Integratives Licht vertagt bis auf Weiteres
04.02.2025
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Es war einmal … So fangen orientalische Märchen an. Es wird einmal … kann man zu Beginn der Reise jeder Technologie lesen. Man fängt klein an und steigert sich mit zunehmender Geschwindigkeit. Es endet in Infinity. Marketingleute hören es nicht gerne, aber die Erfolgskurve ist der Drachenschnur abgeguckt.
Nach etwa 80 Jahren V(λ)-Kurve war es so weit. Man hörte auf zu behaupten, man könne die Lichtwirkungen alle irgendwie auf die Beleuchtungsstärke zurück führen und diese mit einem Messgerät präzise bestimmen. Diesen Unsinn glaubt nur noch der Arbeitsschutz. Andere die schlauer sein wollten, haben eben die integrative Beleuchtung erfunden. Sie soll neben der Wirkung auf das Sehen auch die auf die Gesundheit berücksichtigen. Vor allem soll sie nur positive Wirkungen auf den Körper und die Psyche ausüben.
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Eine Meldung, die ich gerade auf den Tisch bekam, sagt nunmehr, dass es eine solche Beleuchtung sobald nicht geben wird. Sie besagt, dass
ISO/CIE 8995-1, Light and lighting - Lighting of work places - Part 1: Indoor
am 31, Januar 2025 erschienen ist.
ISO/CIE 8995-1 war zuletzt im Jahr 2001 aus der einstigen Norm zur Ergonomie der Beleuchtung ISO 8995-1 entstanden. Sie hatte mit der Vorgängernorm nur die Nummer gemein. Immerhin! Ergonomisch wurde sie nie. Angewendet auch nie. Die CIE hatte in ihren über 100 Jahren seit ihrer Gründung auch nie eine Beleuchtungsnorm gemacht. Warum, erkläre ich ein andermal. Aber warum man eine solche Norm überhaupt schreiben musste, wo es doch eine europäische dazu gibt (EN 12464-1), die in allen EU-Ländern gilt, werde ich nie wissen. In welchem Land sie angewendet werden soll, ist unbekannt. Die mir bekannte Zahl geht gegen Null. Das entspricht vermutlich der Wahrheit.
Wie dem auch sei, die Norm wurde vor vier Tagen veröffentlicht. Bei dem Tempo, in dem sie entstanden ist, ist ein Nachfolger in ca. einem Vierteljahrhundert zu erwarten. Daher ist wichtig zu wissen, dass die Norm zur Planung einer integrative Beleuchtung keine Vorgaben enthält. Aber viel BlaBlaBla zum Thema. Aber der Rest der Norm lässt unschwer erkennen, worum es sich dreht: Um Beleuchtungsstärken in allen Lebenslagen. Die müssen mittlerweile auch für die Helligkeit herhalten. So wird eine neue "Beleuchtungsstärke" eingeführt, mean ambient illuminance, auf Deutsch mittlere Umgebungsbeleuchtungsstärke (oder ähnlich, Übersetzung steht noch aus). Sie errechnet sich aus
Ēamb = (Ēv wall1 + Ēv wall2 + Ēv wall3 + Ēv wall4 + Ēceiling) / 5
den mittleren Vertikalbeleuchtungsstärken auf den vier Wänden eines Raum zuzüglich der in Richtung Decke, geteilt durch 5. Die Beleuchtungsstärke, die den meisten Planungen zugrunde gelegen hat, die Horizontalbeleuchtungsstärke wird ausgeklammert, weil der Fussboden meistens dunkel sei und somit wenig zur Helligkeit beitägt. Sehr interessant, weil alles was die Beleuchtung so angeht, z.B. Blendung oder eben die integrative Wirkung auf die Gesundheit, davon ausgehend bestimmt wird, dass ein Mensch bei der Arbeit etwa 40º nach unten guckt. Nach der Meinung der neuen Norm sieht er dort nur dunkel. Ebenso interessant die Frage, wo sich die Wände in einem Großraumbüro befinden.
Ich denke, die neue Norm wird eine heilsame wikrung haben. Da kaum jemand in der Lage ist, die zu lesen, werden die Bauherren hoffentlich in Fragen zur Beleuchtung einen Lichtplaner engagieren. Der wird zwar die Norm auch nicht lesen. Aber das ist gut so.
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