Die LiTG veröffentlichte vor einer Woche den ersten Beitrag mit dem Schwerpunkt "Arbeitspraxis". Er behandelt die Lichtplanung und wurde von Tilo Bauer, Ulf Greiner Mai (federführend), Renate Hammer, Clemens Tropp, Mathias Wambsganß geschrieben.(ISBN 978-3-927787-63-6, 1. Auflage Januar 2019)
Zum Verständnis: LiTG Publikationen werden vom Technisch Wissenschaftlichen Ausschuss in Auftrag gegeben, das Ergebnis von diesem beraten und vor der Veröffentlichung akzeptiert. Es handelt sich daher um eine autorisierte Fassung.
Das Info-Blatt zu der Publikation finden Sie hier.
Meine Meinung dazu: Ein Schritt zum Aufbau des Berufsbildes des Lichtplaners. Der "fehlende" Lichtplaner ist für mich die Ursache vieler Probleme mit der Lichttechnik. Obwohl ich Hunderte große Bürogebäude untersucht habe, fand ich bislang nur wenige, bei deren Entstehung ein Lichtplaner anwesend war. Zuweilen nannte sich einer der Beteiligten so. Er durfte das, weil sich jeder Elektriker Lichtplaner nennen darf. Und als "Elektriker" habe ich unterschiedlichste Menschen mit Berufen vom Architekten bis eben zum Schrauber mit Lizenz von Stromversorger kennengelernt.
Leider werden die wahren Schuldigen dieses Werk nicht lesen. Das sind all jene, denen das Licht am Ende des Planungsprozesses einfällt. Oder später. Da sind die Budgets verplant, die Kohle verfeuert. Wenn wir in Neubauten Beleuchtung überprüfen mussten, weil sich die Leute beschwerten, hat sich nicht selten der "Lichtplaner" von seinem Werk distanziert: "Ich musste die billigsten Leuchten nehmen, die da in die Schlitze an der Decke passten." Noch besser: In einem der teuersten neuen Bürogebäude von Deutschland hängen Leuchten aus einem Keller, die früher da eingelagert worden waren, weil ungeiegnet. Ob die Planer des Gebäudes sich von Professoren der Lichttechnik haben beraten lassen, die der Industrie geschrieben haben, Beleuchtung sei keine Frage, mit der sich Akademiker beschäftigen sollten. Unwahrscheinlich. Das war vor genau 30 Jahren, das Gebäude ist aber keine 10 Jahre alt.
Demnächst erscheint die neue Norm zu Tageslicht, die in ganz Europa Gültigkeit erlangen wird. Den Inhalt habe ich unten kurz skizziert. Allerdings fällt der normative Inhalt gegenüber den informativen Anhängen gegenüber relativ kurz aus. Diese beschreiben relativ neue Sachverhalte gegenüber DIN 5034, die nationale Norm. Die bleibt erst einmal, auch die ASR A3.4 ggf. mit anderen Begriffen zur gleichen Sache.
DIN EN 17037
5 Beurteilung des Tageslichts in Innenräumen
5.1 Tageslichtversorgung
5.1.1 Allgemeines
5.1.2 Kriterien für die Tageslichtversorgung
5.1.3 Verfahren zur Berechnung der Tageslichtversorgung
5.1.4 Verifizierung der Tageslichtversorgung
5.2 Beurteilung der Aussicht
5.2.1 Allgemeines
5.2.2 Kriterien für die Aussicht
5.2.3 Verifizierung der Aussicht
5.3 Besonnungsdauer
5.3.1 Allgemeines
5.3.2 Kriterien für die Besonnungsdauer
5.3.3 Verifizierung der Besonnungsdauer
5.4 Schutz vor Blendung
5.4.1 Allgemeines
5.4.2 Kriterien für den Blendungsschutz
5.4.3 Verifizierung des Blendungsschutzes
DIN EN 17037 Anhang A Empfehlungen
A.1 Allgemeines
A.2 Empfehlungen für die Tageslichtversorgung in einem Raum
A.3 Empfehlungen für die Aussicht
A.4 Empfehlung für die Besonnungsdauer
A.5 Empfehlung für den Blendungsschutz
DIN EN 17037 Anhang B Tageslicht
B.1 Allgemeines
B.2 Berechnungsgitter
B.3 Berechnungsverfahren
B.3.1 Allgemeines
B.3.2 Berechnungsverfahren unter Verwendung des Tageslichtquotienten (Verfahren 1)
B.3.3 Berechnungsverfahren unter Verwendung der Beleuchtungsstärke (Verfahren 2)
B.4 Tageslichtverfügbarkeit
B.5 Überprüfung der tatsächlichen Tageslichtversorgung
DIN EN 17037 Anhang C Aussicht
C.1 Allgemeines
C.2 Qualität des Aussicht
C.3 Breite der Aussicht
C.4 Verifizierung der Aussicht
DIN EN 17037 Anhang D Besonnungsdauer
D.1 Allgemeines
D.2 Kurzbeschreibung der Beurteilung der Besonnungsdauer
D.3 Verfahren mit Software
D.4 Verfahren mit manuellen geometrischen Konstruktionen
D.5 Bestimmung der Himmelsposition der Sonne
D.6 Bewertungsregeln für die Sonnenlichtdauer
D.7 Sonnenlichtdauer am Bezugspunkt P
D.7.1 Beispiel
D.7.2 Berechnung
D.7.3 Ergebnis
D.8 Verifizierung der Länge der Besonnungsdauer vor Ort
DIN EN 17037 Anhang E Blendung
E.1 Allgemeines
E.2 Tageslichtblendungswahrscheinlichkeit
E.3 Jährliche Bewertung
E.3.1 Allgemeines
E.3.2 Vereinfachte Bewertung der jährlichen Blendung
E.3.2.1 Allgemeines
E.3.2.2 Undurchsichtige Sonnenschutzvorrichtung in ausgefahrener und geschlossener Position
E.3.2.3 Sonnenschutzvorrichtungen, deren Vorhang aus Stoff, Folie oder perforiertem undurchsichtigem Material besteht
E.3.2.4 Nicht lichtstreuende Verglasung mit einem geringen variablen Lichttransmissionsgrad (z. B. elektrochrome Verglasung)
E.3.2.5 Sonnenlichtzonen
E.4 Reflexblendung
E.5 Verifizierung der Blendungsschutzfähigkeit von Abschattungen
Lang, lang ist es her, als ich das Projekt "Licht und Gesundheit" vom Staat finanziert haben wollte. Eine Stelle (das Arbeitsministerium) interessierte sich dafür, hatte aber nur 100,000 DM zur Verfügung. Sie winkte ab, als ich sagte, dafür könne ich prüfen, ob man die Frage, dass Licht die Gesundheit des arbeitenden Menschen beeinfluuse, überhaupt beantworten kann. Die zweite, mit richtig Geld ausgestattet, Humanisierung des Arbeitslebens, sagte gleich ab: "Beleuchtung ist nicht 'humanisierungsfähig'." So haben wir das Projekt mit eigenen Mittel durchgeführt und in Selbstverlag veröffentlicht (Bericht letzte Ausgabe hier, in English hier). Und das jetzt.
Das Arbeitsministerium hat übrigens recht gehabt. Mit einem Projekt, welcher Größe auch immer, hätte wr auch die Frage beantworten können. So findet "2019 ... die Traditionsveranstaltung „Licht und Gesundheit“ bereits zum zehnten Mal statt. Das Symposium wird zum ersten Mal von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) gemeinsam mit der Technischen Universität Berlin (TU Berlin) und der Deutschen Lichttechnischen Gesellschaft (LiTG) ausgerichtet." so der Flyer.
Warum is es so schwierig, die Einflüsse des Lichts auf den Menschen zu bestimmen? Ist doch einfach? Dieses Bild zeigt, warum wir noch sehr lange forschen, lernen, diskutieren und uns irren werden, bis wir einigermaßen sicher sind: Mit Licht ist die Welt heller.
Wer hätte das gedacht? Ein einfaches Ding, das man ein- und ausknipst, wird gefeiert. Und zwar nicht so einfach, sondern mit einem internationalen Tag, ausgerufen durch die UNESCO. Weltkulturerbe? Nein, wir brauchen das Licht nicht unterm Scheffel, sondern darauf. Am 16. Mai 2019 ist es so weit. Es wird einen Kongress zum Lichtlernen geben (hier) . eröffnet wird der Reigen durch Sir Michael Berry, der seinen Beitrag Optica Fantastica nennt. Damit meint nicht den fantastischen Anblick manches menschlichen Wesens, sondern die Physik des Lichts.
Der nächste Redner, vermutlich Rednerin, ist nicht verwandt mit dem "Erfinder" des Universums, d.h. dessen Krümmung, die das Licht biegt, aber immerhin aus dem Forum Next Einstein. Afrika ist dessen Heimat. Ich nehme die Freiheit, ein einmaliges Werk hier zu erwähnen, das Licht nach Afrika bringt. Billig, nützlich, nachhaltig. Es stammt aus einem Land, in dem die Nächte sehr sehr lang sein können, Island. Mehr dazu von uns hier.
Alles beisammen kann man hier lesen.
Übrigens, heute ist der Internationale Welteisbärentag
Gestern hatte ich noch frohen Gemüts die kommende Norm für das Tageslicht verkündet. Die stellt manches anders dar als unsere gute alte DIN 5034, deren Geschichte 1935 begonnen hatte. Warum nicht, Normen müssen turnusmäßig überprüft werden, damit man sie "anpasst", was nicht selten eine Fehlerbehebung darstellt. Der Fortschritt besteht darin, dass man anerkennt, dass man Fehler machen kann. Eine Art Aufklärung im Normenwesen, auf die eine der innovativsten Branchen der Weltgeschichte, Elektrotechnik, noch eine Weile warten wird. Dann wird die kreative Vielfalt an Steckern weltweit verschwinden. Amen.
Wie man dem obigen Bild entnehmen kann, geht die Aufklärung wohl nicht ans Eingemachte. Das Bild ist zwar gegenüber DIN 5034 "modernisiert" worden, indem es jetzt einen sog. Zieltageslichtquotient gibt und einen anderen Mindestzieltageslichtquotient (Kandidat für die nächstjährige Wahl des gepflegten Beamgeschwurbels, wofür aber Beamte nichts können). Der Verlauf des Tageslichtquotienten ist derselbe. Musste auch so sein, weil dieser das Verhältnis von Beleuchtungsstärken außen und innen ist, horizontal …
Ist was? Keinem fällt auf, dass hier etwas mit etwas ins Verhältnis gesetzt wird, das nicht existiert. Draußen, in der weiten weiten Welt, hängt die Himmelsglocke über einem, und die horizontal gemessene Beleuchtungsstärke gibt es tatsächlich. (Ob sie relevant ist, und ggf. wofür, steht auf einem anderen Blatt.) Drinnen gibt es die auch – allerdings nur unter künstlicher Beleuchtung. Ich hatte eine ganze Abhandlung darüber verfasst (hier), dass diese Größe eher zur Verwirrung beiträgt denn zur Erleuchtung. Sie wurde viel gelesen und gerne überlesen. Hier geht es aber um eine kräftige Benachteiligung von Tageslicht. Diese beruht darauf, dass technische Größen, die einer labormäßigen Messung des Lichts dienen, die aber kaum ein Verhältnis zu Sehvorgängen aufweisen (z.B. kann man Beleuchtungsstärken addieren, aber keine physiologischen Wirkungen), als Grundlage für Beleuchtung mit Tageslicht heranzieht.
Wo liegt das Problem? In der Definition der Beleuchtungsstärke. Sie ist eigens dafür geschaffen worden, eine Kenngröße zu haben, die vollkommen ohne Berücksichtigung der Verteilung der Lichtquellen über einer Stelle die dort ankommende Lichtmenge beschreibt. Im Labor macht sie Sinn, ohne Zweifel. In der Praxis macht sie dann Sinn, wenn man sie in der richtigen Ebene misst. Und diese hat man vor anno Tobak in die Horizontale gelegt, weil den Bürokraten ihr Blättchen dort lag, das sie beschriften sollten oder lesen. (So ganz stimmt es nicht, in der "Büro-Antike" war das Schreibpult geneigt.) Passte auch ganz gut zu der Anordnung der Leuchten an der Decke.
Bei nicht ebenen Sehobjekten, die nicht in der vorgeschriebenen Ebene liegen, macht die Größe wenig Sinn. Dafür hat man die zylindrische B. erfunden, die erstens kaum einer versteht, und zweitens in kleinen Arbeitsräumen kaum Sinn macht. Das kann man mit offiziellen Dokumenten belegen, die einen wichtigen Fehler aufweisen. Sei's drum. Das Tageslicht fällt fast immer seitlich ein, außer man hat Dachoberlichter. Deswegen ist eine Horizontalbeleuchtungsstärke, die das Tageslicht erzeugen soll, nur eine Rechengröße. Die gibt es einfach. Mit Sehen hat sie allerdings relativ wenig zu tun. So wie es keine Vertikalbeleuchtungsstärke bei einer Deckenbeleuchtung gibt. Das Licht kommt von oben und kann daher nicht waagrecht fliegen. Das Licht fliegt - trotz Einstein - immer geradeaus.
Was kommt heraus, wenn man eine Größe dort misst, wo sie existiert, und mit etwas vergleicht, was es nicht gibt? Unsinn. Und der wird neu genormt. Den Unsinn kann man noch steigern: die Ebene, in der die Beleuchtungsstärke gemessen wird, ist seit einigen Jahrzehnten an den meisten Arbeitsplätzen irrelevant. Auf dem größten Teil der Büroarbeitplätze findet man auf dem Tisch Krims Krams, Kaffeetassen oder Blumentöpfe. Ähhh, falls die Blumen die Energieeffizienzwelle überlebt haben. Neue Fenster lassen kein Infrarot ein und aus und schneiden genau diejenigen Teile des Tageslichts ab, die die Pflanzen brauchen. Macht aber nichts, unsere neue Beleuchtungswelt ist humanzentriert und nicht gemüsebezogen. Für Pflanzen gibt es ein eigenständiges Regelwerk (hier) Die optimiert Tageslichtnutzung und künstliche Beleuchtung nach den Anforderungen der Innenraumbegrünung. So der Titel. Wenn man wegen der Energieeffizienz das Tageslicht beschneidet, installiert man halt Lampen zu den HCL-Lichtern.