Kardinäle hellwach durch LED

2014

 

Wer kennt das Bild nicht: Viele alte Männer ziehen in einen Kirchenraum (Sixtinische Kapelle) ein, um einen noch älteren Mann zu krönen, Pardon, zum Papst zu wählen. Niemand darf aus dem Konklave berichten. Alle Handys werden von Zerberussen am Eingang abgenommen. Nicht einmal das iNet (die intergalaktische Version von Internet) kann die Störsender im doppelten Boden durchdringen. Von besonderer Bedeutung sind die zwei kleinen gusseisernen Öfen in einer Ecke der Kapelle. In einem werden nach jedem Wahlgang die Stimmzettel verbrannt, in dem anderen mit Hilfe von Chemikalien der weiße oder schwarze Rauch erzeugt. Der Rauch zeigt der Außenwelt das Ergebnis des Wahlgangs an. Durch ein Ofenrohr und den eigens montierten Schornstein auf dem Dach der Kapelle wird dieser nach draußen geleitet (hier). Zwar haben alle Teilnehmer (Kardinäle) einen direkten Draht nach oben. Aber der Herr, der über uns weilt, denkt nicht daran, die Presse zu informieren. (Auch wenn manche Vertreter der Presse anderer Meinung sind.) Nur solchen bizarren Persönlichkeiten wie George W. Bush soll er Nachrichten direkt zukommen lassen.

Kein Wunder, dass niemand weiß, wie es im Innern zugeht. Ich kann es mir vorstellen. In Rom ist es häufig sehr heiß. Die Sixtinische Kapelle hatte früher nicht einmal eine Klimaanlage. Die letzte, die 1994 eingebaut worden war, hat öfter mal die Waffen gestreckt. oder sie wurde abgeschaltet, weil einige der alten Herren sich über Zugluft beklagten. Das alles wäre nicht so schlimm, aber das Schummerlicht. Der alte Leonardo, Kollege von Michelangelo,  hatte zwar alles Mögliche erfunden, elektrisch Licht hatte er aber ausgelassen. So schummerte die Kapelle vor sich hin, und mit ihr die Kardinäle. Manchmal 1005 Tage lang (längstes Konklave). Man kann sich vorstellen, wie sich die Riege der alten Männer langsam seitwärts in die Trance bewegt haben muss.

Vorbei! Wie Bild vorgestern berichtet hat, erleuchtet jetzt deutsches Licht die sixtinische Kapelle (hier oder dort). Und wo es was auch immer erleuchtet, werden alte wie junge Geister hellwach. So hat sich eine Lichtfirma auf Altenheime spezialisiert, wo sie mit viel Licht den Alltagsmief vertreibt, während eine andere sich Schüler vorgeknöpft hat, die durch blaues Licht intelligenter und agiler werden. Es finden sich "Wissenschaftler", die das Ganze auch noch in wissenschaftliche Journale schmuggeln.

Künftig werden die Kardinäle nicht mehr rammdösig ihre Stimmzettel ausfüllen, die anschließend verbrannt werden. Die Kapelle ist mit deutschem Licht erleuchtet, und das macht bekanntlich intelligent. (siehe. z.B. hier und dort). Wer Papst werden will, muss entweder einen Kursus im Präsentieren absolvieren (einschließlich Powerpoint) und vor dem Auftritt stundenlang in die Maske gehen, und/oder eine starke Brille ins Gesicht setzen (s. Alexander Dobrindt vor und nach seiner neuen Brille).

Es steht zu befürchten, dass die Kardinäle nur noch jung-dynamische Figuren auf den Papstthron erheben. Es könnte sogar noch schlimmer kommen, dass sie eine Frau wählen. (soll zwar vorgekommen sein, aber die Päpstin Johanna hat ihr Geschlecht genauso versteckt wie die Pharaonin Hatshepsut oder die Piratin Anne Bonny). Während die Kirche gelernt hat - sie führte die Papstprobe auf einem Stuhl mit einem Loch in der Sitzfläche ein -, arbeiten die Piraten immer noch nach ihrem alten Muster. Alle Menschen sind klug. Die einen vorher, die anderen nachher.

Was noch alles anders wird, wenn die Kardinäle durch bläuliches Licht aufgeweckt werden, kann man kaum ausmalen. Wenn man John Ott glaubt, das ist der Erfinder von true light, hatte das Flimmern der Fernsehbilder Ende der 1960er Jahre den Aufstand der Jugend in den USA gegen den Vietnam Krieg verursacht (kein Scherz, steht in seinem Buch geschrieben). Als man dann andere Röhren einsetzte, war es aus mit dem Aufstand. Was der amerikanischen Jugend recht ist könnte der katholischen Altersgarde billig sein. Übrigens, die Firma, die Personal Light anbietet, hat ein Panel zum Steuern des Verhaltens mitgeliefert. Darauf steht …Aktivieren … Konzentrieren … Beruhigen!

Wie man an unserem geliebten Verkehrsminister erkennen kann, kann man auch ohne blaues Licht intelligenter werden. Ob er die Einsicht in die schwierigste Materie, die je ein deutscher Minister zu lösen hatte, Ausländer zur Kasse, Pardon zur Maut, bitten, ohne Ausländer zu diskriminieren, mit oder ohne blaues Licht hatte, verrät nicht einmal die Bild-Zeitung. Vielleicht reicht die Einhornbrille. Das Panel mit …Aktivieren … Konzentrieren … Beruhigen! nimmt er immer mit nach München, wenn er zum Chef muss.

Mein AMpelmann

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