Schulen ohne Tageslicht - Künstliche Intelligenz braucht es nicht
Dies ist die Geschichte einer der größten Katastrophen der Geschichte von Berlin-West. Bekanntlich war diese eine "selbständige politische Einheit", wie die DDR sie nannte oder ein Bundesland, in dem die Bürger nicht ganz so (Bundes)Bürger waren. Man bekam einen behelfsmäßigen Personalausweis. Ich erhielt sogar einen vorläufigen behelfsmäßigen Personalausweis. Der wurde allerdings nie in einen endgültigen behelfsmäßigen Personalausweis umgewandelt, weil die DDR plötzlich verstarb.
Wir hatten vor gehabt, der DDR zu zeigen, was der mächtige Westen so alles besser macht. So auch im Schulwesen. Während die DDR ihre Schüler angeblich wie Roboter erzog, wollten wir, dass unsere Schüler von Robotern erzogen werden. Wir eigentlich nicht, sondern ein gewisser Prof. Frank. Helmar Frank sprach 1960 von der “vorläufigen Überlegenheit des Menschen in der Gestaltwahrnehmung gegenüber der Maschine”, die im Zuge der zu erwartenden - und in unerwartetem Maße für alle verwirklichten - Entwicklung der Informationsverarbeitungstechnologie zurückgehen würde. Er überredete den Berliner Senat, etwa 90% des Schulunterrichts von Maschinen geben zu lassen. Der Senat beschloss die Sache 1967. Im Jahre 1974 sollte es so weit sein. Hier einige Dinge, die damals weit gediehen waren.
Solche schönen Maschinen haben auch den Vorteil, dass sie kein Licht und keine Luft brauchen. Aber Schüler. Die werden allerdings durch die Außenwelt gestört. So knallt z.B. die Sonne auf den Tisch. Damit die Maschinen wirklich erfolgreich ihrem Lehramt nachgehen konnten, baute Berlin für eine schlappe Milliarde (oder etwas weniger) 15 Mittelstufenzentren. Modern, konzentrationsfördernd, ohne Tageslicht.
Hier einige Zeitungsschnipsel aus den späteren Jahren, die mir heute in die Hand gefallen sind. (Die Kosten waren halb so schlimm, sie fielen damals in DM an. Die Therapiekosten der Geschädigten später auch in Euro.) Nicht zu glauben, dass ein einziger Mann eine solche Katastrophe triggern kann, die man hätte vorhersehen können. Ich habe allerdings ihn geglaubt - und viele Jahre später in meinem Regal ein Buch mit einem Beitrag eines Lehrers meiner ehemaligen Schule gefunden, in dem haargenau dargestellt wurde, warum das traumhafte Konzept niemals hätte funktionieren können (hier)
Wer war denn Ristock, der Senator, der es nicht schlimm findet, wenn Kinder in "Dunkelräumen" unterrichtet werden? Er war bekannt als Harry, der Laubenpieper. Sein Laubenpieperfest gehörte zu den Highlights des öffentlichen Lebens in Berlin. Wieso das hier erwähnen? Der gute Harry hatte vergessen, warum ein gewisser Dr. Schreber den Schrebergarten erfunden hatte. Der deutsche Arbeiter, seiner einstigen Umgebung als Bauer beraubt, sollte mit Licht, Luft und Sonne leben. Es ist ein Gerücht, dass Schrebergärten ausschließlich zur Zucht von Gartenzwergen dienten.
Was die Allgemeinheit von Harry Ristock nicht so genau weiß wie das Laubenpieperfest war seine Heimat. Er stammte aus den Masuren und, aus lauter Heimatliebe, wollte er die Havelufer in der Stadt renaturieren, damit sie wieder so aussehen wie in seiner masurischen Heimat. (Ist übrigens geschehen. An manchen Stellen haben wir soviel Schilf wie 1953.) Wie kann ein solcher Mann behaupten, dass dem Senat nicht bekannt sei, dass Kinder bei einem längeren Aufenthalt in Räumen ohne Tageslicht gesundheitliche Probleme erleben? (Der Senat erzählte den Berlinern am 7. Dezember 1975, dass die Katastrophe im KKW Lubmin bzw. Greifwald kein Problem wäre, weil die Anlage 200 km entfernt sei. Wie man später erfuhr, war der Störfall vom Kaliber Tschernobyl, konnte sich aber nicht voll entfalten.)
Was auch der Herr Senator für Märchen erzählt haben mag, einige Ahnungslose verließen die sinkenden Schiffe. Ähhh, so ahnungslos waren die Herrschaften nicht. Den Schulen liefen die Direktoren weg.
Diese Geschichte ist allen gewidmet, die hinter der KI-Initiative der Bundesregierung eine große Weisheit vermuten. Mit Künstlicher Intelligenz kann man zwar alles Mögliche anstellen. Den Lehrer ersetzen geht nur, wenn ein Virus namens Corona die Welt lahm legt. Das Tageslicht ersetzen geht, allerdings …schief.
An die Jahre kann ich mich gut erinnern. Wir sind mit den Kindern auf die Straße gegangen. An manchen Tagen wird die Vergangenheit schlagartig lebendig.Die Schuppen waren auch noch asbestverseucht. Das wusste man damals aber nicht. Neukölln hatte gleich vier der 15 an der Backe.
War Helmar Frank nicht Professor an der PH? Wollte er seine Studentinnen gleich arbeitslos machen? Ich kenne ihn als Kybernetiker.
Er war. Die Studentinnen und Studenten glaubten an eine neue Lernwelt und nicht an Arbeitslosigkeit. Die war in der aufstrebenden Republik kein Schimpfwort. Die importierte ja ein Millionenheer an Arbeitern. Frank war schon an der Uni Karlsruhe mit Lernautomation beschäftigt. Er wurde als jüngster C4-Professor nach Berlin geholt. Sein Institut hieß zuerst Informationswissenschaft, später Kybernetik. Wäre der doch bei den „Lernenden Automaten“ an der TU Karlsruhe geblieben. Der wollte lieber Lehrende Automaten bauen.
Seine Periode an der Pädagogischen Hochschule Berlin war ein Intermezzo. Er war Mitbegründer des Forschungs- und Entwicklungszentrum für objektivierte Lehr- und Lernverfahren (FEoLL) in Paderborn. Dummerweise war der Hauptinitiator Heinz Nixdorf. Damals als Computerpionier gefeiert. Sein Interesse bestand aber im Absatz von Computern. Da mischten noch andere Computer“hersteller“ mit. Einer war Günter Wagner. Den wollte die Börse nicht an die Börse lassen, so kaufte er die Aktien der “ „Kamerun Eisenbahn-Gesellschaft“ auf, ein Papier aus Kaiser Wilhelms imperialen Zeiten. Und verkaufte seine „Computer“ an ein Berliner Unternehmen, Educomp. Dieses baute dann die Lerncomputer. Sie bestanden aus einem Schrank wie alle Computer und frischer Berliner Luft drin. Als wohl einzige Computer der Welt. Der Sinn der Sache lag nämlich darin, 33% Investitionszulage einzustreichen. Die blieb bei Educomp, das zu 100% Wagner gehörte.
Auf Ihre Frage gibt es eine Antwort. Die bezieht sich auf den Werdegang von Frank, aber nicht den der Schulen. Man baute ja nicht nur Schulen ohne Tageslicht. Fast alle neuen Hörsäle an meiner Universität hatten keins. Nach den Sommerferien war ich die erste Woche in der Vorlesung krank. Wie ich später lernte, lag das zunächst an der Klimaanlage. Man hat bei der Wartung des Hauptsaals in der Klimaanlage 25 Jahre alte Zeitungen gefunden, die die letzten Wartungsarbeiter dort hinterlassen hatten. Bei SFB-Gebäude in Berlin waren die Filter sogar noch länger nicht gewartet worden.
[…] das Tageslicht eher scheuten, weil die Bildschirme blendeten, sei dahin gestellt (kommentiert hier). Wie man später gelernt hat, besitzt das Tageslicht noch andere Kräfte, als kräftig auf die […]
[…] brauche. Man könne unterirdisch bauen und das Licht mit Schläuchen dahin befördern (hier oder da oder dort). Noch 1989 hat der Vorsitzende des Normenausschusses Innenraumbeleuchtung gesagt, man […]