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Gelegenheit verpasst - Immer noch mit falschen Werten unterwegs

Wenn wir schon beim Aschermittwoch und versäumten Erkenntnissen für die Lichttechnik sind, hier ein weiteres Beispiel. Der skizzierte Inhalt ist in Licht, dem Organ der Deutschen Lichttechnischen Gesellschaft, erschienen. Und zwar vor mehr als 40 Jahren.

Was zu lernen war: Bei der Beleuchtung eines Fußballstadions wird die Leuchtdichte des Rasens nicht durch die Horizontalbeleuchtungsstärke Eh bestimmt. Ein viel besseres Maß sind die vertikalen.

Was bereits bekannt war: Unter Flutlicht sieht ein Rasen wie ein gestreifter Teppich aus. Die Streifen haben eine unterschiedliche Leuchtdichte. Grund: Schnittrichtung des Rasenmähers. Nach wie vor.

Bedeutung: wie die von der Leuchtdichte: Grundgröße, die die Sehleistung beeinflusst oder bestimmt. Im Falle von Sportstätten auch die Güte der Fernsehaufnahmen (sollte im Rahmen der angeführten Arbeit untersucht werden). Der Kontrast des Balls wird über die Leuchtdichte des Rasens berechnet.

Methode: Die Leuchtdichte, die die Kamera an einem Punkt sieht, wird simultan zur Beleuchtungsstärke von der Kameraposition aus gemessen. Wenn diese die einzig bestimmende Größe für die Leuchtdichte ist, sind die Werte proportional. Dann sind sie vollständig korreliert. Die Güte der Übereinstimmung kann mit R2 (Quadrat des Korrelationskoeffizienten) berechnet werden. Die zur gleichen Zeit gemessenen Vertikalbeleuchtungsstärken werden mit in die Berechnung einbezogen, um zu sehen, ob die zusätzlichen Größen die Güte verbessern.

Die Messung zeigte, was man auch hätte sich angesichts der Gestaltung der Beleuchtungsanlage (vier Masten jenseits der beleuchteten Fläche) und der Reflexionseigenschaften von feuchtem Rasen (nachts ist der Rasen immer etwas feucht) auch so vorstellen können: Die Horizontalbeleuchtungsstärke ist eine fiktive Größe, die die Messwerte der Leuchtdichte nur unwesentlich bestimmt. In anderen Worten: Sie sagt so gut wie nichts aus. Wichtiger sind die vertikal gemessenen Werte, weil der Rasen nie so reflektiert hat wie das Büropapier, das dummerweise jeder im Hinterkopf hat, wenn er von Beleuchtungsstärke spricht. Und so sehen die Anforderungen anno 2018 aus (hier):

Wenn das keine präzisen Angaben sind! Die U17-EM wie die U19-EM dürfen unter 800 lx abgehalten werden. Bei der U21-EM müssen es schon 1.400 lx sein. Ach ja, ältere Leute brauchen mehr Licht. Frauenfußball darf unterbelichtet ablaufen (EM Frauen 1.000 lx, EM des starken Geschlechts 1.400 lx.). UEFA Pokal braucht weniger Licht als die Champions League. Vermutlich wieder so eine altersabhängige Regelung? Ich denke eher, da spielen die Loser. Recht so - weniger Licht bzw. unterbelichtet.

Und wo bitte schön? In 1,5 Meter Höhe. Horizontal? Vertikal? Sch... egal?

Nicht doch! Es kommt noch besser. Der deutsche Fußballbund hat gelernt. (Dazu muss angemerkt werden, dass der schon vor 1972 ausdrücklich Vertikalbeleuchtungsstärken gefordert hatte, weil das Fernsehen das so wollte. Allerdings halt nur für die Stadien der WM 1974). Nach dem DFB müssen die Stadien ihrer Kategorie entsprechend Beleuchtungsstärken in Richtung der Kamera liefern. Das ist eine tolle Idee. Denn Kameras wie menschliche Augen "sehen" Leuchtdichten. Die Beleuchtungsstärke an einem Punkt ist ein irgendwie gemittelter Mittelwert des Lichts, das die Flächen im Gesichtsfeld an diesen Punkt schicken. Wie dumm, dass Ev von -90º bis +90º  alles erfasst, die Kamera aber nicht. Zum Glück nicht. Denn sie wäre häufig geblendet. Dafür sind es die Zuschauer, deren Augen wie bei der Messung von Ev funktionieren, die Geblendeten. Das macht aber nix.

Für das Spielfeld sind wieder Ev´s gefordert. Das hört sich gut an: "Die Flutlichtanlage der Stadien der Bundesliga und 2. Bundesliga muss eine Mindestbeleuchtungsstärke von 800 Ix (Ev.), gemessen auf einer Höhe von 1,5 m über dem Spielfeld, aufweisen." Fehlt nur die Ebene, in der man misst. Das macht aber auch nix. Haben wir doch eine "Vorschrift" zur Beleuchtung beim Arbeitsschutz, wo die Ebene auch nicht genannt wird. Muss halt nur vertikal sein.

Aber halt. Es muss nicht immer vertikal sein. Es geht auch horizontal. Die Regionalliga darf - oder muss? - unter 400 lx spielen (E-hor). Wenn man zu Geld gekommen ist, dass ein neues Licht aufgehen darf, wird der DFB strenger: Er fordert rigoros "Bei Neuanlagen muss das Stadion mit einer Flutlichtanlage mit einer Beleuchtungsstärke von im Mittelwert E-hor 500 lx, geeignet für den Spielbetrieb und einer Beleuchtungsstärke von im Mittelwert E-Cam 800 lx bei Gleichmäßigkeiten von Min/Mittel 0,6 und Min/Max 0,4 fernsehtauglich mit einer Ersatzstromversorgung bei Live-Übertragungen ausgestattet sein." (Was E-Cam oder Min/Mittel und so bedeuten, geht Sie nichts an. Das muss der Clubchef verstehen, dessen Mannschaft in die Regionalliga aufsteigt. Wenn er nur Bahnhof versteht, ist er doof.)

Wie war das mit der über 40 Jahre alten Erkenntnis? Die horizontale Beleuchtungsstärke Eh sagt nicht viel über das Ergebnis der Beleuchtung aus, die da Leuchtdichte heißt. Auch wenn sie neuerdings E-hor heißt.

Eigentlich ist die Sache viel schlimmer. Denn über einem Spielfeld, in 1,5 Meter Höhe, sieht der Ball gar nicht wie ein Ball aus, wenn eine Beleuchtung nach der - auch sonst nichtssagenden - Horizontalbeleuchtungsstärke optimiert wird. Mit dem ist es wie mit dem Mond, mal ist er voll, mal leer, je nachdem, wo die Sonne steht. Hier zwei Erscheinungen, die man nur am Äquator sehen kann. Die weiteren zeigen den Mond vom Nordpol und Südpol aus gesehen. Leider sieht der Ball nicht so heimelig aus. Ansonsten kann der Ball jede Form annehmen, ist aber immer kleiner als in gut beleuchtetem Zustand. Am schlimmsten sieht er für den Torwart bei einer Bogenlampe aus: nämlich gar nicht. Wenn der Ball in hohem Bogen Richtung Tor eiert, sieht der Torwart nichts, weil er in die Scheinwerfer blickt und der Ball von oben beleuchtet ist. Wenn überhaupt. Denn es ist nicht gesagt, dass in den Höhen, wo der Ball fliegt überhaupt Licht ist, wenn der fliegt. Warum das so ist, kann man hier lesen. Als bei der Olympiade 1972 Sportfotografen im hellsten Stadion der Welt zuweilen schwarze Fotos schossen, fragten sie sich, wie denn das passieren kann. Vielleicht passiert in dem neuen Stadion von Bayern München noch mehr. Denn die dort jetzt installierten LED-Strahler sind viel bessere Kandidaten für Flimmern und Flackern als die alten Halogenmetalldampflampen. Und die funktionieren allein nicht mal richtig, man musste UV-Leuchten installieren, damit die Bandenwerbung prima sichtbar wird. Na, so was! (Mehr später) 

Der hier behandelte Sachverhalt ist mir nicht zufällig eingefallen. Dahinter steckt das Problem eines Torwarts, der nach der Erneuerung der Beleuchtung seines Stadions plötzlich nichts mehr sah, obwohl viel mehr Licht installiert wurde. Wenn der wüsste, dass ich seine Empfindungen seit 1971 kenne. Die hatte mir Sepp Maier erklärt, nachdem er das erste Mal im Münchner Olympiastadion gespielt hatte. Das nenne ich nachhaltig. Man muss nicht nur unfähig sein, Probleme zu lösen, deren Lösung klar beschrieben worden ist. Man muss auch jegliche Einsicht vermissen lassen.

Fenster am Arbeitsplatz - Je näher desto gesünder …

Heute scheuchte mich eine Aussage aus einer Doktorarbeit hoch: Sie sagt, es gäbe keine Beziehung zwischen der Entfernung des Arbeitsplatzes vom Fenster und der Wirkung auf den Mitarbeiter (so z.B. Sehkomfort, Zufriedenheit u.v.a.m.). Ich hatte aber vor etwa 30 Jahren nach jahrelanger Forschung in der Praxis eine ganz enge Beziehung festgestellt: Alle Beschwerden über die Arbeitsumwelt und die eigene Gesundheit steigen mit zunehmendem Abstand des Arbeitsplatzes vom nächsten Fenster. Beispielhaft für die Ergebnisse ist diese Abbildung:

Ich führe gerade dieses Bild an, weil man seinerzeit glaubte, am Fenster gäbe es mehr Blendung (stimmt), und wer am Bildschirm arbeitet, kann wegen lauter Blendung nichts auf seinem Bildschirm sehen. Das kann man prima mit Fotos belegen. Ich besitze Hunderte davon. Wie dumm, dass alle Befragten dasselbe sagen, egal was sie arbeiten. Da stimmt was nicht, oder?

Da die Sache wirklich nicht stimmen konnte, bin ich der auf den Grund gegangen und weitere Aspekte untersucht. Siehe da: So beschweren sich Leute, die nahe am Fenster sitzen, weniger über Lärm als andere. Sie haben sie nicht alle. Es ist physikalisch leicht belegbar, dass dies nicht stimmen kann. Fenster sind schallhart und reflektieren den Lärm von Innen, und wenn von Außen Lärm in den Raum eindringt, dann durch das Fenster. Viel schwieriger zu erklären, die Beschwerden über "zu warme" Temperaturen. Und über "zu kalte". In der Nähe der Fenster fallen sie am geringsten an. Da genügt aber ein kleines Thermometer zu zeigen, dass dies nicht wahr sein kann. Es geht auch ohne. Üblicherweise würde man in solchen Fällen denken, die Untersuchungsmethode stimme nicht. Zu wenig Leute befragt? Nein. Es waren insgesamt über 3.000, von denen ich etwa 2.000 Mal die Arbeitsplätze und Arbeitsweise untersucht hatte. Etwa Sonnenanbeter gefragt? Auch nein. Das Urteil war unabhängig von der Ausrichtung der Fenster. Sogar Menschen, die an Südfenster ohne Sonnenschutz arbeiteten, fühlten sich wohler als die Kollegen und Kolleginnen tiefer im Raum sitzend.

Mittlerweile sind es weitere 1.200 Arbeitsplätze, die wir ausgewertet haben. Gleiches Ergebnis. Und etwa weitere 1.200, die wir nicht auswerten wollten, weil es da ein Problemchen gibt, das weiter unten beschrieben wird. (Unsere Studie kurz beschrieben hier, in voller Schönheit da Licht und Gesundheit_1998, die besagte Doktorarbeit dort (leider nur in Englisch)). Wie kommt die Doktorarbeit nun zu einem anderen Ergebnis? 

Schlichter könnte die Antwort nicht ausfallen: Alle Befragten saßen mehr oder weniger dicht am Fenster! Die Untersuchung wurde nämlich in den Niederlanden durchgeführt, wo eine ähnliche Einstellung zum Tageslicht herrscht wie in Deutschland. Und das, obwohl zwei der vier Mitglieder des internationalen Oligopols für Leuchtmittel aus diesen Ländern stammen.

Was sagt die Arbeit sonst zur Bedeutung von Fenstern. (Übersetzung vom d.Blogg):

  • Eine Sichtverbindung nach außen wird nicht nur von den Büromitarbeitern gewünscht, sie ist für deren Wohlbefinden und Gesundheit vorteilhaft.
  • Eine gute Sichtverbindung führt zu höheren Mieten und Preisen für Gebäude.
  • Forschungsergebnisse aus den USA zeigen, dass die Qualität der Aussicht und die Größe der Fenster die Zufriedenheit und den visuellen Komfort bestimmt.

Insgesamt wird ein Arbeitsplatz als höherwertig erlebt, wenn die Lichtqualität höher empfunden wird. Und die Lichtqualität wird dann höher empfunden, wenn mehr Tageslicht und eine Sichtverbindung zu einer angenehmen Umgebung besteht.

Nun ein Wort zu den letzten 1.200 Arbeitsplätzen, die wir untersucht haben, aber die Bewertung nicht öffentlich diskutieren wollen. Es hat sich in den letzten 10 Jahren etwas ergeben, das die Büroplaner wie Betreiber zum Wahnsinn treibt, weil es die Mitarbeiter wahnsinnig stört. Während in den guten alten Großraumbüros nicht einmal jeder dritte Arbeitsplatz einen Telefonanschluss hatte, betreibt im gleichen Raum von einst jeder Mitarbeiter - und jede Mitarbeiterin - eine formidable Telefonanlage nebst privatem Handy. Da die guten Dinger nicht zum Angucken da sind, unterhalten sich die Leute damit mit dem Kunden, und unfreiwillig die Kollegen und Kolleginnen mit. Kaum hat der Laut-Sprecher aufgelegt, fängt einer der Gequälten mit dem Rachefeldzug an. Es können auch mehrere sein.

In diesem Bild sind akustische Störungen in weniger als zwei Minuten in einem ansonsten ruhigen Raum dargestellt. Der Grundpegel, das ist, wenn keiner spricht, entspricht dem in einem Lesesaal einer Bibliothek. Die Lärmspitzen liegen bis 30 dB(A) und mehr darüber. Das ist nach der Lautheitskala etwa die 16fache Störung. Dabei arbeiten in dem untersuchten Raum lauter geschulte Leute, und der Raum ist akustisch "optimiert", weil das Problem bekannt war. In üblichen Räumen habe ich bis 75 dB(A) aus 11 Meter Entfernung von dem eifrigen Telefonierer gemessen. Wenn einer direkt daneben sitzt, kann er gleich die Ohrenschützer anlegen.

Was macht man da? Der Akustiker stopft Dämmmaterial überall, wo noch freie Fläche ist und stellt die Bude voll Schallschirme. Und das sieht so aus oder so. Egal, wie es aussieht, es nützt nix. Der Schallpegel wird zwar um ca. 2 dB(A) reduziert, die Störung bleibt etwa gleich, weil die nicht auf den Schallpegel hört. Dafür kann der Lichttechniker wie der Architekt einpacken. Egal wie gut die Leuchten und Lichtplanung sein mögen und die Raumarchitektur, der Akustikklimbim zerstört alles. Weder Licht noch Luft können sich ausbreiten wie geplant und erforderlich.

Was macht dann der freundliche Büroplaner? Er rät dem Kunden zu der finalen Lösung. Die besteht darin, dass man die Leute noch enger zusammen setzt. Nennt sich Verdichtung. Kostbarer Büroraum darf nicht vergeudet werden. Die hinherhältigste Lösung ist die, die man auf keinem Plan erkennen kann. Der Raum sieht aus, wie große Bürozellen schon immer ausgehen haben. Ist aber nicht. Der hier hört auf den Namen Business Club und soll auch etwa so funktionieren wie einer. Jeder der kommt, setzt sich auf einen freien Platz. Wenn er fertig ist, geht er wieder und der Platz wird mit einem neuen besetzt. Da Normalsterbliche selten in solchen Clubs sitzen, kann man das Konzept ihnen lässig verkaufen. Dass der Planer mit seiner Vorstellung die drei Dimensionen des Raums, Höhe, Länge und Breite, verlassen hat, und Einstein folgend, sich seitwärts in die Zeit bewegt, merkt man erst, wenn man im Business Club sitzt. Wo liegt der Unterschied? Das kann man schnell rechnen, wenn man die wöchentliche Arbeitszeit von Mitarbeitern und Betriebszeit des Büros vergleicht. Man muss aber nicht rechnen, weil der freundliche Berater bereits die Rechnung vorlegt. So ist, wenn ich an meinem Arbeitsplatz sitze, etwa jeder zweite Tisch leer, weil ich fünf Tage etwa 35 Stunden arbeite und der Betrieb sechs Tage und womöglich von 07:00 bis 20:00 läuft.

Logisch, dass man die wertvollen Quadratmeter ausnutzt. In der Folge sitzen doppelt so viele Leute auf der gleichen Fläche und telefonieren, schwadronieren oder transpirieren. Das ist die Stunde des Akustikers. Ach, ja. Da waren wir schon. Nächster Gedanke … Büros werden nunmal von Wirtschaftsunternehmen betrieben und müssen wirtschaftlich sein. Ja? Fangen wir mal an zu rechnen. Vor geraumer Zeit hatte ein schlaues Institut berechnet, dass über 80% der Kosten der Büroarbeit Personalkosten sind. Und dass, auf die 50 Jahre seines Lebens umgerechnet, die Erstellung eines Bürohauses 2,5 % der Kosten verursacht. Von diesen 2,5 % entfallen etwa 5 % auf die erste Beleuchtung, also 0,12 %. Wenn ich mir angucke, wie heftig da gespart wird, kommen mir dicke Tränen in die Augen. Wenn man also beim Bau eines Bürohauses sämtliche Kosten spart, hat man 2,5 % eingespart. Das ist doch was! Man arbeitet im Freien. Fenster überall.

Apropos, Wirtschaftsunternehmen. Büroberater gehören auch zu der Spezies. Und zu den nachhaltigsten. Während die Karnickelställe mit Zweimann/Frau-Besatzung, Fachjorgan Zweipersonenzelle alias Doppelzimmer, praktisch ohne Beratungskosten erstellt und betrieben werden können, ernähren die Großraumbauten der 1960er und 1970er Jahre ihre Berater immer noch, so sie noch existieren, Berater und Bürohäuser.

Was hat das Ganze mit unserem Problem, Wertigkeit der Arbeitsplätze zu tun? Viel … Gutes Tageslicht und eine gute Aussicht gibt es bei gaaanz flachen Bauten, die mit dem Boden schlecht umgehen. Deswegen beruhen praktisch alle Bemühungen der Büroplaner darauf, möglichst tiefe Gebäude zu bauen und die zweite und dritte Reihe zu besetzen. Und das möglichst kontinuierlich über den Tag. Was man damit erntet, kann man hier lesen, oder einfach an den Statistiken für psychische Erkrankungen ablesen. Sie stehen nach den Erkrankungen des Bewegungsapparates an zweiter Stelle. Dass dies so kommen würde, hatte ich etwa 1980 auf epidemiologischen Daten begründet. Die Abhandlung ist im Jahre 1982 in einem Forschungsbericht des Bundesministers für Forschung und Technologie erschienen (zu lesen hier).

Warum meine damaligen Prognosen  - leider - wahr geworden sind, kann man verstehen, wenn man sich die Hypothesen anschaut. Die erste hieß:

  • Tätigkeiten, die in "freier" Körperhaltung ausgeübt werden können, zeichnen sich dadurch aus, daß bei den Beschäftigten weniger Erkrankungen des Bewegungsapparates auftreten.

Heute sieht man, dass nicht nur die Arbeit bei der Arbeit, sondern auch die Arbeit zu Hause krank machen kann: SMS-Daumen, Handy-Myopie u.v.a.m. Überfahren werden bei der Straßenüberquerung beim Daddeln auf dem Handy ist allerdings keine Krankheit. Die zweite Hypothese ist enger mit unserem Problem verwandt:

  • Bei Tätigkeiten, bei denen eine stärkere Restriktion des Arbeitsvollzuges erfolgt, ist mit einer Zunahme von psychischen Erkrankungen,  z.B. mit Psychosen zu rechnen.

Was die Menschen im Büro heute Lärm nennen, ist nichts anderes als eine ständige und beständige Störung der Arbeit durch die Nachbarn bei gleichzeitig ständiger Kontrolle der Leistung durch den Computer. Da bietet die Sichtverbindung nach außen eine willkommene Fluchtmöglichkeit. Doch das ist nur die eine, kleinere Hälfte der Wahrheit. Ich denke, die Stärkung der Abwehrkräfte des Körpers durch die Stabilisierung der circadianen Vorgänge im Körper. bildet die wichtigere Hälfte. Das hatte ich bereits bei der ersten Auflage von Licht und Gesundheit, 1990 angeführt.

Zu der Überzeugung, dass Arbeitsplätze mit Tageslicht und guter Aussicht höherwertig sind, bin ich übrigens nicht durch eine wissenschaftliche Arbeit gelangt, sondern durch (m)eine Dummheit. Ich hatte einer Behörde in Flensburg, die ein Großraumbüro betrieb, vor Jahrzehnten den guten Rat gegeben, die Fenster in den Ecken zuzumachen, damit man der Blendung auf den Bildschirmen Herr werden kann. Nur Tage später kamen die gleich mit acht Mann/Frau samt Architekt und Betriebsrat angereist. Sie erklärten mir "bei uns fängt die Karriere in der Mitte des Großraums an. Man arbeitet sich langsam zum nächsten Fenster. Von dort arbeitet man sich in die Ecke hoch. Und Sie wollen die Ecken zumachen?" Wenn sie Recht haben, haben sie Recht. Jetzt bewiesen mit einer Doktorarbeit.

Einen unfreiwilligen Beweis lieferte indes ein Organisationsleiter, der in einem Großraumbüro saß. Er war Herr über 3.000 Mitarbeiter, die in Düsseldorf in bester Lage fluchend in einem Großraumbüro saßen. Ich sollte Vorschläge ausarbeiten, die deren Situation verbessern sollten. Der Orga-Leiter sagte bei unserem ersten Treffen: "Sie dürfen alles vorschlagen, aber Fensterplätze für alle haben wir nicht." Stimmt. Zwei davon belegte er für sich.

Allerdings muss man sich heute fragen, in welches Fenster man sich eher verbeugt.

Der Mensch und die künstliche Helligkeit

 

Tabalahura der Lichtgeschichte hört auf den Namen Prometheus. Den kennt jeder (halb)Gebildete, die Gebildeten allemal. Prometheus stahl das Feuer den Göttern und gab es den Menschen. Somit war es nachts hell in ihren Höhlen. Dass es auch warm wurde, war im antiken Griechenland eher lästig. Dort sind die Nächte häufig warm, zu warm. Wenn man also Licht machen wollte, musste man als alter Grieche viel Wärme in Kauf nehmen. Ein Lied, wovon auch junge Germanen singen können, auch wenn sie kein Kleinholz sammeln müssen, um nachts Licht zu machen. Und die Kohle, mit der sie bezahlen, schreibt sich ohne viele Nullen.

Dass die Götter Prometheus fürchterliche Qualen verschrieben haben, ist nicht dadurch bedingt, dass die Menschen nicht nur viel Wärme, sondern auch noch Rauch erdulden mussten, wenn sie nur Licht haben wollten. Da das Holz auch nicht immer aus Zedern oder Sandelholzbäumen stammte und somit nach Weihrauch duftete, kam Gestank dazu. Zwar nicht immer, aber immer öfter. Auch Weihrauch jeden Abend hätte sich der frömmste Priester verbeten. An den Wohnhöhlen der Anasazi Indianer im Monument Valley kann man heute noch die Reste bewundern, die die Rauchschwaden von einst hinterlassen haben. Die Anasazi selbst haben sich spurlos aus der Geschichte verabschiedet.

Künstliches Licht blieb mit unliebsamen Artefakten verbunden, auch als die ersten großen elektrischen Helligkeitmacher, die Bogenlampen, die Szene betraten, um sie zu erhellen, sozusagen. Zuvor gab es noch Öllampen, Gaslaternen oder Karbidlampen u.v.a.m., alles vornehmlich Wärmespender, leider auch zu Zeiten, wo man sich eher Kühle wünschte. Sie alle besaßen eine dumme Eigenschaft: sie mussten gefüttert, bedient und geputzt werden. So sprach der Sprachgott der Germanen: "Sie könnten nichts Besseres erfinden, als wenn die Lampen ohne zu putzen brenneten." Lange, lange nach dem Tod des Herrn mussten seine reichen Nachfahren, sogar deren Kaiser, bei höfischen - oder etwa höflichen? - Zeremonien die Dauer nach der Brenndauer der Kohlestäbe der Bogenlampen bestimmen. Sonst säßen sie im zappendusteren Palais und die Gäste, bzw. Gästinnen, sähen nicht so glanzvoll aus, wie sie dem Volke gerne vormachten.

Da kam ein nüchterner Amerikaner und sagte, ich werde ein Licht erfinden, dass so billig ist, dass sich nur noch die ganz Reichen Kerzenlicht leisten können. Und es soll nicht blenden. Nein, der hieß nicht Goebel, den seine alte Heimat Springe noch als den Erfinder der Glühlampe feiert (hier).

So kam es auch. Licht ohne Geruch war erfunden. Na, ja! Die Generatoren, die den Brennstoff lieferten, stanken woanders und machten gehörig Krach, wie man z.B. auf idyllischen Malediveninseln erleben kann. Aber Malediven sind weit, bei uns stellte man die wunderschönen Kraftwerke an einsame idyllische Flusslandschaften. Dass deren spätere Nachfahren, die AKW, auch noch selbst strahlen tun, ist böses Gerücht. Der strahlende Müll wird in Asse versenkt, genauer gesagt in der Schachtanlage Asse. Dort kann nur der Salzstock strahlen. Die AKW selber halten so dicht, dass in der Nähe die natürliche Strahlung niedriger ist als in Kurorten. Ich schwöre bei der Ehre des Umweltministers.

Licht ohne Geruch war leider, leider nur die halbe Miete. Denn es war immer noch mit Wärme verbunden. Zwar brannte höchstens Mal eine Sicherung durch, wenn eine Lampe "brannte". Die Lampen waren aber trotzdem eher Öfen als Lichtquellen. Auch wenn sich die Farben ähnelten, sie waren lausige Kopien der Sonne. Im Übrigen, für deren Erfinder waren sie gerade wegen und nicht trotz ihres verschwenderischen Umgangs mit der Energie ein Segen. Der lebte nämlich vom Verkauf von Elektrizität. Und nicht von Einsparung derer. Deswegen ließ der Herr, der über uns wohnt, ihn wohl mit der nächsten Lampe in Ruhe. Er durfte vor deren Einführung sterben.

Es war aber seine Firma, die Edison General Electric Company, die die Neuigkeit groß herausbrachte. Das Neon-Licht war geboren. Es war aber nicht das Neonlicht, das man in wunderschöne Formen bog und in vielen illustren Farben und Formen verwendete. Das wird einem jeder Fachmann mit erhobenem Finger einbläuen. Das Licht war eher grau und wurde in grauen Röhren erzeugt. Die Lampe bekam ihren Namen von der grauen Paste, die aus der Strahlung von Quecksilber Licht machte. Heiß geliebt wie einst die Glühlampe wurde sie nie. Menschen wollten sie nie in ihre Wohnungen lassen. Von deren Anblick im Büro hatten sie genug.

Obwohl die Lampe in vielen Lichtfarben angeboten wurde, war ihre Neigung, Farben eben farbenfroh wiederzugeben, recht begrenzt. Die mittlerweile zahlreich gewordenen Fachleute, die Techniker vom Licht, fanden aber, dass deren Fähigkeiten für die Leute gut genug waren. Diese, die Leute, erfuhren nie, dass Farben auch künstlich beleuchtet schön sein können. So liebten sie weiterhin die Glühlampe, obwohl deren Fähigkeiten in der Wiedergabe von Farben noch bescheidener waren. Macht nix, die beste Wiedergabe von Farben, licht-technisch gemessen, erzeugt die Glühlampe und bekommt dafür eine glatte 10,0 als A-Note, Pardon, 100 als Index. Is' aber dasselbe. Das Tageslicht übrigens auch. Hmmmm? So etwas kann nur der Fachmann verstehen, der Laie ist zu intelligent dazu. Ich trau mich nicht mir vorzustellen, wie der Ehrenvorrat von Tabalahura - vor der Vernichtung - ausgesehen hätte mit einer Energiesparlampe beleuchtet. Wie danach, vermutlich, mal die Farbe, mal jene, aber nie die richtige.

Doch eines Tages fanden die Menschen, d.h. eigentlich nur bestimmte, aber ganz schön mächtige Menschen, man hätte genug von der Energieverschwendung. Sie ließen alle Lampen kurzerhand verbieten. Nur noch eine Technik sollte zur künstlichen Erzeugung der Helligkeit dienen. Das war die Laserdiode. Da Laser im allgemeinen gefährlich sind, weil man damit auch Stahl wie Butter schneiden kann, hat man die Diode kurzerhand zur Lampe umbenannt. Einen Laser der Gefahrenklasse Null, also ohne nachgewiesene Gefahr, würden viele Menschen doch nicht in ihrer Wohnung haben wollen, dachte man. So darf seit einiger Zeit die LED auch in Wohnzimmern strahlen.

Endlich war Goethes Wunsch Wirklichkeit geworden. Die Lampe, Pardon LED, würde ewig brennen. Nicht wörtlich, denn ewig heißt bei manchen Leuten zwischen zwölf Uhr und Mittag. Immerhin wäre es schon eine Ewigkeit, wenn eine Lampe 50.000 Stunden klaglos Dienst tun täte. In irgend einem Labor wird ein ehrlicher Ingenieur den Wert gemessen haben. Da die Farbe der Ehre seit prähistorischen Zeiten aber künstlich ist, stimmt manches Mal die Farbe nicht, ein andermal der Geruch. Bei den 50.000 Stunden bestimmt der Geruch. Jedenfalls wird der Ingenieur, der die 50.000 Stunden Lebensdauer gemessen hat, gut von der Öffentlichkeit abgeschirmt. Mit üblem Geruch von Mauschelei hat das aber nichts zu tun. Die Lebensdauer von Lampen geht die Allgemeinheit überhaupt nichts an, außer wenn Politiker für Energiesparlampen werben, wenn sie für sich werben (hier). Ansonsten bestimmt der Leuchtmittelhersteller, wie man die Lebensdauer bestimmt und welche Mittel er dafür geeignet hält. Damit nicht zu viele Leute davon erfahren, ist - nein war - die Zahl der Hersteller von Leuchtmitteln streng begrenzt. So etwas nennt Kartell und hat vor Ewigkeiten verboten, dennoch hat manch ein Kartell in der Branche nicht nur zwei Weltkriege überdauert, sondern auch drei deutsche Staaten (hier). Oder da, bitte da und nicht dort.

Manche LED brennt tatsächlich nur zwischen zwölf Uhr und Mittag, und ist dann durchgebrannt, andere zwischen Abend und Nacht. Das liegt an einer Besonderheit der LED, die sie aus ihrem früheren Leben mitbrachte, als ihr Beruf, Pardon ihre Berufung, nicht Beleuchten hieß. Die produziert auch Wärme wie einst, verschont damit die Angestrahlten und schickt ihre Wärme nach hinten. Dass dabei manchmal so viel Wärme entsteht, dass die Feuerwehr anrücken muss, erzählen böse Leute, so z.B. die von dem Verband der Gebäudeversicherer. Wer glaubt denn einem Versicherer? In der Regel stirbt die LED aber den Hitzetod. Manche früher, manche später. Wann die stirbt, lernt der Fachmann in einem Seminar für sagen wir mal 1.190,-- € + MWSt + Reisegeld (hier, wenn er immer noch nicht genug gelernt hat, kann er hier lesen). Dem Laien erklärt es der freundliche Verkäufer im Baumarkt, wenn seine neueste Errungenschaft nach drei Wochen den Geist aufgegeben hat. Ganz umsonst ist die Sache allerdings auch nicht.

All diese Lampen erfand der Mensch, um etwas nachzubauen, wofür der Herr, der über uns wohnt, nicht einmal einen ganzen Tag gebraucht haben soll. Laut Genesis 1,1 hat er im Anfang Himmel und Erde geschaffen. Später hat er noch das Licht geschaffen (Gen 1,3). Man merke, im Anfang war der Himmel ohne Licht. Da er sah, dass das Licht gut war, hat er es von der Finsternis geschieden. Da war der erste Tag noch nicht ganz um. Seit Prometheus versuchen die Menschen, die Finsternis aus ihren Wohnhöhlen zu vertreiben. Seit Edison wollen sie auch den Himmel nachbauen. "Hell wie der lichte Tag" sollte es auch drinnen werden.

Die meisten Menschen finden, dass es an ihren Arbeitsplätzen sogar zu hell ist. Haben wir es geschafft? Leider nein. Wir schaffen nicht einmal 500 lx ohne Blendung. Der Himmel macht 120.000 davon. Mit Blendung, zugegebenerweise. Bei 20.000 garantiert ohne. Doch auf die Idee, das zu realisieren, was gerade geht, ist der Himmel nicht gekommen. Ganz ohne Blendung schafft der Himmel auch im Innenraum 5.000 lx. Nicht immer, nicht überall. Müssen wir aber immer und überall so viel Licht haben? Wir müssen, wenn man die Arbeitsstätten so beleuchtet, wie es in den Normen steht. (Das ideale Licht ist in BER erreicht. Das Licht geht nicht mehr aus. (hier) Und die Arbeitsschützer suchen das letzte Loch in Arbeitsräumen, wo man mit 500 lx hinein strahlen kann. Was ist mit der Finsternis? Ist wohl ein Irrtum der Schöpfung. Wir wollen es hell haben.

Wie viel Lux hätten Sie denn gerne? Das wurden vor sehr langen Zeit Menschen gefragt, die man vor ein Guckkasten stellte. Ergebnis: Der eine will 20 lx, der andere 20.000 davon. Was tun? Sagen wir, 500? (Wer diese Findung der richtigen Erleuchtung für einen Scherz hält, möge sich paar einschlägige Fachbücher angucken.) Wenn man sie aber in den Kasten hinein setzt, wollen die meisten eher unter 500 lx. Der künstliche Himmel ist nämlich nicht rund und unendlich entfernt. Die Laternen hängen gerade mal 1,5 m über dem Kopf. Wenn man sitzt. Beim Stehen - neuerdings groß in Mode, weil das Sitzen krank macht - kommt man der Lampe näher als weiland Ikarus der Sonne. So ein künstlicher Himmel so nahe am Kopf, gleichmäßig bestückt mit grauen Lampen, die graues Licht abstrahlen … keine gute Idee. Der moderne Mensch muss nicht befürchten, dass ihm die Flugfedern abfallen, weil das Licht das Wachs schmilzt, das sein künstliches Gefieder zusammen hält. Eher die besondere Betonung der kahlen Stellen, an denen einst sein Stolz kräftig wuchs.

Apropos grau. Da sind die schlechtesten Lampen noch zu gut für manche Umgebung, in der nur ein Stuhl farbig auftrumpft. Der Rest glänzt mit Grautönen. Kopierer grau, Computer grau, Möbel computerschmuddelgrau! Ich habe einst nach Methode darin gesucht, wie das Grauen in deutsche Büros kommt. Es hat tatsächlich Methode! Das Grauen wurde von Chefs von internationalen Konzernen befohlen. Der deutsche Arbeiter hat es da besser. Der hat Resedagrün auf seinen Maschinen (RAL 6011, #68825B), wie DIN 1844 es verlangte. Der Almanach der Farben sagt zu der Errungenschaft: "Resedagrün (RAL 6011, #68825B), ein Farbton am Rande der Auffälligkeit. Changiert wohl irgendwo zwischen Olivtönen, Kaltem Krieg und dem Farbton eines waldigen Naturschutzgebietes. Er erinnert an Gewinde, Getriebe, Ottomotoren und Kugellager: Dinge, die dafür gebaut sind, zu funktionieren." Gut, dass Dieselmotoren unerwähnt bleiben. Die Herrschaften, die bei Lichte gesehen, gar nicht gesehen werden wollen, hatten sich andere Grau´s ausgesucht (RAL 7010, basaltgrau, Unterwasser-Tarnfarbe der deutschen Marine; RAL 7013, braungrau, Farbe des Österreichischen Bundesheers; RAL 7021 schwarzgrau, 1937 für die Wehrmacht eingeführt). Nicht nur der künstliche Himmel sieht also ziemlich mau aus, sondern auch Vieles darunter.

Nachdem die Menschen so erfolgreich den ersten Tag der Schöpfung nachbauten, wollen sie jetzt an das Eingemachte. Es hat sich herumgesprochen, dass Lebewesen allgemein eine biologische Rhythmik haben, so auch Flöhe, Mäuse und sogar der Blattsalat. Davon die sich täglich wiederholende heißt circadian, von circa = etwa, dian von dia der Tag. Es ist eben nur circa, weil die Schöpfung die Sache nicht perfekt geschafft hat. Der Herr hatte ja nur 6 Tage Zeit, damit er sich am 7. ausruhen konnte. Bei IG Metall hätte er sogar nur fünf Tage bei vollem Lohnausgleich. Und hätte sich abhetzen müssen.  Er ließ sich aber nicht abhetzen, erledigte die Arbeit halb und schob die Korrektur nach: die Sonne, Schöpfung 2.0 sozusagen. Sie dreht sich in exakt 24 Stunden einmal um die Erde. So wird aus den circa 24 Stunden präzise ein Tag. (Nur Rentiere können nichts damit anfangen. Bei denen dauert im Sommer ein Tag etwa 3 Monate.)

Dummerweise glauben viele nicht die Sache mit der Präzision. Manche bezweifeln sogar, dass sich die Sonne um die Erde drehe. Nach deren Modell rennt die Erde um die Sonne herum und bewegt sich dabei äußerst schlampig. Ihre Drehachse liegt schief, ihre Umlaufbahn - ich traue mich nicht zu sagen - eiert. Deswegen soll es Störungen geben, beschönigend Jahreszeiten genannt, und neben dem täglichen - circa täglichen - Rhythmus noch einen jährlichen Rhythmus, etwa jährlichen, circannual. Wie dem auch sei, wir fangen erstmal mit dem Nachbau des Tages in Innenräumen an. Die Licht-Branche  ist auf die Idee gekommen, weil man damit aus einem Mangel der LED, die hat zu viel Blau, einen Vorteil zimmern kann: Blau macht schlau!

So haben hochdekorierte Wissenschaftler herausgefunden, dass eine morgendliche Lichtdusche mit blau angereichertem Licht, Schulkinder munterer macht als die gute alte Milch. Ach was, sogar die Kühe profitieren von der neuen Erkenntnis (hier LED im Milchviehstall). Auch die circannuale Schwankung der Leistung von Arbeitern ließe sich vielleicht auch ausmerzen. Die circadiane allemal, also fangen wir damit an. 2000 lx in der Nacht, sagt ein Unternehmen, das Weisheit verkauft, würden dem Arbeiter so viele Fehler ersparen, dass sein Arbeitgeber lässig die Energiekosten bezahlt. Das nennt sich HCL, human centric lighting. Ein deutsches Wort gibt es dazu nicht, vielleicht weil ein deutsches Unternehmen, das genau dies erprobt hatte, nichts mehr davon hören will. Ach, ja, das deutsche Unternehmen, das die Idee mit dem Licht und 2000 lx hatte, gibt es nur noch als Schatten von einst. Im neuen Licht stehen andere.

Alles langsam zum Mitschreiben: nachdem es missglückt ist, den Himmel nachzubauen, schrauben wir an Eigenschaften der Menschen herum, derer Funktionsweise wohl nur der Himmel kennt. Und das geht so: Bekommt nachts ein Mensch Licht, unzeitig  sozusagen, baut das Licht das Hormon ab, das ihm erzählt, dass er eigentlich jetzt schlafen gehen müsste. Das haben aufgeweckte Schlafforscher in Schlaflabors ermittelt. Das Hormon hört auf den Namen Melatonin, die Substanz im Auge, die das Licht entdeckt, heißt Melanopsin. Deswegen nennt man die Art der Einwirkung melanopisch. Früher dachte man, das Auge mache nur Fotos aus der Umwelt, und die Lichtwirkung nannte man daher photopisch. Und photopisch arbeitet das Auge nur bei Tage, wo sich das Melatonin wegen des vielen Lichts davon schleicht. Wie sich dann die melanopische Wirkung von HCL entfaltet, weiß vermutlich nur der Himmel. Das Konzept macht wahrscheinlich so viel Sinn wie der Plan, den Himmel künstlich nachzubauen. Einen wackeren Techniker ficht so etwas nicht an. Hatte nicht ein Rudolf Diesel mit seiner Erfindung die Welt von tonnenweise Pferdeäpfeln befreit? Sein weltberühmter Motor, Deckname Pferd 2.0, produziert keinen einzigen Pferdeapfel. Die Sache mit dem Feinstaub und Stickoxiden? Wie unangenehm! Aber geschenkt. Wir bauen den Tag nach mit Vorstellungen, die wir aus der Nacht gewonnen haben. Logik? Auch geschenkt!

Gelingt die Sache, können wir uns an den jährlichen Rhythmus machen. Da ist die Wissensbasis unvergleichlich größer. Die Botanik kennt sich seit Jahrhunderten mit Licht und biologischen Rhythmen aus. Licht als Zeitgeber wurde schon im 18. Jahrhundert erprobt. Auch mit Mistkäfern hat man so seine Erfahrungen. Dass der Weihnachtsstern zu Weihnachten seine Farbenpracht entfaltet wie in seiner Heimat auf der südlichen Welthälfte, in der es Sommer ist, oder dass der Mistkäfer aus nördlichen Gefilden in Australien an seine Arbeit begibt, wenn die Rinder gerade wenig Mist machen, zeigt zwar, dass die Beeinflussung biologischer Rhythmen nicht immer wunschgemäß verläuft. Einen Versuch ist die Sache allemal wert.

Erfolgreicher indes sind Hühnerzüchter, da "das Huhn zu den Tieren mit sekundärer Photoresponsivität gehört und damit kein zirkannualer (jährlicher) Rhythmus der Fortpflanzung vorliegt, ist es möglich, die Legeleistung das ganze Jahr über konstant zu halten." (lesen hier, zu Putenmast mit Licht hier). Die Biorhythmen des Geflügels gehören deswegen zu den best-erforschten - wg. der Legeleistung bzw. Mastwirkung. Anders als bei Menschen ist das Verhalten von Hühnern während der Dunkelheit wenig erforscht, weil die dummen Viecher den Ruf der Natur, bei Nacht schlafen, bei Tage rumgackern, ernst nehmen. Nacht schlafen sie einfach. Für den Tag gibt es aber supermäßig ausgeklügelte Lichtprogramme. "Am „tierfreundlichsten“ ist dabei eine Morgenbeleuchtung, die einen früheren Sonnenaufgang simuliert." sagt mir eine Website für Hühnerzüchter. Weniger tierfreundlich ist indes, dass man zwar auch den Tag kürzen kann, wodurch auf die gleiche Zahl von Sonnentagen mehr Hühnertage kommen, und somit mehr Eier, aber dafür eine kürzere Lebensdauer der Hennen in Kauf nehmen muss. Macht nix, je jünger das Suppenhuhn, desto kürzer die Kochdauer. Wem die Sache mit der Morgenbeleuchtung mit der Simulation vom Sonneneaufgang auch aus der menschlicher Chronobiologie bekannt vorkommt, irrt sich nicht. Er oder sie irrt sich auch nicht, wenn ihr/ihm das Bild der Sau bekannt vorkommt, die die Grundgrößen der Lichttechnik reinzieht. Ein unverbesserlicher Mensch wollte wohl das Allerheiligste der Erleuchtungskunst durch den Kakao ziehen. Chapeu!

Jetzt sind die Techniker des Lichts dermaßen begeistert, dass sie aus dem guten alten Lichtstrom den melanopischen gemacht haben. Auch die Beleuchtungsstärke soll nur noch melanopisch gemessen werden. Nur nicht die Leuchtdichte. Sie blendet melanopisch gesehen genauso wie photopisch. Zudem soll zu viel Leuchtdichte zu melanopischen Zeiten, also nachts, Krebs erzeugen. Sagen hochdekorierte Mediziner und suchen seit 30 Jahren oder mehr nach Beweisen. Am liebsten würden sie Licht in der Nacht verbieten. Da das dummerweise niemandem gefiele, wollen sie das nicht-melanopische Licht erfunden sehen. Also Licht, das die circadiane Rhythmik in Ruhe lässt. Wie war das mit dem Pelz und der Wäsche nochmal?

Hat man Nu die Sache mit dem täglichen (circa) und jährlichen (auch circa) Rhythmus erledigt, steht noch der monatliche an. Dummerweise kann man sich bei diesem Rhythmus nicht auf circa verlassen, weil die weiblichen Menschen ihn genau nach dem Mond ausrichten. Oder nach dem islamischen Kalender. Zwar weiß niemand warum, es ist aber so. Vielleicht erinnert sich der weibliche Körper an die tidale Periode, die auch nach dem Mond tickt. Danach leben z.B. die Schnecken in der Gezeitenzone. Wenn man also auf Chemie (Pille) verzichten will, würde sich ein Angleich mit Licht auf der Basis eines christlichen Kalenders empfehlen. Der letzte von Papst Gregor XIII. ist noch gebräuchlich und geht von zivilisierten Perioden nach dem Sonnenkalender aus. Menstruus heißt zwar "monatlich", dass es der lunare Monat sein muss, hat keiner gesagt. Oder die Schöpfung? Leider sagt die nichts mehr, wo sich auf dem Gebiet so viele Fachleute tummeln.

Es ist ein Graus mit der künstlichen Helligkeit. Was würden wir aber ohne machen?

Ein grünes Gas namens Ehre
In einer Novelle von Aziz Nesin wird von einer prähistorischen Katastrophe berichtet, von der sich die Menschheit nie wieder erholt habe. Der Held Tabalahura  liegt im Sterben und beklagt sich, nie ein Fläschchen vom wertvollsten Stoff  besessen zu haben, Ehre. Sie wird in kleinen grünen Fläschchen unter Lichtabschluss gelagert, weil sie kein Licht verträgt. Menschen gieren nach Ehre und betrügen, stehlen oder morden, um sie aufzuhäufen. Tabalahura muss ohne sterben, weil er hat alle Gelegenheiten verstreichen lassen, auf unanständige Weise zu Ehre zu kommen.

Ärzte beleben ihn wieder, als er verspricht, nach Ehre zu streben. Nach einiger Zeit hat er alle Ehre der Welt ergaunert in seinen Bunkern. Am Ende, das ist die historische Katastrophe, lässt er alle Ehre auf den Marktplatz tragen und vor allen Augen entkorken. Plop, und alle echte Ehre ist weg. Seitdem versuchen sich alle Wissenschaftler der Welt, die Ehre künstlich wieder herzustellen. Leider stimmt mal die Farbe nicht, mal der Geruch …

„Die 24stündige Periode, welche durch die regelmäßige Umdrehung unseres Erdkörpers auch allen seinen Bewohnern mitgeteilt wird, ... ist gleichsam die Einheit unserer natürlichen Chronolologie

D. C. W. HUFELAND: Die Kunst, das menschliche Leben zu verlängern, S. 143. Jena 1798.

Harmonie eher missglückt - Unruhe durch Licht
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07.02.2017

Man stelle sich vor. Man wartet fünf und mehr Jahre auf ein Ereignis, macht sich gemütlich vor dem Fernseher, weil andere Leute vor Ort eingeladen sind - so etwa Merkels und Gaucks -, wartet auch noch auf die genannten, weil sie sich verspätet haben, und …  dreht den Fernseher nach einer halben Stunde ab. Die Rede ist vom Eröffnungskonzert der Elbphilharmonie, die von außen ein Gedicht ist. Die Akustik soll auch toll sein, zumindest auf bestimmten Sitzpositionen. (Die meisten Fernsehzuschauer merken nicht viel von den Mängeln, weil a) die Fernsehanstalten den Ton woanders abzweigen, und b) deren Geräte so flach geworden sind, dass aus denen kein vernünftiger Ton mehr zu bekommen ist.) Warum denn abschalten?

Wir erwarteten ein Raumgefühl wie in der Berliner Philharmonie, die ich länger kenne als jeder Musikliebhaber, weil ich vor der Eröffnungsfeier noch einer Marotte von Herbert von Karajan gehorchend dort einen Künstler mimen musste, mit etwa 50 anderen Studenten. Unser Akustik-Professor hatte ihn aus einer anderen Sicht kennenlernen müssen, und ein Freund, der die Lichtplanung gemacht hatte, aus einer dritten. Karajan war ein Pedant, was die Umstände seiner Kunst anging. Alles, was er dirigierte, musste perfekt auf - damals - Film gebannt werden. So kam ich in den Genuss einer Violine, die ich in der Hand halten durfte wie im Konzert, andere hielten natürlich andere Instrumente ins Licht. Unsere Qualifikation für den Job war nicht zu übertreffen: Alle Besitzer eines schwarzen, nicht glänzenden Anzugs. Immerhin, es gab keinen Frackzwang.

Herbert von Karajan kam zuerst zu uns, später wandelte er im gesamten Gebäude herum und guckte sich sein Orchester - ich meine uns - aus allen Perspektiven an. Der Regisseur musste mit ihm wandern und maß überall Licht. Wir hatten einen Job für drei Tage. Damals hatte ich die Sache nicht ganz verstanden. Aber später erzählte uns der Akustik-Professor von seinen Nöten mit Karajan. Viel später erfuhr ich von dem Lichtplaner weiteres: Karajan wollte perfekt in Ton und Bild aufgenommen werden, damit die Nachwelt nicht etwa einen Makel entdecken konnte. Das Verhalten von einem, der ihm den Raum geschaffen hatte, Hans Scharoun, erzählte mir eine Freundin, die bei ihm im Büro hospitierte. Scharoun soll sein Büro so gewählt haben, dass er einen Überblick über das gesamte Baugelände hatte und täglich den Bau beobachten konnte. Also lauter Perfektionisten, die vor etwa 55 Jahren ein Architekturmonument geschaffen haben. Ist es übertrieben, wenn man das neue Haus daran misst, zumal das Konzept ja gar nicht soo fremd ist. (Abkupfern ist in der Architektur ein hässliches Wort, man redet lieber von Zeitgenössischer Architektur.)

Scharouns Konzept hat recht häufig - sagen wir mal - als Inspirationsquelle gedient. Der Eigenbeitrag der Insprierten fiel recht unterschiedlich aus. Manche wollten lediglich die Transpiration meiden. Man kann sich überhaupt freuen, dass die Philharmonie überhaupt von Scharoun gebaut wurde. und überhaupt dort. Denn an ihrer Stelle war von Albert Speer im Rahmen der Umgestaltung Berlins zur „Welthauptstadt Germania“ eine riesige Soldatenhalle als Ehrenmal für die im Ersten Weltkrieg gefallenen deutschen Soldaten geplant gewesen. Und die Jury, die den Wettbewerb durchführte, war nicht so überwältigend überzeugt. Denn das Preisgericht vergab nach 16-stündiger Beratung den ersten Preis zwar an Scharouns Philharmonie-Entwurf, allerdings fiel die Entscheidung mit neun gegen vier Stimmen – und damit fehlte die erforderliche Drei-Viertel-Mehrheit. Erst nach Interventionen Herbert von Karajans und einem Appell Hans Heinz Stuckenschmidts (einem der Jurymitglieder) wurde Scharoun schließlich verbindlich mit der Ausarbeitung beauftragt.

Ich stellte mir vor, was Karajan zu den vielen Lampen gesagt hätte, die da aus der Decke gucken? Auch die Sternlein im Himmel wollen sich bemerkbar machen, aber sie stören nicht das Gesamtbild des Himmels. Wenn ich H.v.K. wäre, hätten die Architekten bestimmt keinen guten Tag - bereits vor der Einweihung nicht. Hinterher erst recht nicht.

Mich störte auch die visuelle Unruhe an den Wänden, die das Licht verstärkt. Die Oberflächenstruktur soll der Akustik dienen. Dem visuellen Eindruck dient sie hin und wieder. Man kann sich darüber formidabel streiten.

Wer um Gottes Willen hat die Treppen so schön blendend ausstaffiert, als wollte sich einer beim Arbeitsschutz bewerben. Die treten bereits bei voller Beleuchtung unangemessen in den Vordergrund. Wenn die Lichter verstummen, damit man den Musikern besser zuhören kann, wird es es schlimm. Darf ich das böse Wort Raumteiler benutzen? Kann man bei diesem Anblick der Musik lauschen? Ich denke eher nicht. Solche Muster sollen empfindliche Jugendliche sogar zur Ohnmacht treiben.

Das neue liebevoll Elphi genannte Wahrzeichen von Hamburg ist mir bisschen - ähh - dröge geworden. Der Lichtplaner versäumt wohl einen anderen Beruf oder war es der Architekt? Dass wir nach einer halben Stunde abgeschaltet haben, lag aber weder am Erscheinungsbild des Saals noch an der Moderatorin (Barbara Schöneberger) des Abends. Denn beide muss man sich nicht angucken, wenn man Musik hören will. Genau als wir das taten, Augen zu, fiel uns auf, dass die Musik gewöhnungsbedürftig war - etwas …

Aber dennoch beruhigend. Denn Leute strömen so nach Hamburg, dass es in Berlin vielleicht ab und an mal Karten auch für gute Konzerte in der Philharmonie gibt. Das Konzert von Hamburg gibt es noch ein paar Tage bei ARTE in der Mediathek. Danach muss es weg, denn wie man in Deutschland Kultur vermittelt, bestimmen die "freien" Sender, die gerne privat Geld machen wollten. Ab dem 29. März 2017 noch mehr, denn die beenden dann die Ära von FreeTV. Ein Drittel von Deutschland bekommt RTL und Co. danach nur noch gegen Cash zu sehen. Mal sehen, wie viele Leute das fröhliche Kakerlakenessen in Bezahl-TV sehen wollen. Wer mit seinem Geld sparsam umgehen will, sollte sich ein Ticket vom Digital Concert Hall der Berliner Philharmoniker kaufen. Allerdings sollte er (sie) sich noch einen Verstärker und Lautsprecher kaufen. Denn ob free oder nicht, TV aus Flachbildschirmen klingt leider nach Blech, auch wenn nur Piccoli, Flöten, Klarinetten und Saxophone spielen, sogar in Begleitung von Trommeln. Ein Jammer - eine Stadt von Kaufleuten legt so etwa 900 Mill hin, um einen tollen Konzertraum zu kreieren. Man lockt teure Musiker mit Handgeld an. Die Creme der Republik wirft sich in Schale. Die Super-Kiste zaubert ein Bild toller als im Saal - und die Hauptsache, der Ton, scheppert so vor sich hin.

Dümmster anzunehmender User contra smarte Technik

3lux-letters-2016

Heute fiel mir das Heft 2016 von 3lux:letters in die Hände. Es soll nicht der Inhalt kommentiert werden, weil das Schreiben eines Kurzkommentars zu einem umfangreichen Inhalt eher länger dauert als das Verfassen desselben, soll er sinnvoll sein. Vielmehr geht es mit um das Hauptthema des Heftes - Smartes Licht und darum herum. Ich bin Chefredakteur einer internationalen Zeitschrift, bei der es häufig um die Akzeptanz von Innovationen geht. Keine neue Frage - die erste viel beachtete Publikation dazu stammt aus den 1960er Jahren und wurde bislang über 50.000 Mal (!) zitiert. Zumeist geht es dabei um IT vulgo EDV. Kein Wunder, denn das Thema elektrisiert die Menschen heute noch, nachdem der Computer in den 1950ern in den Rang eines Gottes erhoben wurde (sehr beeindruckend Stanley Kubricks Odyssee im Weltraum 2001 von 1968). Später wurde er zwar entthront und wurde zum PC oder Laptop, dennoch reden viele Menschen die Kisten mit "er" oder "du" an. Dazu gibt es sogar eine viel beachtete wissenschaftliche Theorie (media equation theory von Clifford Nass).

Wie man mittlerweile weiß, wurden manche Innovationen nie akzeptiert. Andere brauchten Jahre bis Jahrzehnte - übrigens auch der Computer - bis zur Anerkennung. Bei anderen hingegen ging die Akzeptanz so schnell vonstatten, dass die Interpreten nur nachträglich kommentieren konnten, dass eine Akzeptanz stattgefunden hatte, ohne dass man viel von Akzeptanz gesprochen hatte. Dazu gehört der Mobilfunk, vulgo Handy, der nur 10 Jahre brauchte, wofür das Festnetztelefon 100 hinter sich lassen musste - gleiche Anzahl von Teilnehmern. Danach kam es aber noch gewaltiger, mit der Erfindung des Smartphone brach die gesamte Welt der Telekommunikation zusammen, die einst auf höchster staatlicher und internationaler Ebene geregelt wurde. Mit der Entwicklung des iPhone fegte ein Nobody (Apple) den Welt-Marktführer mit zeitweilig 38% Marktanteil (Nokia) vom Planeten. Dieser war aber vorher immerhin innovativ genug, um die Welt der Telekommunikation in ihren Grundfesten zu erschüttern. Heute gibt es mehr Mobilfunkanschlüsse als Menschen!

Smart macht´s! Wie wird es mit "Smartlight" werden? Smart Homes mit Smartlicht? In dem besagten Heft ist sogar die Rede von smartest Home. 

Wenn ich eine Antwort auf die Frage gäbe, dürfte ich mich nie mehr smartest, nicht mal smart nennen. Und das, obwohl ich den Siegeszug des Computers zumindest in Verwaltungen bereits in 1976 präzise vorhergesagt - und begründet hatte (Beweis hier), sowie den Weg, wie sich eine Einheitlichkeit der Benutzungsoberflächen vom Computern durchsetzen würde: "… Um eine Standardisierung zu erreichen, muß sich ein Hersteller brutal durchsetzen." (Beweis hier vom 18.09.1992). Warum ich das gesagt hatte, wusste ich genau. Warum ich bei Smartlight nichts sage, ebenso. Denn in der Regel siegt der DAU - in der Sprache der Computerprogrammierer der dümmste anzunehmende User.

Was dies bedeutet kann man z.B. in der Historie des Lichtschalters erkennen. Dieser - der Nachfolger des Bedienelements für die Petroleumlampe - schaltete das - elektrische - Licht an, wenn man daran drehte. Findige Designer hätten zwar alle möglichen Hebel oder Schalter erfinden können, durchgesetzt hat sich der Drehschalter, weil man an der Petroleumlampe drehte, um das Licht heller zu machen. In unserem Haus gibt es noch ein paar davon im Keller. Erst nach Jahrzehnten kam der Kippschalter und herrscht heute noch vor. Der Druckschalter - einmal rein zum Einschalten, nochmal rein zum Ausschalten, ist eher seltener. Auch bei uns im Haus, obwohl wir eine formidable Ansammlung von Messgeräten haben, bei denen der Druckschalter vorherrscht. Sieg des DAU!

Oder? Wie kann es aber dazu kommen, dass heute viele Analphabeten die so ziemlich komplexeste Computertechnik recht gut beherrschen, die es je gab? (heißt übrigens Smartphone). Ich denke mal, dass man sich der Intuition bedient. Dennoch ist schwer zu ergründen, warum sich der größte Teil der Menschheit nicht nur schlimme Qualen antut, um mit einer komplexen Technik umzugehen, sondern zu einem erheblichen Teil auch noch süchtig danach ist. Da denke ich mal, dass das Objekt einem Bedürfnis entspricht. Welchem auch immer.

Wer hat ein Bedürfnis namens Smartlight? Wenn keiner, wie erreiche ich, dass viele ein Bedürfnis danach verspüren? Wäre nicht schlecht, nachzudenken.