Es gibt garantiert keine technische oder wissenschaftliche Disziplin, die sich Mühe gibt, damit die letzte Sau sie versteht. Eine macht da eine Ausnahme. Vermutlich geht sie davon aus, dass sie keine Sau versteht und bebildert ihre Konzepte. Zunächst für Menschen. Das war früher allgemein üblich. So wurde z.B. die Größe eines Schiffes in Vergleich zu einem Elefanten dargestellt, damit jeder versteht, wie groß so ein Schiff ist. Gewiss, die meisten von uns haben keine Ahnung davon, wie groß ein Elefant ist. Deswegen gab es auch Abbildungen die helfen, Elefanten zu verstehen. Meistens stand ein Schaf oder ein Pferd daneben. Hätte man hingegen einen Floh als Vergleich abgebildet, hätte keine Sau verstanden, was gemeint war. Lustig waren die Abbildungen, die erreichte Höhen zeigten. Pferd 2m (hüpfend), Schwalbe einige Kilometer, Granate der Dicken Berta 38 km usw. Vorbei … Voyager 1 wird im Jahr 2026 die Distanz von einem Lichttag zur Sonne überschreiten. In Höhen gemessen wären das 25.955.532.111.000 m. Wer das nicht versteht, kann vielleicht das begreifen: 2,59 e+16 Millimeter. Von Höhe reden wir nicht mehr.
Wie dem auch sei, es ist wichtig, dass alle verstehen, dass es lichttechnische Grundgrößen gibt. Und davon 4. Und deren Erklärung sieht für einen Menschen abgebildet so aus.
Eigentlich stimmt das Bild nicht. Es stammt aus einer Sicherheitsregel einer BG, die für Metallarbeiter tätig ist. Die Szene enthielt früher eine Drehbank und eine Maschinenleuchte. Die hier gezeigte elegante Leuchte war seinerzeit noch nicht erfunden worden. Und der Mann trug … einen Blaumann. Ich habe vorsichtshalber alle Teile des Bilds entfernt, aus dem Licht auf das Blatt Papier fällt. Nur den Mann konnte ich nicht entfernen. Das einigermaßen korrekte Bild sieht so aus:
Wenn man gaaanz genau nimmt, müsste man es so zeichnen:
Was muss man tun, damit jede Sau die globale Bedeutung dieses Bildes erkennt?Etwa so?
Eigentlich sollte hier eine Sau abgebildet werden. Hat man die etwa vergessen? Ganz bestimmt nicht:
Schon perfekt? Ganz sicher nicht! Denn das schweinische Auge ist ein Dichromat, hat also nur zwei Arten von Farbempfängern. Der Mensch ist ein Trichromat - meistens jedenfalls. Bei einer saumäßigen Betrachtung muss der Lichtstrom anders berechnet werden, damit auch die Beleuchtungsstärke und auch die Leuchtdichte.
Ist solch ein Unterschied relevant? I,wo, keine Sau interessiert sich dafür. Morgen schreibe ich, wie die Sau die Pflanzen sieht, wenn die Beleuchtung für diese optimiert ist. Bis dahin kann man hier lesen, wie man im Winter seine Beamtenpalme oder Zimmerlinde mit schlechtem Licht ruiniert, bzw. was man mit gutem Licht erreichen kann. Ansonsten bleibt es bei der Weisheit, die man etwa im ersten Schuljahr vermittelt bekommt: Man sieht die Welt im reflektierten Licht.
Vor einigen Jahren regte ich mich über die Umfirmierung von LED von Laser zu Lampe auf. Sie war einst als Laserdiode bekannt. Da ihre Strahlung aber relativ schwach ist, gehörte sie der Laserschutzklasse 1: Sicher durch geringe Strahlung oder Schutzgehäuse. Das Klassifizierungssystem wurde 2001 mit den Normen EN 60825-1 und IEC 60825-1 grundlegend überarbeitet. Dass die Normen die gleiche Nummer tragen, ist keine Überraschung, es kann nicht unterschiedliche "Sicherheiten" geben. Warum wollte man aber die LED, die als Beleuchtung eingesetzt werden, nicht Laser nennen lassen? Das liegt an dem Wort Strahlung, und mit dem habe ich seit 45 Jahren Probleme.
Während das Wort Licht für Positives steht, man denke nur an die christliche Liturgie, die seit 2000 Jahren an der Kerze hängt, steht Strahlung für das Gegenteil. Nicht einmal Leute, die ihre Gesundheit einer Strahlentherapie verdanken, mögen in der Strahlung viel Positives entdecken. Der gesunde Menschenverstand, auf den ich sonst viel gebe, versagt beim Wort Strahlung. Dass das ganze Leben auf der Erde der Strahlung der Sonne zu verdanken ist? Ja, aber …
Ahnungslos, wie ich war, habe ich mich vor 45 Jahren forschend an die "Bildschirmstrahlung" gemacht. Diese entstand durch die Röhren der Bildschirmgeräte, die eben für diesen Zweck gebaut wurden. Deren Bild wird durch Strahlen gezeichnet. Findige Leute haben aber gleich herausgefunden, dass diese Strahlung auch Anteile enthält, die gefährlich sind, Röntgenstrahlung. Eigentlich könnte man bestimmt bei allem, was Licht abgibt, auch etwas Röntgenstrahlung finden - theoretisch zumindest. So beispielsweise auch bei Kathodenstrahlröhren. Die Menge ist aber so gering, dass man sie nur mit vielen Nullen hinterm Komma schreiben kann. Da die vorhandenen Nullen dazu nicht reichen, muss man welche importieren. Den Sachverhalt habe ich in einem Buch sachlich dargelegt. Und dachte, damit wäre alles gesagt.
Denkste. Eine Frau Fisch (Name ist echt) pilgerte durch die Republik und erzählte jedem, dass die Strahlung auch noch giftig sei. Sie würde durch eine Bombardierung von Phosphor mit Elektronen entstehen. Das hätte ich geschrieben. Und Phosphor sei giftig. Die Strahlen würden dann die Brust der Benutzer von Bildschirmen durchlöchern. Bei so viel Unsinn müsste doch jeder vernünftige Mensch aufhören zuzuhören? Meine Schwägerin, eine Physikerin, lachte darüber und sagte, du musst eben keinen Unsinn schreiben. Jeder wisse, dass die Röntgenstrahlen aus dem Bildschirm zu schwach seien, um überhaupt gemessen zu werden. Stimmt! Genau das hatte ich auch beschrieben. Und dann? Eines Tages ruft die Schwägerin an und fragt nach Kopien aus meinem Buch. Wozu? Sie sagte, sie hätte soeben erfahren, dass sie schwanger sei. Sie wolle entscheiden, ob sie weiterhin am Bildschirm arbeiten will.
Wenn es bei der Röntgenstrahlung geblieben wär! Einem renommierten Institut, Karolinska Institutet, bekannt von Verleihungen des Nobel Preises für Medizin, ist das seltene Kunststück gelungen, jegliche Abstrahlung von irgendwelchen Feldern von Bildschirmgeräten unter Strahlung einzureihen. So auch elektrische und magnetische Felder. Damals erzeugten die dummen Geräte solche Felder, wie übrigens alle möglichen elektrischen Geräte. Zwar kümmerte sich niemand um Magnetfelder, die von Schweißgeräten erzeugt werden, aber Felder mit einer Stärke von einem Millionstel eines Schweißgerätes wurden zum Politikum.
Eine Technologie, die noch ihrer Erfindung harrte, der digitale Mobilfunk, der den analogen Funknetzen (1. Generation oder 1G) folgte, wurde ein Opfer der Angst vor Strahlung. Man muss nur "Handystrahlung" in einen Browser tippen, und schon hat man ganze Waggonladungen voll Lesestoff. Dass sich Hinz und Kunz im Internet tummeln, um Gruselgeschichten loszuwerden, lässt sich leider nicht vermeiden. Mein Anlass für diesen Beitrag war aber dies (frisch fotografiert vom Bildschirm am 20. Dezember 2021):Handystrahlung1
Die frohe Kunde verbreitet die Technische Universität Berlin - Stabsstelle Sicherheitstechnische Dienste und Umweltschutz (hier). Also die älteste Technische "Universität" von Deutschland, die ein Heinrich-Hertz-Institut betreibt, benannt nach einem Physiker namens Hertz, nach dem die Frequenz der Strahlung benannt ist. Licht und Gammastrahlung in einem Topf, dazu noch Röntgenstrahlung, alles ionisierende Strahlung? Radargerät, Gammastrahlung, Tumor, Röntgenstrahlung. Alles beisammen, fertig zum Gruseln.
Die Stabsstelle Sicherheitstechnische Dienste und Umweltschutz gibt noch gute Tipps zum Schutze vor der Handystrahlung. Als gesundheitsbewusster Mensch kann man sich auch anders schützen. Gegen die 5G-Strahlung gibt es sogar Produkte, die man sich einfach vor die Brust hängen kann. Sogar Schlafmasken kann man sich kaufen. Was die bringen? Sehen Sie selbst: Die Niederländische Behörde zum Strahlenschutz (Authority for Nuclear Safety and Radiation Protection) hat zehn solcher Produkte verboten und diese einzeln aufgelistet. In dem Screenshot kann man die Namen der verbotenen Produkte sehen. Wer mehr wissen will, kann hier weiterlesen. Manches ist sogar für Kinder bestimmt.
Ich will keineswegs mögliche Gefahren klein reden. Jeder kann sich nach eigener Auffassung schützen. Man sollte nur wissen, dass mancher Schutz schlimmer ist als die Gefahr selbst.
Eigentlich eine dumme Frage! Es weiß doch jeder warum man ein Büro beleuchtet. Oder? Sagen wir mal, jeder glaubt zu wissen, wozu man Laternen an den Himmel hängt. Wenn man sich aber anschaut, was Experten von sich geben, kommen einem doch leise - besser gesagt, sehr laute - Zweifel. So z.B. wenn man dem Rat von DGUV-Experten folgend feststellen will, wie gut die Beleuchtung ist. Das Bild stammt aus der DGUV-I 215-442.
Offenbar haben die DGUV-Experten bessere Einsichten als die LASI-Fachleute (LÄNDERAUSSCHUSS FÜR ARBEITSSCHUTZ UND SICHERHEITSTECHNIK), die "Gesicherte arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse für die Beleuchtung von Arbeitsstätten" (LV 41) erlassen haben. Von denen stammt das Bild rechts. Es besagt, man müsse die Stelle beleuchten, wo einer hinguckt, um genau zu lesen (Bereich 1). Da eine solche Beleuchtung in einer dunklen Umgebung wenig Sinn macht, hellt man die Umgebung auf (Bereich 2). Schließlich braucht man Licht, um sich zu bewegen (Bereich 3). Ich denke, diese Vorstellung muss gar nicht erst anderen Menschen erklärt werden.
Wo guckt der Mensch hin, der an diesem Tisch sitzt? Auf den Bildschirm. Warum misst man die Beleuchtung aber rechts und links davon? Keine Ahnung. Eigentlich muss dort überhaupt keine Beleuchtung sein. Den Bildschirm sieht man auch so. Die Beleuchtung kann die Sicht bestenfalls nicht stören. Meistens stört die. Was ist die Bedeutung der Messpunkte hinter dem Bildschirm?(1) Ich denke, die sieht man überhaupt nicht, weil der Bildschirm davor steht.
Welche Bedeutung haben die Messpunkte rechts und links vom Stuhl? (➁) Sinn machen tun sie nicht. Erst recht muss man sich ernsthaft fragen, welchen Beitrag die Messpunkte hinter dem Stuhl leisten mögen (➂). Bei den Punkten an beiden Enden des Tisches (➃) weiß ich hingegen Bescheid. Die Experten der DGUV meinten bei einer Diskussion, dort könnte ein Aktendeckel stehen, dessen Beschriftung man lesen müssen könnte. Deswegen hat der Zeichner so ein rotes Ding dahin gezaubert. Allerdings hat er die Maus übersehen, ohne die man keinen Computer bedienen kann. Es sei denn, man ist Experte, Computerexperte mit Kenntnissen in Algol und Cobol. So neumodisches Zeug halt.
Ohne Zweifel ist hier das Zimmer eines mittleren Managers in gehobener Position abgebildet. Er besitzt einen Schreibtisch mit 2 m Breite und einen Besprechungstisch, so für Zwischendurch. Die roten Kreuze zeigen die Messpunkte, an denen man die Beleuchtung messen soll. Am Ende wird ein Mittelwert gebildet, der nie unter 500 lx fallen darf. Und eine Gleichmäßigkeit, die sich an dem Punkt mit dem geringsten Wert richtet.
Die staatlichen Stellen, die Gewerbeaufsicht, dachte einst sehr einfach. Sie maß vor dem Mitarbeiter in der Mitte. Welchen Mehrwert hat nun der Rat der DGUV?
-
Bevor ich vergesse: Da die horizontal gemessene Beleuchtungsstärke nicht (mehr) das Maß aller Dinge ist, müsste man an allen Punkten nocht die zylindrische Beleuchtungsstärke messen. Was ist davon halte? Hier ist es dargestellt.
Ob die Experten an die wunderbare Mehrung von Lux-Zahlen gedacht haben, als sie dieses Bild zeichneten? Die kommt dadurch zustande, indem die äußeren Punkte mehr als die doppelte Beleuchtungsstärke als dort aufweisen, wo einer hinguckt. Das rechte Bild hat ein anderes DGUV-Experte gezeichnet. Wunderschön ästhetisch. Leider sieht die Sache regelrecht vermessen so aus:
Wer die hier dargestellten Sachverhalte für abwegig hält, hat völlig recht. Dummerweise zeigen sie den "Stand der Technik". Dass es besser geht, hatten wir schon vor 40 Jahren theoretisch, danach auch praktisch vorgeführt. Aber gestrige Weisheiten sterben nicht aus. Man baut mit LEDs Leuchten wie anno tobak und hängt sie rechts und links von Arbeitstischen auf. Zwar muss keine dieser Leuchten tiefstrahlend sein. Viele sind es dennoch. Vielleicht hilft es, wenn man vor die Augen führt, dass sich gesundes Licht anders verteilt. Es sieht auch nicht mehr so traurig aus, dass sich Leute das ewige Homeoffice wünschen, auch wenn es ihnen gehörig auf den Keks geht..
Die Kurve zeigt den Verlauf der Beleuchtungsstärke auf einem Arbeitstisch für den Idealfall, dass es einem gelingt, ihn exakt zwischen zwei Leuchten zu platzieren. Die hohen Werte werden an beiden Tischenden erreicht. Der dunkelste Punkt befindet sich direkt vor dem Benutzer. So wie in dem oberen Bild, das aus einer DGUV-Broschüre stammt. Das ist seit etwa 1978 so, seit man der famosen Idee verfiel, Reflexionen auf dem Bildschirm mit Hilfe der Lichtverteilung von Leuchten zu bekämpfen. Verboten ist es nicht. Das Ergebnis hingegen schon.
Wie sieht das Ganze eigentlich aus, wenn die exakte Platzierung des Tisches raumbedingt nicht gelingt. Das zeigt das Bild unten. Sieht nicht schön aus, ergibt aber im Mittel 500 lx.
In Februar hatte ich dargestellt, wie sich das Schein-"Grundwissen" der Lichttechnik, etwa "mehr Beleuchtungsstärke = mehr Leistung", über Jahrzehnte erhalten hat - es gibt selbst Professoren für Lichttechnik, die das glauben - und uns von einer BG als betriebliche Information frei Haus geliefert wird. Solche populären Themen finden viele Multiplikatoren, die die Nachricht. sagen wir mal, verschönern. Am Ende wird ein Schuh daraus, ein schöner. Heute fand ich einen exzellenten Nachweis für die wundersame Mehrung des lichttechnischen Wissens. Nachfolgend zuerst die Kommentierung des Originals. Danach folgt die Dichtung. (Dass es sich bei dem Original ebenfalls um Dichtung handelt, ist sehr wahrscheinlich. Denn diese Abbildungen, die seit Jahrzehnten überall benutzt werden, haben keine Quelle.)
Hier wird dargestellt, man könne die Leistung (gegenüber was?) bis 44% steigern, wenn man 1.000 lx Beleuchtung realisiert. Wo? Im Raum oder auf dem Arbeitsgut? Wenn man die dicke rote Linie nach links unten fortsetzt, kommt man vermutlich auf Beleuchtungsstärken von 1 lx oder ähnlich. Das ist absichtlich weggelassen worden, damit die simple Aussage lautet: Mehr Beleuchtungsstärke = mehr Leistung! Was ist aber eine schwierige Arbeit? Säcke tragen? Oder hauchdünne Fäden durch ein Nadelöhr ziehen? Warum die Kurve bei 1.000 lx aufhört? Ein mittlerweile verstorbener Professor erklärte das mir damit, dass die Versuche mit Glühlampen ausgeführt wurden. Und die waren, wie man mittlerweile weiß, kleine Öfen, aus denen auch etwas Licht kam. Was auch immer gewesen sein mag: Das Bild suggeriert, dass eine Steigerung der Beleuchtungsstärke von 200 lx auf 1000 lx die Arbeitsleistung von 13% auf 42% steigert. Oder die Steigerung der Steigerung der Leistung wird von 13% auf 42% erhöht. Gegenüber was wird was gesteigert?
Übrigens, diese Kurven sind ziemlich die einzigen in der Lichttechnik, die eine logarithmische Basis haben. Ansonsten wird die Beleuchtungsstärke immer linear aufgetragen. Wenn man das mit der Leistungskurve tut, verläuft die rote Linie aber sehr flach. Und wirkt daher eher geschäftsschädigend. Uns jemand könnte auf die Idee kommen, den Ursprung der Kurven zu suchen. Liegen die bei 0 Lux und 0% Steigerung der Leistung?
_
Die verhübschte Version des legendären Wissens um die Wunder der Beleuchtungsstärke fängt bei 0 Lux an, vulgo in der Nacht oder im tiefen Keller. Wenn man die nicht vorhandene Beleuchtungsstärke auf 1000 lx steigert, erreicht man bei schwierigen Tätigkeiten eine Leistungssteigerung um 45% gegenüber der Dunkelheit. Bei einfachen Tätigkeiten nur um 10%. Nicht viel! Bemerkenswert: Die Skala ist jetzt fast linear, der Anstieg bei schwierigen Tätigkeiten aber fast so imposant wie beim Original. Wie man so etwas bewerkstelligt, kann man aus der Wirtschaftspresse lernen. Sie kann zu einem beliebigen Sachverhalt Kurven liefern, die diesen nachweisen. Egal was. Man kann dies sogar üben (hier).
Ergo: eine Leistungssteigerung um 45% gegenüber der vollen Dunkelheit zu erreichen, muss man viel Energie verballern. Bei einfachen Tätigkeiten hilft aber auch das nicht. Fragen Sie mich bitte nicht, was einfache Tätigkeiten sind. Ich weiß nur, was schwierig ist: zu verstehen, was der Unsinn uns sagt.
Die rote Linie zeigt, dass Fehler bei schwierigen Arbeiten bei 1.000 lx gegenüber 200 lx um 90% zurückgehen. Bei einfachen sind es immerhin 20%. Da wundert man sich warum die Qualitätssicherungsleute nie mit der Beleuchtung beschäftigt haben. Da vor 70 Jahren kaum jemand Arbeiten hatte, wo es nur und ausschließlich auf das Sehen ankam, ist es sehr unwahrscheinlich, dass ein solcher Verlauf jemals gemessen worden sein kann. Zu Beginn der 1990er Jahre sollte ich im Auftrag der lichttechnischen Industrie den Nachweis antreten, durch eine verbesserte Lichtqualität eine Erhöhung der Qualität der Arbeitsergebnisse in der Autoindustrie zu erzielen. Diese Untersuchung fand nie statt, weil es nicht die geringste Chance gibt, einen solchen Nachweis zu erbringen. Den Versuch hatte es nämlich schon in den 1920ern gegeben. Er ging als Hawthorne Effekt in die Geschichte der Wissenschaften ein. und die Geschichte hört sich katastrophal an - jedenfalls für das Marketing.
Hier ist der Autor bescheidener geworden. Die Betrachtungen setzen bei 200 lx ein. Das ist so eine Art Grundrecht. Bei allen Arbeitsplätzen, die besetzt sind, muss es 200 lx geben. Warum? Darum! Ist eben so. Um Fehler drastisch zu reduzieren, muss man nur vier mal so viele Lampen aufhängen. Bei einfachen Tätigkeiten kann man Fehler leider nicht erfolgreich vermeiden. Deswegen werden sie wohl schlechter bezahlt. Mehr Licht hilft nicht immer.
Gegenüber dem Original sind hier einige wesentliche Abweichungen zu sehen. Beispielsweise fangen beide Kurven bei 200 lx und 0% an. Das ist falsch kopiert, allerdings eher logischer. Abgesehen vom Wahrheitsgehalt sehen die Kurven richtig elegant aus. Oder? Bemerkenswerterweise wird man trotz intensiver Suche weder die Quelle der Originale finden können, die uns immerhin eine Berufsgenossenschaft auftischt, noch die Methode der wundersamen Transformation in die moderne Zeit. Warum das so ist? Die Beziehungen zwischen dem Licht am Arbeitsplatz und der Arbeitsleistung sind sehr komplex. Man müsste Jahre investieren, um eine methodisch einwandfreie Beziehung zu ermitteln. So wählt man halt den Weg, einen banalen Zusammenhang, mehr Licht = mehr Leistung, schlicht und einfach zu bebildern. Es wird ja niemand schaffen, das Gegenteil nachzuweisen.
-
Die Sache könnte man unter künstlerische Freiheit einordnen und auf sich beruhen lassen. Leider geht das nicht, weil diese Bilder ein Unternehmen anbietet für "… die Arbeit aller, die mit der Wissensvermittlung von ergonomischem KnowHow zu tun haben:
• Betriebsärzte und Gesundheitsbeauftragte
• Fachverlage für Gesundheit und Medizin
• Physioterapeutische Praxen und -Unternehmen
… "
In dem Angebot um diese Bilder herum findet man viele nützliche Informationen, sachlich richtig, sehr witzig dargestellt. Und das ist gefährlich. Ein schlechter Multiplikator wäre mir lieber.
Vor rund zwei Jahren (hier) hatte ich mich darüber amüsiert, dass Gebäude nach Vertikalbeleuchtungsstärke zertifiziert werden. Mein Beitrag über die neuen Bemühungen, Licht als gesund zu zertifizieren (hier und da), beschreibt aber, dass die circadiane Beleuchtung auf einer Vertikalbeleuchtungsstärke beruht. Die gibt es aber nur, wenn einer die Leuchten an die Wand hängt oder die Beleuchtung durch Fenster erfolgt.
Als hätte man das gelesen und nicht gemerkt, dass man die Sache dadurch trefflich persiflieren kann, indem man sie zur obersten Maxime für die Beleuchtung erhebt, rufen führende Chronobiologen dazu auf, in allen Innenräumen eine Mindestvertikalbeleuchtungstärke von M-EDI > 250 lx für den Tag (06:00 bis 19:00) einzuführen. Da der Mensch sich abends auf die Ruhe vorbereiten muss, wird der Pegel auf 10 lx M-EDI gesenkt.
Lassen wir den Abend und die Nacht auf sich beruhen. Die haben die Menschen schon vor unserer Zeit zum Tage gemacht und werden sich milde über den Aufruf hinweg setzen. (Was übrigens sie vor Schaden nicht bewahren wird.) Was bedeutet eigentlich Vertikalbeleuchtungsstärke und wie viel ist „250 lx M-EDI“?
In lichttechnischen Büchern und auch bei Laiendarstellungen findet man Bilder wie hier. Dieses stammt aus einem Buch von mir. Man plant seit Ewigkeiten Beleuchtungen so, dass eine darunter liegende Ebene beleuchtet wird. Das sagen die senkrechten Pfeile aus. Die waagrechten Pfeile hingegen entsprechen keiner physikalischen Realität. Waagrecht fliegende parallele Strahlen gibt es nur von der Sonne. Jedes Licht von oben fällt mehr oder weniger schräg ein und trifft unter einem Winkel von weniger als 90º auf die Wände. Alle Objekte, die nicht so flach sind wie die Wände oder die Tische werden nicht von einer Horizontal- oder Vertikalbeleuchtungsstärke beleuchtet, sondern von jedem Strahl einzeln. Nur wenn das Beleuchtete völlig matt und platt ist, macht die Rechnung mit der Beleuchtungsstärke Sinn. Völlig matte und platte Sehobjekte kommen in der Realität sehr selten vor. Selbst die Bücher, die die Beleuchtungsstärke erklären, glänzen mindestens etwas. Die teuren Hochglanzbroschüren erst recht.
Da unsere Arbeitsräume in der Höhe relativ tief sind im Verhältnis zu den darin arbeitenden Menschen – Arbeitsräume weisen Höhen ab 2,50 m auf und sind selten höher als 3 m, Menschen erreichen Größen bis 2 m und mehr – sehen menschliche Augen nicht etwa „Vertikal“-Beleuchtungsstärken, sondern mehr oder weniger schräg einfallendes Licht. Die drei Menschen in dem dargestellten Raum sehen in der abgebildeten Situation unterschiedliche „Beleuchtungsstärken“, aber keiner die „Vertikal-B.“, weil sich in Arbeitsräumen die relevanten Sehobjekte immer unter Augenhöhe befinden. Ein waagrechter Blick ist unphysiologisch wie auch ein waagrecht angehobener Arm. Alle ergonomischen Arbeitshaltungen sind mit einem gesenkten Blick verbunden. Beim Stehen beträgt der optimale Winkel 30º, beim Sitzen 35º. Und alle relevanten Sehobjekte (Bildschirme, Arbeitsgut, Aktenordner) werden so angeordnet, dass man nie erzwungenermaßen seinen Blick über die Horizontale heben muss.
Die drei Menschen in dem Foto werden von dem Licht unterschiedlich getroffen, je nachdem, wo sie sich gerade befinden. Den einen trifft es auf die Stirn, den zweiten auf den Hinterkopf. So sind beide Größen, die Horizontal- wie die Vertikal-Beleuchtungsstärke, fiktive Größen, die kaum geeignet sind, das Erleben einer Szenerie auch nur näherungsweise zu beschreiben.
Bei der Vertikal-Beleuchtungsstärke gibt es noch dazu einen Fakt mit fataler Wirkung für die Praxis: Es gibt unendlich viele vertikale Ebenen, aber nicht so viele Stellen, von denen aus man Licht losschicken kann, um sich waagrecht zu bewegen. Ergo: Wer eine Wirkung mit einer Vertikalbeleuchtungsstärke erzielen will, muss eine Vorzugsrichtung vorgeben, in der die Menschen blicken sollen. So etwas könnte klappen, wenn die Leute nichts zu tun haben. So wie vor einer Therapie-Lampe, man guckt eine Zeitlang hinein. Sieht allerdings während der Sitzung und eine Weile danach nichts. Man stelle sich ein Großraumbüro vor, im dem alle in eine Richtung gucken. Dazu noch gehobenen Hauptes, damit sie gesundes Licht empfangen. Am besten eignen sich wohl Amphitheater - da hat jeder die gleiche Chance gesundes Licht abzubekommen. Diese wurden in der Antike erfunden, um allen die gleiche Sicht auf die Bühne zu realisieren. Die antiken Baumeister haben sich da wohl geirrt. Oder nicht die epochale Chance begriffen, die ihre Bauweise eröffnet.
Die Vertikal-Beleuchtungsstärke der Beleuchtung eines Raumes ist daher ungeeignet, um die Arbeitnehmer gesundzustrahlen. Wer gar auf der Basis dieser Größe Gebäude zertifiziert, sollte sich nicht wundern, wenn andere ihn der Quacksalberei bezichtigen. Der Gedanke liegt ja nahe.
Etwas kniffliger dürfte sich die Frage nach der Intensität gestalten. Wenn man die Arbeitsräume von der Decke aus beleuchten will, kommt auf 1 lx Beleuchtungsstärke (horizontal) 0,3 lx vertikal. Allerdings, wie gesagt, sehr ungleichmäßig. Wenn die Beleuchtung mit Lampen von 3000K ("warmweiß") erfolgen soll, bedeutet 250 lx M-EDI überschlagsmäßig 500 lx visuell. Man muss also eine Beleuchtungsstärke von 1.500 lx einplanen. Da die Lampen altern, muss dazu ein Zuschlag von mindestens 25% kommen. Also plant man etwas über 2000 lx.
Wenn man so etwas wirklich realisiert, werden Gutachter für Ergonomie die besten Chancen für regelmäßige Aufträge von Betrieben bekommen. Bildschirmarbeit ade! Die Sorge ist allerdings ziemlich theoretischer Natur. Ein ähnliches Konzept mit einer hohen Beleuchtungsstärke mit waagrecht fliegenden Strahlen, dass einen Silhoutteneffekt vermeiden wollte, ging vor 50 Jahren derart arg in die Hose, dass selbst dessen Autor sich nie wieder dazu äußern wollte (hier).
So hoffnungslos ist die Lage allerdings nicht. Bei heutigen Beleuchtungen kommt man auf 150 lx vertikal ≈ 75 lx M-EDI. Und dafür reicht der Bildschirm. Damit es mir jeder glaubt, hier ein Screenshot aus der echten Publikation. Bei zwei Bildschirmen, die es an immer mehr Arbeitsplätzen gibt, kommt man schon in die Größenordnung, die man einhalten soll. Und man guckt während der Arbeit garantiert in den Bildschirm. Unglaublich aber wahr: Wer hätte gedacht, dass der Bildschirm eines schönen Tages als gesundheitsförderlich eingestuft würde? Und den armen Seelen, die ohne Bildschirm arbeiten müssen, verschreibt der Arzt einen. Die Spielesoftware gibt es dazu, damit man sich vor der Kiste nicht langweilen muss.