BGB 2018 - oder wie die Lichtbranche lernte, nur noch haltbare Angaben zu machen
Gestern hatte ich noch einen Kommentar zur Ehrlichkeit bzw. Lauterkeit in dem Lichtsegment geschrieben. Die will ein Verein Lauterer Wettbewerb e.V. erreichen. Im gleichen Heft von Licht wie die betreffende Meldung dazu steht etwas viel viel Lustigeres. Der gemeine deutsche Staat hat der Wirtschaft wieder mal einen bösen Streich gespielt und das BGB novelliert. Diese kaum bekannte Vorschrift stammt aus dem Jahre 1896 und bestimmt so unwichtige Dinge wie das Verwandtschaftsverhältnis eines Vaters mit seinem Sohne. Der ist nur mit der Mutter direkt verwandt, mit dem Vater über diese. Anno 2017 hat der Gesetzgeber auf einem ebenso unwichtigen Gebiet, Bau- und Planungsvertragsrecht, grundlegend neue Regeln eingeführt. Darunter auch eine Änderung der kaufmännischen Mängelhaftung.
Hat das was mit Licht zu tun? Und ob. Denn Leuchten und Lampen sind Bauprodukte und keine mitgebrachten Elektrogeräte wie Taschenlampen. Ist eine mangelhafte Sache irgendwie dumm aufgefallen, kann der Kunde verlangen, dass sie aus seinem Bauwerk entfernt wird. Das war auch früher so. Aber derjenige, der die Ausbaukosten für die Sache und Einbaukosten für den Ersatz zu tragen hatte, war der dumme Elektriker. Besser gesagt: Der Elektriker war der Dumme, egal wie hoch sein IQ ist. Jetzt nicht mehr. Und das ist sehr dumm. Für andere …
Vertragsrecht hin und her. Dieser Blog heißt Healthylight oder Lichtundgesundheit. Wieso soll das BGB interessant sein? Das steht in dem Artikel so geschrieben: "Kauft beispielsweise eine Elektrofirma ein Leuchtensortiment nebst Steuerung von einem Hersteller, der dazu Eigenschaften wie 'folgt dem Tageslicht und den Jahreszeiten' 'motivierende biologische Wirkungen' … verspricht und treten diese derart nachweislich nicht ein, kommt es regelmäßig vor, dass der Bauherr den Rückbau und die Neuerrichtung der aus seiner Sicht mangelhaften Lichtanlage fordert." Aua! Wenn die Kuh mit der biodynamischem Licht nicht die versprochene biologisch-dynamische Milch liefert, steht der Bauherr, der Bauer, gleich vor der Tür vom Leuchtenhersteller. Wenn der die derart mangelhafte Milch aus Versehen an einen anthroposophischen Kinderladen vertickt hat, kann die Mängelhaftung noch weitere Kreise ziehen.
Wenn ich so die Websites der Hersteller durchgehe, die sich auf das biodynamische Licht und so geschmissen haben, sehe ich dunkel auch ohne eine Lichtsteueranlage, die dem Tageslicht folgend mein Zimmer nachts auf dunkel steuert. Vor allem das Geschäftsmodell, das A.T. Kearney der Branche verkauft hat, wird es schwer haben. Es beruht nämlich, eigenen Worten des Beraters zufolge, z.B. auf einer Ruhigstellung von ADHS Kindern (Zappelphillip) durch Licht. Ehrlich. Auf Heller und Pfennig berechnet.Wenn man nur ein paar der Sauplagen mit dem nebenan abgebildeten Paneel ruhig stellen kann, werden Lehrer weniger krank, und pro ruhiggestelltes Kind entfallen 6.000 € Kosten. Ein Fall für den Kultusminister oder staatliche Bauämter. Noch besser wird die Sache, wenn einer dem Arbeitgeber vorrechnet, wieder in Heller und Pfennig, dass seine Arbeiter produktiver werden. So wie hier:So hatte die Firma Western Electric gerechnet, als sie das wahrscheinlich berühmteste Projekt der Lichttechnik anstieß: Das Hawthorne Experiment von Elton Mayo und andere. Das Ergebnis war nicht der Nachweis der Erhöhung der Arbeitsleistung durch bessere Beleuchtung. Leider nicht. Der durch das Projekt entstandene Begriff Hawthorne Effekt besagt dass die Arbeitsleistung nicht nur eine Funktion "objektiver" physikalischer Arbeitsbedingungen ist, sondern davon abhängt, wie Arbeitsinhalte, Kollegen und Führungskräfte wahrgenommen werden. Ein ungeahnt hoher Beitrag der Lichttechnik zur Wahrheitsfindung. Leider nicht sehr populär auf dem Gebiet. Verständlicherweise … Man stelle sich vor, das VW-Werk würde von der Änderung des BGB Wind bekommen und die Firma verklagen, die eben die genannten 2.000 lx installiert hatte, um die circadiane Rhythmik der Autobauer zu ändern. (Bitte vergessen. Die Firma gibt es nur noch rudimentär.) Übrigens, das Hawthorne Projekt begann 1924.
Adieu HCL? Ach was, davor sind noch andere Werke dran. So z.B. dieses:Was macht der Arbeitgeber, der seine Mitarbeiter nach Sehkomfort durch die Bürobeleuchtung fragt mit dem Ergebnis? Wenn der erfolgreich für eine Entfernung der mangelhaften Sache klagt, hätten wir in Deutschland viele neue Müllberge voller Büroleuchten.
Das ist der Anspruch von DIN EN 12464-1, die Anforderungen beruhen auf:
Und es gibt genügend Studien, die zeigen, dass zwischen Beleuchtungsstärke und Leistung Beziehungen nicht hergestellt werden können. Nicht nur dass sie aus der Lichttechnik selbst stammen. Diese Wahrheit lag schon der DIN Norm DIN 5035 von 1972 zugrunde. Warum dem so ist, hatte eine Führungskraft einer führenden lichttechnischen Firma in Licht, dem Organ der LiTG, veröffentlicht. Und die LiTG hat 2017 ein Stellungnahme zur Lichtqualität veröffentlicht (mehr hier, da und dort und wenn es nicht reicht, auch noch hier und da), die besagt, dass diese nicht viel mit der Beleuchtungsstärke zu tun hat.Falsch ist der Weg nicht. Erzählen Sie aber den Behörden, die nach objektiven Kriterien für die Beleuchtung von Arbeitsstätten suchen, wie Sie 25 Seiten voll Tabellen mit Beleuchtungsstärken aus ehemaligen subjektiven Bewertungen generieren und dies mit Sehleistung begründen. (so viele sind es in DIN EN 12464-1:2011). Für alle zum Mitschreiben: Da man nicht weiß, welche Sehaufgabe man Normen zugrunde legen sollte, und welche Sehleistung man realisieren müsste, nimmt man subjektive Bewertungen von Beleuchtungsniveaus, was das auch immer sein mag, und leitet aus ehemaligen Studien mit Büroattrappen 25 Seiten voll Listen für Schweineställe bis Desinfektionsräume ab. Anschließend zimmert ein Ausschuss daraus ein europaweit, ach was, auch noch weltweit geltende Norm. ISO 8995-1:2002(E)/CIE S 008/E:2001 LIGHTING OF WORK PLACES - PART 1: INDOOR und DIN EN 12464-1: Beleuchtung von Arbeitsstätten in Innenräumen basieren auf DIN 5035-2, und die basierte auf eben so entstandenen Erkenntnissen.
Mal sehen, ob das BGB zur Wahrheitsfindung dienlich ist.
(Artikel lesen in Licht 2/2018, Fragen an den Autor ugm_sv(Kringel)hotmail.com
[…] Arbeitsebene, keine Bedeutung für die Wahrnehmung des Raums hat, und nur geringe für die Arbeit (klick). In deutschen Büros wollen die meisten in der Nähe des Fensters sitzen, weil sie sich dort am […]