Man stelle sich vor, ein Mensch sitzt unschuldig in Haft bei der Polizei. Alle Welt steht ihm bei. Eines Tages verschlechtert sich seine Lage, ein Richter hat U-Haft angeordnet. Er kommt vom Polizeigewahrsam in die U-Haft-Anstalt. In seinem Dank an die Unterstützer steht was an erster Stelle? Der Mann ist Journalist, darf jetzt Zeitungen lesen, was er bei der Polizei nicht durfte. Und worüber freut er sich zuerst? Tageslicht!
Ob sich das die Leute hinter die Ohren schreiben, die versuchen, immer mehr Leute in immer engere Büros zu stopfen und dabei deutsche Gesetze ignorieren? Schade, dass Verstöße beim Arbeitsschutz nicht im Polizeigewahrsam enden. Das wäre ein tolles Erlebnis für manchen Planer.
Man stelle sich vor, ein Mensch sitzt unschuldig in Haft bei der Polizei. Alle Welt steht ihm bei. Eines Tages verschlechtert sich seine Lage, ein Richter hat U-Haft angeordnet. Er kommt vom Polizeigewahrsam in die U-Haft-Anstalt. In seinem Dank an die Unterstützer steht was an erster Stelle? Der Mann ist Journalist, darf jetzt Zeitungen lesen, was er bei der Polizei nicht durfte. Und worüber freut er sich zuerst? Tageslicht!
Ob sich das die Leute hinter die Ohren schreiben, die versuchen, immer mehr Leute in immer engere Büros zu stopfen und dabei deutsche Gesetze ignorieren? Schade, dass Verstöße beim Arbeitsschutz nicht im Polizeigewahrsam enden. Das wäre ein tolles Erlebnis für manchen Planer.
Man stelle sich vor: eine ehrwürdige alte technisch-wissenschaftliche Gesellschaft beglückt einen mit allerlei Wissen - und das Wichtigste bleibt nicht nur außen vor, sondern wird an etwas gemessen, was verboten ist. Die Rede ist vom Erkennen von Farben. Jeder normal denkende Mensch würde denken, dies, das Wahrnehmen von Farben, wäre das Ziel einer Beleuchtung, wenn nicht das einzige, das wichtigste Ziel.
So kann man sich irren. Zum einen ist das Ziel der Beleuchtung nur, eine Sehleistung zu erzeugen. Die ist aber dummerweise nicht so definiert, dass jemand damit etwas anfangen könnte: laut "Internationales Wörterbuch der Lichttechnik” wird sie als “Leistung des visuellen Systems, wie sie beispielsweise durch die Geschwindigkeit und die Genauigkeit gemessen wird, mit welcher eine Sehaufgabe gelöst wird” definiert. Also sehr vage. Und was ist die Sehaufgabe? Man kann sich die passende aussuchen: Sehschärfe, Unterschieds- oder Formempfindlichkeit, Wahrnehmungs- oder Akkommodationsgeschwindigkeit … Aber nie Farberkennen!
Will man das Farberkennen als eine Art Sehleistung ansehen, müsste man sich Gedanken um die Farbe machen. Zwar ist jedem bekannt, dass in Töpfen aus dem Farbenregal im Bauhaus Substanzen befinden, die sich Farbe nennen - und sogar eine Nummer haben (RAL XXXX). Etwa genauso bekannt ist aber, dass ein damit angestrichenes Brett im Garten anders aussieht als in der Küche. Warum hat der Lack aber dennoch eine vierstellige Nummer, die sich nicht ändert? Das liegt an der Messung der "Farbe" unter Standardbedingungen und mit Standardlichtquellen.
Und wie kann man beziffern, ob eine bestimmte andere Lichtquelle die Farbe meines Bretts richtig erkennen hilft? Dafür gibt es den "allgemeinen Farbwiedergabeindex" Ra, den man in Beleuchtungsnormen wie DIN EN 12464-1 oder auf jeder Lampe finden kann. Sie kann maximal 100 betragen, woraus viele Zeitgenossen so etwas wie eine Prozentzahl ablesen. Stimmt dummerweise nicht. Und Ra kann sogar negativ sein, um die unterirdische Güte der Lampe deutlich zu erkennen zu geben.
Die 100 bezieht sich auf die Wiedergabe von 14 Farbmustern unter einer Standardbeleuchtung. Dummerweise gibt es nur - man müsste eher sagen, überflüssigerweise - zwei davon. Eine ist die Glühlampe, die andere ist das (simulierte) Tageslicht. Wer also eine Lampe kaufen möchte, auf dass die Möbel seiner Wohnung und die Klamotten des Partners, ich denke, eher Partnerin, so erscheinen mögen, wie ihre RAL-Nummer angibt, hat nicht nur ein Problem.
Seinem Wunsch stehen gleich mehrere Hindernisse entgegen. Der "Standard", die Glühlampe, ist in der EU verboten. Der andere "Standard", das Tageslicht, kommt nur gefiltert in den Raum. Und wären sie da, würde man sich nicht unbedingt über ihre satten Farben freuen, weil ein Ra von 100 heißt noch lange nicht, dass gesättigte Farben wiedergegeben werden. Die 14 Farbmuster enthalten nur Pastellfarben. Ach ja, die Farbmuster sind auch verloren. Niemand weiß, wo die sind!
Wenn einer bei dieser Erzählung an eine Räuberpistole denkt, sollte sich hüten, dies laut kundzutun. Es stimmt alles - d.h., ich meine, es ist nicht nur etwas faul im Staate Dänemark, sondern erst richtich in der Lichttechnik. Und wer etwas von "naturgetreuen" Farben liest, sollte das Machwerk gleich in die Tonne stopfen. Naturgetreue Farben gibt es leider nur in der Werbung. Und nichts ist so künstlich wie die.
Davon hätten die Väter der Zahl 500 + Lux nie zu träumen gewagt. Deren Entstehung liest sich zwar um Längen verschrobener an als die Berechnungen von Größen in Pyramidologie - so etwa Höhe mal Breite einer Pyramide geteilt durch die Körbchengröße von Kleopatra = Kragenweite des darin begrabenen Pharao in assyrischen Millimeilen - , die Jünger der einst verschwiegenen wie verschworenen Sekte werden immer mehr. Heute hat die DPA eine Horrormeldung in die Welt gesetzt, als wäre die durch die alternativen Fakten des neuen amerikanischen Präsidenten nicht genug in den Wahnsinn getrieben worden: 500 lx oder Deine Zimmerlinde stirbt!
Wie es scheint, hat der Fachverband Raumbegrünung und Hydrokultur in Berlin, vertreten durch sein Vorstandsmitglied Jürgen Hermannsdörfer einen Pakt mit den Normern unter den Lichttechnikern geschlossen: "Laut Herrmannsdörfer ist immer ein Wert von 500 Lux erforderlich, um eine Pflanze am Leben zu halten. Das ist die übliche Größe, mit der zum Beispiel im Büro Schreibtische erhellt werden." sagt die DPA. Der Vorstand vom Fachverband Raumbegrünung und Hydrokultur wird es schon wissen, wie die Erhellung von Bürotischen mit der Lebenskraft von Pflanzen zusammen hängt. Vielleicht ernährt sich der deutsche Bürohengst von den Blättern der Beamtenpalme?
Häufig sorgen Rollos und Stores am Fenster für den Lichtmangel Darüber hinaus schlucken natürlich auch die Glasscheiben schon Licht, und mit dem Abstand zum Fenster nimmt sowieso die Lichtstärke, die in Lux gemessen wird, ab, sagt Herrmannsdörfer. Der kennt ein modernes Blumenfenster nicht.
Da man eine solche wichtige Geschichte nicht einem einfachen Gärtnermeister, Herrmannsdörfer, überlassen kann, kommt ein leibhaftiger Professor zu Wort. Der befasst sich mit dem Zierpflanzenbau an der Hochschule Osnabrück. Er meint "es gibt durchaus Pflanzen, die mit Werten zwischen 800 und 500 Lux klarkommen. Meist stammen diese Pflanzen aus dichten Wäldern in tropischen und subtropischen Klimazonen". Offenbar hat sich lichttechnisches Wissen bis in die dichten Wälder der Tropen und Subtropen verbreiten können und erhellt deren Unterholz.
"Wer aber tatsächlich nach einer Palme für einen eher dunklen Standort sucht, dem empfiehlt Herrmannsdörfer die Kentia-Palme (Howea). Die Art wurde Ende des 18. Jahrhunderts auf einer Insel östlich von Australien entdeckt. "Selbst bei nur 600 Lux kann diese Palme überleben", sagt der Gärtnermeister. Der optimale Bereich liegt aber bei 800 bis 1200 Lux." Das ist toll zu wissen. Wie macht man aber 800 oder 1200 lx? Vor allem, wann? Ich denke mal, nicht nachts, auch nicht abends. Im Blumenfenster die Beleuchtungsstärke zu messen, ist auch nicht so einfach. Kann es sein, dass die Blumenliebhaber es dabei belassen, mit den Lieblingen zu reden und deren Wünsche ihnen vom Blatt ablesen?
Wie auch immer. Man muss auch noch auf die Schutzbedürfnisse seines Gemüses achten. Dazu gehört auch das Lüften: ""Die meisten Pflanzen fühlen sich bei Temperaturen zwischen 18 und 22 Grad wohl", sagt Herrmannsdörfer. Das Lüften im Winter kann daher den Pflanzen zusetzen. Er empfiehlt das Stoßlüften, rät aber zugleich, die Pflanzen für die Zeit an einen geschützten Platz zu rücken. "Man muss sich vorstellen, dass die Pflanze quasi nackt im Raum steht." Quasi nackter Spargel mitten in der Zugluft - ein Horror!
Spaß beiseite: Büropflanzen gehen in Räumen mit modernen Isolierglasfenstern häufig ein. Das liegt an der spektralen Filterung dieser Gläser, die das Tageslicht auch noch stark reduzieren. (zum Lachen hier). Deswegen gibt es eine VDI-Richtlinie, die man lesen sollte, ehe sich die Metzgerpalme einen traurig anschaut (VDI-Richtlinie: VDI 6011 Blatt 3 Optimierung von Tageslichtnutzung und künstlicher Beleuchtung - Anforderungen der Innenraumbegrünung) (mehr hier) Und die Insel, von der alle Kentia-Palmen abstammen, heißt Lord Howe Island. Dort dürfen gleichzeitig nur 400 Touristen drauf, damit Paradies Paradies bleibt. Die Insulaner wollen nicht ihren Palmen nachziehen.
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15.12.2016
Der legendäre Ort Schilda, den die bösen Nachbarn eines alpinen Staats im Norden und im Osten gerne dorthin verlegen, damit sie mehr Witze reißen können über Jogger, die vom Gletscher überholt werden, wird bei uns am häufigsten mit dem Bau des Ratshauses erwähnt, bei dem man die Fenster vergessen hatte. Zwar gab es später noch bessere Möglichkeiten, sich über die realen Geschichten lustig zu machen. So etwa über die Hochrheinbrücke, die auf der Schweizer Seite etwas zu hoch geplant wurde (54 cm), so dass in der Flussmitte eine Treppe hätte vorgesehen werden müssen. Das, aber ist eine andere Geschichte. So bleiben wir beim Vergessen der Fenster und den Folgen davon, Licht in Säcken hinein zu tragen.
Natürlich kommt so etwas in der realen Welt der High-Tech Nation nicht vor. Oder? Ach, was, wir schaffen lässig eine Mega-Version davon. Was, berichtet Licht (Heft 11-12, 2016). Über Details kann ich leider nicht berichten, da die wichtigsten Daten nicht lesbar weil gelb auf weiß gedruckt sind, aber den Tenor. Roman Jacobiak hat Gebäude untersucht, deren Hülle thermisch saniert worden war. Ergebnis: Das Tageslichtniveau ist im Schnitt 28% gesunken. In 15 von untersuchten 18 Fällen war eine ausreichende Tageslichtversorgung nach der Fassadensanierung nicht mehr gegeben. Die Abnahme betrug in einem Fall sogar 48%.
Langsam zum Mitschreiben: Eine energetische Sanierung von Gebäuden geschieht, um deren "Energieeffizienz" zu erhöhen. Und Effizienz heißt, dass man das gleiche Ziel mit weniger Aufwand erreicht. Wie viel Heizenergie muss ich einsparen, um 1 W Mehraufwand für die Beleuchtung auszugleichen? Das hängt ganz und gar davon ab, wie man heizt:
Bezieht man seine Heizung aus Nahwärmequellen, muss man für den Betrieb von Beleuchtung (Strom) 24 Mal so viel Primärenergie aufwenden. Bei Holz immer noch 12 Mal. Dabei ist der Strom bei EnEV 2014 noch gnädig weggekommen, weil man in Deutschland mittlerweile die Landschaft so weit verspargelt hat, dass ein erheblich Teil des Stroms aus Windmühlen kommt. Früher betrug der Faktor 3,0, was dem Umwandlungsprozess in einem Kraftwerk entspricht: Mindestens ein Drittel der Primärenergie geht bei der Umwandlung in elektrische zum Schornstein, ein Drittel fressen die Leitungen, die die Landschaft heizen, sowie diverse Prozesse. Und nur das letzte Drittel kommt an der Steckdose an. Die großen Kraftwerksblöcke müssen die Verlustwärme an die Luft oder an Oberflächengewässer abgeben. Deren Wirkungsgrad liegt deswegen bei 30% bis 45%.
Ergo: Man spart Heizenergie ein, und man muss deswegen elektrische Energie zum Beleuchten einsetzen. Anders als bei Schilda kann man über diesen Witz nicht lachen. Vor allem dann nicht, wenn man hinter der verdusterten Fassade arbeiten muss. Ach, ja, gestern wurde die neue Arbeitsstättenverordnung (endlich) veröffentlicht. Die sagt:
(1) Der Arbeitgeber darf als Arbeitsräume nur solche Räume betreiben, die möglichst ausreichend Tageslicht erhalten und die eine Sichtverbindung nach außen haben.
Und in ihrer ASR A3.4 wird die Anforderung so konkretisiert:
(3) Die Anforderung nach ausreichendem Tageslicht wird erfüllt, wenn in Arbeitsräumen
- am Arbeitplatz ein Tageslichtquotient größer als 2 %, bei Dachoberlichtern größer als 4 % erreicht wird oder …
Nach Jacobiak wird es nicht erreicht … oder?