bis die Wahrheit entdeckt wird …

 
Menschen, die in Büros arbeiten, denken meistens, ihre Umgebung sei irgendwie nichts aussagend und langweilig. Nehmen wir mal diejenigen weg, die dafür selbst zuständig sind, z.B. weil sie bei der Arbeit die Tassen benutzen, die sie zu Hause nicht mehr sehen können, bleibt noch ein großer Rest übrig. Neulich hat mir ein guter Innenarchitekt erzählt, wir sollten als Vorbild Objekte nehmen, die in Pinterest gezeigt werden. Mach ich gerne. Da sind so viele schicke Gebäude abgebildet, dass man mit den Ohren schlackert. Allerdings sieht man sie meist von außen, so wie der Architekt gesehen haben möchte. Wie es wohl da drinnen aussehen mag?

Pinterest ist nicht die einzige Quelle, wenn es um Bilder einer schnieken Architektur geht. Von Erco gibt es das Buch "Lichtpositionen" (unbedingt kaufen! Lichtpositionen zwischen Kultur und Technik, Aksel Karcher/ Martin Krautter/ David Kuntzsch/ Thomas Schielke/ Christoph Steinke/ Mariko Takagi, 2009 ), in dem meistens Innenräume gezeigt werden, sehr schöne. Und immer mit Betonung auf Licht. Denn Erco meint, den Raum macht Licht. Finde ich auch. Licht macht den Raum. Und wer macht die vielen total langweiligen Räume? Erco nicht. In dem ganzen Buch kann man keinen einzigen üblichen Büroraum finden.

Wie die entstehen, hat ein Professor für Lichttechnik beschrieben, lange bevor er ein Professor für Lichttechnik wurde. Und für ein Unternehmen, das damals sehr bescheiden aussah an der heutigen Gestalt gemessen. Man hat mehr als 20 Jahre gehabt, um zu verstehen, was er geschrieben hat. Haben wir verstanden?

Ich denke, ja. Dummerweise gibt es keinen Ausweg aus dem Dilemma. Mir soll mal einer einen Architekten zeigen, der nicht die Raumhöhe und -abmessungen festlegt. Die Raumhöhe ergibt sich fast automatisch aus einer Wirtschaftlichkeitsberechnung für die Nutzung des Areals und den von der Gemeinde vorgegebenen Traufhöhe bzw. sonstiger Vorgaben. Selbst der Bund in Bonn hat selbst in den Wirtschaftswunderjahren nur Kaninchenställe bauen dürfen. Von Architekten, die Raumhöhe und -abmessungen so frei nach gestalterischen Gesichtspunkten festgelegt haben sollen, kenne ich Hans Scharoun (Berliner Philharmonie, Kammermusiksaal und Stabi). Alles Gebäude auf (einst) freier Wildbahn am Rande der westlichen Welt. Dafür war ich früher in einigen Tausend Bürogebäuden in über 20 Ländern, ohne jemals ein großzügig gebautes Bürohaus gesehen zu haben. Wenn man die Häuser besucht, in denen die Büros des größten deutschen Versicherers untergebracht sind, wird man erst recht nüchtern. 

Ich denke, das rechts beschriebene System hat System. Und daraus ausbrechen wird kaum jemand können, so er nicht etwa von Google oder einem sonstigen Start-up den Auftrag bekommt, die Firmenphilosophie zu präsentieren in Form eines Bürogebäudes. Eine Büroserie, die ich 1985 veröffentlichte, heißt "Das Bürohaus - Spiegelbild der Unternehmenskultur". Stimmt immer noch. Und was uns der Spiegel vorführt, "sieht etwa gleich aus und ist oft unbefriedigend …"

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