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Gesundes Licht - echt gesund. Aber für wen?

01.04.2024
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Wenn man wissen will, was die Leute unter einem gesunden Licht verstehen, muss man nur die KI fragen. Sie listet alles auf, was uns als gesund erzählt wird. Immerhin liegt die KI nicht so weit weg von der Wahrheit: "Gesundes Licht ist Licht, das dem natürlichen Tageslicht so nah wie möglich kommt und somit die Bedürfnisse des menschlichen Körpers und Geistes optimal unterstützt. Es zeichnet sich durch folgende Eigenschaften aus1. Natürliches Lichtspektrum: …" So weit, so gut. Danach spinnt sie etwas; "3. Hohe Farbwiedergabe: Der Farbwiedergabe-Index (CRI) gibt an, wie gut eine Lichtquelle Farben wiedergeben kann. Ein CRI von 100 entspricht dem natürlichen Tageslicht. Gesundes Licht sollte einen CRI von mindestens 90 haben."

Gesundes Licht mit mindestens ein CRI von 90? Demnach ist fast alles in Innenräumen ungesundes Licht. Denn die meisten Arbeitsplätze muss man mit einem Farbwiedergabeindex 80 beleuchten. Es kommt aber schlimmer. Die KI sagt: "5. Berücksichtigung der Lichtfarbe: Die Lichtfarbe hat Einfluss auf die Stimmung und das Wohlbefinden." Was muss man tun, wenn man eine gesunde Lichtfarbe haben will? In die Norm gucken. Da steht geschrieben "Die Wahl der Lichtfarbe ist eine Frage der Psychologie, der Ästhetik und dem, was als natürlich angesehen wird. Die Auswahl hängt von der Beleuchtungsstärke, den Farben des Raums und der Möbel, dem Umgebungsklima und der Anwendung ab. In warmen Klimazonen wird im Allgemeinen eine kühlere Lichtfarbe bevorzugt, wohingegen in kaltem Klima eine wärmere Lichtfarbe bevorzugt wird." Wer gesundes Licht haben will, muss zusehen, was er macht.

Also sehe ich zu. Auf deutschen Websites ist man vorsichtig mit dem gesunden Licht. Aber auf englischen und amerikanischen Seiten findet man jede Menge gesunde Lichter. Die allergesündeste kostet 19,95, nicht Peseten, englische Pfund. Und macht genau das, was die Norm sagt: Farbe wechseln, weil man nicht weiß, welche Farbe in welchem Land gesund ist. Hier sind vier Phasen, die ich erwischte. Man kann die Abfolge schneller werden, irre schnell, bis man irre wird. Und das alles für lausige £ 19,95 pro Birne.

Krieg der Lichter - Als Osram die Entleuchtungslampe erfand
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19.03.2024
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Heute vor 89 Jahren begann der 2. Weltkrieg. Sie lesen richtig, er begann mit einer Verdunkelungsübung in Berlin. "Um 22.00 Uhr erloschen fast 100.000 Straßenlaternen, verschwanden die Neon-Schilder und Reklamen; Züge (reguläre Züge sowie S- und Hochbahn) dimmten die Beleuchtung und deckten ihre Fenster ab." So sollte es 89 Jahre später im Berliner Tagesspiegel stehen.

Noch kannte man keine Methode, wie man Licht daran hindert, sich einfach in die Gegend zu bewegen. Außer der, was unsere Vorfahren schon kannten: einfach einsperren. Ausmachen geht auch, ist aber zu einfach. Um die Sache zu perfektionieren, nahm der Staat die Lichttechnische Gesellschaft mit Beschlag und bestellte einen Führer samt Führerrat. Die hieß damals Deutsche Beleuchtungstechnische Gesellschaft e. V. und war irgendwie dezentralisiert in drei Teile, SWDLG in Karlsruhe und L.T.G in Essen. Das Ganze wurde unter ein strammes Kommando gestellt. Die Filialen bekamen Gauleiter vorgesezt. Die Verdunkelung der deutschen Geschichte konnte beginnen. Bei zwei Herren aus der Zeit habe ich studiert. Der eine war einer meiner Doktorväter, der andere ist etwas zu früh gestorben. Die erzählten mir beide, was die Lichttechnik hat damals alles machen müssen, um gegen das Grundziel ihres Metiers zu arbeiten: für das Helle zu sorgen. Nun waren sie für das Dunkle zuständig. Ein früherer Beitrag von mir zum Schwarzlichtstrahler alis Entleuchtungsbirne (hier) nahm die Sache auf die Schippe. Lustig war sie indes nie.
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Techniker wären keine Techniker, wenn sie keine Lösung auch für das unsinnigste Problem gefunden hätten. Die Lösung erzählt der Tagesspiegel so: "Eine Lösung für dieses Problem kam Mitte 1938: Die Luftschutzlampe. Osram, ein renommierter Berliner Glühbirnenhersteller (sein Name ist ein Kofferwort aus „Osmium“ und „Wolfram“), entwickelte eine Glühbirne, deren Glaskolben mit einer schwarzen Farbschicht überzogen war. Nur ein kleiner, runder Fleck blieb übrig, durch den ein gedämpfter Lichtstrahl aus der Birne austreten konnte." Das Wunderding kostete damals 1,50 RM wie Reichsmark. Und verkaufte sich wie geschnitten Brot.

Weniger gut bekannt ist, was ein anderer Lichttechniker, den ich auch kannte, dagegen hielt. Für seine Taten bekam er später einen Orden. Die Rede ist von einem der Altmeister der Lichttechnik, dessen Namen man immer wieder liest, wenn die Rede ist von Sehleistung. Die Sehleistung, über die der Herr geforscht hat, war die der Bomberpiloten über Deutschland. Die arbeiteten mit besonderen Lampen gegen die Verdunkelung, für die die deutschen Kollegen geforscht hatten. Phosphorbomben. Er hieß H. Richard Blackwell und erhielt für seine Verdienste für die US-amerikanischen Streitkräfte in 1947 eine Medaille (Army-Navy Certificate of Appreciation). Blackwell forschte noch bis 1955 für das Militär und fast 30 weitere Jahre an der Universität.

Wann wird das Licht im Büro endlich gesund?

29.03-2024
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Irgendwie habe ich im Laufe der Jahre Zweifel daran bekommen, dass das Licht im Büro gesund wird. Denn schon im Jahre 2021 hatte eine Gruppe aus Pundits, das sind die Weisen, früher alte weiße Männer mit grauen Bärten, heute auch jüngere Damen, befunden, man müsste die Menschen zwischen 07:00 Uhr und 19:00 mit einer starken Vertikalbeleuchtung bescheinen. Naturgemäß müsste das Licht blau-angereichert sein. Diese müsste zudem 250 lx mel-EDI ergeben. Etwa gleichzeitig erschien das Werk von Experten, weniger bärtig und mit einer geringeren Beteiligung an Frauen, die Norm EN 12464-1, die mir erklärte, dass die Vertikalbeleuchtungsstärke in allen Richtungen fegen muss (gestern erklärt hier), auf dass es im Büro hell wird. Die Formel will ich niemandem verheimlichen, sie ist nicht geheim, auch wenn nicht für jedermann zugänglich.Ich meine mental.

Um der Verwirrung keinen Schaden beizufügen, will ich nicht erklären, dass der Index "v" hier nicht visuell bedeutet, sondern vertikal. Der Index amb kommt von ambient wie Ambiente. Der kleine Strich auf dem E bedeutet, man müsse das Licht auf jeder Wand für sich mitteln, dann mit dem Mittelwert an der Decke zusammenzählen, um alles nochmals zu mitteln. Nur das Licht an der Decke hat keine Bezeichnung, denn sie ist keine Horizontalbeleuchtungsstärke, aber auch nicht vertikal. Sie läuft einfach gegen die Wand, pardon, Decke. Ihre Messung gefilmt schlägt jede Slapsticknummer um Längen.

Diese 6 Werte könnte man der Planung der Beleuchtungsanlage entnehmen, so sie jemand versteht. Um auf 250 melEDi zu kommen, muss man das Tageslicht dazu addieren. Leider sagt mir keiner, an welchem Tag des Jahres und zu welcher Tageszeit. Nehmen wir an, das sei am 06.06. um die Mittagszeit. Wie viel Lux vertikal empfangen die Insassen dieses Büros?

Sie sehen niemanden? Die sind alle da und arbeiten. Nur nicht empfangsbereit für gesundes Licht. Das Bild unten zeigt, wenn sie dazu bereit sind. Dumm nur, dass sie aber alle falsch stehen. Dann drehen wir die Cubicle-Farm einfach um. Alle gucken dann zum Fenster hinaus. Was mit der Arbeit ist? Das ist nebensächlich, die macht man im Homeoffice.

Von Beleuchtungsstärken und anderen Irrtümern

26.03.2024
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In den letzten Tagen habe ich einige Zeilen verfasst zu DIN EN 12464-1, die ihre Bestimmungen betreffen. Darunter finden sich zwei wichtige Aspekte: Beleuchtungsstärken an Decken und das Helligkeit-Konzept. In Wirklichkeit betreffen beide dieselbe Misere. Unsere Regelwerke zur Beleuchtung werden seit einigen Jahrzehnten praktisch nur von Leuchtenfirmen gemacht und diese interessieren sich meistens nur für das Beleuchten, aber nicht für die Ziele der Beleuchtung. Eine Beleuchtung ist kein Selbstzweck, sie ist Teil des Raumkonzepts. Und Aufgabe des Raumkonzepts ist es, die Arbeit darin zu unterstützen, zu fördern und erträglich zu machen.

Was trägt die Beleuchtungsstärke an der Decke einer Abflughalle zu der Arbeit in dieser bei? Was hat die Seh-Aufgabe der dortigen Arbeitenden mit der Gestaltung dieser Halle gemein?

Die zweite Frage wär: Warum beschreibt eine Norm, wie man mit Beleuchtungsstärken an den Wänden Helligkeit erzeugt? Wenn ich beide Fragen verbinde, wird die Sache noch wirrer: Warum gibt eine Norm Beleuchtungsstärken an der Decke einer Abflughalle vor, wenn die Helligkeit in dieser kaum etwas mit dem Licht an deren vier Wänden zu tun haben kann, weil diese paar Dutzend Meter entfernt sind?
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Zunächst zum Grund der Misere: Es ist grundsätzlich falsch, Helligkeit mit Beleuchtungsstärken erklären zu wollen. Licht bleibt unsichtbar, bis es auf Materie trifft. Wenn es das tut, erzeugt es eine Leuchtdichte. Allerdings hängt diese von den Reflexionseigenschaften der Materie ab. DIe Leuchtdichte einer dunkel gefärbten Decke bleibt gering, egal wie viel LIcht darauf geschickt wird. Wenn diese Decke aber selber (teilweise) leuchtet, muss sie nicht beleuchtet werden. Warum sagt uns die Norm das nicht, obwohl es jeder weiß?

Die Antwort einfacher Art wäre, die Industrie will das nicht. Die komplette Antwort ist, es ist zudem verdammt schwierig, mit Leuchtdichten umzugehen. Nur langweilige graue Flächen haben eine Leuchtdichte, die in allen Richtungen gesehen gleich bleibt. Alle realen Objekte weichen mehr oder weniger stark davon ab. Trotz aller Schwierigkeiten wird aber in der Straßenbeleuchtung seit über 50 Jahren mit Leuchtdichten gearbeitet (Bild aus Hentschel, 1972). Man kann ja einer Stadtverwaltung schlecht erzählen, die sollten den Asphalt aufhellen, damit die Beleuchtung funktioniert. Büroorganisatoren lassen sich aber gefallen, dass sie ihre Decken weiß streichen müssen. Warum sich Mühe geben, wenn keiner meckert?

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Warum muss man sich Gedanken über eine Beleuchtungsstärke an der Decke machen? EIne solche Frage war einst überflüssig, weil man wusste, dass eine dunkle Decke erstens die Blendung durch die Lichtquellen verstärkt. Und zweitens weil schon eine Ewigkeit gelehrt wird, dass eine angenehme und stabile Wahrnehmung einer gebauten Umwelt ausgeglichene Leuchtdichten im Gesichtsfeld erfordert. Dennoch fragte niemand danach, weil viele Leuchten so gebaut wurden, dass ihr Licht den gesamten Raum aufhellte. Das erste der Bilder rechts ist etwa 10 Jahre alt, das darunter 93 Jahre!
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Und dieses Bild zeigt ein heute übliches Büro mit modernster LED-Beleuchtung. Man wusste schon 1970, dass man eine solche Beleuchtung nicht betreiben sollte. Wer sie dennoch haben will, müsste extra Leuchten installieren, um die Decke zu beleuchten. Die neue Version von DIN EN 12464-1 erklärt warum und verlangt danach. Man wird sie aber so gut wie nirgendwo vorfinden. Aber fast überall die rechts gezeigte Lichtverteilung, wenn der Akustikberater sich in einem Haus ausgetobt hat! Egal wie viel Licht man hier erzeugt, Helligkeit bewirkt man damit nie.
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Eigentlich muss ich nicht mehr erklären, warum die Norm Beleuchtungsstärken auf den Wänden fordert. Wenn die Wände bloß da wären. In der ganz oben gezeigten Abflughalle kann man sich die Beleuchtungsstärken auf den Wänden schenken. In dem kleinen Kabuff, der eher einem modernen Büro entspricht, wären sie wirksam, so man sie installieren könnte. Da bei der Beleuchtung einer Arbeitsstätte alles von oben kommt wie in der Bibel, werden Leuchten, wenn überhaupt, oben an dem Deckenrand befestigt und heißen Wallwasher. Und sie könnten etwas Helligkeit spenden, wenn nicht der Innenraumgestalter auf edle Farben schwört wie hier gezeigt. Was nützt mir Beleuchtungsstärke, wenn das Licht auf Dunkel trifft?

Wenn einer wirklich hell will, muss er …

  • erstens die Leuchtdichten vorgeben und
  • zweitens deren Verhältnis zueinander,

denn Helligkeit ist keine physikalische Größe, sondern eine Empfindung, die sowohl von der Leuchtdichte als auch von deren Verhältnis abhängt. Wer nur Beleuchtungsstärken vorschreibt, erntet womöglich das, was rechts zu sehen ist. EIne normative Tabelle zu Beleuchtungsstärken bestand 1931 aus 12 Zeilen mit einer Spalte. Die Norm 12464-1 von 2021 ist 128 Seiten lang mit Tabellen, die 60 Seiten füllen und jeweils 9 Spalten haben, die 9 Anforderungen stellen. Wer die Tabellen liest, muss dazu nachgucken, ob da Bildschirme eingesetzt werden. Was er dann machen soll, steht nicht etwa in den 128 Seiten.

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Was wäre, wenn man eine KI das Büro beleuchten ließe?

25.03.2024
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Träumen darf jeder, wenn der Tag lang war. Nach neuesten Erkenntnissen der Lichtwissenschaft muss der Mensch aber während dieses Tages angemessen belichtet werden, damit der Schlaf gesund ist. Die Chronobiologen haben die Voraussetzungen für eine gesunde Belichtung sogar formalisiert: ≥ 250 lx mel-EDI zwischen 6:00 morgens und 19:00 Uhr (mehr hier). Ich habe mir einige Bilder aus vergangenen Jahren besorgt, die Umgebungen zeigen, die diese Bedingung etwa erfüllen könnten. (Dass man diese Arbeitsstätten nach 19:00 Uhr nicht mehr ohne Sonnenbrille betreten darf, sei nur nebenbei erwähnt.) Man kann die abgebildeten Büros mit Recht hell nennen, auch wenn sie der DIN EN 12464-1 nicht genügen, weil die Decken keine Beleuchtungsstärke aufweisen. Entweder haben die Designer die Beleuchtung Richtung Decke vergessen oder in der Norm steht Unfug. Das ist aber nicht das Thema.

Um die Tempel der künstlichen Helligkeit mit der gängigen Vorstellung von einem hellen Büro vergleichen zu können, habe ich jemanden gefragt, der es wissen muss. Seit einigen Monaten, also seit chatGPT in aller Munde ist, hört dieser jemand auf den Namen KI. Fragt man diese z.B. nach einer schönen Frau, malt die KI eine Collage aus Hollywood-Schönheiten zusammen. Sieht echt schöön aus. Also lasse ich sie für mich arbeiten. Sie soll mir ein helles Büro malen.
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Büroschlaf ist gesund

Das erste Büro, das ich zeige, war einst das Vorbild eines Großraumbüros. So stellte man sich die Simulation des Sonnentages in einem Gebäude vor.

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Modernere Nachfahren dieses Büros zieren manches Hochglanzmagazin für Lighting Design. Mein Herz habe ich an dieses verloren. Es nennt sich auf amerikanisch Cubicle Farm. Darin werden nicht etwa Eier gebrütet, sondern Ideen. Rechts und links geht es zu den Cubicles, in deren Zellen Denker sitzen.

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Was denkt sich die KI aus, wenn ich sie bitte, sie möge mir ein helles Büro zeichnen? 

-Ich denke, KI spinnt. Der Arbeitsschutz müsste ein solches Büro wegen Gefahr in Verzug sofort schließen. Nicht nur dass die Beleuchtungsstärken an Decken fehlen. Wo bleibt die Gleichmäßigkeit? Hell heißt doch, dass in Richtung jeder Wand eine Beleuchtungsstärke sein muss. Und nun das!

Wer dieser Tage in der Zeitung seltsame Nachrichten liest, die davon berichten, dass Unternehmen wie die Deutsche Bank dafür kämpfen, dass ihre Angestellten bitte, bitte zurück ins Büro kommen, könnte sich mit meinen Bildern einen Reim darauf machen. Heute stand im Berliner Tagesspiegel, dass die Firma Allianz es bei 4 Tagen Präsenz gut sein lässt. Im Monat.