Das leise Ende eines lauten Schwachsinns
Anno tobak, genauer gesagt seit 2012 wurde eine Energiekennzeichnung für Leuchten eingeführt. Damit setzte die EU die unglückliche Umsetzung eines sonst erfolgreichen Konzepts in der Beleuchtung fort. Die EU-Verordnung Nr. 874/2012 sah seit dem 01.03.2014 eine neue Energieverbrauchskennzeichnung für Leuchten vor. Die wurde also schon zwei Jahre nach der ersten Fassung geändert. Jetzt ist die ganz aus der Fassung geraten. Seit dem 25. Dezember 2019 muss eine Leuchte nicht mehr "energiegekennzeichnet" werden. Jetzt diskutieren Juristen, ob den vorhandenen Leuchten das Energielabel abgekratzt werden muss. Manche sagen nein, andere warnen hingegen vor Abmahnungen. Die, die Abmahnungen, gab es nämlich schon einmal wegen des Wegfalls einer entsprechenden Kennzeichnung von Staubsaugern. Die zuständige Verordnung war auf Staubsauger ohne Staubbeutel nicht anwendbar. Vielleicht war die gar nicht zuständig. 🙂
Das Produkt, um das es ging, arbeitet anders als andere vergleichbare Geräte und war gerade deswegen nicht vergleichbar. Womit wir beim Problem wären. Wann sind Produkte bezüglich einer Energiekennzeichnung vergleichbar? Diese Frage wurde anhand des simpelsten Objekts, des Kühlschranks betrachtet und das Ergebnis auf viel Produktgruppen, so auch auf Leuchten angewendet.
Das Problem? Effizienz ist, wenn man dasselbe Ergebnis mit einem geringeren Aufwand an Ressourcen (Material, Arbeit, Raum, und nicht zuletzt, Energie) erreicht. Bei einem Kühlschrank ist das Ergebnis ganz einfach: einen Rauminhalt auf eine Temperatur abkühlen und dabei halten. (Schon bei einem Tiefkühlschrank ist die Sache nicht mehr so einfach.) Wenn ein Kühlschrank 200 l Volumen mit einem Aufwand von 10 W in der Stunde bei 8 ºC hält, ist er zehn Mal so effizient wie einer, der dafür 100 W verbraucht.
Während dies bei Kühlschränken mit üblichen Abmessungen funktioniert (es gibt aber welche, die im Jahr weniger als 100 W verbrauchen, die heißen aber Eiskeller), gibt es bereits bei Waschmaschinen und Geschirrspülern Probleme. Wenn diese auf "Öko" laufen, gehen manche Teile schneller kaputt oder verkalken schneller. Zudem werden die Kanalisationsrohre schlechter gespült als bei höherem Wasserverbrauch. Es wäre naturgemäß unsinnig, schlechte Geräte zu bauen, damit sie die Kanalisation besser spülen. Die durch den Öko-Waschgang verursachten Schäden muss man allerdings in der Energiebilanz schon berücksichtigen.
Während das alles noch in berechenbarem Rahmen bleibt, liegt bei Licht Vieles richtig im Argen. Was soll eigentlich als "Ergebnis" für eine Leuchte gelten? Die effizienteste Leuchte ist eine, die das Licht überhaupt nicht beeinflusst. Alles Licht, das darin erzeugt wird, darf ungehindert raus. Hingegen wurden schon vor Jahrzehnten Leuchten als Lichttöter bezeichnet, weil der größte Teil des darin erzeugten Lichts darin vernichtet wird. Was den Kritikern verschlossen bleibt, ist dass gerade Lichttöter beliebte Leuchten sind. Deren Ziel besteht nämlich nicht darin, eine bestimmte Fläche auszuleuchten, die für die Bewertung den Maßstab liefert. Manche Leuchten sind leuchtende Möbel. Davon werden wir künftig sogar mehr bekommen als jetzt.
Wenn man z.B. von dieser Leuchte den Leuchtenwirkungsgrad misst, wundert man sich, dass überhaupt etwas Licht herauskommt. Eine Leuchte, die ich für Regieräume im Fernsehen begutachtet hatte, hatte sage und schreibe 1% Wirkungsgrad. Diese würde, nach der Effizienz a lá EU bewertet, allenfalls Schrottwert haben. Die Benutzer liebten sie aber. Die effizienten Leuchten in den Räumen blieben hingegen dauerhaft ausgeschaltet. Ist was?
Das Problem ist wohl auch bei den Verordnungsgebern angekommen. Man kann ohne weiteres zwei Industrieleuchten, die eine Halle beleuchten sollen, hinsichtlich der Beleuchtungsstärke, die sie dort erzeugen, vergleichen und die aus dieser Sicht effizientere in Betracht ziehen. Es macht aber keinen Sinn, alle Leuchten über denselben Kamm zu scheren. Manche Leuchten leuchten aus anderen Gründen als andere.
Nun bleibt es bei der Effizienzbetrachtung der "Lampen", allerdings wird der Unterschied von Lampe und Leuchte aufgehoben. (Was den meisten Menschen richtig egal ist.) Das macht zwar etwas mehr Sinn als bisher. Allerdings wird die höchste Effizienzklasse für Lampen A+++ nicht mehr vergeben. Nur die Natriumdampfniederdrucklampe erfüllt die Anforderungen. Findige Leute hatten ihre Schwachstelle 2012 bei dem Jahrhundertjubiläum der LiTG schön vorgeführt (hier). Sie gibt Licht ohne Farbe. Ein Alleinstellungsmerkmal. Aber kein gutes. Ich bin gespannt, wann die Fachleute darauf kommen, dass es nicht umsonst Tausende Lampentypen gibt.
Schade eigentlich. Uns bleiben solche Puzzle jetzt erspart. Auch Überlegungen über die Energieeffizienz von fest eingebauten LED-Modulen. Wenn so ein Modul sein Leben aushaucht, kommt die ganze Leuchte auf die Halde. Wann? Nach Marketingaussagen nach 50.000 h. Manchmal schon nach 50, wenn Leuchtmittel und Leuchte nicht recht zusammen passen. Damit beschäftigt sich eine andere Abteilung der EU. Die schreibt gerade an der Elektroschrottverordnung.