir den unteren Wert und schauen wir uns die Flächenansätze großer Unternehmen an, z.B. 7 m2 in einem der größten Konzerne der Republik, so wird die Fläche von etwa 6 Personen geteilt. Kauft das Unternehmen aus Kostengründen Rasterleuchten mit T5-Lampen (sie sollen so effizient sein) geht die Wahrscheinlichkeit, dass einer der sechs im Raum zufrieden sein wird, gegen 0 (in Worten Null). Ist die Bude auch gerade so hoch, wie zulässig (2,40 m) geht sie nicht gegen Null, sondern sie ist Null.

 
Jetzt nehmen wir weiter an, dass die Leuchten Einbauleuchten sind. Bei denen gucken Lampen mit einer eher unerträglich hohen Leuchtdichte aus einer dunklen Decke raus. Kein vernünftiger Architekt käme auf die Idee, so etwas freiwillig einzuplanen. Ich denke mal, dass die meisten Räume in Deutschland weder einen Architekten noch einen Lichtplaner je sehen werden, wenn eine neue Beleuchtung geplant wird. Die Wahrscheinlichkeit, dass beide Hand anlegen, ist etwa Null. Dass einer von den beiden dabei ist, dürfte bei 5% der Fälle eintreten.

Und bei diesen 5% der Fälle wird eher selten vorkommen, dass man dem Planer keine Handfesseln namens Kosten anlegt. Was denn sonst? Unternehmen müssen wirtschaftlich handeln. Bei manchen (Versicherungsunternehmen) passt sogar eine Aufsicht auf, damit sie keine Luxusbauten erstellen. Soweit so gut …

 
Als Nächstes kommt etwas, was mit Licht überhaupt nichts zu tun hat, Akustik. Da Menschen gerne sprechen, und auch noch bei der Arbeit sprechen müssen, müssen sie möglichst gut akustisch isoliert werden. Das macht man z.B. mit Paneelen, die meistens grau sind. Zwar kann man einen Nutzen der Einrichtung bestenfalls mit einer Goldwaage, sprich feine akustische Messgeräte, erfassen. Aber die Akrobatik in Sachen Akustik macht jede Mühe des Lichtplaners leicht zunichte.

Wie man sieht, ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein Büroraum zufrieden stellend beleuchtet sein wird, recht gering. Dabei habe ich noch gar nicht davon gesprochen, dass die zulässige Blendung (UGR = 19) bedeutet, dass bereits theoretisch nur 48 % der Bewohner des Raum zufrieden sein werden. Niemand in der Praxis scheint gehört zu haben, dass es auch Leuchten mit UGR = 0 gibt. Bedeutet so viel wie "blendet nie". Zu den Leuchten sagt man offiziell "UGR-Verfahren nicht anwendbar". Warum eigentlich? Weil das Ergebnis 0 ist? Ist jemand auf die Idee gekommen, dass bereits diese Aussage gesetzwidrig ist? Und zwar deswegen:

"Um Fehler, Ermüdung und Unfälle zu vermeiden, ist es wichtig, Blendung zu begrenzen." (DIN EN 12464-1) Und das Arbeitsschutzgesetz sagt dazu:
"Der Arbeitgeber hat bei Maßnahmen des Arbeitsschutzes von folgenden allgemeinen Grundsätzen auszugehen:
1. Die Arbeit ist so zu gestalten, daß eine Gefährdung für das Leben sowie die physische und die psychische Gesundheit möglichst vermieden und die verbleibende Gefährdung möglichst gering gehalten wird; …" Klartext: Wenn eine Gefährdung vermieden werden kann, muss sie vermieden werden. Warum also Menschen bei der Arbeit mehr belasten als mit vernünftigen Mitteln möglich? Zulässig ist ein solches Vorgehen z.B. dann, wenn der Aufwand unverhältnismäßig hoch ist oder durch die Lösung eines Problems ein anderes verschlimmert wird. Nichts davon ist aber wahr. Warum handelt eine ganze Branche gesetzwidrig?