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Wo Licht, Luft und Duft zusammenwirken

Heute fand ich in den unendlichen Weiten des Internet den wissenschaftlichen Nachweis dafür, dass man mit Licht, Farbe und Duft die Kreativität der Mitarbeiter im Büro steigern kann. Gemeint ist natürlich nicht, dass Mitarbeiterinnen mit einem frivolen Spiel mittels Düften Mitarbeiter von der Büroarbeit ablenken bzw. wasserscheue Mitarbeiter dafür sorgen, dass Mitarbeiterinnen bald verduften und sich im Homeoffice wohler fühlen. Es geht um Wissen und Wissenschaft.

Wie Office ROXX berichtet, hat das Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO) hat eine Metastudie zur Wirkung raumpsychologischer Faktoren veröffentlicht. Metastudien macht man, wenn einem die Zeit oder der geographische Raum fehlt, um Studien zu machen. Die verraten aber manchmal mehr als Studien, weil die gesammelten Weisheiten von mehreren Autoren oder Gruppen stammen. Zudem dürfen Autoren von solchen Metastudien Wahrheiten verkünden, die Finanzierer von Studien nicht immer zulassen. So berichten die Autoren der Metastudie (YuePan und Stefan Reif) etwas, was vermutlich nie in einer lichttechnischen Studie erscheinen dürfte:

Frage: Über den Einfluss von Beleuchtung und Farbe wurde schon viel geschrieben. Was haben Sie herausgefunden?
Antwort: Wir haben eine ganz spannende Nutzerstudie aus Japan entdeckt. Ihr zufolge beeinflussen Lichtstärke und Lichtfarbe das kreative Arbeiten. So bevorzugten die Probanden bei kreativen Arbeiten eine relativ geringe Beleuchtungsstärke zwischen 250 und 500 lx in Verbindung mit einer warmen Lichtfarbe. Eine Studie von Steidle und Werth zeigt zudem, dass sehr helle Beleuchtung – mit 1.500 lx – die Kreativität und das Freiheitsgefühl vermindern kann.

Was bitte ist daran so schlimm? Viel! Erstens will die gesamte Lichtwelt bläuliches Licht, weil man davon angeblich kreativer wird. Jemand hat mir neulich geschrieben, es gäbe zehntausende Bücher und Artikel dazu. Tatsache, bei mir im Keller gibt es soviel davon, dass ich die Literatursammlung nur mit einer Sackkarre transportieren kann. Zweitens, liefert die Industrie seit Jahrzehnten Leuchten mit neutralweiß aus, obwohl ein gewisser Prof. Riechert 1975 genau das ermittelt hatte, was Ende 2020 von einem führenden Institut so einfach gesagt wird. Und drittens …

Da wird es schlimmer, und ich muss einen neuen Absatz anfangen. Zwischen 250 lx und 500 lx in einem deutschen Büro? Gott verhüt's! Nie darf die Beleuchtungsstärke unter 500 lx fallen. Weder die Autoren der Originalstudien noch die der Metastudie haben eine Ahnung von Licht. Und das schlimmste ist, dass sehr helle Umgebungen angeblich die Kreativität und das Freiheitsgefühl vermindern sollen. Denen muss man zeigen, was sich gehört: Demnächst erscheint eine Europäische Norm, die den Menschen was Gutes antun will. Danach darf die Beleuchtungsstärke für Arbeiten wie "Schreiben, Tippen, Lesen, Datenverarbeitung" nie unter 500 lx fallen. Will man eine anständige Beleuchtung, darf sie nie unter 1000 lx fallen. Das gilt auch für CAD-Arbeitsplätze und Konferenzräume. (Falls Sie das nicht glauben, können Sie die Norm für 174,30 EUR bestellen.)

Lassen wir es sacken: Wissenschaftliche Studien zu Büro zeigen, dass Büromenschen warmes Licht und eine relativ geringe Beleuchtungsstärke brauchen. Wenn es zu hell wird, fühlen die sich gestört und sind weniger kreativ. Die Lichttechnik steigert aber die Beleuchtungsstärke abermals. So brauchten deutsche Menschen in befensterten Räumen 300 lx im Mittel (DIN 5035-2). Das bedeutet 240 lx im Minimum. Jetzt brauchen sie 500 lx im Minimum, besser 1000 lx. Und das warme Licht? Ach was, davon werden sie nur träge. Warm ist gemütlich, und gemütlich macht eben träge. Haben Sie sich nicht immer gefragt, woher die Menschen kommen, die sich im Büro wahre Zelte aufbauen, um das Licht von ihrem Arbeitsplatz fernzuhalten?

Die Autoren der Meta-Studie haben ihre Quellen genannt. Wer nennt mir die Quellen, die die Lichttechniker benutzen, um ihre Weisheiten zu normen? (Antwort erübrigt sich, wenn Sie dies lesen.)

Obwohl dieser Blog sich mit dem Licht beschäftigt, will ich weitere Fragen nicht vorenthalten, mit denen sich die Meta-Studie beschäftigt. Denn wie neulich berichtet (Hier), verbessert Corona Licht und Luft im Büro. Wie? Indem das Virus der Verdichtung der Arbeitsplätze im Büro den Garaus macht. Und damit auch dem Mief, der dadurch entsteht, dass Büroplaner denken, dass Mitarbeiter emissionsfrei und immissionsresistent wären. Da musste erst ein Virus kommen, um Menschen so weit von einander entfernt zu platzieren, dass sich ihre Duftkreise nicht berühren. Wollte man die Abstände künftig wieder verringern, könnte man mit Düften arbeiten, so ähnlich wie beim Schall, wo man Emissionen mit weiteren Lärm maskiert. Ob das mit Düften klappen könnte?

Frage: Wie ist es mit Duftmarketing? Gibt es Düfte, die Mitarbeiter produktiver machen?
Antwort: Tatsächlich haben wir Studien gefunden, die zeigen, dass sich beispielsweise Pfefferminzduft positiv auf die Laune und manche Aspekte von Leistung auswirken kann. Rosmarinduft hat einen positiven Einfluss auf die kognitiven Fähigkeiten …Der Einsatz von Duftstoffen in der Breite der Büros ist sicher noch ein paar Jahre entfernt.

Also bleibt es vorerst mit dem Tannennadelduft an bestimmten Orten. Wem sein Büro immer noch stinkt, sollte sich das Bild ansehen, das die Vorstellung von Lichttechnikern von einem deutschen Büroarbeitsplatz darstellt, und dies mit seiner - traurigen - Realität vergleichen. Zum Glück haben die Arbeitnehmer heute die Möglichkeit, zum Home Office auszuweichen.

 

Wie korrektes Licht und gute Akustik einen Raum töten

22.12.2020

Damals konnte ich kaum erwarten, dass die Elphi fertig wird. Ein Jahr vor der Eröffnung hatte ich das Gebäude vom Hafen aus gesehen. Ein Highlight! Ist  es immer noch. Aber bei der Übertragung der Eröffnungsfeier war ich aber eher entsetzt (hier), dachte aber, es läge daran, dass die Bundeskanzlerin zu spät anreisen konnte.

Nachdem ich den Saal in Natura erleben durfte, denke ich nicht viel anders. Beim Licht hat wohl der Sicherheitsaspekt zugeschlagen. Auch wenn der Saal hell erleuchtet ist, dominiert die Treppenmarkierung die Szene. Wenn die Lichter ausgehen, wird es einen Zahn schlimmer. Man stolpert zwar nicht dem Dirigenten entgegen. So ganz glücklich schaut man auch nicht aus der Wäsche.

Licht in Tateinheit mit Akustik sorgt für eine andere Katastrophe. Der große Saal wurde zum Optimieren der Akustik mit Tausenden fein ausgearbeiteten Elementen verkleidet. Eigentlich kann man nichts dagegen sagen. Leider sorgt das streifende Licht für eine Modellierung, die man lieber nicht sehen will. Das Bild zeigt deutlich, wie die Oberflächenstruktur, die die Akustik verbessern soll, die Raumästhetik, gelinde gesagt, abmurkst. Das Thema - Schattigkeit - hatte mein verstorbener Kollege Fred Häger in den 1970ern in seiner Dissertation bearbeitet. Wer liest aber Dissertationen, wenn einer eine architektonische Pretiose beleuchtet?

Geht es nicht anders? Mit sanftem Licht würde die Struktur der Wände praktisch unsichtbar. Sie bliebe akustisch dennoch wirksam. Ich benutze das Bild für Seminare, bei denen es um die Optimierung der Umwelt insgesamt geht. Optimiert man Licht und Akustik für sich, sieht man oben, was man hat.

Virenkiller und Smog-Fresser in einem Gehäuse

Während ich die Meldungen durchging, die sich mit UV-C und Corona beschäftigten, habe ich wohl einen Beitrag übersehen, der UV-C in üblichen Umgebungen darstellt. Pure BioAir ist tatsächlich eine Leuchte, mit der man beleuchtet. Im Innern verbirgt sich aber eine UV-C Lampe, wie man sie zur Keimtötung einsetzen kann. Die Leuchte schirmt die Strahlung nach außen ab. Sie soll in 8 Stunden 30 m3 Luft filtern und 79% der Luft reinigen.

Wer will, kann sich noch die Pflanzen leisten, die oben raus gucken. Die Art hört auf den Namen Tillandsia und ernährt sich nicht von Liebe, sondern von Luft. Sie gilt als Smog-Fresser. Alternative Belegungen wie Salatgurken oder Hängetomaten scheitern am Gießen. Es soll angeblich nicht ratsam sein, Wasser in Leuchten zu gießen. Kakteen hingegen könnten geeignet sein.

Ich lege zwar nicht meine Hand ins Feuer für die Idee. Sie ist aber höchst interessant. Probieren geht über Studieren.

Größen und Größenordnungen - oder hell wie der lichte Tag

Seitdem wir den Rechenschieber nicht mehr benutzen, ist uns das Bewusstsein für Größenordnungen verloren gegangen. Früher wusste man bei jedem Durchschieben der Zunge, dass die Zahl um eine Zehnerpotenz wuchs oder eben um diese kleiner wurde. Alle die etwas mit Licht zu tun haben, müssen aber gerade mit dem Begriff der Größenordnung gut umgehen können. Denn unsere Messgeräte zeigen höchst unterschiedliche Daten wie 0,1 lx bis 120.000 lx an. Noch schlimmer sieht es mit den Leuchtdichten aus. Während man auf dem Boden eines Büros abends 1 cd/m2 bis 6 cd/m2 messen kann, sieht man tagsüber aus dem Fenster bis 10.000 cd/m2 (Himmel). Wenn die Sonne draußen scheint, beträgt ihre Leuchtdichte 1,6-109 cd/m2. Der sternklare Nachthimmel (so man ihn findet) liegt bei 10-3 cd/m2. Somit muss unser Auge 12 Zehnerpotenzen verkraften, was es mit einigen Mühen auch schafft.

Während der Physiker mit noch größeren Zahlen hantiert, ohne abzustürzen, sind Techniker häufig überfordert. Deren Kunden auch. Wer Licht bezahlt, tut es in linearen Zahlen, so sind 1000 € zehn Mal so viel wie 100 €, aber 1000 lx sind nicht 10 Mal so hell wie 100 lx. Nur die Anzeige des Messgerätes zeigt den zehnfachen Wert an. Ob es überhaupt hell wird, wenn in einem Raum 1000 lx zu messen sind, kann niemand sagen. Noch ein Bisschen schlimmer wird es, wenn man Luxwerte misst oder angibt, die viele Indices und Potenzen tragen. Solch einen Wert hatte ich neulich diskutiert.(hier)

Warum mir nach dem Thema Größenordnung ist? Es gibt seit zwei Jahren einen "globalen" Standard, der es erlaubt, die melanopische Wirkung von Licht zu berechnen (kaufen hier). In diesem Standard gibt es aber kein Tageslicht. Was würde man wohl für Zahlen bekommen, wenn wir Bürobeleuchtung (Ev= 150 lx ohne mel) mit dem Tageslicht am Fenster desselben Büros (Ev= 3000 lx) oder gar draußen bei klarem Himmel (E= 90.000 lx, Ev= 50.000 lx) vergleichen würden?

Naturgemäß hinkt der Vergleich, weil wir nicht dauernd klaren Himmel haben. Da die "melanopischen" Wirkungen aber Dosisbeziehungen sind, darf man schon rechnen, wie lange man unter künstlicher Beleuchtung hocken muss, um dieselbe Dosis wie draußen in 15 Minuten abzubekommen. 50.000 lx in 15 Minuten machen 12.500 lx•h. Bei 150 lx braucht man 83,3333 h oder 3,5 Tage. Na denn. Gesundes Funzeln!

Wem die Rechnerei nichts zusagt, kann sich auch ein Bild angucken, mit dem man für HCL wirbt (Teile aus dem Bild entfernt, damit der Hersteller der Leuchte unsichtbar wird). Dazu der Begleittext (O'ton): "…eine Beleuchtung, die dem natürlichen Tageslicht nachempfunden ist, wechselt Helligkeit, Lichtfarbe und Dynamik im Laufe des Tages. So unterstützt sie den Biorhythmus, fördert Vitalität und Wohlbefinden."  Wohl bekomm's!

Probleme, die wir ohne LED nicht hatten - SVM muss besser werden, aber langsam

"Der SVM-Wert ist ein Kennwert für hochfrequentes Flimmern. Ein Teil der LED-Produkte (ALED und OLED) muß einen Höchstwert einhalten (nur netzspannungsbetriebene Produkte und unter diesen auch nicht alle). Während die 2019er Verordnung für die Zeit ab dem 1. September 2021 einen Höchstwert von 0,4 vorsieht, soll dieser zunächst 0,9 betragen und zum 1. September 2023 auf 0,4 sinken." So lese ich gerade in den Mitteilungen der EU zum Flimmern.

Geht man so mit einer Technologie um, die seit 25 Jahren Zukunft bedeutet? Wenn man in den Verlautbarungen stöbert, findet man Lustiges. So wird gesagt, dass die LED keine ideale Technologie sei sondern eine reale. Sie hätte nicht nur Vorteile, sondern auch Nachteile. Eigentlich muss man so etwas dem gemeinen Volk nicht erzählen. Jeder weiß, dass alles Vor- und Nachteile hat. Nur bestimmte Experten scheinen die Vorteile zu beleuchten und die Nachteile im Dunkeln zu lassen. Und in der Fachpresse kann man nur vergebens nach Nachteilen von LED suchen.

War da was? Was ist überhaupt Flimmern? Etwas, was Jahrzehnte lang nicht existierte … In den Lehrbüchern stand zu lesen, dass das menschliche Auge nur niedrige Frequenzen wahrnehmen könne. Da das Licht mit 50 Hz betrieben werde und sich daher mit 100 Hz ändere, wäre es nicht möglich, ein Flimmern wahrzunehmen. Dabei haben bestimmt alle, die so einen Unsinn schrieben, in der Schule den Physikversuch mit Glimmlampen erlebt. Guckt man darauf, sieht man etwa stehendes Licht. Bewegt man den Kopf dabei, sieht man die Sinuskurve der Wechselspannung.

Da Menschen im Büro immer mit gesenktem Kopf still und ruhig sitzen, können sie also kein Flimmern empfinden. Auch als ein böser Mensch nachwies, dass etwa die Hälfte (!) der Kopfschmerzen, die man nur bei der Arbeit hat und nicht zu Hause (hier), dem Flimmern zu verdanken ist, blieb die "Lighting Community" bei der Vorstellung. Erst als die elektronischen Vorschaltgeräte für alle verfügbar wurden, durfte man von Flimmern reden. Dabei wurden schon in der Urzeit der Lichttechnik Methoden zur Vermeidung von Flimmern angeboten (hier). Jetzt geht es plötzlich nicht, das Flimmern zu reduzieren. Da müsste man manche LED-Lampe vom Markt nehmen, weil sie flimmert.

Gott verhüt's! Lampen vom Markt nehmen, weil sie flimmern? Wenn man 1985 so gedacht hätte, wäre die Kompakt-LL nie auf den Markt gekommen. Sie flimmerte nicht nur, sondern lief im Laufe von 24 Stunden zur Höchstform auf - will sagen, die Lampe brauchte 24 Stunden, bis sie stabil leuchtete. Später sollte sie Karriere machen als Energiesparlampe. Die Karriere war bekanntlich sehr kurz. Umso nachhaltiger ihre Wirkung auf das Design von Leuchten. Leider kann man diese nur noch in Entwicklungsländern bewundern, in denen Menschen nicht die Kosten für LED-Produkte aufbringen können. Bei uns trifft es nicht alle, sondern diejenigen, die beim Kauf davon an preiswert denken. Billig ist das richtige Wort.

Wo liegt das Problem? Wie in diesem Blog bereits häufig dargestellt (z.B. hier und da), sind LED keine Lampen sondern ultraschnelle Laserdioden. Zu diesem Zweck wurden sie auch weiterentwickelt und werden benutzt. Man kann damit auch Beleuchtung ohne Flimmern machen, wenn man sie z.B. mit Gleichstrom betreibt oder mit einer hohen Frequenz. Dies ist nicht immer möglich bzw. mit Kosten verbunden. eine Sparmöglichkeit ist die Modulation der Pulsweite. Die garantiert aber nicht nur billigere Lösungen, sondern auch Flimmern. Wie schlimm das werden kann, lassen diese Zahlen sprechen: Als Bildschirme richtig flimmerten, was man mit dem bloßen Auge erkennen konnte, fühlten sich 10% der Benutzer davon bei der Arbeit gestört. Bei modernen, geprüften Bildschirmen, sind es 35%. Und das obwohl die Bildschirme bei ruhigem Blick überhaupt nicht flimmern. Sie stören beim Blickwechsel, z.B. beim Suchen auf dem Bildschirm. Deswegen gehören Monitore mit PVM eher auf den Schrotthaufen denn auf den Arbeitsplatz. Ob ein günstiges Objekt nicht deswegen günstig ist, weil der Hersteller gespart hat, merkt man nicht.

Soeben meldet sich bei mir eine neue Mail. Das Datum, an dem der niedrigere Wert für SVM Vorschrift wird, hat sich verschoben. Richtig ist der 1. September 2024. Offenbar wollen die Hersteller länger sparen. Und unten steht, was die Bundesnetzagentur davon hält.