Das hier ist keine Horrormeldung, und auch keine Begründung für Brexit: Nach dem Willen der EU sollen bis 2022 alle Leuchtmittel verschwinden, die nicht LED sind. Aber keine Sorge, Kerzen lässt sie unangetastet, sie dienen ja nicht unbedingt als Beleuchtung.
Witzig ist festzustellen, was die EU unter Licht versteht. Hier ist eine Liste von Ausnahmen zu späteren Regelungen (bitte auf den Wortlaut achten):
Anwendungen, bei denen der primäre Zweck des Lichts nicht die Beleuchtung ist, wie
i) das Aussenden von Licht als Agens in chemischen oder biologischen Prozessen (z. B. Polymerisation, ultraviolettes Licht, das zum Aushärten/Trocknen/Härten verwendet wird, fotodynamische Therapie, Gartenbau, Tierpflege, Insektenschutzmittel),
ii) die Bildaufnahme und die Bildprojektion (z. B. Foto-Blitzlichtgeräte, Fotokopierer, Video-Projektoren),
iii) die Wärmeerzeugung (Infrarotlampen),
iv) die Signalgebung (z. B. Lampen für die Verkehrsregelung oder für die Flugplatzbefeuerung);
Also: UV ist Licht, IR auch. Ist das so wichtig? Eigentlich nööö, ist eher überlebenswichtig, wird aber in der Lichttechnik seit 1924 stets verneint. Und unsere hochmoderne Normung zu biologisch wirksamem Licht lässt es auch außer Acht. Seltsam was?
20.05.2016
Wie viele Pleiten hätte man wohl vermeiden können, wenn man ein theoretisches Gebilde rechtzeitig nachrechnen würde, so mit echten Zahlen, soweit möglich. Es geht um Tageslicht und um den Spruch im Titel "Setz´ ma´ Zahlen ein". Der Spruch war in meinen Unizeiten ultima ratio, das letzte Argument, wenn wir beim Theoretisieren irgendwie ins Wolkige entfleucht waren. Dann sagte irgend ein Kollege eben diesen Spruch auf. Und alle kamen von der Wolke herunter.
Was das mit Tageslicht zu tun hat? Viel bis alles, was die Technik angeht. Dem Tageslicht selber tun solche Sprüche natürlich nicht weh. Es ist göttlich. Was der Ingenieur macht, ist hingegen bestenfalls profan, zuweilen unterirdisch. Es sei denn, der Ingenieur nimmt die antike Bezeichnung seines Metiers ernst: techne = Kunst, Gewerbe, Geschick, List, sogar Betrug. List und Betrug? Diese waren aber nicht böse gemeint, sondern in dem Sinne, dass der Techniker auch mal das Material oder die Natur listig verändert, so wie man den Wind dazu benutzt, um gegen ihn zu segeln. Den obigen Spruch hörte ich das erste Mal aus dem Mund meines Doktorvaters, als ein russischer Forscher die Welt in Verzückung versetzt hatte mit der Vorstellung, Licht in Schläuchen in die Erde zu leiten. Die Architekten waren entzückt und träumten von unterirdischen Städten, die man mit Sonnenlicht versorgen würde.
Als der Russe auch die Anwesenden in einem Seminar beeindruckt hatte, fragte unser Professor, man möge doch mal rechnen. Das war Anfang der 1970er Jahre. Und der letzte Auftritt des russischen Wissenschaftlers in dieser Sache. Unser Chef sagte, die Solarkonstante bestimme das Maximum an Energie, das man bei günstigsten Bedingungen abernten könne. Und die betrüge 1367 W/m2 im Weltraum. Tut es übrigens immer noch. Wenn man die Verluste einrechnet, kämen 1025 W/m2 bei Cirrusbewölkung und klarem Wetter heraus. Um eine Stadt zu beleuchten, müsste man einen riesigen Spiegel bauen, der die Energie einfangen täte. Den muss man aber ständig putzen. Als er die etwa erforderliche Größe des Spiegels vorrechnete, hatten viele Anwesende das Gefühl, die unterirdische Stadt wäre besser ohne Dach. Ob man die dann unterirdisch nennen darf? Ich denke, die Idee darf man auf jeden Fall so nennen.
Dieser Herr mit seiner Lichtschlauchidee war erst einmal erledigt. Aber die Idee nicht, denn sie ist viel älter als der russische Kollege und stammt aus einer kleinen Stadt aus der Schweiz, in der den Bürgern ein böser Streich gespielt worden sein soll. Solche Aktionen, böse Streiche zu Lasten von Bürgern, sind zwar auch sonstwo üblich, aber diese Stadt hat es zu einer großen Berühmtheit gebracht. Die Idee hat ein Bürger eines benachbarten Kleinstaates auch mit vielen Alpengipfeln darauf weiterverfolgt. Dieser - der Kleinstaat - war nicht immer klein gewesen, und stand viele Jahre im Witzkrieg mit der Schweiz. Die Idee des Bürgers dieses Kleinstaates war ungewöhnlich groß: Man könne das Tageslicht ins Innere von Gebäuden leiten und so die wenig geliebten Arbeitsplätze im Rauminnern aufwerten. Dazu entwarf er monströse Spiegelkonstruktionen, die das Licht vom Fenster nähmen und ins Rauminnere brächten. (Bitte keinen Kommentar, ob dies als Kunst, Gewerbe, Geschick, List, sogar Betrug gemeint war.)
Die Idee passte gut zu der Zeit, weil die EU dabei war, die Energieeffizienz von Gebäuden durch Tageslichtnutzung fördern zu wollen. Damals hat keiner die Realisierungschancen gerechnet. Erst ma´ forschen … Doch einer, ein schnöder Kaufmann einer Versicherung, wollte etwas wissen, was anscheinend nur dumme Kaufleute interessiert: ROI, return on investment bzw. wie lange dauert es, bis ich mein investiertes Geld einspare, wenn ich sparen will? Der Mann war so dumm, dass er nicht merkte, was für ein Glücksfall ihm zu Füßen lag: Die Investition würde sich, kaufmännisch gesehen, in 42 Jahren lohnen. Die Gelächter vom Kaufmann und seiner Kollegen sollen bis Bad Godesberg zu hören gewesen sein, obwohl sich die Geschichte in der Nähe des Bonner Hauptbahnhofs abgespielt hat.
Unweit dieser Stadt, in Düsseldorf, kam der schlaue Bürger des kleinen Landes mit vielen Alpengipfeln darauf nicht bis zum Kaufmann durch. Er wurde durch die Mitarbeiter abgebremst, die gerochen hatten, wie der wundersame Lichttransport funktionieren soll: Man deckt etwa ein Drittel der Fenster zu, sammelt das Licht dort ein, und bringt es ins Rauminnere, wo freilich keiner sitzt. Dafür fehlt vorne ein Drittel des Lichts und der Ausblick ist wörtlich grottenschlecht. Die Mitarbeiter gingen zu ihrem Arbeitsdirektor und der rief bei mir an. Wir würfelten, ob wir einen doofen Kaufmann engagieren sollten oder besser einen Professor für Psychologie. Erledigt hat die Sache der Professor, denn Kaufleute sind so doof, dass sie sich nicht mit so einem Unsinn abgeben wollen. Seine Meinung nach dem Ganzen: Dem Mann, dem Bürger des Kleinstaates in den Alpen, muss das Handwerk gelegt werden. Leicht gesagt. Der Mann ist Ingenieur und techne heißt …Bitte nicht Betrug sagen, List kann ich mir gefallen lassen.
Danach soll der Bürger des Kleinstaates mit vielen hohen Alpengipfeln darauf einer Stadt - nicht der mit den Lichtsäcken - angeboten haben, eine echt unterirdische Einkaufspassage mit einem Heliostaten zu beleuchten. Das sind Dinger, die oben einen Spiegel darauf haben, den sie immer nach der Sonne drehen, so sie scheint. Deren natürliches Vorbild ist die Sonnenblume. Was dem Heliostaten fehlt, ist die Speicherwirkung. Die Sonnenblume speichert die Energie als Fett ab. Der Heliostat könnte seinen Strom in einem Akku speichern. Der müsste aber ziemlich groß sein, um ein Einkaufszentrum zu beleuchten. Außerdem müsste genügend Strom da sein. Man setze Zahlen ein: Wie groß muss ein Spiegel sein, der bei rund 1 kW je qm ein Einkaufszentrum mit Licht versorgt? Ich denke, die Rechnerei kann man sich sparen, wenn man sich die Prozessakten anschaut. Es war zappenduster im Einkaufszentrum, und der Ingenieur soll angeboten haben, mit einer Lampe nachzuhelfen. Die soll eine Leistung von 2 kW haben. Dann kann sich jeder vorstellen, wie so ein Einkaufszentrum ausschaut, das man mit 2 kW beleuchtet. Ich denke, es schaut überhaupt nicht aus.
Was bei solchen Spielerien herauskommen kann, lässt sich in Baunetz Wissen oder DEUTSCHES ARCHITEKTENBLATT lesen: "Lichtkamine fangen das Tageslicht ein und transportieren es weiter. Die Systeme werden dort eingesetzt, wo es sonst im Gebäude zu dunkel ist. … •
Da seinerzeit das Architektenblatt noch nicht im Internet war und Internet den meisten Leuten unbekannt, hat sich eine akademische Institution der Sache angenommen. Die kümmern sich immer um Dinge, für die es Forschungsmittel gibt. Während wir mit einer glorreichen Idee abblitzten, Lichtkuppeln optimieren zu wollen, bekam die akademische Institution Forschungsgelder, um einen Lichtschlauch zu untersuchen. Lichtkuppeln u.ä. gab es schon im Alten Rom, aber Lichtschläuche? Für Dinge, die man seit mehreren tausend Jahren baut, gibt es keine Forschungsgelder. Basta. Dummerweise war ich selbst von der Idee des Lichts im Schlauch begeistert, weil ich die Sache mit dem Russen schon lange vergessen hatte. Auch ein Kollege, der sagte "Setz´ ma´ Zahlen ein" vermochte nicht, mich aufzuwecken.
Erst Jahre später, als die Sache mit den 2 kW mir durch den Kopf ging, wurde ich wach. Also: Man fängt mit einem Spiegel die Sonne (1 kW oder deren 2) ein und leitet die durch ein ganzes Haus. Wie viel Licht kommt in einem der 50 oder 100 Arbeitsräume an? Wieder duster! Also installieren wir viel mehr Spiegel auf dem Dach. Wie viele muss ich denn installieren? Und wie viele Schläuche muss ich durch das Haus ziehen? Der doofe Kaufmann würde wieder mit seinem ROI kommen. Was nützt mir ein Gebäude, wenn 10% davon mit Schläuchen gefüllt ist? Doch bevor der in die Sache einsteigt, kommt ein noch dooferer Lichtingenieur und rechnet vor, dass man vielleicht so vorgehen möge wie bei der Berechnung des Tageslichtquotienten. Will man 10% des Wertes außen haben, muss mindestens 10% des Tageslichts ungehindert in den Raum kommen. Oder 15% des Dachs muss offen sein. Ein Bisschen mehr, und man wohnt und arbeitet in einem Cabriolet. Und um die Sonne in einem ganzen Gebäude scheinen zu lassen, muss man so umme 50 m2 Spiegel auf dem Dach montieren und eine Menge Lichtschläuche verlegen. Ob da in dem Gebäude noch viel Platz für die Leute bleibt?
Ob die Bevölkerung von Rattenberg immer noch unter Lichtmangel leidet, ist nicht bekannt (s. Statistik der Bevölkerungsentwicklung). Eigentlich war der dumme Schlossberg vermutlich noch vor den Menschen von Rattenberg da gewesen. Warum die ihre Stadt genau dorthin gebaut haben, müsste ein Historiker ergründen. Die Schweizer würden gerne mit einem Ösi-Witz antworten, gäbe es nicht die dumme Geschichte mit dem Licht in Säcken. Die stammt aus der Schweiz. Lassen wir lieber unseren Kaiser die Sache ergründen "Jo, mei …"
Anm.: Ein Satiriker, den ich gerne lese, hatte die Story von Rattenberg in den Orient verlegt, wo ein Sohn des Dorfes das Leben ohne Sonne nicht aushält und auswandert. Die Jungs des Dorfes beten morgens die Sonne hoch, die leider zu spät kommt. Als er Jahrzehnte später nach Hause kommt, weinen die kleinen Jungs immer noch der Sonne nach. Er, der Heimkehrer, packt die Spitzhacke und reisst das Vaterhaus nieder und baut es auf der anderen Seite des Berges auf. Die Nachbarn tun ihm nach, und das Dorf hat bereits morgens Sonne. Wenn man die Sache so löst, haben allerdings die Ingenieure aus dem kleinen Alpenland keine Butter auf dem Brot. Auch nicht mit List und …
Dieses Bild vom letzten Blog hat mir angetan. Denn nicht alles darauf sieht aus wie in Natura. (Was die Gewerbeaufsicht zu dem Fluchtweg sagt, der durch einen bewaffneten Ritter versperrt ist, kann ich leider in gutem Deutsch schlecht schreiben.) Die Farben auf der Ritterrüstung sahen tatsächlich so aus, und die Leuchtflecke sind auch scharf (z.B. am Armgelenk). Hingegen wird niemand verstehen wollen, dass jemand seinen Raum mit Lila-Schmiere schmückt (Wand oberhalb der Täfelung). Tut auch niemand. An der oberen Kante der Täfelung ist unsichtbar eine LED-Kette installiert, die so ziemlich pink leuchtet. Im Bild fängt die beleuchtete Fläche weiß an, in Natura ist die pink. Die Schmiere in lila gibt es überhaupt nicht. Wo kommt die eigentlich her?
Die entsteht durch das Zusammenwirken zweier zeitabhängiger Techniken (Kamera und Lichtquelle) in Tateinheit, d.h. man beleuchtet ein Objekt mit einer zeitlich veränderlichen Beleuchtung und das Objekt wird mit einer anderen zeitlich veränderlichen Technik aufgenommen. Ergebnis: Mal lila, mal nicht. Kann jeder Physiker mit Hilfe der Wellentheorie erklären. Ähhhhm! Von wem werden eigentlich neue Leuchtmittel erfunden oder entwickelt? Nicht mehr von Edison - i.d.R. sind es Physiker. Wissen die denn nichts von Flimmern und Welligkeit? (s. hier über die Entstehung einer Beleuchtung, die niemand mag) Natürlich wissen die das. Nur: Physiker machen keine Beleuchtung.
Wer die macht? Das kann man kurzweilig hier lesen oder leidvoll selbst erleben, wenn man in einem Betrieb eine Beleuchtung in Auftrag geben will. Ist man gesetzestreu, guckt man erst in den Vorschriften nach und wird fündig: ASR 3.4 "Beleuchtung". Wenn man die dem Lichtplaner in die Hand drückt, schüttelt er ungläubig den Kopf. Danach kann man nicht planen. Wieso? Das haben die Leute selbst festgestellt, die die "Vorschrift" geschrieben haben. Also? Während man sein Hirn martert, um eine neue Quelle der Weisheit zu erschließen, kommt der Energiesparer daher. Der hat die Oberhand, seit die EU die Energieeffizienz von Gebäuden ganz oben auf der Agenda platziert hat. Ob man nach dessen Vorstellungen planen kann, weiß ich nicht, aber das interessiert hier nicht. Es geht um den lila-Saum, den die LED fabriziert. Auf jeden Fall wird der Energieeffizienzbeauftragte sagen, man müsse eine Regelung vorsehen, die nach Verlauf des Tageslichts die Beleuchtung regelt. Hört sich gut an.
So ne Regelung kostet Geld. Wenn sie gut sein soll, richtig Geld. Da Arbeitgeber in der Regel oder häufig Wirtschaftsunternehmen führen, machen sie eine Wirtschaftlichkeitsberechnung auf. Die Hersteller von Leuchten - selber welche - wissen das natürlich und versuchen, wirtschaftliche Leuchten zu bauen. Also: Der Effizienzexperte sagt, LED ist effizient, der Energiesparer sagt, Regeln und Sparen, und der Beschaffer des Unternehmens sagt, preiswert, meint aber billig.
So kommen LED mit Eigenschaften, die Kameras wie Augen irritieren, in Büros aber auch an Autos (s. hier). Wen ich noch nicht hinreichend irritieren konnte, möge hier lesen, z.B. um die neue Geisel - Flimmern - kennenzulernen. Wer es lustiger mag, kann sich auf der Facebookseite des Autors tummeln (Flimmernd statt prickelnd). weniger lustig indes ist das, was die LED mit der Fluchtwegbeschilderung macht. Denn seit Ewigkeiten wird ähnlich wie hier angeführt (aus ASR 3.4) verlangt, dass "Durch Auswahl der Lampen und Leuchten ist sicherzustellen, dass Sicherheitszeichen und Sicherheitsfarben als solche erkennbar sind".
(Wen die Flimmerei auf dieser Seite stört, möge mir verzeihen. Die Absicht ist, fühlbar zu machen, was Flimmern aus einem macht. Tipp für den, der dennoch lesen will: Nach einer Studie unterzeichnet von zwei Professoren stört das Flimmern von LED bei Tageslicht nicht so stark. Wozu man LED bei Tageslicht benötigt, werden die Herren bei ihrem nächsten Forschungsbericht erklären.
Eigentlich dachten viele, das Weltkartell Phoebus sei ein Phantom, oder ein Hirngespinst von Leuten, die der Industrie Böses andichten wollen. Nicht wenige hielten es für ein Gerücht. Nun haben wir es fast amtlich - es gehört zu Irrtümern oder Legenden oder Kuriositäten der Lichtgeschichte, so betitelt in einem Artikel von Henning v. Weltzien in Licht 4-2016. Fast amtlich, weil der Autor nicht nur ehemaliger Vorsitzender der LiTG ist, sondern auch von der Firma stammt, dessen ehemaliger Vorstand Wilhelm Meinhardt die Fäden des Kartells geknüpft hatte.
Kartelle sind der Stoff, aus dem viele Krimis gemacht werden. Einst waren sie gang und gäbe, Raubtierkapitalismus eben. Heute gibt es sie immer noch, legal. Die meisten dürften aber illegal sein, so es die überhaupt gibt. In unserem Lehrbuch für Soziologie beschrieben mehrere Kapitel das Wesen und Unwesen von Kartellen. Bei dem hier angeführten Kartell ging es um die Beschränkung der Lebensdauer von Glühlampen auf 1.000 h. An der Uni hatte uns der Professor erklärt, dies sei Ergebnis einer Optimierung aus Kosten für die Herstellung, den Betrieb und den Energieaufwand. So weit, so gut! Warum wird die Story aber seit 1924 erzählt? Haben sich die Kostenrelationen in fast 100 Jahren nicht geändert?
Manche Dinge ändern sich auch in 200 Jahren nicht, wenn man sie in Ruhe lässt. Im vorliegenden Fall diente die Sache auch einem hohen Ziel: "… das sollte natürlich zu laufenden Verbesserungen im Interesse der Verbraucher führen. …" Phoebus S.A., ein Gebiets-, Normen- und Typenkartell im Dienste der Menschheit! Da verstehe einer, warum die verboten wurden! Keine Ahnung, manchmal werden Gesetze von Politikern gemacht, die von Wirtschaft keine Ahnung haben. Heute ist so etwas nur möglich, wenn man alle Lobbyisten in eine Wirtschaft einlädt und sehr tief ins Glas schauen lässt. Bis die aufwachen, muss das Gesetz schnell durch. Manchmal klappt es auch.
Den Beitrag sollte man als Ganzes lesen, um sich in die Materie einzuarbeiten. Was er leider nicht sagt, ob dieses Kartell unter Irrtümer, Legenden oder eher Kuriositäten einzustufen ist. Wo der Gesetzgeber solche Gebilde einordnet, kann man beim Bundeskartellamt erfahren, das man bestimmt nicht zur Pflege von Gebiets-, Normen- und Typenkartellen eingerichtet hat. Mehr Auskunft gibt z.B. § 298 StGB. Ansonsten spricht das Strafgesetzbuch unter Wirtschaftskriminalität auch den Submissionsbetrug in § 263 an. Nun ja, das alles ist neu und war 1924 nicht abzusehen. Mal sehen, was die ostasiatischen Technologiefirmen daraus in Sachen LED machen. Übung haben sie ja: "Preisabsprachen: EU verhängt Milliardenbuße gegen TV-Hersteller - Die EU spricht von Kartellen "wie aus dem Lehrbuch". Sieben Hersteller von Bildröhren müssen eine Geldstrafe von insgesamt 1,47 Milliarden Euro zahlen. Laut den Wettbewerbshütern teilten sie die Märkte über einen Zeitraum von fast zehn Jahren unter sich auf." Die Höchststrafe traf übrigens ein Mitglied des Phoebus-Kartells. Früh übt sich …
Eigentlich nicht. Statistiken lügen sogar nie. Warum glauben aber fast alle, Statistiken würden lügen? Einfach: Eine Statistik zeigt eine Aufstellung eines Zahlenwerks, häufig in Form einer Grafik. Der Autor sucht sich vorher diejenigen Zahlen aus, die er zum Vorzeigen auswählt, und bildet sie mehr oder weniger geschickt in einer Grafik ab. Die Lüge, ich meine die vermeintliche, beginnt bei der Auswahl. Bei der grafischen Abbildung existiert eine Kunst der geschickten Lüge präzise seit 1785, als eine britische Zeitung der Regierung etwas unterstellt hatte, nämlich Verschwendung, ohne zu erwähnen, dass das Land gerade ihre größte Kolonie verloren hatte. So kommen drei Protagonisten der Story zur Lüge zusammen: fehlerhafte Herkunft der Daten, Auswahl falscher Daten und Wahl der falschen bzw. irreführenden Darstellung. Das letztere gehört zum Instrumentarium der sog. Wirtschaftspresse seit eben 1785. Und die lügt wirklich und häufig absichtlich. Aber auch eine ehrlich vorgenommene Abbildung, die überzeugend wirken soll, kann gerade deswegen lügen. Es kommt nicht auf den Inhalt, sondern nur auf die Absicht an.
Was ist mit dem Lügenlicht? Den Begriff hatte jemand öffentlich benutzt, der garantiert nicht zu Boshaftigkeiten gegen Licht neigt - Vout vam Bommel - u.a. weil er bei Philips Licht eine sehr hohe Stelle bekleidet hatte und noch dazu CIE Präsident war. Warum dann diese Bezeichnung? Weil beim LED alles zusammen kommt, was ich oben erwähnt habe. Unsichere Herkunft der Daten, falsche Auswahl und "kreative" Abbildung der Daten, um eine Wirkung hervorzurufen. Wer sich in Sachen LED sauber informieren will, möge sich den DBZ Leitfaden LED ansehen. Den hat zwar DIAL geschrieben, also eine Einrichtung der Leuchtenindustrie, sachlich unzutreffende, gar verfälschende Aussagen fand ich darin nicht. Eher Ernüchterndes, was manchem Marketingmenschen die Haare zu Bergen auftürmen dürfte. So z.B. über die Lebensdauer. Hatte ich bislang behauptet, die könnte 50 Stunden anstelle der behaupteten 50.000 h liegen, sagt der Bericht, sie könnte auch Sekunden betragen. Sekunden und 50.000 h - lügt da einer? Hier nicht. Auch eine Glühlampe kann diese Lebensdauern haben. Aber das ist der Stoff, aus dem Lügen gemacht werden. Wer nicht belogen werden will, muss sich halt gut informieren. Der Bericht ist mit 65 Seiten (Werbung eingeschlossen) zwar keine Lektüre für eine U-Bahn-Fahrt. Es lohnt sich, hier Zeit zu investieren.
Den Leitfaden gibt es hier kostenlos. Falls die Adresse nicht antwortet, kann ich ein Exemplar besorgen. Leider können wir nicht das ganze Heft anbieten, weil der Verlag die Rechte besitzt. Aber etwas aus dem Inhaltsverzeichnis.
Ich würde mir die Punkte "Absurdes aus Brüssel", "Sind LEDs nachts effizienter" und "Kaltes Licht ist effizienter" ansehen. Interessantes zu Farbe gibt es auch. So z.B. zum Farbwiedergabeindex einer gedimmten Glühlampe. Alles Zahlen, die lügen, ohne die Unwahrheit zu sagen. Mein Gefühl sagt, LED ist nicht nur der Tod konventioneller Leuchtmittel, sondern auch der herkömmlichen Lichttechnik.
Fazit: Wer heute in LED investieren will, egal ob Architekt, Bauherr oder Lichttechniker, muss auf viele Aspekte achten, die er bislang nicht beachten musste, weil das andere für ihn gemacht hatten - so z.B. Normer oder Leute, die Industriestandards kreieren. Den Politikern in Berlin oder Brüssel muss man noch häufiger den Narrenspiegel vorhalten, als ich bislang gemacht habe (z.B. hier und da und dort). Sie mögen uns besser vor Schwafeldioxyd schützen.
Zu einem Amen werden wir leider nicht kommen. Die Einführung einer neuen Technologie ist immer mit Verwerfungen verbunden, zuweilen auch mit moralischen.