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Sind die irre geworden?

Lichter oder Irrlichter -
Wer zieht mehr Aufmerksamkeit auf sich?

Im letzten Heft von Licht fand ich das folgende Darstellung, das das Human Centric Lighting erklären soll:

Human-Centric

Während die linke Seite mich nicht wundert - unsere Normen zählen ja Anwendungsbereiche bis zur Vergasung auf -, kommt mir vor, als wenn die Autoren des Bildes frisch aus dem Irrenhaus gekommen wären. Man soll Saison, Tageszeit und Dauer (der Beleuchtung) berücksichtigen? Und kulturelle Prägung des Nutzers? Und auch noch dessen individuelle Vorlieben! Da kann ja jeder kommen! Kaum haben wir einen der Optimierungsparameter abgeschafft (Lichtrichtung gibt es in der Innenbeleuchtung seit 1972 nicht mehr) und einen zweiten, Lichtverteilung, für immer auf die gleichmäßige Verteilung der Leuchten an der Decke herunter"normiert", kommen die und wollen neben dem Ganzen auch noch das Alter der Nutzer nebst deren Gesundheit berücksichtigt wissen.

 
Vor meinem geistigen Auge steht Victor Hugo vor dem Irrenhaus und sinniert darüber, wer die Irren sind - die da drinnen oder die da draußen! Man stelle sich vor, die Autoren des Bildes hätten nur ein klein Bisschen recht. Darf man dann Beleuchtungsnormen machen, die auf der ganzen Welt gleichermaßen gültig sind? Ich denke ja, allerdings nur wenn man so denkt wie die Autoren des unten gezeigten Textes (Zitat aus der derzeit gültigen Norm DIN EN 12464-1:2011):
"Die Werte (Anm. Festlegungen für Beleuchtungsstärke und andere relevante Größen)  gelten für übliche Sehbedingungen und berücksichtigen die folgenden Faktoren:
⎯ psycho-physiologische Aspekte wie Sehkomfort und Wohlbefinden;
⎯ Anforderungen für Sehaufgaben;
⎯ visuelle Ergonomie;
⎯ praktische Erfahrung;
⎯ Betriebssicherheit;
⎯ Wirtschaftlichkeit."

Also, man nehme eine große Prise Psycho-physiologie, dazu klein Bisschen Wohlbefinden, tue etwas visuelle Ergonomie darauf, mische das Ganze mit praktischer Erfahrung, rühre Betriebssicherheit hinein und gebe unter kräftigem Rühren Wirtschaftlichkeit dazu. Wenn man lange genug gerührt hat, kommen 500 lx heraus. Es kommt immer 500 lx heraus, gerührt oder geschüttelt! Und die normt man ganz für Europa! Bei der Lichtfarbe ist wichtig - sie soll es neutralweiß sein, vielleicht auch warmweiß. (Neuerdings nicht mehr, weil man LED verkaufen will. Die sind meist blaustichig.) Blenden soll das Licht nicht, jedenfalls höchstens jeden zweiten. Und das Alter? Dazu gibt es in der Norm schon was, aber nur für das Alter der Lampen. Die müssen auch mal geputzt werden, damit kein Europäer auf 500 lx an seinem Arbeitsplatz jemals verzichten muss! Was heißt denn verzichten, er muss immer 500 lx haben. Denn das ist der Wartungswert und der ist "Wert, unter den die mittlere Beleuchtungsstärke auf einer bestimmten Fläche nicht sinken darf." So steht es in der Norm über lichttechnische Begriffe geschrieben (DIN EN 12665). Was das Alter der Nutzer angeht - da müssen die Alten in der Alten Welt warten, bis die Lichttechnik den Begriff Accessibility begreift. 

Weiß jemand wo Europa liegt? Mal gucken, was die Karten von der EU und der EFTA sagen? Juristisch gesehen fängt Europa im Osten bei der Insel Reunion an. Die liegt östlich von Südafrika und Madagaskar. Im Westen - doch was Neues - reicht Europa bis Französisch Guayana, die Karibik ist noch mittendrin. Während die südliche Grenze von Europa auch bei Reunion liegt, endet die Gültigkeit von EN 12464-1 nicht einmal beim Nordkapp (71. Breitengrad), da sind noch fast 800 km Luft nach Norden (Spitzbergen, fast 78. Breitengrad). Am Nordkapp gibt es ca 2,5 Monate Nacht, dafür entsprechend lange keinen Sonnenuntergang. Auf den Spitzbergen türmt sich die Nacht auf ca. 3,5 Monate. Wie sehen da die Lichtverhältnisse aus? Was brauchen Menschen dort für Licht? Und warum?

 
Hätten sich die Jungs nur auf Europa beschränkt, wäre die Sache wohl noch einigermaßen verständlich. Doch, was in DIN EN 12464-1 steht, gilt in der restlichen Welt, nur unter anderer Nummer ISO 8995-1/CIE S 008. Der Inhalt wurde etwa im Jahre 1979 in Deutschland zusammen gebraut. Später versuchte man, ganz Europa am Deutschen Wesen genesen zu lassen. Die Beleuchtungsnorm sollte sogar eine Sicherheitsnorm werden. Als sie es nicht wurde, hat man sie der CIE angedient, die prompt gemeinsam mit ISO die besagte Norm produzierte. Wenn z.B. Madagaskar und Burkina Faso am Fortschritt teilnehmen wollen, müssen die noch ´n paar Kraftwerke bauen, weil deren vorhandene Kraftwerke fast 100% für Beleuchtung arbeiten. Wenn man die Werte verfünffacht, muss man eben fünfmal so viele Kraftwerke bauen wie vorhanden. In Industrieländern ist es nicht so schlimm. Erstens hat man die Werte bereits vorher trickreich hochgerechnet, und zweitens verballert man nur 20% der Kraftwerkkapazität für Beleuchtung. Wer all diese Dinge verstehen will, sollte mal in der Industriegeschichte bei Edison, Westinghouse und Siemens nachschlagen. Die wollten nicht etwa Licht verkaufen, sondern Kraftwerke und Leitungen. Mit der Erleuchtung von Massen wollten sich die Herrschaften garantiert nicht befassen.

 
Ich denke, man hat in der Lichttechnik lange gut gelebt mit den Weisheiten der Altvorderen und musste kein Hirnschmalz neu hinzutun. Man konnte damit sogar Professor werden und ein ganzes Professorenleben abschließen, so etwa mit der Vorstellung, dass Menschen im Büro Sehleistung benötigten. Und dass, auch wenn der Chef in seiner Jugend nachgewiesen hatte, dass mit Sehleistung kein Blumentopf zu gewinnen war. Und man durfte Leute, die von einer Anpassung an den Menschen sprachen, in die Nähe des Irreseins rücken.

Mal sehen, wie sich das Human Centric Ligth in diesem Milieu entwickelt. Aufblühen wie ein Hibiskus auf den Spitzbergen?

Frauen sehen Licht anders

Dass Frauen manche Dinge anders sehen als Männer, ist hinlänglich bekannt, auch wenn nicht immer zur Freude der Männer. Was ich bislang nicht genau erklären konnte, war ein Ergebnis unserer Studie "Licht und Gesundheit", die wir in Büros durchgeführt hatten. Die Frauen haben sich mehr über die Farblosigkeit beschwert als Männer. Damals schrieb ich einen Artikel für die Zeitschrift "Mensch & Büro" mit dem Titel "Wie kommt das Grauen in deutsche Büros", in dem das alltägliche Grau in Büros, von Räumen, Möbeln und Maschinen ("computerschmuddelgrau"),  erklärt wurde, auch wenn nicht gerechtfertigt. Gestern las ich im letzten Heft von Licht (4/2015), dass es eine richtig gute Studie zum Thema gibt. Der Autor der Studie ist Dr. Noack, Co-Autoren sind Abdullah Rehan,  Insa Neumann, Adele Dietrich, Werner Bergholz. 

Hier ein kleiner Teaser ohne Kommentar. 

Frauen-sehen-anders

Und hier einige Links:

http://www.farbimpulse.de/Frauen-sehen-Farben-anders-als-Maenner.651.0.html

http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/wahrnehmung-maenner-und-frauen-sehen-unterschiedlich-a-853689.html

http://science.orf.at/stories/1704262/

http://www.welt.de/wissenschaft/article108127319/Darum-sehen-manche-Frauen-mehr-Farben-als-andere.html

 

Ampelmann

Circadianes Licht - gesund?

Wie gesund darf Licht sein? Weiß man nicht! Dass Licht etwas mit Gesundheit zu tun hätte, glaubte man uns nicht, als wir vor genau 25 Jahren unseren Forschungsbericht "Licht und Gesundheit" veröffentlichten. Aber offensichtlich sehen manche Leute es so, dass unser genormtes Licht in Arbeitsstätten ungesund sein muss. Ansonsten hätten sie keinen Antrag gestellt, gesünderes Licht planen zu wollen. Der Antrag ging an CEN, die europäische Normungsorganisation, und sollte die Revision ihrer Norm EN 12464-1 bewirken. Die beschreibt, wie Arbeitsstätten und Arbeitsplätze in Europa beleuchtet werden sollen.

Einige feinsinnige Herrschaften haben aber einen triftigen Einwand gegen das beantragte Vorgehen: Wenn nämlich etwas die Gesundheit und Sicherheit des Menschen angeht, darf CEN keine Norm dazu machen. Logisch? Unlogisch? Legal? Illegal? Nur nicht sch...egal. Legal vorgehen heißt: Nur der Staat darf Grenzwerte festlegen, wenn eine Sache den Menschen betrifft. Wie viel Asbest darf ich schlucken? Das legt der Staat so fest: Die EU sagt, kein Bürger eines Mitgliedsstaates darf gesundheitsgefährdende Mengen an Asbest schlucken. Also lieb Deutschland, schreib bitte vor, wie viel Asbest in der Luft vorkommen darf. Deutschland sagt, danke liebe EU, und grübelt eine Weile. Und schreibt (meistens) eine Verordnung oder gar ein ausgewachsenes Gesetz darüber, wie viele Fasern Asbest man spalten darf, ohne dass die Luft gefährlich wird. Dann schreibt sie an die liebe EU, ihrem Willen sei genüge getan worden. Und die gibt vorerst Ruh´.

Ganz früher, lang ist´s her, hätte die Bundesrepublik eine Normenorganisation gefragt, dazu eine Norm zu erstellen. Die hätte dann nach eigenem Gusto die Norm produziert. Manchmal mit Hilfe von Freiwilligen, die die Industrie ganz selbstlos in die Normung geschickt hat. Manchmal hat man die betroffenen Behörden um Experten gebeten. So etwas darf man immer noch tun, aber nur wenn die Angelegenheit nicht die Sicherheit und Gesundheit betrifft. Deswegen steht in allen neuen Normen seit 1996, dass die Inhalte die Gesundheit und Sicherheit nicht … Auch in EN 12464-1 steht so etwas geschrieben.

Nun reicht es bei uns nicht, in eine Norm zu schreiben, dass man nichts über Gesundheit regelt. Die Leute sind so doof, dass sie es nicht verstehen. Darum muss es noch einmal bekräftigt werden. Notfalls mit Gewalt. Aber zunächst zu der Frage, warum die Leute so doof sind. Etwa angeboren? Nee, anerzogen. So etwa 80 Jahre erzählte man dem deutschen Publikum, wenn es gesundes Licht wolle, muss es genormtes Licht sein. Das waren im Übrigen die gleichen Leute, die uns den Titel unserer Forschungsarbeit "Licht und Gesundheit" nicht abnehmen wollten.

Früher, lang lang ist´s her, hatte der deutsche Staat sogar ein Amt dafür. Das Amt für Schönheit der Arbeit! Echt, ehrlich. Später, als der damalige Staat auch noch unschöne Sachen gemacht hatte, haben Freiwillige der Industrie die Idee übernommen, und den neuen deutschen Staat davon überzeugt, dass er seinen Arbeitsschutz mobilisieren möge, damit er gesundes Licht in deutsche Arbeitsstätten verteilt und überwacht. Man lieferte auch die Norm dazu. Fortan prüfte die Gewerbeaufsicht, ob auf jedem Arbeitsplatz genügend Licht von oben empfangen wurde. Es genügte nicht einmal, dass der gesamte Arbeitsplatz durch die Arbeitsmittel glänzend hell beleuchtet war (so geschehen an Regiearbeitsplätzen des Fernsehens mit Dutzenden von Monitoren). Und jedem, der mit seiner Beleuchtung unzufrieden war, oder dem die Augen weh taten, erzählte man, er möge sich um eine normgerechte Beleuchtung bemühen.

Mit dieser Selbstherrlichkeit war mit dem Arbeitsschutzgesetz von 1996 vorbei. Deswegen trug die "neue" Beleuchtungsnorm DIN EN 12464-1 von 2003 einen Vermerk, der dies besagte: "Diese Europäische Norm legt keine Anforderungen an die Beleuchtung von Arbeitsstätten im Hinblick auf den betrieblichen Arbeitsschutz fest und wurde nicht im Anwendungsbereich von Artikel 137 der Europäischen Verträge erarbeitet, obwohl die lichttechnischen Anforderungen, die in dieser Norm enthalten sind, üblicherweise auch die Anforderungen im Hinblick auf Sicherheit erfüllen. Anforderungen an die Beleuchtung von Arbeitsstätten im Hinblick auf den betrieblichen Arbeitsschutz können in nach Artikel 137 der Europäischen Verträge erlassenen Richtlinien enthalten sein, in der nationalen Rechtsetzung der Mitgliedsstaaten in Umsetzung dieser Direktiven oder in anderer nationaler Rechtsetzung der Mitgliedsstaaten." Wem die Sache so nicht gefällt, kann glücklicherweise auf eine internationale Norm der CIE zurückgreifen (CIE S 008), in der zwar die Anforderungen gleich sind, aber die Einschränkung fehlt, dass die Norm den Arbeitsschutz nicht regelt, obwohl sie doch schon ganz gut … Man merke: man nehme eine Reihe von Lampen und Leuchten, wähle sie so aus, wie die Norm verlangt, und plane die Beleuchtung ebenso. Mal dient sie der Sicherheit (Text von CIE), mal auch nicht (Text von DIN EN 12464-1). Klar wie Kloßbrühe. Oder hat etwa jemand was verstanden?

EU Symbol Work Safety

Als die Norm EN 12464-1 dann ihre letzte Form 2011 fand, sagte unser Arbeitsschutz, dass wenn man nur diese Norm berücksichtigte, ein gesundes Licht nicht erreicht werden könne. Die hatte nämlich mittlerweile ein schönes Papier erarbeitet, das nach eigenem Bekunden den Stand der Wissenschaft und Technik und Gott weiß noch was darstellt. Leider ist das nicht etwa in der Bildzeitung veröffentlicht sondern im "Gemeinsames Ministerialblatt" aller Ministerien. Dieses Papier ist eine Arbeitsstättenregel, passt aber nicht mit den Normen zusammen. Der Vermerk liest sich so:

EU Symbol Work Safety

"Grundsätzliche Anforderungen an die Beleuchtung hinsichtlich der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Beschäftigten bei der Arbeit sind in Deutschland in der Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) bzw. in der Unfallverhütungsvorschrift "Grundsätze der Prävention" (BGV A1) festgelegt. Diese Anforderungen werden in der Arbeitsstättenregel ASR A3.4 "Beleuchtung" und in berufsgenossenschaftlichen Regeln konkretisiert sowie in berufsge-nossenschaftlichen Informationen erläutert.
Planung und Betrieb von Beleuchtungsanlagen ausschließlich nach dieser Norm können zu Nichteinhaltung staatlicher oder berufs-genossenschaftlicher Mindestanforderungen führen. Abweichende Anforderungen zu dieser Norm betreffen insbesondere:

· durch Zusammenfassung der Bereiche der Sehaufgaben zu einem Arbeitsbereich,
· durch die Ausdehnung des unmittelbaren Umgebungsbereichs auf den restlichen Raum,
· hinsichtlich der geforderten Höhe der horizontalen Beleuchtungs-stärke für einige Arbeitsplätze,
· hinsichtlich der vertikalen und zylindrischen Beleuchtungsstärken,
· hinsichtlich der geforderten Gleichmäßigkeit der Beleuchtungs-stärken."

EU Symbol Work Safety
EU Symbol Work Safety

Ein Bisschen heftiger geht es im Gemeinsames Ministerialblatt zur Sache:
Die Anforderungen dieser ASR weichen in Einzelfällen von Normen, insbesondere von DIN EN 12464-1:2003 Beleuchtung von Arbeitsstätten – Teil 1: Arbeitsstätten in Innenräumen sowie DIN EN 12464-2:2007 – Teil 2: Beleuchtung im Freien ab. Die DIN EN 12464 Teil 1 und 2 legen Planungsgrundlagen
für Beleuchtungsanlagen fest, berücksichtigen aber nicht die Anforderungen, die an Sicherheit und Gesundheitsschutz der Beschäftigten bei der Arbeit zu stellen sind.

Will sagen: Die Beschäftigten der Bundesrepublik Deutschland haben in Sachen Licht Nachholbedarf, soll es nicht an deren Gesundheit gehen.

Als man sich daran machte, eine Norm zu entwickeln, die all die aufgezählten Probleme beseitigt und dem geneigten Lichtplaner endlich sagt, was er denn zu planen hat bzw. wofür, stellte man fest, das geht eigentlich nicht. Und dann kamen auch noch die, die meinen, gesundes Licht sehe anders aus. Bei dem rechnet man nicht mit Lux sondern mit mLux. Und Lumen wäre von Vorgestern und müsste mLm heißen. Und überhaupt … Sehwirkung war mal wichtig, jetzt muss Licht an seiner circadianen Wirkung gemessen werden. Da man die Sache, circadiane Wirkung, allerdings immer noch nicht versteht, genügt es vorerst, wenn man die melanopischen Wirkungen normt. Das ist die Wirkung des Lichts auf die Melatoninunterdrückung. Daher das "m"chen von Lux und Lumen. Allerdings bleiben die notwendigen Änderungen nicht auf das Ämmchen beschränkt, denn Licht von oben will und kann keine melanopischen Wirkungen auslösen, jedenfalls nicht ganz so effizient, es muss ins Auge gehen. Dummerweise ist Licht, das ins Auge geht, nicht sehr gesund, es blendet meistens. Und wenn es auch noch blau ist - blau ist die Lieblingslichtfarbe von Melatonin -, kann es auch noch zu Blaulichtschäden führen. Nicht gerade sehr gesund!

Böse Ketzer behaupten auch noch, dass die melanopischen Wirkungen meist nachts im Schlaflabor mit nicht gerade sehr aktiven Menschen ermittelt worden seien und wollen eine überzeugende Argumentation sehen, wie valide die Forschung für Menschen ist, denen man zuweilen hektische Aktivität am Tage abverlangt. Wenn diese bösen Leute wüssten, dass eine allseits verbreitete Studie die melanopischen Wirkungen mit Kleinkindern ermittelt hat und mit Erwachsenen validiert, weil dem Forscher der Ethikrat seiner Universität das Experimentieren mit Kindern verboten hat, wären sie noch böser. 

Jetzt holen uns die Sünden der Vergangenheit ein. Man will die Norm so ändern, dass sie gesundes Licht propagiert. Man darf aber nicht, weil …… (steht oben). Tut man das nicht, ist das Licht wohl ungesund. Tut man es doch, muss man sich davor hüten, zu viel Blaulicht ins Auge zu strahlen. Das ist ungesund, garantiert! Egal. Die Lage ist ungesund an sich. Hätte man doch rechtzeitig allen gesagt, dass genormtes Licht zwar gesund ist, aber nur für die lichttechnische Industrie! Wir haben nachgewiesen, dass sie für die Erleuchteten eher nicht allzu gesund ist. Jetzt sagen das auch die von der Industrie, die eine neue Norm haben wollen. Frei nach Kaiser Ferdinand*: Ja, dürfen s' denn des?

Kaiser Ferdinand I. blickt im März 1848 genervt aus der Hofburg
auf eine lärmende Menge und erfährt von Metternich:
"Die machen eine Revolution, Majestät."
Er fragt fassungslos zurück: "Ja, dürfen s' denn des?"
Hier bitte  nicht weiter lesen: Sie durften nicht und
wurden zusammengeschossen.

Sicherheit und Gesundheit
Ende der Nacht
Ende der Nacht
Blaulichtgefahr
Teufelchen
Teufelchen

Der Spaltpilz geht um

  

Als ich heute im Radio hörte was von "OSRAM" und "spalten", suchte ich im Internet. Als ich "Osram" und "spalten" getippt hatte, erschien "SIEMENS spaltet OSRAM ab". Das war aber vorletztes Jahr. Heute spaltet Osram was ab. Aber was? 

In der guten alten Zeit, als ich glaubte, die Welt wäre um Licht herum gebaut - nicht nur ich, übrigens -, hatte die Regie der Industrie die Sache so geordnet: Siemens verkauft Licht. Dieses kommt aus Leuchten, die Siemens baut. In die verbaut Siemens Lampen, die Osram baut. Und Osram darf nichts anderes bauen. Hie Leuchten, da Leuchtmittel. Gibt Licht, insgesamt. Da war die Welt noch in Ordnung.

Mitten in die gute Ordnung platzte 1997 die Meldung, Siemens spalte die Lichttochter ab, damals Hausgeräte- und Leuchtenwerk der Siemens Elektrogeräte GmbH. Schon damals wurde die Ordnung stark gestört, weil die in die Leuchten eingebauten Vorschaltgeräte aus dem Hause Osram kamen. Nun erlebte man Spaltung #1. Das Spaltprodukt #1 hieß - und heißt noch - SITECO, von der es auf der Website heißt: "Siteco blickt auf 150 Jahre Erfahrung in Sachen Licht zurück." Schnell gerechnet: Der Blick reicht auf das Jahr 1865 zurück. Was war da gewesen? In dem Jahr 1865 wurden gegründet u.a. Allgemeiner Deutscher FrauenvereinDynamit NobelDeutsche Gesellschaft zur Rettung SchiffbrüchigerSektkellerei J. OppmannNarrenzunft GoleDeggendorf–Plattlinger Eisenbahn AG. Von SITECO keine Spur. Aber Geduld! Ich gucke unter Ereignisse 1865 nach. Das Schaufelraddampfer Republic sinkt im Hurricane vor New Orleans. Das kann es nicht gewesen sein. Na, ja! Wenn ich weiter in dem Jahr suche, komme ich bestenfalls auf den Untergang der Sultana, die mehr Tote verursachte als die Titanic. Vielleicht war es das: "Siemens erfindet die Dynamo-Maschine" Die Meldung ist zwar von 1867 von der Pariser Weltausstellung, aber wer wird denn so pingelig sein. Siemens bastelte bestimmt lange an dem Gerät, bevor es auf die Weltausstellung schaffte. Vielleicht! Wir hatten an der Uni gelernt, dass er sein Prinzip am 17 Januar 1867 vor der Akademie der Wissenschaften vorgetragen hatte. Von ihm stand übrigens eine Statue samt Dynamomaschine vor unserem Institut und bis 1972 wurde sein Geburtstag in der ganzen Elektrotechnik gefeiert. Ein Sonderfreitag für alle E-Techniker!

Falls ich mich mit den Zahlen nicht irre - gerechnet habe ich auf Google - reicht die Erfahrung von SITECO mit Licht noch vor die Erfindung der Dynamomaschine. Da die erste brauchbare Glühlampe erst 1880 für Thomas A. Edison patentiert wurde, muss sich SITECO mit anderen Lichtquellen beschäftigt haben. Ich gucke weiter in der Geschichte der jetzigen Mutter OSRAM, die früher die Deutsche Gasglühlicht-Anstalt hieß. Nix, die wurde 1892 gegründet. Ich gebe auf, es wird Kerzenlicht oder Karbidbeleuchtung sein, auf die SITECO zurückblickt. 

SITECO kam nach zwei Stationen zu Osram, die seit 1978 eine vollständige Tochter von Siemens war. Jetzt war die Ordnung sogar besser als vorher. Leider, leider wollte Siemens doch beide nicht behalten, weil man zwar aus Kohle Strom, aus Strom Licht und aus Licht wieder Kohle machen kann. Aber nicht so üppig, wie sich manche Konzernoberen vorstellten. Die weitere Geschichte hatte ich hier und da und dort kommentiert. 

So wurde Osram an die Aktionäre geschenkt. Spaltprodukt #2. Aber, was glaubten die, was sie da geschenkt bekamen? Osram sagt auf ihrer Website "Licht ist OSRAM - OSRAM ist Licht". "OSRAM ist einer der beiden weltweit führenden Lichthersteller." Seit über 100 Jahren ist OSRAM „Ganz nah am Licht“ - heißt es da. Für mich zuerst Lampenhersteller - später wie oben dargestellt. Mein Doktorvater, dessen Doktorvater, viele Doktoranden von beiden, und viele Kollegen ginge zu OSRAM oder kamen von OSRAM.

Seit heute ist OSRAM nicht mehr OSRAM - jetzt kommt Spaltprodukt #3. Aber was wird daraus, wenn man von einem Lampenhersteller die Lampenherstellung abspaltet? So steht es in der WELT geschrieben: "München - Der Lichttechnik-Hersteller Osram treibt angesichts des dramatischen Wandels auf dem Lichtmarkt den Konzernumbau weiter voran und will das Geschäft mit Lampen - darunter Halogen-, Energiespar- und LED-Lampen - komplett ausgliedern.* (Die wahre Quelle ist dpa) Dahinter steht, das Lampengeschäft wäre schon länger ein Problemfall gewesen. Und Philips hätte das Geschäft mit LED- und Autobeleuchtung an die chinesisch-amerikanische Investorengruppe Go Scale Capital abgegeben (Kommentar hier und dort). OSRAM will gerade die LED und Autobeleuchtung behalten. Oder auch nicht? Schau´n mer mal!

Ich denke, wir erleben den Zusammenbruch des Jahrhunderts des Lichts. Ist es nicht zynisch von der UNESCO, was ganz anderes zu feiern? 

Sag' beim Abschied leise 'Servus',
und gibt's auch ein Wiedersehen,
einmal war es doch schön. 

OSRAM Stromrechnung
OSRAM Stromrechnung
OSRAM Stromrechnung
Goebel Lampe
Goebel Lampe
OSRAM wird angebetet

Geburtsfehler namens Licht

  

Gestern erreichte mich eine Nachricht, über die ich mich freue. Zu nicht-visuellen Wirkungen des Lichts wird ein Verbundprojekt durchgeführt, an dem viele wichtige Forschungseinrichtungen in Deutschland mitarbeiten werden. Die Leitung liegt zudem bei meinem früheren Institut. Wie schön es zu hören.

Beim Lesen der Details fiel mir aber das Wort 'Geburtsfehler' ein. Das ist ein Fachbegriff, der sich aus einem alltäglichen ableitet. Wenn ein Kind mit einer Behinderung geboren wird, muss es sein Leben lang mit dieser auseinandersetzen. Schlimmstenfalls kann es sogar sein, dass diese Auseinandersetzung alle Kräfte dieses Menschen absorbiert. Oder den Misserfolg seines Lebens programmiert.

Der wahrscheinlich folgenschwerste Geburtsfehler ist der des Computers. Er muss immer programmiert werden, und es gibt keinen anderen Weg, einen Computer zu benutzen. Deswegen wird in Kernkraftwerken der Computer bei Katastrophen nicht benutzt. (Zum Glück hatten wir keine Katastrophen bislang, denn ich wüsste nicht, wie die Jungs ohne Computer aus dem Schlamassel kämen.) 

 
Was soll bei Licht denn ein Geburtsfehler sein, wenn man die Wirkungen von Licht untersuchen will? Ja, er heißt Licht. Denn das Forschungsprojekt will sich auf Licht beschränken, obwohl man seit langem weiß, dass dessen Wirkungen ohne die Strahlung nicht sinnvoll betrachtet werden können, die als Infrarot und Ultraviolett bezeichnet werden. Sofern man nur Sehvorgänge betrachtet, und die nur in ihren kurzfristigen Wirkungen, kann bzw, darf  man sich auf das sichtbare Spektrum beschränken. Jedoch nicht bei Vorgängen, die eben "nicht-visueller" Art sind oder sein sollen. Das eine schließt das andere aus. Nicht etwa, sondern basta.

Daher haben die US-Forscher beschlossen, bei Sehvorgängen von Licht zu sprechen, bei allgemeinen Wirkungen von optischer Strahlung - natürlich alles  in Englisch ... Sie haben aber in ihrer Expertise das Tageslicht "vergessen". Ich denke, dass ist so, als würde man seinen verlorenen Groschen nachts unter derä Laterne suchen, weil man dort besser suchen kann. Deren Expertise hatte ich bereits vor Langem in diesem Blog kritisiert (hier). 

Offenbar ist der Lichtmensch nicht in der Lage, über die Grenzen seines Themas zu denken. Bei Leuten, deren Sachgebiet nur Sachverhalte mit einfacher Auswirkung umfasst, auch wenn diese lebenswichtig ist, z.B. Luftqualität, mag das gut gehen. Hat ein Lüftungsingenieur saubere Luft generiert, muss er nicht unbedingt wissen, was noch mit der Luft so zusammen hängt. Wann darf aber ein Lichtingenieur behaupten, er habe gutes Licht geschaffen? 

 

Ich denke, man wird noch lange grübeln müssen, bevor man Heureka rufen darf. Das Licht allein ist mit seinen Wirkungen kompliziert genug, die von UV und IR kommen dazu. Wer sie auseinander dividiert, um sie zu verstehen, könnte eines Tages mit der Feststellung aufwachen, am falschen Faden gezogen zu haben.

Ein Trost: Nicht jeder Geburtsfehler ist schlimm. Albert Einstein hat damit gut gelebt, überintelligent geboren zu sein. Hoffnung stirbt zuletzt.

 

 

 

Einstein zeigt Zunge