Ist Deutschland doch eine Provinz von Absurdistan?

Doch Tageslicht auf deutschen Firmenklos? (siehe Bundesregierung streitet über Tageslicht in Firmentoiletten) Die Arbeitsstättenverordnung, auf der der Buddha gesessen hat, wurde endlich vom Bundesrat befreit. Dat weer ook Tied! Der, Buddha alias Altmaier, hatte sich eigenmächtig (?) darauf gesetzt, nachdem sich ein gewisser Herr Kramer beschwert hatte, dass Arbeitnehmern abschließbare Spinde als Recht zugewiesen würden und vor allem, weil alle Firmentoiletten eine Sichtverbindung nach Außen haben sollten. Gott verhüt´s! Sichtverbindung vom gemütlichsten Ort auf dem Planeten nach Außen bedeutet auch eine Sichtverbindung von außen zur gemütlichen Sitzung! Da gleich zwei Ministerinnen das Ganze heimlich vorbereitet haben sollten, protestierte Herr Kramer heftig über die Presse. Er ist nämlich nicht irgendein Kramer, sondern der leibhaftige Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände. Der oberste deutsche Arbeitgeber also. Und der war über die Entstehung der neuen Arbeitsstättenverordnung nicht informiert worden. Wie die Ministerinnen Ursula von der Leyen und Andrea Nahles (hier und dort) wohl haben ihn übergehen können? Nur in Absurdistan ist alles möglich. Daher hat der BDA-Präsident seinem Ärger Luft gemacht, indem er erzählte, er käme sich vor wie in Absurdistan. Recht hat er, meistens jedenfalls. Daher muss ich annehmen, dass auch Deutschland zum intergalaktischen Staat Absurdistan gehört. So war es auch den Pressemeldungen zum Thema zu entnehmen, deren schnelles Wachstum wir dokumentiert haben. (Von wegen Grimms Märchen, in denen ein Körnchen Wahrheit stecken soll. In der besagten Story steckte etwa ein halbes Körnchen und von der Wahrheit nicht einmal die Hälfte.) Am meisten hat sich der Vizefraktionsvorsitzende der Christlichen Sozialen (!) Union aufgeregt und den Vizekanzler öffentlich aufgefordert, Frau Nahles "bei diesem Irrsinn zu stoppen". Anscheinend hatte Frau Nahles fertig. An die Frau von der Leyen wagten sich die Kritiker nicht mehr, denn sie befehligt mittlerweile die drittgrößte Armee der NATO. (Wenn dies nicht ganz stimmen sollte, schwer bewaffnet sind die Ihrigen schon, auch wenn über deren Treffsicherheit sich trefflich streiten lässt.) 

Nu können sich die deutschen Arbeitnehmer freuen! Die vermutlich kürzeste, aber umso wichtigste Vorschrift kommt zurück: Die Sichtverbindung nach draußen. Die ist ein Alleinstellungsmerkmal des deutschen Arbeitsrechts - und wenn alle noch so laut schreien "Alle Politiker raus" und "Alle Gesetze auf die Müllkippe" - mit Ewigkeitswirkung. Wer nicht glaubt , dass ein gewisser Dr. Lammert, seines Zeichens der Präsident des Deutschen Bundestages, gestern in der Semper Oper die Wahrheit sagte, als er behauptete, dass Deutschland zwar nicht das Paradies auf Erden sei, aber von vielen Menschen dafür gehalten werde, hier ist der Beweis: Selbst Amerikaner beneiden uns wegen dieser Vorschrift. Und selbst die Dänen, die die heiligsten Sozialgesetze ihr eigen nennen, dürfen sich nur auf ihr Recht auf Tageslicht am Arbeitsplatz berufen, aber nicht auf eine Sichtverbindung zur Natur. (Na, ja, manchmal auf die verbaute bzw. versaute Natur)

Jetzt zurück zum Absurdistan. Dem BDA-Präsidenten war die Regelungswut der beiden Ministerinnen übel aufgestoßen. Stimmt, da sind jede Menge ganz neue Vorschriften in der ArbStättV, die vorher nie da waren. Stimmt voll und ganz, oder auch nicht? Die waren nämlich in der Bildschirmarbeitsverordnung und regelten z.T. die gleichen Dinge. Ein bürokratisches Unding! Ergo hat das Arbeitsministerium die beiden Verordnungen zusammengepackt. Das nennt sich Deregulierung - alle überflüssigen Vorschriften entfernen, vor Allem Doppelregelungen. Wer solche heilsamen Bereinigungen von Vorschriften verhindert, soll von mir aus König von Absurdistan werden. Aber wie soll man es nennen, die BRD zum Absurdistan auszurufen, weil nicht nur einer geschlafen hat? Vielleicht schlafen sie immer noch, weil sie denken, diese Vorschriften aus der ehemaligen BildscharbV könnte man so einfach weglassen. Dann hätten wir das nächste Verfahren der EU-Kommission am Halse. Die hatte nämlich diesbezügliche Vorschriften schon 1989 erlassen und geklagt, weil der deutsche Bundeskanzler so schlappe 7 Jahre für die Umsetzung eines Teils gebraucht hatte. Die EU-Arbeitsstättenverordnung gar musste bis 2004 warten, ehe das deutsche Arbeitsrecht entsprechend renoviert wurde. Das lag bestimmt nicht an der Überlegenheit des alten deutschen Rechts. Aber an dem neuen Bundeskanzler. Leider habe ich von dem keine Karikatur. (Man wird auch sobald keine bekommen. Der Herr hat einfach keinen Humor.)

Die gute Nachricht für die Beleuchtung ist, es gibt nicht mehr zwei Verordnungen, die Beleuchtung und Sehen regeln. Wenn wir Glück haben, gibt es eine neue ASR Beleuchtung. Die alte kann man nämlich nicht anwenden. Die schlechte Nachricht trifft die Bildschirmhersteller. Jetzt können sie nicht mehr Normen machen, in denen drin steht, dass Bildschirme ruhig glänzen dürfen, da die EU gesagt haben soll, dass man dann andere Beleuchtung vorsehen muss. (Wenn die wüssten, wie einer am Bahnhof denkt, wenn sein Handy die Straßennamen für sich behält, weil das Display glänzt.)

Da ich in vorauseilendem gehorsam die kommende ArbStättV schon 2015 kommentiert hatte, füge ich den Beitrag hier  (cua_15_01-arbstattv) ein. Fast alles dürfte weiterhin so bleiben. (Bitte in den nächsten Monaten CUA nach dem Nachfolgeartikel absuchen.)

 

Büroschlaf ist gesund

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