Wenn sich der Bock zum Gärtner proklamiert …
Heute fiel mir ein ein paar Jahre altes Dokument in die Hände. Es war der Entwurf für DIN 5035-7 ... Vielmehr der letzte Versuch, den Unsinn wiederzubeleben. Er sagt mit einem einzigen Satz aus, warum lichttechnische Normen das Gegenteil von dem bewirken, was sie wollen: Mehr Licht, mehr Helligkeit. Sie haben in der Praxis weniger Licht trotz der Verfügbarkeit von mehr Licht bewirkt. Wie das?
Schlicht so: Die Basis für die Anordnung der Arbeitsplätze ist die Arbeit. Die Basis der Anforderungen an die Beleuchtung sind die Bedürfnisse des arbeitenden Menschen. Punkt! Was passiert, wenn man dies umdreht? Die Beleuchtung passt einfach nicht, und die Menschen fühlen sich geblendet, sehen schlecht usw. Im Endergebnis schalten sie das Licht so lange aus, bis sie nichts mehr ordentlich sehen. Wenn ganz Schlaue die Lichtschalter weglassen, damit keiner es ausschalten kann, drehen sie die Lampen über ihren Arbeitsplätzen aus. Zuweilen greifen sie zum Besenstiel und machen die Lampe kaputt.
Das umgekehrte kann man erleben, wenn man eine Beleuchtung realisiert, die ihren Zweck sinnvoll erfüllt. Dass man dies erfolgreich erreicht hat, merkt man vor allem an zwei Dingen. Erstens vergessen sie häufig, das Licht auszuschalten, wenn es hell wird. Zweitens gibt es dort keine Diskussion darüber, ob "das Licht zu hell" ist. Sprich die Beleuchtungsstärke zu hoch. Solche Diskussionen haben keinerlei Bezüge zu den tatsächlich vorhandenen Beleuchtungsstärken. Zuweilen findet man mehr Gegner der Beleuchtung bei 300 lx denn bei 2000 lx.
Was tun? Eigentlich ist es gar nicht so falsch, die Möglichkeiten der Beleuchtung stets im Hinterkopf zu haben, wenn man Räume, gar Gebäude gestaltet. Das tun Architekten schon ein paar Tausend Jahre. Mehr noch: Unsere Gesetze fordern Tageslicht und Sichtverbindung nach außen. Nur, das war nicht der Vater des Gedanken bei DIN 5035-7, die eine Norm für die künstliche Beleuchtung war. Sie verlangte vom Arbeitgeber eine Aufstellung der Arbeitsplätze, die niemand hat mit vernünftigem Aufwand realisieren können. Wer dies tatsächlich versuchen wollte und das Beispiel aus der Norm mit dem Lineal vermessen, kam auf ca. 45 m2 bis 80 m2 pro Mitarbeiter (bleiben wir auf dem untersten Wert). Büroplaner versuchen hingegen, pro Kopf möglichst 6 m2 nicht zu übersteigen. In der guten alten Zeit gab es pro Sachbearbeiter sogar 12 m2. Lang ist es her. Das Beispiel, auf dem die einstige Norm beruhte, war aus Wolkenkuckucksheim. Jetzt ruht sie in den ewigen Jagdgründen. Da gehört sie auch hin. Die in der Norm als Basis gewählte Bude bekommen Staatssekretäre (öffentlicher Dienst) oder Vorstände (weniger öffentlicher Dienst). Für Normalos wird nicht einmal mehr eine eigene Bude gebaut. Sie dürfen im Business Club Platz nehmen, wenn da einer frei ist. D.h., schon 6 m2 scheint zuweilen zu viel des Guten. Man merke: Der Mensch steht bei uns im Mittelpunkt. Und der ist nur etwas größer als der typografische.
Man kann alle Leute einige Zeit
zum Narren halten und einige Leute allezeit;
aber alle Leute allezeit zum Narren halten kann man nicht.
Abraham Lincoln
[…] sondern schlechterdings überall." (s. hier) . Was hatte ich beim letzten Beitrag geschrieben (hier "Er sagt mit einem einzigen Satz aus, warum lichttechnische Normen das Gegenteil von dem bewirken, […]