Welches Licht führt Insekten in den Tod?
In Licht 7/2018 wird von einem Experiment berichtet, das meine - und nicht nur meine - Meinung über die Insektenwirkung von Beleuchtung ändern könnte bzw. müsste. Allgemein glaubt man, die Anziehungswirkung auf Insekten sei eine Frage des Spektrums. Dieser Versuch sagt aber etwas anderes aus.
Als jemand, für den die Wirkung von künstlichem Licht auf die Natur schon von Kindesbeinen an interessant war, las ich den Artikel mit großem Interesse. Als Kind sah ich, wie - nicht wie Motten zum Licht fliegen - Fledermäuse an Gaslaternen jagten. Die waren umschwirrt von Insekten, und die Fledermäuse hatten schon längst ihre Jagdreviere draußen aufgegeben. Sie jagten bei uns in der Straße. Allerdings war der nächste Bach nicht weit und 100 Meter weiter begannen Felder. Auch Fische liebten das künstliche Licht. Ich fischte abends bis nachts an einer Laterne, die der weltberühmte Fotograph Ara Güler gerne fotografierte. Der trank seinen Tee nur einige Meter von der Laterne entfernt. Manchmal brodelte das Wasser voller Fische. Und auch die Fledermäuse kamen öfter vorbei, weil auch die Insekten auf die Laterne flogen.
Das Licht übte auch eine mittelbar fatale Wirkung auf den Blaufisch. Der ist so schlau, dass er weiß, dass eine senkrechte kleine Säule von Meeresleuchten, yakamoz genannt, eine Angelleine bedeutet. Daher fischt man den nachts mit einer Primus-Laterne, dessen Licht etwa einer 1 kW-Lampe gleicht. Lang ist es her. Heute ist die Laterne weg, weil es dort die ganze Nacht hell ist. die erste Brücke, die zwei Kontinente verbindet, brachte nicht nur der Laterne den Tod. Jetzt würden die Insekten auf die Brücke fliegen, die alles erleuchtet. Oder auf die bunte Moschee, erleuchtet wie ein Weihnachtsbaum. Wären noch welche da …
Damit man in Deutschland nicht die letzten Insekten auch der nächtlichen Beleuchtung opfert, fand der besagte Versuch statt. Die Testobjekte waren eine Na-Hochdrucklampe, eine Metallhalogenlampe, eine weiße LED und eine warme LED. Die Leuchten sollten so weit wie möglich gleich sein. Waren leider nicht, weil es damals (2011) nicht so starke LED gab.
Zunächst waren die Forscher überrascht, dass manche Insekten kaum Interesse an Licht zeigten. So wie Eintagsfliegen. Vielleicht lag es daran, dass sie abends auch ohne Licht tot sind. Aber auch Ohrwürmer hatten wenig Interesse gezeigt. Im Ohr ist es meisten auch dunkel, oder? Die beiden Entladungslampen haben sich als bessere Insektenkiller erwiesen, im Schnitt schnitt die Halogenmetalldampflampe stärker ab. Die weiße LED lockte fast doppelt so viele Insekten ins Jenseits als die warme, aber beide weniger als die Entladungslampen.
Die Forscher wollen aber der Lichtindustrie nicht den Gefallen tun und erklären, dass LED insektenfreundlicher wären. Das Ergebnis könnte dadurch zustande gekommen sein, dass deren Lichtstrom geringer war. Auf keinen Fall soll die Insektenwirkung nur dem Spektrum zugeordnet werden. Zudem ändert sich die Rangfolge der Leuchtmittel von Insekt zu Insekt. Außerdem macht das Material der Abdeckung viel aus.
Die Untersuchung klingt sehr anders als eine vom gleichen Forscher (Prof. Eisenbeis) durchgeführte Studie aus Düsseldorf (hier). Ob es was ausmacht, dass die neue Studie aus Frankfurt stammt? Damals (2014) hiess es:
Es werden also neue Forschungshorizonte eröffnet. Man sagt dann nicht mehr insektenfreundlich, sondern vielleicht ohrwurmfreundlich oder zikadenfeindlich? Allerdings scheint das Licht als Insektenkiller ohnehin weit abgeschlagen zu sein. Die Landwirtschaft soll in den letzten 30 Jahren bis zu 90% der Insektenpopulation leise vernichtet haben. Mal sehen, wie viele Insekten noch in Deutschland leben, wenn man endgültig geklärt hat, welche Lampen mehr Insekten anlocken. Wenn man lange genug forscht, könnte das Ergebnis heißen: Licht lockt keine Insekten (mehr) an.